Förderung der Spitzenverbände der Liga der freien Wohlfahrtspflege sollte transparenter sein
- Land sollte bei der sinnvollen Förderung klare und nachvollziehbare Förderkriterien vorgeben
- Im Bundesvergleich - mit den alten Flächenländern - liegt die Förderung der Spitzenverbände in Baden-Württemberg auf dem dritten Platz
- Förderung seit 1953 historisch gewachsen; seither um das 18-fache auf heute 3,3 Mio. € jährlich gestiegen
- Eigenmittel der Spitzenverbände könnten um 1,8 Mio. € erhöht werden
Karlsruhe/Stuttgart. Die Förderung der Arbeit und der zentralen Verwaltungen der Spitzenverbände der Liga der freien Wohlfahrtspflege sollte transparenter sein. Das Land sollte bei der historisch gewachsenen Förderung klare und nachvollziehbare Förderkriterien vorgeben. Diese Aufgabe kann nicht der Konsensbildung der Verbände überlassen bleiben. Bisher schlugen die Spitzenverbände selbst vor, wie die vom Land gewährten Mittel unter ihnen verteilt werden. „Die Entwicklung der Förderkriterien sollte das Sozialministerium zusammen mit den Verbänden bis zu den Beratungen für den Doppelhaushalt 2005/06 vorgenommen haben“, so der Rechnungshof. Die von ihm grundsätzlich nicht in Frage gestellte Förderung beträgt heute rd. 3,3 Mio. € jährlich. Sie ist seit ihren Anfängen im Jahre 1953 um das 18-fache gestiegen. In einem bundesweiten Vergleich (mit den alten Flächenländern) liegt diese Landesförderung auf dem dritten Platz. Auch könnten die Eigenmittel der Verbände um rd. 1,8 Mio. € erhöht werden, wenn die Zweckbindung von Überbrückungskrediten, die das ehemalige Land Württemberg-Baden den Verbänden im Zusammenhang mit der DM-Währungsreform von 1948 gewährte, aufgehoben würde. Zu diesen Feststellungen und weiteren Empfehlungen kommt der Rechnungshof Baden-Württemberg in einer Untersuchung, die er jetzt in Form einer „Beratenden Äußerung“ dem Landtag Baden-Württemberg und der Landesregierung vorgelegt hat.
Grundlage der jetzt vorgelegten „Beratenden Äußerung“ ist eine breit angelegte, mehrjährige Untersuchung der Finanzkontrolleure, bei der erstmalig in der Landesgeschichte die Förderpraxis des Landes gegenüber den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege unter die Lupe genommen wurde. Hierbei wurden auch örtliche Erhebungen bei den Spitzenverbänden selbst durchgeführt.
Seit 1953 fördert das Land die Arbeit und die zentrale Verwaltung der Spitzenverbände der Liga der freien Wohlfahrtspflege. Seither ist die Förderung um das 18-fache auf heute rd. 3,3 Mio. € gestiegen. Der Liga gehören heute die Diakonischen Werke Baden und Württemberg (Diakonie), die Caritasverbände Baden und Württemberg (Caritas), der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband - Landesverband Baden-Württemberg (DPWV), die Arbeiterwohlfahrtsverbände Baden und Württemberg (AWO), das Deutsche Rote Kreuz Baden und Baden-Württemberg (DRK) und die Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden und Württemberg an.
Aufgrund seiner Untersuchung kritisiert der Rechnungshof, dass die Verteilung der Fördermittel auf die einzelnen Verbände bisher nicht auf klar definierten Kriterien des Landes beruht, sondern seit 1953 auf einstimmig beschlossenen Vorschlägen der Spitzenverbände selbst. Jede Änderung hänge so letztlich von der Zustimmung desjenigen Verbandes ab, zu dessen Lasten sie gehe. Die Änderungen seien in der 50-jährigen Förderzeit relativ gering geblieben.
