Die Verfahren und Abläufe zur Feststellung und Erfüllung des Anspruchs auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot im Förderschwerpunkt Lernen sind optimierbar

  • Rechnungshof sieht Kultusverwaltung und Schulen auf dem richtigen Weg
  • Einzelne Verfahren und Maßnahmen sollten verbessert bzw. beschleunigt werden

Karlsruhe/Stuttgart: Baden-Württemberg hat im Jahr 2015 dem Anliegen der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung getragen und das Bildungssystem im Bereich des Sonder- bzw. Förderschulwesens grundlegend umgestaltet. Seitdem ist die Sonderschulpflicht für behinderte Kinder und Jugendliche entfallen. Die bisherigen Sonder-/Förderschulen wurden in Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) umgewandelt. Die Inklusion als Aufgabe aller Schulen und das Wahlrecht der Eltern zwischen SBBZ und inklusiver Beschulung wurden wesentliche Eckpfeiler der neuen Regelungen.

Der Rechnungshof hat in einer landesweiten Erhebung die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren im Förderschwerpunkt Lernen und die Umsetzung der Inklusion für Kinder und Jugendliche in diesem Förderschwerpunkt untersucht. Er hat festgestellt, dass fünf Jahre nach Einrichtung der SBBZ und der gesetzlichen Verankerung der Inklusion noch Verbesserungspotenzial bei verschiedenen Verfahren besteht.

Dies gilt zunächst für die Feststellung des Anspruchs auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot, welches weit überwiegend über ein aufwändiges Gutachtenverfahren stattfindet. Diese bindet Lehrkräfteressourcen an den SBBZ, bei denen die Erstellung von Gutachten teilweise bei wenigen Lehrkräften gebündelt, teilweise auf alle sonderpädagogischen Lehrkräfte verteilt werden. Hier schlägt der Rechnungshof vor, die Zentralisierung der sonderpädagogischen Diagnostik eines Schulamtsbezirks bei einer Regionalstelle des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung in einem Pilotprojekt modellhaft zu erproben.

Des Weiteren besteht Reformbedarf bei dem seit dem Schuljahr 2004/05 unverändert angewendeten System der Lehrkräftezuteilung. Bisher werden die zuzuweisenden Lehrkräfteressourcen im Förderschwerpunkt Lernen auf Basis festgelegter Prozentsätze aus der Gesamtzahl aller Grundschüler bzw. aller Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 6 und 15 Jahren festgelegt. Der realen Entwicklung, insbesondere dem Anstieg der Schülerzahlen mit einem Anspruch auf ein Bildungsangebot im Förderschwerpunkt Lernen dürfte dieses Verfahren nicht mehr gerecht werden.

Positiv hervorzuheben ist, dass das Kultusministerium 2017 ein sog. Monitoringverfahren gestartet hat. Dessen Ziel ist, die Entwicklung der Schülerzahlen, die Verteilung der Schüler auf die verschiedenen Lernorte und Förderschwerpunkte regelmäßig in den Blick zu nehmen. Allerdings war dieses Verfahren zum Zeitpunkt der Rechnungshofprüfung noch nicht bei allen Schulämtern verankert. Zwischenzeitlich hat das Kultusministerium die Umsetzung vorangetrieben. Hier gilt es dann, die Ergebnisse in Maßnahmen umzusetzen und deren Wirkung zu evaluieren.

Schließlich weist der Rechnungshof auf die möglichst konsequente Umsetzung des Grundsatzes hin, dass inklusive Bildungsangebote vor Ort möglichst gruppenbezogen zu organisieren sind.