Gemeinsamer Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten

Typ: Abschließendes Statement


[zu Kapitel 2 - Haushaltsrechtliche Behandlung von ÖPP-Projekten]

  • Projekte, die sich die öffentliche Hand aus eigenen Mitteln nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert in einer ÖPP leisten.
  • ÖPP-Projekte dürfen nicht zu einer Umgehung von Neuverschuldungsverboten führen; konsumtive Bestandteile des Leistungsentgelts müssen deutlich erkennbar und nachvollziehbar ausgewiesen werden.
  • ÖPP-Projekte sind während ihrer gesamten Vertragslaufzeit im Haushalt vollständig darzustellen. Die Belastung künftiger Haushalte muss klar erkennbar sein.

[zu Kapitel 3 - Finanzierung von ÖPP-Projekten]

  • Projektfinanzierung bietet neben einer angemessenen Risikoverteilung auch den Vorteil einer zusätzlichen Kontrolle durch die Banken. Erfahrungsgemäß haben Projektfinanzierungen einen um 0,5 % bis 1,0 % höheren Finanzierungssatz im Vergleich zur konventionellen Haushaltsfinanzierung.
  • Forfaitierung mit Einredeverzicht führt zu einer Risikoverschiebung in Richtung der öffentlichen Hand. Diese Risikoverschiebung muss im Wirtschaftlichkeitsvergleich angemessen berücksichtigt werden. Die Finanzierungskonditionen sind vergleichbar mit der konventionellen Haushaltsfinanzierung.

[zu Kapitel 4 - Vorbereitung und Vergabe von ÖPP-Projekten]

  • Die Bedarfsermittlung liegt immer in der Verantwortung der öffentlichen Hand. Mit dieser Ermittlung ist die grundsätzliche Finanzierbarkeit des zu realisierenden Projekts festzustellen. Die Entscheidung, ob eine Realisierung als ÖPP-Projekt oder in herkömmlicher Form erfolgen soll, muss solange wie möglich offenbleiben.
  • Die Pflicht des Bauherren, quantitative und qualitative Festlegungen zu treffen und die grundsätzliche Finanzierbarkeit der Investitions- und Folgekosten (Nutzungskosten) im öffentlichen Haushalt nachzuweisen, verlangt ein Mindestmaß an Planungstiefe, damit Investitions- und Folgekosten mit einer hinreichenden Genauigkeit ermittelt werden können.
  • Die Auswahl der externen Berater ist dem Wettbewerb zu unterstellen. Nur dadurch ist eine hohe Qualität und Wirtschaftlichkeit der eingekauften Leistungen zu sichern. Offensichtlich unauskömmliche „Lockangebote“ für die ersten Stufen der Beratungsleistungen sollten von einer Vergabe ausgeschlossen werden. Die mit Hilfe von nachvollziehbaren und eindeutigen Kriterien vorzunehmende Auswahl eines leistungsfähigen Büros ist eine unverzichtbare Voraussetzung für eine unabhängige Beratung. Zur Bewertung der Ergebnisse der Beratungsleistungen sollte der in den verschiedenen Bereichen der Verwaltung vorgehaltene Sachverstand eingebunden werden (kein blindes Vertrauen in externe Berater).
  • In der Leistungsbeschreibung müssen zu große Interpretationsspielräume durch die eindeutige und erschöpfende Beschreibung der Anforderungen vermieden werden. Rahmenbedingungen, die unveränderlich sind, und Bereiche, in welchen die Bieter Dispositionsfreiheit haben, sollten eindeutig vorgegeben werden.
  • Die Bewertungskriterien sind mit der Aufstellung der Machbarkeitsstudie frühzeitig festzulegen und bis zum abschließenden Wirtschaftlichkeitsvergleich für beide Beschaffungsvarianten (Gegenüberstellung von ÖPP und PSC) einheitlich anzuwenden.

