Fördersystem für das Tourismus-Marketing ist kritisch zu hinterfragen
- Organisationsstruktur und Fördermodalitäten überdenken
- Ganz überwiegend aus Steuergeldern finanzierte Institutionen sollten grundsätzlich keine Spenden gewähren
Das Fördersystem für das Tourismus-Marketing ist kritisch zu hinterfragen. Das Land finanziert seit längerer Zeit den geprüften Tourismusverband und eine von die-sem gegründete Gesellschaft für Marketing zu rd. 90 %. Dies ist unbefriedigend. Vielmehr sollten diejenigen stärker in die finanzielle Mitverantwortung genommen werden, denen die Fördermaßnahmen letztlich auch zugute kommen. Dies gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass sich als Folge aus diesem Marketing positive Impulse über die Tourismusbranche hinaus ergeben“, so Martin Frank, der Präsident des Landesrechnungshofs, vor Journalisten in Stuttgart bei der Vorstellung der Denkschrift 2000.
Die Aktivitäten der geprüften Einrichtungen - im Wesentlichen Werbung - kommen überwiegend einer Branche bzw. einzelnen Unternehmen oder Kommunen zugute. Bei der vorgeschlagenen Umstellung des Fördersystems geht es nach Ansicht der Finanzkontrolleure nicht vorrangig um eine Kürzung der Landesmittel. Vielmehr könnten diese durch die Beiträge Dritter auch ergänzt werden. Eine höhere finanzielle Beteiligung von denjenigen, die durch das geförderte Marketing begünstigt werden, hätte zusätzlich den Effekt, dass diese Kapitalgeber der GmbH, die das Marketing durchführt, ein größeres eigenes Interesse an einer wirtschaftlichen, sparsamen und effizienten Mittelverwendung hätten.
Im Blickfeld der Rechnungsprüfer standen die Zuwendungen des Landes an einen Tourismusverband und die von ihm getragene Marketing-GmbH. Letztere war für den operativen Teil, d.h. für die Durchführung von landesweiten Marketingprojekten zuständig. Gesellschafter sind der Landesverband selbst, die regionalen Tourismusverbände und weitere Institutionen im Land. Verband und GmbH haben in den Jahren 1995 bis 1999 insgesamt 42,5 Mio. DM an Landesmitteln erhalten. Daneben hat Baden-Württemberg in noch deutlich höherem Umfang Mittel für die kommunale und die einzelbetriebliche Tourismusförderung bereitgestellt. EU- und Bundesmittel für Tourismusprojekte sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Kritik übte die Karlsruher Kontrollbehörde auch an der Spendenpraxis der Marketing-GmbH. Die GmbH hatte Spenden an gemeinnützige Einrichtungen geleistet und Veranstaltungen sowie Projekte finanziell unterstützt, bei denen ein Bezug zum Tourismus-Marketing nicht oder nur untergeordnet erkennbar war. Ganz überwiegend aus Steuergeldern finanzierte Institutionen sollten nach Auffassung der Karlsruher Behörde grundsätzlich nicht als Spender auftreten. Sie erhalten Steuergelder zu einem bestimmten Zweck, der in der Regel nicht die unentgeltliche Weitergabe der Mittel, sei es auch für gemeinnützige Zwecke, umfasst. Solche Spenden können allenfalls dann ausnahmsweise akzeptiert werden, wenn diesen ein zumindest mittelbarer Gegenwert, z.B. durch einen außergewöhnlichen Werbeeffekt, gegenübersteht. Ebenfalls ausnahmsweise können im Einzelfall auch Kleinspenden in geschäftlich veranlassten, sozialadäquaten Konstellationen zu akzeptieren sein. Der Wirtschaftsminister hat in seiner Funktion als Verbandspräsident bzw. Aufsichtsratsvorsitzender inzwischen veranlasst, dass die GmbH keine Spenden mehr gewährt.
Die Diskussion um die strukturellen Fragen des Tourismusmarketing im Lande, die im Vordergrund des Denkschriftbeitrages stehen, sind noch nicht abgeschlossen. Es ist derzeit offen, in welcher Form die Landesregierung den vom Rechnungshof geforderten stärkeren Einfluss auf die beiden geprüften Organisationen nehmen wird. Das Wirtschaftsministerium hat seine Bereitschaft erklärt, sich dieser Verantwortung künftig stärker zu stellen.