Externes oder internes IuK-Outsourcing (Beitrag Nr. 4)

Die Übertragung des DV-Betriebs der Staatsanwaltschaften von den Oberlandesgerichten auf das Informatikzentrum der Landesverwaltung hat zu Mehrausgaben von jährlich 1,2 Mio. € geführt.
Ob das Informatikzentrum die IuK-Dienstleistungen für die Landesverwaltung wirtschaftlich erbringt, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Der Rechnungshof schlägt die erneute Prüfung privatwirtschaftlicher Lösungen vor.

1 Vorgeschichte

Das Land Baden-Württemberg hat 1998 mit einer weltweit agierenden Gesellschaft für IuK-Dienstleistungen einen Rahmenvertrag über die Bereitstellung und Finanzierung von Servern, Arbeitsplatzgeräten sowie System- und Bürosoftware geschlossen. Diese Gesellschaft sollte als Generalunternehmer auch verschiedene Dienstleistungen übernehmen, insbesondere die Integration von Büro- und Fachanwendungen, den Betrieb der Server und Arbeitsplatz-PC, die Netzadministration und die Benutzerbetreuung.

Der Rahmenvertrag ging von bis zu 20.000 Arbeitsplätzen mit Bürokommunikations-Geräten aus. Unter Vertrag genommen wurden jedoch nur rd. 9.200 Arbeitsplätze aus den Geschäftsbereichen des KM (Ministerium und Schulverwaltung), des JuM (Ministerium und ordentliche Gerichtsbarkeit) und des MWK (Ministerium). Die dafür vereinbarte pauschale Vergütung betrug 95 € je Bildschirmarbeitsplatz und Monat.

Der RH begleitet die Aktivitäten des Landes hinsichtlich der Bürokommunikation durch Prüfung und Beratung. Über seine eigenen Erfahrungen und Prüfungserkenntnisse hat er in den Denkschriften 1998 (Beitrag Nr. 7, Outsourcing der Bürokommunikation im Rechnungshof) und 2002 (Beitrag Nr. 6, Kosten der IuK in Ministerien - Eigenbesorgung oder Outsourcing) berichtet.

Als zentrale Aussage ist festzuhalten, dass nur in einer Einzelfalluntersuchung entschieden werden kann, ob Leistungen zu privatisieren sind. Als Hilfestellung zur Entscheidungsfindung hat der RH zusammen mit dem Bundesrechnungshof „Leitsätze für die Prüfung von IT-Outsourcing“ entwickelt. Auch hat er den Ministerien empfohlen, einen systematischen und regelmäßigen Benchmarking-Prozess einzuführen. Weil sich die Ministerien unter Hinweis auf den Einführungsaufwand der neuen Steuerungsinstrumente dazu nicht in der Lage sahen, haben die staatlichen Rechnungsprüfungsämter Tübingen und Karlsruhe die in den vorausgegangenen Untersuchungen ermittelten Zahlen fortgeschrieben und die Erhebungen auf weitere Verwaltungszweige ausgedehnt.

2 Outsourcing der Bürokommunikation

2.1 Bisherige Erfahrungen mit dem Generalunternehmer

Bei Verhandlungen über den Abschluss weiterer Einzelverträge für die Staatsanwaltschaften, Notariate und weitere Teile der Kultusverwaltung erklärte der Generalunternehmer, dass die bisher geschlossenen Verträge für ihn nicht auskömmlich seien, er diese deshalb kündigen wolle und weitere Einzelverträge zur Ausfüllung des ausgeschriebenen Kontingents nur zu einem höheren Preis schließen könne. Die Landesverwaltung bestand auf Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen und Fortführung der laufenden Verträge. Weitere Einzelverträge wurden seit Ende 2001 aber nicht mehr geschlossen.

Die vertraglichen Regelungen sehen auch einen Geräteaustausch nach vierjähriger Betriebszeit durch den Generalunternehmer vor, welcher diese Gelegenheit dazu nutzte, höhere Outsourcing-Raten wegen Migration des Betriebssystems zu verlangen. Da die Einzelverträge für diesen Fall kein höheres Entgelt vorsahen, lehnten die Ministerien die Forderung ab. Eine daraus entstandene Auseinandersetzung mit dem Land über mehrere Millionen Euro wird derzeit noch in einem Schiedsverfahren behandelt.