[zu Kapitel 5 - Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von ÖPP-Projekten]

  • Die Vergleichbarkeit zwischen den Varianten muss in sämtlichen Phasen des Projekts gewährleistet sein (horizontal/vertikal). Dies setzt voraus, dass für beide Varianten einheitliche Rahmenbedingungen gelten, die ggf. anzupassen sind. Vergleichswerte für die konventionelle Beschaffungsvariante durch pauschale Zu- und Abschläge herzuleiten ist zu vermeiden.
  • Der Wirtschaftlichkeitsvergleich anhand von Kostenkennwerten für die konventionelle Beschaffungsvariante kann mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sein. Konkrete Ausschreibungsergebnisse für beide Varianten (ABC-Ausschreibung), wie sie mit bei Investorenmodellen (ÖPP 1. Generation) angewandt wurden, führten zu einer weitaus verlässlicheren Vergleichs- und Entscheidungsgrundlage.
  • Mithilfe von Sensitivitäts- und Szenarioanalysen lassen sich die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf ihre Belastbarkeit hin untersuchen. Insbesondere Risikokosten sind im Wirtschaftlichkeitsvergleich separat auszuweisen. Dadurch wird deutlich, in welchem Umfang sie das Ergebnis bzw. die Effizienzrendite beeinflussen. Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sollten grundsätzlich mit Sensitivitäts- und Szenarioanalysen überprüft werden. Neben den Investitions- und Finanzierungskosten sind auch die Risikoansätze kritische Eingangsgrößen für die Analyse und die sich ergebenden Folgekosten.
  • Bewirtschaftung und Betrieb bis zu 30 Jahre an einen privaten Partner zu vergeben hat zur Folge, dass diese Dienstleistungen dem Wettbewerb langfristig entzogen werden. Die direkte Auftragsvergabe des öffentlichen Auftraggebers an meist mittelständische Firmen fällt damit weg. Dies halten die Rechnungshöfe für kritisch. Die öffentliche Hand profitiert schneller von aktuellen Marktpreisen und Innovationen rund um die Bewirtschaftung und den Betrieb, wenn diese Leistungen periodisch dem Wettbewerb unterstellt werden. Der Lebenszyklusansatz wird dadurch nicht behindert.

[zu Kapitel 6 - Ermittlung des PSC]

  • Die Fortschreibung der Investitions- und Folgekosten zur Ermittlung des PSC sollte mit zunehmendem Projektfortschritt durch größere Planungstiefe und weitere Optimierung der Eigenrealisierung auch eine höhere Kostengenauigkeit in allen Kostenbestandteilen des PSC herstellen.

[zu Kapitel 7 – Risikobewertung und -verteilung]

  • Die Erfahrungen der Rechnungshöfe zeigen, dass beim Wirtschaftlichkeitsvergleich vorrangig die Eigenbauvariante mit hohen Risikokosten belegt wird. Die monetäre Bewertung der Risiken wird somit zur Stellschraube im Wirtschaftlichkeitsvergleich von konventioneller Beschaffungs- und ÖPP-Variante.
  • Jedes ÖPP-Projekt weist spezielle, unterschiedlich ausgeprägte Risiken auf. Auch wenn in der Fachliteratur versucht wird, bestimmte Risiken zu typisieren, stellt jedes Projekt letztendlich einen Einzelfall dar.
  • Eine kritische Herangehensweise sollte die Grundlage jeder Risikobewertung sein. Dem öffentlichen Auftraggeber sollte bewusst sein, dass die Risiken, die bei der ÖPP-Variante vom Privaten getragen werden, von diesem im Bereich der Investitions-, Finanzierungs- und Betriebskosten zumindest kompensiert werden müssen, um den wirtschaftlichen Vorteil des ÖPP nachweisen zu können.
  • Neben den in den einschlägigen Leitfäden aufgeführten möglichen Risiken auf der Grundlage des Lebenszyklusansatzes sollten ÖPP-spezifische Risiken - wie z. B. das Vertragsrisiko - nicht außer Acht bleiben.

Link http://www.rechnungshof.baden-wuerttemberg.de/archiv/arch_bae_2.htm
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