Abiturprüfung 2010: Berufliche Gymnasien prüfen effizienter

  • Allgemeinbildende Gymnasien könnten Aufwand in Millionenhöhe einsparen
  • 185.000 Unterrichtsstunden fallen abiturbedingt aus
  • Nach Beendigung der Abiturprüfung sollten die Lehrer der Abschlussklassen vermehrt andere Aufgaben erhalten

Karlsruhe/Stuttgart: Der Rechnungshof hat im Schuljahr 2009/10 die Kosten der Abiturprüfung erhoben. Dabei wurde festgestellt, dass die Kosten bei den allgemeinbildenden Gymnasien mit durchschnittlich 1.751 Euro je Abiturient deutlich höher waren als bei den beruflichen Gymnasien, die im Schnitt nur 1.467 Euro aufgewandt haben. Insgesamt betrugen die Kosten für die Durchführung des Abiturs in Baden-Württemberg an 542 öffentlichen Gymnasien 72,5 Mio. Euro.

Der Vizepräsident des Rechnungshofs, Günter Kunz, sagte hierzu bei der Vorstellung der Denkschrift 2011 in Stuttgart: „Die beruflichen Gymnasien organisieren die Abiturprüfung offensichtlich effizienter. Könnten die allgemeinbildenden Gymnasien ihren durchschnittlichen Aufwand je Abiturient auf das Niveau der beruflichen Gymnasien absenken, wäre ein Effizienzgewinn im Wert von 8 Mio. Euro möglich. Dies entspricht in etwa 87 Lehrerstellen.“

Der Rechnungshof stellte auch fest, dass der abiturbedingte Unterrichtsausfall an den Gymnasien insgesamt 185.000 Unterrichtsstunden betrug. Auch in dieser Hinsicht schnitten die beruflichen Gymnasien besser ab. An den allgemeinbildenden Gymnasien war der Ausfall mit durchschnittlich 431 Unterrichtsstunden doppelt so hoch wie an den beruflichen Gymnasien.

Der Unterricht für die Abiturienten endet bei beiden Schulformen mit der Bekanntgabe der Ergebnisse der schriftlichen Abiturprüfung. Da die Lehrkräfte nach diesem Termin nicht mehr in den Abiturklassen unterrichten mussten, bestand ein freies Unterrichtspotenzial von mehr als 370.000 Unterrichtsstunden. Zieht man den anderweitigen schulischen Einsatz (Ersatzunterricht, Schullandheimaufenthalt usw.) der Lehrkräfte ab, verbleibt immer noch ein beachtliches, nicht genutztes Unterrichtspotenzial von nahezu 280.000 Unterrichtsstunden, also in etwa drei Viertel des entfallenden Unterrichts. Dies entspricht der Unterrichtsleistung von 285 Lehrkräften in einem Schuljahr.

Mit der Erstellung der schriftlichen Abituraufgaben wurden insgesamt 55 Aufgabenkommissionen beauftragt. Aufgefallen ist die große Bandbreite des fächerspezifischen Aufwands der einzelnen Kommissionen in beiden Schularten. Dieser lag zwischen 24 Stunden für das Fach „Griechisch“ und 2.381 Stunden für das Fach „Mathematik ohne Computer-Algebra-Systeme“.

Die Untersuchung verdeutlicht, dass bei der Organisation, Durchführung und Nachbereitung der Abiturprüfung noch umfangreiche Effizienzreserven vorhanden sind. Der Rechnungshof empfiehlt dem Kultusministerium, die Abiturprüfung bei den allgemeinbildenden Gymnasien effizienter zu gestalten, den abiturbedingten Unterrichtsausfall weiter zu verringern und das nicht genutzte Unterrichtspotenzial zu erschließen.