Bau von Rad- und Gehwegen zu teuer
- Abweichung von bundeseinheitlichen Mindeststandards nicht erforderlich
- Einsparpotenzial: rd. 1 Mio. €
- Rechnungshof empfiehlt Erstellung einer Prioritätenliste für die durchzuführenden Vorhaben und hierfür die Bildungung von quantitativen und qualitativen Kriterien
Karlsruhe/Stuttgart. „Hätte man sich bei den 2000/2001 gebauten Rad- und Gehwegen auf die bundesweiten Mindeststandards beschränkt, hätte das Land überschlägig 1 Mio. € sparen können." so Martin Frank, der Präsident des Rechnungshofs Baden-Württemberg, vor Journalisten in Stuttgart bei der Vorstellung der Denkschrift 2003. Nach Franks Angaben hat der Rechnungshof festgestellt, dass die vom Bund empfohlenen Mindeststandards für den Bau solcher Verkehrswege im Land z. T. überschritten wurden, ohne dass ein zwingender Bedarf dafür bestand. Hinzu komme, dass die Straßenbauverwaltung derzeit keine Orientierungswerte einsetzt, um Bauausgaben für Rad- und Gehwege schon im Planungsstadium zu prüfen und später realistisch zu veranschlagen.
Insgesamt wurden 28 Vorhaben des Rad- und Gehwegbaus geprüft. Hiervon wurden 17 Vorhaben aus dem Sonderprogramm Landesstraßenbau 2000/2001 finanziert, mit dem das Land die Mittel des originären Landesstraßenbaus verstärkt.
Nach den Feststellungen der Finanzkontrolleure werden Rad- und Gehwegvorhaben - ausgenommen sog. "Sonderformen" von Radwegen - weitgehend ohne eine Ermittlung des Bedarfs oder ihrer Dringlichkeit in die Sonderprogramme aufgenommen und gebaut. Der Rechnungshof ist jedoch der Ansicht, dass auch quantitative Angaben erforderlich sind, um eine fundierte Entscheidung für oder gegen einen Radweg und vor allem dessen Dringlichkeit im Vergleich zu anderen Vorhaben treffen zu können. Die Karlsruher Kontrollbehörde empfiehlt daher, eine Prioritätenliste für die durchzuführenden Vorhaben zu erstellen und hierfür quantitative und qualitative Kriterien zu bilden. Erst auf diese Weise sei eine Abwägung möglich, welche Vorhaben - vor allem in Zeiten knapper Straßenbaumittel - vorrangig zu bedienen sind.
Für die Standards von Rad- und Gehwegen werden in bundesweit gültigen Richtlinien Mindestmaße bzw. -anforderungen empfohlen, die es ermöglichen müssten, belastungsorientierte und verkehrssichere Rad- und Gehwege zu bauen. Nach diesen Vorgaben des Bundes ist eine Radweg-Regelbreite von 2,25 m für einseitig geführte und baulich von der Fahrbahn getrennte gemeinsame Geh- und Radwege an Straßen außerorts vorgesehen. Die Mehrzahl der geprüften Rad- und Gehwege wies jedoch eine Breite von 2,50 m auf, lediglich im Bereich des Regierungspräsidiums Tübingen wurde nahezu durchgängig das Regelmaß von 2,25 m beachtet.
Durch die Mehrbreite ergeben sich überschlägig zusätzliche Ausgaben von rd. 19.000 € je km Rad- und Gehweg. Bei den in den Jahren 2000/2001 gebauten Rad- und Gehwegen hätten überschlägig etwa 1 Mio. € gespart werden können, wenn man sich insbesondere an der empfohlenen Breite von 2,25 m orientiert hätte.
Auf Grund ihrer Prüfung stellten die Finanzkontrolleure fest, dass die Straßenbauverwaltung derzeit nicht über nachvollziehbare Bestimmungsfaktoren und Kennzahlen verfügt, um Bauausgaben für Rad- und Gehwege schon im Planungsstadium zu prüfen und später realistisch zu veranschlagen. Dies zeigte sich einmal darin, dass eine starke Streuung der Baukosten je km Rad- und Gehweg festgestellt wurde; die Ausgaben je km Radweg lagen zwischen 95.200 € und 234.500 €. Darüber hinaus wurden bei mehreren Vorhaben die veranschlagten Bauausgaben erheblich überschritten. Begründet wurden die Erhöhungen vereinzelt mit Ergänzungen und Erweiterungen des zu bauenden Radwegs, aber auch hierfür konnte der Bedarf häufig nicht hinreichend nachgewiesen werden.
Der Rechnungshof empfiehlt, bei der Förderung dieser vergleichsweise einheitlichen Baumaßnahmen - zumindest für den reinen Fahrweg ohne evtl. Kunstbauten - einheitliche Richtwerte für die Bauausgaben zu Grunde zulegen.