Flüchtlingsaufnahme in Baden-Württemberg

Beratende Äußerung vom 13.12.2017 (Einzelplan 03)

Der Rechnungshof hat 2016 und 2017 eine Prüfungsreihe zur Flüchtlingsaufnahme durchgeführt. Schwerpunkte waren das Flüchtlingsmanagement in der Praxis sowie die Ausgabenerstattung des Landes für die vorläufige Unterbringung an die Stadt- und Landkreise. Die Prüfungsergebnisse wurden in der Beratenden Äußerung zusammengefasst. Der Rechnungshof stellte fest, dass die zwischen dem Land und den Stadt- und Landkreisen vereinbarte Ausgabenerstattung („Spitzabrechnung“) aufwendig, fehleranfällig und unter Anreizaspekten problematisch ist. Er empfahl, schnellst möglich zur Ausgabenerstattung mittels gesetzlich vorgesehener Pauschale zurückzukehren.

Darüber hinaus wurden Defizite in der Praxis des Flüchtlingsmanagements und Chancen zur Verbesserung des Verwaltungshandelns aufgezeigt. Der Rechnungshof empfahl, das FlüAG zu reformieren und das Aufnahmemanagement stärker am Cluster-System des BAMF und der Bleibeperspektive der Asylantragsteller auszurichten.

Parlamentarische Behandlung

Die Beratende Äußerung wurde mehrfach parlamentarisch beraten. Zuletzt ging es um die Umsetzung des Landtagsbeschlusses, bei der Ausgabenerstattung an die Stadt- und Landkreise für die vorläufige Unterbringung möglichst bald zum gesetzlich vorgesehenen pauschalen Verfahren zurückzukehren.

Reaktion der Landesregierung

Die Landesregierung hat zuletzt am 21.09.2021 berichtet, dass das für Migration zuständige Ressort inzwischen ein Konzept für die Rückkehr zu einer pauschalen Ausgabenerstattung entwickelt habe. Das neue pauschale Erstattungssystem solle eine auskömmliche Ausgabenerstattung der Stadt- und Landkreise unabhängig von einer angenommenen durchschnittlichen Verweildauer der Personen in der vorläufigen Unterbringung gewährleisten. Zugleich setze das neue Erstattungssystem Anreize für ein wirtschaftliches Verwaltungshandeln. An die Stelle der aktuellen, auf der Annahme einer durchschnittlichen Asylverfahrensdauer berechneten Einmalpauschale pro zugewiesenem Asylsuchenden soll künftig eine Pauschale für jede rechtmäßig in der vorläufigen Unterbringung befindliche Person treten.

Die Liegenschaftskosten sollen für jeden Kreis mithilfe von kreisspezifisch zu erstellenden Liegenschaftskonzepten ermittelt werden. Dabei werden die Kosten der Liegenschaften der jeweiligen Kreise, die wirtschaftlich und baulich geeignet sind, in einer kreisspezifischen Pauschale verstetigt. Komplementär soll für den Übergang von der nachlaufenden Spitzabrechnung zur Pauschale eine sog. „Bad Bank“ etabliert werden, in die alle Liegenschaften eingehen, die die Kreise mittelfristig nicht mehr weiter für die vorläufige Unterbringung nutzen. Ihre Objekte sollen bis zu ihrer endgültigen Außerbetriebnahme weiterhin „spitz“ abgerechnet werden. Das Land steht damit weiterhin finanziell für die teuren, in der Zeit nach den hohen Flüchtlingszugängen 2015 bereitgestellten Unterkünfte ein.

Bei den Gesundheitsaufwendungen sei eine als „Pauschale PLUS“ bezeichnete Kostenerstattung für sämtliche Gesundheitsfälle bis 20 000 Euro Kosten pro Jahr und Person in Form eines für alle Kreise einheitlichen Pauschalbestandteils vorgesehen. 2018 betraf dies 99,5 % aller Personen. Die restlichen, kostenintensiven Einzelfälle können einzeln gegenüber dem Land abgerechnet werden. Für die Verwaltungs-, Leistungs-, und Betreuungsaufwendungen würden Pauschalenbestandteile angesetzt, welche für alle Stadt- und Landkreise als auskömmlich angesehen würden.

Nach Abstimmung des Konzepts und die noch erforderlichen Datenerhebungen könne die Landesregierung einen Gesetzentwurf für die erforderliche Anpassung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes vorlegen.

Parlamentarische Erledigung

Die Beratende Äußerung ist noch nicht parlamentarisch erledigt. Nach dem Landtagsbeschluss vom 21.07.2022 soll die Landesregierung die Verhandlungen über die Details der Ausgabenerstattung an die Stadt- und Landkreise für die vorläufige Unterbringung möglichst bald abschließen und zum gesetzlich pauschalen Verfahren zurückkehren. Im gesetzlich vorgesehenen neuen pauschalen Verfahren werden Liegenschaftsaufwendungen mit einer stadt- bzw. landkreisspezifischen Pauschale, Gesundheitsaufwendungen nach dem System „Pauschale Plus“ sowie Verwaltungs-, Leistungs-, und Betreuungsaufwendungen durch eine einheitliche Pauschale abgegolten. Die Landesregierung hat dem Landtag bis zum 30.06.2023 erneut zu berichten.

Letzte Änderung dieses Artikels: 28.09.2022