Haushaltsreste
Die Ausgabereste des Landes hatten sich zwischen 2009 und 2018 vervierfacht. Beim Rechnungsabschluss 2018 wurden 5,6 Mrd. Euro nach 2019 übertragen. Dies waren mehr als 10 Prozent des Haushaltssolls.
Bei Ausgaberesten über etwa 1,5 Mrd. Euro bestätigten die Ressorts, dass ihnen rechtliche Verpflichtungen aus Verträgen oder Bewilligungsbescheiden zugrunde lagen und die fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht aus den Mitteln des Folgehaushalts gedeckt werden könnten.
Bei einer Stichprobenprüfung der Vertragsreste 2017 stellte der Rechnungshof fest, dass bei 44 Prozent der geprüften Sachverhalte keine entsprechenden Verträge oder Bewilligungsbescheide vorlagen. Dennoch unterstellten die Ressorts aus verschiedensten Gründen rechtliche Bindungen, die aber so nicht vorlagen. Die Ressorts hatten hohes Interesse an der Klassifizierung von Ausgaberesten als Vertragsreste, denn diese wurden regelmäßig nicht in Abgang gestellt.
Der Rechnungshof forderte entsprechend der einschlägigen Verwaltungsvorschrift, Reste nur als Vertragsreste zu klassifizieren, wenn rechtlich bindende Verträge oder Bewilligungsbescheide zugrunde liegen. Dem wurde in der Vergangenheit nicht genügend Rechnung getragen.
Nach den rechtlichen Vorgaben dürfen Ausgabereste nur dann gebildet werden, wenn sie zur Erfüllung von im Folgejahr fälligen Zahlungsverpflichtungen erforderlich sind. Die Prüfung zeigte auf, dass bei rund 70 Prozent der 2017 im Gesamthaushalt gebildeten Vertragsreste im Haushaltsjahr 2018 schon der originäre Haushaltsansatz ausgereicht hätte, um alle fälligen Zahlungsverpflichtungen zu bedienen. Einer Restebildung 2017 hätte es - bei rückwärtiger Betrachtung - insofern nicht bedurft.
Das Sachausgabenbudget war seit 2013 von 650 Mio. Euro auf 1.053 Mio. Euro in 2018 gestiegen. Die vor einer Inabgangstellung geschützten Reste waren in dieser Zeit von 129 Mio. Euro auf 480 Mio. Euro gestiegen. Selbst, wenn man einen Sondereffekt bei flüchtlingsbezogenen Ausgaben außen vorlässt, hatte sich das Verhältnis aus Resten zum Budget zwischen 2013 und 2018 von 20 auf 40 Prozent verdoppelt. Der Rechnungshof sah damit eine nicht mehr vertretbare Höhe der Reste als erreicht.
Das Staatshaushaltsgesetz 2020/2021 sah erstmals die obligate Streichung von Resten im Sachausgabenbudget vor, wenn sie 50 Prozent des Budgets übersteigen und keine Rechtsverpflichtungen dahinterstehen. Der Rechnungshof begrüßte diesen ersten Schritt, hielt aber eine ambitioniertere Regelung für angezeigt.
Im Bereich der Personalausgabenbudgetierung sah der Rechnungshof insbesondere bei der Bemessung des Budgets für Neustellen noch Optimierungsbedarf.
Parlamentarische Behandlung
Der Landtag hat die Landesregierung gebeten, Haushaltsansätze zumindest bei den Titeln abzusenken, wo die Ist-Ausgaben über mehrere Jahre hinweg deutlich unter den Haushaltsansätzen lagen. Darüber hinaus sollten Vertragsreste nur gebildet werden, wenn rechtlich bindende Vereinbarungen zugrunde liegen und konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass die Haushaltsmittel des Folgejahres tatsächlich nicht ausreichen, um die neuen Maßnahmen des Folgejahres und bereits eingegangene Verpflichtungen zu bedienen. Bezüglich des Sachausgabenbudgets regte er an, eine strukturell wirkende Effizienzrendite von 10 Prozent des Budgets zugunsten des Gesamthaushalts abzuschöpfen. Darüber hinaus sollten die Ansätze des Sachausgabenbudgets für die Folgejahre „eingefroren“ werden. Um den starken Anstieg der Reste im Sachausgabenbudget der vergangenen Jahre abzufedern, sollten die Reste im Sachausgabenbudget mittelfristig auf maximal 20 Prozent der Mittelansätze begrenzt werden. Hinsichtlich des Personalausgabenbudgets sollte ein weiterer Anstieg der Reste vermieden werden. Dazu sollten den Ressorts nur solche Freiräume im Budget belassen werden, die sie durch eigene personalwirtschaftliche Maßnahmen generiert haben.
Reaktion der Landesregierung
Die Landesregierung hat mitgeteilt, dass die Absenkung der Haushaltsansätze bei Titeln mit dauerhaft steigenden Resten eine Daueraufgabe darstelle. Bei jeder Haushaltsaufstellung sei erneut auf die Einhaltung dieser Vorgaben hinzuwirken. Auch die Bildung von Vertragsresten anhand der geltenden Vorgaben müsse jährlich neu beim Haushaltsabschluss durch die Landesregierung bewertet werden. Gegenüber dem Vorjahr seien die Vertragsreste 2020 um etwa 92 Mio. gesunken.
Mit der Haushaltsaufstellung 2022 sei eine Effizienzrendite von 10 Prozent im Sachausgabenbudget durch die Absenkung der Ausgabenlimits abgeschöpft worden. Als weiteren Schritt habe der Gesetzgeber die Grenze, ab der Reste im Sachausgabenbudget grundsätzlich automatisch gestrichen werden, im Staatshaushaltsgesetz 2022 auf 40 Prozent definiert.
Die Reste im Personalausgabenbudget seien 2020 um etwa 5 Mio. Euro auf 37 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr reduziert worden.
Parlamentarische Erledigung
Der Landtag hat den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis genommen und das parlamentarische Verfahren am 03.02.2022 beendet.
Bewertung Zielerreichung
Die durch den Gesetzgeber und die Landesregierung eingeleiteten Maßnahmen zeigen erste Wirkungen. So konnte der exponentielle Anstieg der Ausgabereste für 2019 und 2020 - zumindest vorerst - gestoppt werden.