Die Förderung der Spitzenverbände stellt der Rechnungshof nicht grundsätzlich in Frage, obgleich das Land heute auch viele Projekte im Bereich der ambulanten freien Wohlfahrtspflege fördert. Die Finanzkontrolleure fordern aber vom Sozialministerium, bis zu den Beratungen für den Doppelhaushalt 2005/06 selbst Kriterien festzulegen, die für die Verteilung der Fördermittel auf die einzelnen Ligaverbände maßgeblich sein sollen. Dabei betonen sie, dass der Verteilungsmaßstab so konkret bestimmt sein sollte, dass erkennbar wird, wie sich Veränderungen beim Empfänger auf die Mittelvergabe auswirken.
Bei der Festlegung der Verteilungskriterien könnte sich das zuständige Ministerium nach Auffassung des Rechnungshofs von zwei Aspekten leiten lassen. Soweit das Landesinteresse darin gesehen wird, dass die Verbände dem Land als zentrale Ansprechpartner zur Verfügung stehen, liegt eine Förderung der vier großen Richtungsverbände Diakonie, Caritas, DPWV und AWO in gleicher Höhe nahe, unabhängig davon, wie sie auf Landesebene organisiert sind. Andererseits könnten Anknüpfungspunkt für eine unterschiedlich hohe Förderung der Spitzenverbände auch die Leistungen sein, die sie in ihrem Bereich erbringen. Dabei sei bei der Förderung des DRK wie bisher zu berücksichtigen, dass dieser Verband nur in einem Teil seiner Arbeit mit den anderen Verbänden vergleichbar ist, die Höhe der Förderung der Israelitischen Verbände könne mangels Vergleichbarkeit nur politisch festgelegt werden. Hingegen hält der Rechnungshof die Größe des einzelnen Spitzenverbandes selbst als Verteilungskriterium für nicht geeignet, da sie letztlich in starkem Maße von der eigenen Finanzkraft des Verbandes bestimmt ist.
Die Förderung des Landes ist für die einzelnen Verbände von sehr unterschiedlicher Bedeutung. So fällt der prozentuale Anteil der Förderung an den Ausgaben bei den Spitzenverbänden, wie die Untersuchung des Rechnungshofs zeigt, recht unterschiedlich aus. Bei der Mehrzahl der Verbände beträgt die Förderung zwischen 11 % und 19 %, bei einem Drittel der Verbände knapp über 40 % der Ausgaben, wenn man entsprechend dem Haushaltsrecht des Landes Abschreibungen, Rückstellungen und Rücklagen unberücksichtigt lässt. Diese Unterschiede sind letztlich darauf zurückzuführen, dass die Spitzenverbände nunmehr den Bereich, dem die Landesförderung dienen soll, nach eigenen Vorgaben bestimmen. Insoweit appellieren die Finanzkontrolleure, dass die Spitzenverbände ihre Abrechnung genauer vornehmen und den geförderten Tätigkeitsbereich vom nicht geförderten nach einheitlichen Kriterien exakter abgrenzen.
Schließlich weisen die Finanzkontrolleure auf die Möglichkeit hin, die Eigenmittel der Spitzenverbände um 1,8 Mio. € zu erhöhen. Dies wäre möglich, wenn die Zweckbindung von Krediten, Überbrückungskrediten, die das ehemalige Land Württemberg-Baden den Verbän-den im Zusammenhang mit der DM-Währungsreform von 1948 gewährt hatte, aufgehoben würde. So sei man bereits in den früheren Ländern Württemberg-Hohenzollern und Baden verfahren. Insoweit empfehlen die Finanzkontrolleure eine entsprechende Anpassung.
Auch in den anderen Ländern wird die Arbeit der Spitzenverbände gefördert. Diese Förderungen sind unterschiedlich hoch. Baden-Württemberg liegt mit seiner Förderung im Vergleich zu den alten Flächenländern auf dem dritten Platz. In einem Bundesland macht die entsprechende Förderung weniger als 1/5 der Förderung in Baden-Württemberg aus. Gemessen an den alten Flächenländern ist in Baden-Württemberg der prozentuale Anteil der konfessionellen Verbände an der Gesamtförderung der zweithöchste.