Erstmals Kosten und Wirkungen von Ganztagsschulen im Land untersucht
- Die Verteilung der Bundesmittel war weder problemorientiert noch sachgerecht
- Die laufende Finanzierung weiterer Ganztagsschulen ist noch nicht gesichert
- Die Leistungsfähigkeit der Ganztagsschulen sollte evaluiert und die Förderungen daran orientiert werden
Karlsruhe/Stuttgart. „Unsere Prüfung verschafft erstmals einen Gesamtüberblick über die Kosten und Wirkungen der genehmigten Ganztagsschulen im Land. Uns ist bewusst, dass sich die Situation seit dem Abschluss der Prüfung deutlich weiterentwickelt hat. Die Ausführungen in der Denkschrift bilden zwar eine Momentaufnahme, liefern aber wichtige Zahlen und Einschätzungen, die in die weitere Diskussion einfließen sollten“, so Martin Frank, der Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, bei der Vorstellung der Denkschrift 2005 in Stuttgart.
Die Prüfung des Rechnungshofs liefert erstmals eine verlässliche Datenbasis zu den Kosten und zu Aspekten der Wirkung von Ganztagsschulen im Land. Sie befasst sich ferner mit dem „Investitionsprogramm des Bundes Zukunft, Bildung und Betreuung“ (IZBB) zur Förderung des Ganztagsschulwesens und zeigt in einer verlässlichen Hochrechnung den Finanzierungsbedarf des Landes auf, um die in das Bundesprogramm aufgenommenen Schulen zu Ganztagsschulen auszubauen. Schließlich sprechen die Finanzkontrolleure Empfehlungen zum weiteren Vorgehen aus.
Der Rechnungshof hat Umfragen bei allen 174 genehmigten Ganztagsschulen des Landes durchgeführt und dabei die Kosten des Betriebs und des geplanten Ausbaus erhoben sowie die Einschätzung der Schulleitungen zu den Wirkungen von Ganztagsschulen ermittelt. Danach kostete das zusätzliche Angebot an den genehmigten Ganztagsschulen für das Schuljahr 2003/04 insgesamt rd. 42 Mio. €. Hiervon trägt das Land rd. 31 Mio. € in Form von Lehrerwochenstunden. Die übrige Finanzierung leisten die Schulträger, also in der Regel die Kommunen. Nach Einschätzungen der Schulleitungen wirken sich die zusätzlichen Angebote an den Ganztagsschulen positiv auf das allgemeine Schulklima, die Arbeit der Lehrkräfte sowie auf das Sozialverhalten der Schüler aus.
Der Rechnungshof hat sich in seiner Prüfung auch mit dem Verteilungsverfahren der rd. 528 Mio. € befasst, die Baden-Württemberg zur Schaffung einer modernen Infrastruktur im Ganztagsschulbereich aus dem Bundesinvestitionsprogramm IZBB erhalten hat. Die Problematik des dabei eingesetzten Verfahrens, nach dem die Reihenfolge der Anträge bei den Regierungspräsidien maßgeblich ist, hat die öffentliche Diskussion bereits erreicht. Die Finanzkontrolleure fordern die Landesregierung auf, sicherzustellen, dass bei künftigen ähnlichen Programmen die Vergabe von Bundesmitteln bzw. von Fördergeldern nicht nach dem „Windhundprinzip“ gehandhabt, sondern nach der Dringlichkeit des Bedarfs und nach der Qualität des Konzepts zielgerichtet geplant und gesteuert wird.
Gegenwärtig finanzieren das Land und die Schulträger das zusätzliche Angebot an den genehmigten Ganztagsschulen. Als weiteren Finanzierungsbedarf haben die Finanzkontrolleure ein Volumen von zusätzlich rd. 300 Lehrervollzeitstellen im Wert von 19,6 Mio. € errechnet. Dieses Geld ist erforderlich, um an allen öffentlichen Schulen, die IZBB-Mittel erhalten und noch keine genehmigten Ganztagsschulen sind, den Ganztagsbetrieb im landesüblichen Umfang zu gewährleisten.
Für die sich abzeichnende Entwicklung des weiteren Ausbaus der Ganztagsschulen empfiehlt der Rechnungshof, zunächst die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Formen der Ganztagesschulen zu ermitteln und dann die Förderung an dem Ergebnis der Evaluationen zu orientieren.