Förderprogramme des Wirtschaftsministeriums: Bei der Soforthilfe Corona erschwert der fiktive Unternehmerlohn die Abrechnung mit dem Bund - viele Berechnungen zum Liquiditätsengpass nicht nachvollziehbar
Bei den Förderprogrammen Start-up BW Pre-Seed bzw. Pro-Tect müssen die Fördervoraussetzungen klar definiert und Interessenkonflikte bei den Betreuungspartnern vermieden werden.
Karlsruhe/Stuttgart: Der Präsident des Rechnungshofs, Günther Benz, stellte bei der Präsentation der Denkschrift 2021 auch die Ergebnisse von drei Prüfungen von Förderprogrammen des Wirtschaftsministeriums vor: Die vom Land teilweise mitfinanzierte Soforthilfe Corona und die vom Land vollständig finanzierte Förderung Start-up BW Pro-Tect und Start-up BW Pre-Seed.
Mit der Soforthilfe Corona sollten die durch den ersten Lockdown in ihrer Existenz bedrohten kleinen und mittleren Unternehmen unterstützt werden. Insgesamt gingen in Baden-Württemberg rund 277.000 Anträge für die aus Bundes- und Landesmitteln bereitgestellte Förderung ein. Das gesamte Fördervolumen betrug rund 2,11 Mrd. Euro. Die von der Politik geforderte Umsetzung innerhalb weniger Tage sowie die bisher einmalige Dimension der Förderung bedeuteten einen Kraftakt für alle Beteiligten und führten zwangsläufig zu Problemen in der Abwicklung:
Im Unterschied zum Bund hat das Land bei der Soforthilfe Corona nicht nur einen Liquiditätsbedarf, sondern auch einen monatlichen fiktiven Unternehmerlohn des Inhabers sowie einen Ersatz für nicht anderweitig erstattete Personalkosten anerkannt. Fehlende Angaben in den Antragsformularen hierzu erschweren in der Folge die Abrechnung mit dem Bund. Der Rechnungshof hat mit einer Datenanalyse den Kostenanteil des Landes näherungsweise ermittelt, die der Abrechnung mit dem Bund zugrunde gelegt werden kann.
Die Soforthilfe Corona konnten Unternehmen erhalten, für die ein existenzbedrohender Liquiditätsengpass prognostiziert werden konnte. Eine Stichprobe des Rechnungshofs ergab, dass nur bei rund einem Viertel der bewilligten Anträge der Liquiditätsengpass nachvollziehbar berechnet war. Der Rechnungshof fordert, dass das Land künftig bei ähnlich gelagerten Förderprogrammen klar definiert, wann eine Förderung gezahlt wird, und hierfür auch - ggf. auch vereinfachte - Begründungen und Nachweise gefordert werden.
Mit Start-up BW Pre-Seed fördert das Land seit Ende 2018 Start-ups mit innovativen Geschäftsideen und hohem Wachstumspotenzial. Die Landesförderung setzt dort an, wo institutionelle Anleger aufgrund des erhöhten Risikos und der ungewissen Erfolgsaussichten des Gründungsvorhabens zurückhaltend sind. Das Förderprogramm wurde um die pandemiebedingte Maßnahme Pro-Tect ergänzt. Bis Ende 2020 wurden 189 Start-ups mit insgesamt 32,3 Mio. Euro gefördert.
Die Förderungen werden in einem komplexen Verfahren mit vielen Akteuren bewilligt. Die Start-ups werden von Betreuungspartnern unterstützt, die vom Land zugelassen sind. Die Betreuungspartner prüfen auch, ob die Start-ups die Fördervoraussetzungen einhalten. Gleichzeitig können sie als Ko-Investoren auftreten und damit eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen. Nach Ansicht des Rechnungshofs sollte das Verfahren vereinfacht werden. Die Bestimmungen sollten so geändert werden, dass Interessenkonflikte bei den Betreuungspartnern vermieden werden.
Die Förderkriterien „Wachstumsorientierung“ und „Innovationsgrad“ sollten nach Auffassung des Rechnungshofs konkretisiert werden. Dies wäre gegeben, wenn die Start-ups Produkte oder Geschäftsprozesse selbst neu entwickeln oder bereits bestehende substanziell weiterentwickeln. Tatsächlich basieren die Geschäftsideen der geförderten Start-ups vielfach auf bloßen Weiterentwicklungen bestehender Produkte oder Geschäftsprozesse.
Um den Erfolg der Förderung nachzuweisen, sollte das Land das Programm evaluieren. Dabei sollte es insbesondere prüfen, ob die Ziele der Programme Pre-Seed und Pro-Tect Start-ups mit Potenzial besser fördern als mit bestehenden anderen Förderprogrammen für junge Unternehmer tatsächlich erreicht wird.