2.2 Kostenentwicklung beim Pilotanwender Justizministerium

Im Jahre 2002 hatte der RH beim JuM IuK-Gesamtkosten je Bildschirmarbeitsplatz in Höhe von 247 € monatlich ermittelt. Diese konnten inzwischen auf 210 € zurückgeführt werden, im Wesentlichen weil geringere Kosten für die Fachanwendungen anfielen. Der darin enthaltene Anteil für die Bürokommunikation ist mit 170 € in etwa unverändert geblieben.

Als Folge von Leistungsverzögerungen des Unternehmens hat das JuM im Jahre 2003 geringere Outsourcing-Raten und Vertragsstrafen von zusammen 160.000 € durchgesetzt. Die alte Ausstattung lief ohne wesentliche Leistungseinschränkungen sechs Monate weiter; ähnliche Erfahrungen machte das MWK.

2.3 Nutzungsdauer der IuK-Geräte in der Landesverwaltung

Die Beispiele der verlängerten Nutzung bei JuM und MWK und eigene Erfahrungen der Finanzkontrolle mit dem Betrieb der Bürokommunikation belegen, dass die Begrenzung des Betriebs der IuK-Geräte auf vier Jahre nicht mehr zwingend ist. Eine längere Gerätenutzungsdauer einzuplanen, wurde auch vom Bundesrechnungshof für die Bundesbehörden verlangt .

Bei Verlängerung der Nutzungsdauer von vier auf fünf Jahre wären bei den Staatsanwaltschaften Einsparungen von etwa 1 Mio. € möglich.

3 Aufgabenübertragung an den Landesbetrieb Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg und deren Kosten

3.1 Entscheidungsfindung

Da der Generalunternehmer nicht mehr bereit war, weitere Einzelverträge zum ursprünglichen Basispreis des Rahmenvertrags zu schließen, gaben IM und JuM zunächst einer neuen Ausschreibung den Vorzug. Sie gingen aber davon aus, dass die Outsourcing-Raten steigen würden. Das FM lehnte es jedoch ab, hierfür zusätzliche Haushaltsmittel bereitzustellen. Die für eine neue Ausschreibung notwendige Finanzierung war somit nicht sicher gestellt. Das FM empfahl eine landesinterne Lösung beim Landesbetrieb Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg (IZLBW), dem früheren Zentrum für Kommunikationstechnik und Datenverarbeitung (ZKD).

Die Ministerien konnten allerdings zu keiner Zeit auf belastbare Daten über voraussichtliche Kosten zurückgreifen, die ein erneutes Outsourcing mit sich bringen würde. Die Annahmen für die erwarteten Marktpreise wurden während des Entscheidungsprozesses mehrfach nach oben korrigiert - auf zuletzt 240 € -, während gleichzeitig die Kosten einer internen Lösung durch das IZLBW gesenkt wurden. Letztlich wurde ein erwarteter Kostenvorteil von rd. 8 Mio. € bei zunächst 4.450 Bildschirmarbeitsplätzen für Staatsanwaltschaften, Notariate und Dienststellen der Kultusverwaltung zugunsten der Landeslösung dargestellt. Darauf gestützt, verständigten sich die drei Ministerien IM, FM und JuM im August 2002 darüber, dem IZLBW zunächst die Bürokommunikation für die Staatsanwaltschaften und für die Fachhochschule für Rechtspflege mit rd. 1.700 Arbeitsplätzen zu übertragen.

Der Landesbetrieb kalkulierte für die Staatsanwaltschaften die einmaligen Kosten für die Ausstattung und Inbetriebnahme (Projektphase) mit 6,8 Mio. € und die Kosten des laufenden Betriebs auf jährlich 1,215 Mio. € und errechnete daraus die zu erwartenden Kosten je Bildschirmarbeitsplatz mit 149 € monatlich.

3.2 Verwaltungsvereinbarung zwischen Justizministerium und Landesbetrieb sowie deren finanzielle Konsequenzen

Das JuM und das IZLBW haben in einer bis Ende 2007 geltenden Verwaltungsvereinbarung die Dienstleistungen beschrieben, die Höhe des Kostenersatzes und das Abrechnungsverfahren festgelegt (einmalig 7 Mio. € bis zur Inbetriebnahme sowie jährlich 1,215 Mio. € für den laufenden Betrieb) und bestimmt, dass das IZLBW nach vier Jahren auf Kosten des JuM einen vollständigen Austausch der vorhandenen gegen neue Geräte durchzuführen hat.

