Bei der IuK-Technik fehlt bislang die lenkende Hand
- Rechnungshof fordert ein landesweites Systemhaus und weitreichende Kompetenzen für den neuen Chief Information Officer (CIO)
- Auftragsvergabe und Serverlandschaft sollten ressortübergreifend konsolidiert werden
- Beim Internetangebot darf die Wirtschaftlichkeit nicht außen vor bleiben
Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof hat bereits 2009 in seiner Beratenden Äußerung zur Neuordnung der Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) in der Landesverwaltung gefordert, die Rechenzentren und die IuK-Dienstleistungen in einem landesweiten Systemhaus zusammenzuführen. Dieses Systemhaus soll nach den Vorschlägen des Rechnungshofs einem Gesamtverantwortlichen, dem sogenannten CIO, unterstellt werden, um die teure IuK des Landes zu steuern und zu konsolidieren. Jedes Jahr könnten etwa 40 Mio. Euro eingespart werden.
Die Koalitionsvereinbarung der neuen Landesregierung sieht vor, die Vorschläge des Rechnungshofs umzusetzen und vor allem einen politisch hochrangig angesiedelten CIO einzusetzen. Auf ihn wird viel Arbeit zukommen, will er die Vorschläge des Rechnungshofs aufgreifen. Denn die Finanzkontrolle hat mittlerweile in drei weiteren Prüfungen Fragen der IuK vertiefend untersucht und weitere Probleme aufgezeigt. Dabei geht es um die Vergabe von IuK-Dienstleistungen, um die Servervielfalt und um das Internetangebot der Landesregierung.
Der Vizepräsident des Rechnungshofs, Günter Kunz, sagte hierzu bei der Vorstellung der Denkschrift 2011 in Stuttgart: „Der Rechnungshof appelliert an die Landesregierung, ihren CIO mit weitreichenden Kompetenzen auszustatten, um die Informationstechnik ressortübergreifend gestalten zu können. Das Vertragsmanagement sollte zentralisiert werden, am besten in einem landesweiten Systemhaus, das dem neuen CIO unterstellt wird.“
Das Land beschäftigt IuK-Personal im Umfang von mehr als 2.000 Vollzeitstellen und gibt dafür mindestens 183 Mio. Euro aus. Darüber hinaus kauft die Landesverwaltung im Bereich IuK jährlich für mehr als 120 Mio. Euro Dienstleistungen ein. Bislang versucht jedes Ministerium in seinem Geschäftsbereich, die Informations- und Kommunikationstechnik zu optimieren. Nirgendwo besteht aber ein Gesamtüberblick. Deshalb werden viele Doppelstrukturen vorgehalten, deren Systemvielfalt unnötigen Aufwand und Folgekosten verursacht.
Die Ressorts - teilweise sogar mehrere Organisationseinheiten innerhalb eines Ressorts - kaufen ihre Leistungen getrennt ein. Gleichartige Leistungen werden an unterschiedliche Anbieter vergeben. Für vergleichbare Leistungen werden unterschiedliche, im Durchschnitt recht hohe Stundensätze bezahlt. Mit Hilfe der Methode Benchmarking haben die Finanzkontrolleure errechnet, dass durch einen zentralen Einkauf 10 Mio. Euro hätten eingespart werden können.
Von der Landesverwaltung verwendete Software wurde für fast 53 Mio. Euro bei 490 verschiedenen Anbietern eingekauft. Diese Vielfalt führt zu hohen Mehrkosten. Durch eine Standardisierung könnte erheblich gespart werden.
Außerdem werden jährlich über 10 Mio. Euro zusätzlich für Beraterhonorare ausgegeben, unter anderem auch für die Beratung bei der Vergabe von Aufträgen, weil eigener Sachverstand in der Landesverwaltung angeblich fehlt.
Das Rückgrat der IuK bilden die Server. Die Servertechnik entwickelt sich ständig weiter. Nach einer Momentaufnahme hat das Land allein im staatlichen Bereich mehr als 4.000 physische Server an 1.300 Standorten - ohne die Kommunen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Dabei ist die durchschnittliche Auslastung der Server des Landes Baden-Württemberg sehr gering. Die Kapazitäten der Server stehen zudem nicht ressortübergreifend zur Verfügung. Außerdem ist die Zahl der von einem Administrator betriebenen Server im Vergleich zu anderen öffentlichen und privaten Großbetrieben sehr niedrig. Dies verursacht hohe Personalkosten.
Der Rechnungshof schlägt vor, die Server ressortübergreifend zu konsolidieren, zu standardisieren und bedarfsgerecht gegen Ausfall zu sichern sowie an wenigen Standorten im Land einheitlich und zentral zu betreiben. Die jährlichen Betriebskosten der Serverlandschaft in Baden-Württemberg könnten so um bis zu 16 Mio. Euro gesenkt werden. Eine Konsolidierung wäre zudem Voraussetzung für das sogenannte Cloud-Computing, welches weitere Einsparpotenziale verspricht.
Nach der Koalitionsvereinbarung sollen die Aktivitäten im Bereich E-Government und digitale Demokratie ausgebaut werden. Dennoch darf die Wirtschaftlichkeit nicht außer Acht gelassen werden. Das Land hält bereits jetzt zu Themen und Aufgaben der Landesverwaltung über 1.100 Angebote im Internet bereit. Bislang wird nicht überprüft, welche Angebote in welchem Umfang und mit welchem Ergebnis genutzt werden. Die Landesregierung kann daher derzeit keinerlei Aussage zur Wirtschaftlichkeit ihres Internetangebots machen. Der Rechnungshof fordert, vor künftigen Anpassungen Erwägungen zur Wirtschaftlichkeit anzustellen und nach Möglichkeit empirisch zu untermauern.
Auch im Bereich E-Government könnten durch eine konsequente Anpassung an marktübliche Konditionen Betriebskosten gespart werden. Allein beim Verwaltungsportal „service-bw“ sehen die Finanzkontrolleure ein jährliches Einsparpotenzial von bis zu 1,5 Mio. Euro.