Landesbetriebe

1.Das Land kann nach § 26 der Landeshaushaltsordnung für Teile der Verwaltung Landesbetriebe errichten, wenn ein Wirtschaften nach Einnahmen und Ausgaben des Haushaltsplans nicht zweckmäßig ist. Die Landesbetriebe sind entweder auf erwerbswirtschaftliche Zwecke mit Gewinnerzielungsabsicht oder auf eine marktwirtschaftliche Bedarfsdeckung mit möglichst hohen Kostendeckungsbeiträgen ausgerichtet.

2.In Baden-Württemberg bestanden zum 31.12.2010 43 Landesbetriebe. Der erste Landesbetrieb wurde 1955 gegründet. Vor allem in den Zeiträumen 1995 bis 1999 und 2005 bis 2010 wurden viele Landeseinrichtungen umgewandelt. Die meisten Landesbetriebe gibt es im Bereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Im Ländervergleich hat Baden-Württemberg die mit Abstand meisten Landesbetriebe. Bundesweit bestanden im Jahr 2011 insgesamt 201 Landesbetriebe. Somit war jeder 5. Landesbetrieb in Baden-Württemberg.

3.Landesbetriebe gehören zur Kernverwaltung des Landes. Sie unterliegen der Fach- und Dienstaufsicht der Regierung. Nach § 26 Landeshaushaltsordnung haben Landesbetriebe einen Wirtschaftsplan aufzustellen, wenn ein Wirtschaften nach Einnahmen und Ausgaben des Haushaltsplans nicht zweckmäßig ist. Der Wirtschaftsplan besteht aus dem Erfolgs- und dem Finanzplan. Die Wirtschaftspläne müssen durch den Landtag genehmigt werden. Die Ausführung der Wirtschaftspläne unterliegt wie die Landesverwaltung insgesamt, der jeweiligen Fachaufsicht.

4.Gemäß Nr. 1.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 26 Landeshaushaltsordnung sollen Landesbetriebe entweder auf erwerbswirtschaftliche Zwecke oder auf eine marktwirtschaftliche Bedarfsdeckung ausgerichtet sein. Diese Gründe standen in der Vergangenheit nicht immer im Vordergrund.

5.Die Aufgabenstruktur der Landesbetriebe ist heterogen. Es werden zahlreiche hoheitliche Tätigkeiten aus dem Bereich der Eingriffsverwaltung neben Aufgaben der Leistungsverwaltung erledigt. Rein betriebswirtschaftliche Zielsetzungen sind damit schwer in Einklang zu bringen.

6.Im Staatshaushaltsplan sind die Landesbetriebe nur mit ihren Zuführungs- und Ablieferungsbeträgen veranschlagt. Es wird somit vom Bruttoprinzip abgewichen. Die Gründung der Landesbetriebe hat die Haushaltssystematik verändert und erschwert somit die Beurteilung einer längerfristigen Haushaltsentwicklung. Das Netto-Ausgabevolumen der Landesbetriebe betrug 1,7 Mrd. Euro im Jahr 2011. Das Haushaltsvolumen des Landes hätte statt der in der Landeshaushaltsrechnung ausgewiesenen 38,6 Mrd. Euro rund 40,3 Mrd. Euro betragen, wenn die Landesbetriebe in voller Höhe mit berücksichtigt worden wären.

7.Die Landesbetriebe haben 2011 1,3 Mrd. Euro Erlöse (ohne Zuführungen aus öffentlichen Haushalten und Drittmittel) erzielt, 3,4 Mrd. Euro Aufwendungen verursacht und Personal im Umfang von 28.672 Vollzeitäquivalenten beschäftigt.

8.Die Landesbetriebe erhielten 2011 1,7 Mrd. Euro Zuführungen aus dem Landeshaushalt. Nur vier Landesbetriebe konnten einen Gewinn von insgesamt 34 Mio. Euro an das Land abführen. Die weitaus meisten Landesbetriebe arbeiten nicht kostendeckend. Der durchschnittliche Kostendeckungsgrad lag 2011 bei 36 Prozent. Von 43 Landesbetrieben in Baden-Württemberg hatten lediglich fünf Landesbetriebe einen Kostendeckungsgrad von mehr als 100 Prozent. Die übrigen Landesbetriebe lagen teilweise deutlich unter 100 Prozent.

9.Bei den Landesbetrieben wurden bei weitem nicht alle zuzurechnenden Kosten berücksichtigt. Auch bei den vier Landesbetrieben, die einen Gewinn an das Land abgeführt haben, wäre kein nennenswerter Gewinn angefallen, wenn das Land alle diesen Landesbetrieben zuzurechnenden Kosten berücksichtigt hätte.

10.Durch die haushaltsrechtlichen Flexibilisierungsmöglichkeiten bestehen auch in der Kernverwaltung Steuerungsmöglichkeiten.

11.Bei funktionaler Betrachtung hatten nicht alle Landesbetriebe einen selbstständigen Geschäftsbetrieb. Zwölf Landesbetriebe waren organisatorische Teile von anderen Behörden, z. B. den Regierungspräsidien. Dort nutzten sie zentrale Dienstleistungen (Personalverwaltung, IT u. a.), ohne hierfür Kosten zu verrechnen.

12.Nur wenige Landesbetriebe führen in ihren Bilanzen die ihnen zugewiesenen Grundstücke und Gebäude bzw. deren Kosten (Abschreibungen) vollständig auf. Von den verbindlichen Mustern für Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und Bilanz wird oftmals abgewichen.

Klassische Kennzahlen der Bilanzanalyse sind für die Landesbetriebe nicht aussagekräftig. Es lassen sich lediglich erfolgswirtschaftliche, auf den Landesbetrieb bezogene Kennzahlen bilden. Ein Nutzen der kaufmännischen Jahresabschlüsse lässt sich in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht erkennen.

Im Jahr 2011 haben 25 von 43 Landesbetrieben, nahezu 60 Prozent der Betriebe, ihren Jahresabschluss zu spät erstellt. Zwölf Jahresabschlüsse waren zum Abschluss der Prüfung noch vorläufig. Die Genehmigung durch das Fachministerium wird dadurch verzögert, die Vorlage beim Rechnungshof erfolgt verspätet.

13.Für die Jahresabschlüsse der Landesbetriebe besteht keine Testierpflicht. Dennoch erfolgt teilweise eine Testierung durch Wirtschaftsprüfer. 2011 fielen hierfür 288.100 Euro Kosten an. Angesichts der deutlich unterschiedlichen Ausgangslage von Landesbetrieben gegenüber der freien Wirtschaft bringen die Testate nur einen eng begrenzten Erkenntniswert. Testate sind nur in begründeten Einzelfällen zu erstellen.

14.Die Abschlüsse der Landesbetriebe müssen konsolidierungsfähig erstellt werden.


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