Die Auslieferung und Installation der IuK-Geräte bei den Staatsanwaltschaften begann im April 2003 und dauerte etwa ein Jahr. Das IZLBW hat 1.708 Bildschirmarbeitsplätze ausgestattet und weitere PC für Schulungszwecke und Reserven beschafft. Es stellt den IuK-Betrieb der Staatsanwaltschaften mit neun zusätzlichen Personalstellen sicher. Daneben betreibt es eine Servicestelle zur Benutzerbetreuung, wofür zusätzlich auch Personal der Staatsanwaltschaften und der DV-Stellen bei den Oberlandesgerichten bereitgehalten wird.

3.3 IuK-Gesamtkosten

Für einen realistischen Kostenvergleich mit einem möglichen externen Partner stehen nach wie vor keine aufgrund einer Ausschreibung oder eines Preisfindungsverfahrens gesicherten Daten zur Verfügung. Die von IM, JuM und FM als Marktpreise angenommenen Werte von bis zu 240 € beruhen auf unverbindlichen Angaben eines Unternehmens.

Lediglich die für das derzeitige Outsourcing im Justizbereich zu zahlenden Raten von rd. 100 € können zum Vergleich herangezogen werden. Die Landeslösung über das IZLBW verursacht mit aktuellen Kosten von 147 € je Bildschirmarbeitsplatz und Monat - bei im Wesentlichen vergleichbarer Leistung - 47 % Mehrkosten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Generalunternehmer die Dienstleistungen zu dem bisherigen Preis nicht mehr übernommen hätte. Allerdings erreichen die Kosten des Landesbetriebs auch nicht die von den Ministerien als Vergleichsmaßstab angenommenen Marktpreise.

Neben den Vergütungen an das IZLBW fallen aufseiten der Justiz weitere Personal- und Sachkosten für IuK an. In Abweichung zu einer umfassenden Gesamtkostenermittlung nach der so genannten TCO-Methode bleiben bei den Berechnungen des RH die nicht direkt dem Bürokommunikations-Arbeitsplatz zuzurechnenden Kosten außer Ansatz (z. B. Kosten für passive Netzkomponenten, Personal- und Sachkosten auf Nutzerseite).

Die Justizverwaltung musste für die Projektphase insgesamt 15,5 Vollzeitstellen mit Personalkosten von 1,2 Mio. € einsetzen. Für den laufenden IuK-Betrieb werden weiterhin 22 vorhandene Vollzeitstellen mit jährlichen Personalkosten von 1,6 Mio. € benötigt, die sich über die Laufzeit der Verwaltungsvereinbarung auf 6,5 Mio. € summieren. Hierin sind auch 6,5 Vollzeitstellen für den Betrieb der Bürokommunikation enthalten, obwohl diese Aufgabe vollständig auf das IZLBW übertragen wurde.

Für Sachkosten hat die Justiz, neben dem Kostenersatz an das IZLBW, in vier Jahren zusätzlich 5,1 Mio. € aufzuwenden. Außerdem sind für die Investitionsausgaben im Gesamtumfang von 5,4 Mio. € insgesamt kalkulatorische Zinsen in Höhe von 0,8 Mio. € zu berücksichtigen.

Die sich somit ergebenden IuK-Gesamtkosten je Bildschirmarbeitsplatz bei den Staatsanwaltschaften sind in der Übersicht dargestellt.

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Bei monatlichen Kosten je Bildschirmarbeitsplatz von 313 € und den hierin enthaltenen, dem IZLBW zu erstattenden Beträgen von 147 € fallen somit in der Justizverwaltung für die Staatsanwaltschaften noch eigene Kosten von 166 € je Bildschirmarbeitsplatz an (53 % der Gesamtkosten).

Mit Gesamtkosten von 313 € ist der jetzt über das IZLBW abgewickelte IuK-Betrieb um rd. 103 € teurer als die Gesamtkosten beim JuM auf Basis des noch laufenden Generalunternehmer-Rahmenvertrags. Auch wenn hierbei zugunsten der Staatsanwaltschaften ein hoher Kostenanteil für Fachverfahren berücksichtigt wird, verbleibt eine Kostenzunahme im Bereich der Bürokommunikation von 60 €.

