Nachtragsmanagement im Staatlichen Hochbau

Denkschrift 2020, Beitrag Nr. 17 (Kapitel 1208)

Der Rechnungshof berichtete in der Vergangenheit regelmäßig über ausgeprägte Mehrkosten und Nachträge bei Großprojekten im Staatlichen Hochbau. Eine breit aufgestellte Prüfung von 48 großen Baumaßnahmen auf Nachträge, Mehr- und Minderkosten, Änderungen sowie Behinderungen im Bauprozess stellte der staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung nun kein so schlechtes Testat aus.

Die Mehrheit der geprüften Baumaßnahmen im Wert von rund einer viertel Mrd. Euro der Jahre 2014 bis 2017 hielt den geplanten Kosten- und Zeitrahmen grob ein. Durchschnittlich entstanden Nachträge von 11 Prozent der erstmalig veranschlagten Haushaltsmittel. Dem steht jedoch ein jährlich um 2,5 Prozent gestiegener Baupreisindex gegenüber, wodurch die vorgenannten 11 Prozent relativiert werden.

Der Rechnungshof stellte fest, dass die häufigsten Ursachen für Nachträge Leistungs- oder Planungsänderungen mit 45 bzw. 32 Prozent waren. Ungenügende Vorbereitung, nicht ausgereifte Planungen sowie mangelhafte Ausschreibungen hatten Änderungen und Nachträge zur Folge. Der Rechnungshof empfahl, die Vereinbarung von Nachträgen zu verbessern und einen Leitfaden einzuführen. Auch beim 2012 eingerichteten Risikomanagement großer Baumaßnahmen bestand Optimierungspotenzial.

Parlamentarische Behandlung

Der Landtag hat die Landesregierung gebeten, das für neue Top-Projekte in der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg vorhandene Risikomanagement umfassend auszuweiten und hierfür ein Pilotprojekt festzulegen. Zudem sollte ein Leitfaden zur Vergütung von Nachträgen verbindlich eingeführt werden. Auch die Verfahren zur Vereinbarung von Nachträgen sollten beschleunigt und verbessert werden.

Reaktion der Landesregierung

Die Landesregierung hat berichtet, dass sich die im Baumanagement der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg eingesetzten Instrumente einschließlich des Instruments Risikomanagement insbesondere in dem Zeitraum der Corona-Pandemie bewährt hätten. Trotz der erschwerten Bedingungen und zusätzlichen Aufgaben habe der Landesbetrieb Vermögen und Bau die Bauprojekte am Laufen halten und das Ausgabeziel für das Jahr 2021 von rund 1 Mrd. Euro erreichen können. Die Abläufe auf der Baustelle seien auch unter dem Einfluss der Corona-Pandemie ganz überwiegend im Plan geblieben.

Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg werde das vorhandene Risikomanagement für TOP-Projekte weiter ausweiten und hierfür ein Pilotprojekt benennen. Nach kurzer Diskussion im Finanzausschuss schloss sich das Finanzministerium dem Vorschlag des Rechnungshofs an, das sehr große, geplante Neubauvorhaben für die Justizvollzugsanstalt in Rottweil als Pilotprojekt festzulegen.

Das 2012 eingeführte Risikomanagement werde auch unabhängig von der Festlegung eines Pilotprojekts für TOP-Projekte weiter als Steuerungsinstrument kontinuierlich eingesetzt und optimiert. Das Risikomanagement, das optimierte Nachtragsmanagement sowie das Controlling stelle ein durchgängiges kosten-und terminsicheres Projektmanagement in allen Planungs- und Bauphasen sicher.

Die Regelungen im Baumanagement seien gemäß der fortgeschriebenen Dienstanweisung des Finanzministeriums für die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg (DAW 2022) optimiert worden. Dies umfasse auch die spezifischen Projektabläufe von TOP-Projekten und regulären Großen Baumaßnahmen.

Der „Leitfaden zur Vergütung bei Nachträgen“ als Richtlinie 510 im Vergabe- und Vertragshandbuch des Bundes (VHB-Ausgabe 2017, Stand: August 2019) sowie die einschlägigen Formblätter des VHB (FB 521 bis 523) seien beim Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg zur Anwendung eingeführt worden. Für das Nachtragsmanagement liefere der Leitfaden umfangreiche inhaltliche Aussagen sowie Berechnungsbeispiele zu Vergütungs- und Ausgleichsberechnungen bei Nachträgen und stelle die Gleichbehandlung der Geschäftspartner im Landes- und Bundesbaubereich in Baden-Württemberg sicher. Eine entsprechende Anpassung soll mit der nächsten Aktualisierung der VHB-Ausgabe erfolgen.

Die Verfahren zur Vereinbarung von Nachträgen seien digital im elektronischen Vergabe- und Vertragsmanagementsystem des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg implementiert worden.

Dafür würden in Kürze umzusetzende Aktualisierungen der Ausschreibungs- und Projektmanagementsoftware eine effiziente Prüfung und Überwachung der Nachträge anhand von Vorlagen sowie eine digitale Abrechnung von Nachtragsforderungen im Rahmen der E-Rechnung ermöglichen.

Zur Stärkung des Nachtragsmanagements sei in der Betriebsleitung des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg eine Kompetenzstelle zum Nachtragsmanagement mit vier neuen Personalstellen eingerichtet worden. Neben operativen Tätigkeiten, wie Beratungen und Einzelfallprüfungen, sei insbesondere die Schulung und Fortbildung zur Projekt- und Bauleitung zur fachlichen Kompetenzförderung verstärkt worden. Zusätzlich nehme die Kompetenzstelle die Aufgabe der Schlichtungsstelle nach § 18 VOB/B wahr.

Parlamentarische Erledigung

Der Landtag hat den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis genommen und das parlamentarische Verfahren am 10.11.2022 beendet.

Bewertung Zielerreichung

Den zentralen Forderungen des Rechnungshofs wurde entsprochen. Die Empfehlungen zum Risikomanagement und zu einem Leitfaden für Nachträge wurden umgesetzt. Besonders begrüßenswert ist aus Sicht des Rechnungshofs, dass der geplante Neubau der Justizvollzugsanstalt in Rottweil nun als Pilot mit einem neuen, umfassenden Risikomanagement bedacht wird. Angesichts der geplanten Investitionshöhe des Landes von 280 bis 380 Mio. Euro inklusive der Risikovorsoge für den Neubau ist dies von besonderer Bedeutung. Ob die dritte Empfehlung, nämlich die Verfahren zu den Nachträgen zu beschleunigen und zu optimieren, zeitnah und messbar umgesetzt wird, werden künftige Prüfungen beim Landesbetrieb Vermögen und Bau ergeben.

Letzte Änderung dieses Artikels: 27.12.2022