Finanzierung der Landesbühnen neu regeln
- Zwei Landesbühnen werden ihrer ursprünglichen Funktion als Wanderbühnen nicht mehr ganz gerecht
- Anreize für stärkere Gastspieltätigkeit setzen
Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof hat die Entwicklung der drei Landesbühnen vergleichend untersucht. Kritisch beleuchtet er die Entwicklung, dass die Württembergische Landesbühne Esslingen und das Landestheater Tübingen sich mehr und mehr zu Kommunaltheatern ihrer jeweiligen Sitzstadt entwickelt haben und die Gastspieltätigkeit in der Fläche des Landes demgegenüber in den Hintergrund getreten ist. Gleichwohl trägt das Land in beiden Städten mehr als 70 % des entstehenden Defizits: DieWürttembergische Landesbühne erhält jährlich 4,06 Mio. Euro aus demLandeshaushalt, das Landestheater Tübingen bekommt 3,9 Mio. Euro vomLand überwiesen. Der Rechnungshof sieht darin eine nicht gerechtfertigte Begünstigung der Sitzstädte Esslingen und Tübingen, die sich nur mit 30 % bzw. 20 % am Defizit ihrer Theater beteiligen müssen. Im Gegensatzdazu müssen jene Städte in Baden-Württemberg, die eigene Kommunaltheater unterhalten, mehr als zwei Drittel des entstehenden Defizits selbsttragen, obwohl ihre Theater auch über die Stadtgrenzen hinaus wirken. Das gilt zum Beispiel für Freiburg, Heidelberg oder Pforzheim.
Deshalb schlägt der Rechnungshof vor, die Zuschüsse der Landesbühnenneu zu berechnen. Das Modell des Rechnungshofs sieht vor, dass das Land das Defizit für auswärtige Gastspiele voll übernimmt und dass das Defizit für Aufführungen am Sitz der Landesbühnen im Verhältnis 2:1zwischen Kommune und Land geteilt wird. Damit soll ein gezielter Anreiz für eine stärkere Gastspieltätigkeit gesetzt werden, wie dies die ursprüngliche Zielsetzung für Landesbühnen auch vorsah. Zur Vereinfachung sollten die Zuschüsse allerdings pauschaliert werden. Legt man die bisherige Aufteilung zwischen Gastspielen und Aufführungen am Sitzort zugrunde, würde dies zu einer nicht unerheblichen Reduzierung des Zuschusses in Esslingen und Tübingen und zu einer Erhöhung des Landeszuschusses in Bruchsal führen.
Gegründet wurden die Württembergische Landesbühne Esslingen und das Landestheater Tübingen ursprünglich als Wanderbühnen, um die Städte und Landkreise ohne eigenes Theater mit anspruchsvollen Gastspielen zu versorgen. Diese Gastspiele machen jedoch heute in beiden Fällen wenigerals die Hälfte der Aktivitäten der Theater aus.
Weiterhin schlägt der Rechnungshof den Verwaltungsräten der dreiLandesbühnen vor, Maßnahmen zur Verminderung der Defizite zu prüfen, diedie jeweiligen Theater erwirtschafteten. So habe ein Vergleich der Personalausstattung ergeben, dass in Esslingen ein rechnerisches Einsparpotenzial von 23 Personalstellen bestehe, in Tübingen von 8,7 Stellen und in Bruchsal von einer Stelle. Der Schwerpunkt der Sparvorschläge betrifft die Technik und den Verwaltungsbereich. Stelleneinsparungen bei den Schauspielern hat der Rechnungshof nicht vorgeschlagen.
Ebenfalls zur Verminderung des Defizits könnten Einnahmeverbesserungen beitragen. Eine Eigenfinanzierungsquote von unter 20 % der Gesamtausgaben ist in den Augen des Rechnungshofs fiskalisch nicht vertretbar. Die Zuschüsse des Landes je Theaterbesucher belaufen sich auf 37 Euro bis 43 Euro. Vorgeschlagen werden die Erhöhung der Eintrittspreise, die Professionalisierung der Einwerbung von Spenden und Sponsoren und eine Gestaltung der Spielpläne, die zu einer Verbesserung der Gastspielnachfrage führen kann.
Der Rechnungshof stellt die Landesbühnen in keiner Weise in Frage. Er sieht in ihrer ursprünglichen Zielsetzung vielmehr eine wichtige Leistung der kulturellen Daseinsvorsorge für das gesamte Landesgebiet.