3.4 Haushaltsmäßige Abwicklung

Obwohl für die Neuausstattung der Staatsanwaltschaften im StHPl. 2002 lediglich Haushaltsmittel für Outsourcing-Raten an ein externes Unternehmen in Höhe von 2,3 Mio. € bereitstanden, konnte die Justiz die gesamten Investitionsausgaben von 7 Mio. € noch im selben Jahr erbringen, weil sich andere etatisierte Projekte bei Software-Entwicklungen für Fachverfahren verzögert hatten. Dafür wurden Mittel innerhalb des Justizressorts zunächst umgelenkt. In den Folgejahren sind für diese Fachverfahren jedoch die Mittel erneut zu veranschlagen.

3.5 Fehlende Gegenfinanzierung für IuK-Mehrausgaben

Die interne Lösung führt zu haushaltswirksamen Mehrausgaben von 1,215 Mio. € jährlich für den laufenden Betrieb von jetzt 1.708 Bildschirmarbeitsplätzen. Schon vorher unterhielten die Staatsanwaltschaften 1.155 Bildschirmarbeitsplätze mit Bürokommunikation. Dieses Vorsystem hatte die Justiz mit eigenem Personal, welches nach wie vor vorhanden ist, eingerichtet, betrieben und betreut. Maßnahmen zur Gegenfinanzierung z. B. durch entsprechenden Personalabbau konnten bislang nicht festgestellt werden.

4 Möglichkeiten zur Kostensenkung

Die Gesamtkosten des Projekts hätten gesenkt werden können, wenn kostengünstigere Lösungen zur Sicherstellung des laufenden Bürokommunikations-Betriebs gewählt worden wären.

4.1 Unnötige Aussonderung vorhandener IuK-Geräte

Die Staatsanwaltschaften wurden komplett neu ausgestattet, ohne dass zuvor die Weiterverwendung nutzbarer Geräte geprüft worden war. Mehr als 1.100 Arbeitsplatzausstattungen mit über 3.000 - z. T. neuwertigen - IuK-Geräten wurden ausgesondert; darunter auch voll einsatzfähige Drucker, die durch baugleiche neue Geräte ersetzt wurden.

Für die Aussonderung der vorhandenen IuK-Geräte gab es keine Konzeption, sodass sie in sehr unterschiedlicher Weise vollzogen wurde. Geringe Stückzahlen konnten in der Landesverwaltung untergebracht werden, die Masse der Altgeräte wurde hingegen an Bedienstete veräußert. Die Preisgestaltung deckt eine weite Spannbreite vom Marktpreis bis zum Schnäppchen ab. So wurden 20 fast neue Drucker mit Beschaffungskosten zwischen 300 € und 700 € für lediglich 20 € und damit teilweise für unter 3 % des Einkaufspreises an Mitarbeiter verkauft. Bei einem solch geringen Preis ist von einem Verstoß gegen § 63 Abs. 3 LHO auszugehen, wonach entbehrliche Vermögensgegenstände nur zum vollen Wert abzugeben sind.

4.2 Vergaberecht

Die IuK-Arbeitsplatz-Ausstattung im Gesamtwert von rd. 4 Mio. € hat das IZLBW über einen ausgeschriebenen Vertrag des FM mit Öffnungsklausel gekauft. Die neben der eigentlichen Gerätebeschaffung in freihändiger Vergabe zusätzlich eingekauften Wartungsdienstleistungen und Garantieverlängerungen mit Kosten von 130.000 € bzw. 190.000 € hätten öffentlich ausgeschrieben werden müssen.

4.3 Wartungsverträge und Garantieverlängerungen

Das IZLBW hat sich zur Erreichung der mit der Justiz vereinbarten Service-Level mit Verträgen, die Wartungsdienstleistungen bei den Servern und Garantieverlängerungen bei Druckern regeln, über das Ausfallrisiko hinaus abgesichert.

Die Server-Wartungsverträge wurden beispielsweise zusätzlich zur gesetzlichen Garantie (zwei Jahre) geschlossen und verursachen Stand-by-Kosten von jährlich rd. 30.000 €. Bei einem Softwareausfall berechnet der Garantiegeber zudem eine Vergütung von 90 € je Einsatzstunde zuzüglich Mehrwertsteuer und ggf. zuzüglich Abend-, Samstag- und Feiertagzuschlägen. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Garantie und den bisher seltenen Serverausfällen sind die Ausgaben - vor allem hinsichtlich der Stand-by-Vergütung - für die externen Wartungsdienstleistungen kritisch zu überprüfen.

Um die Vor-Ort-Betreuung abzusichern, sollte die Landesverwaltung Behörden übergreifende Wartungskonzepte zumindest in den größeren Städten entwickeln. In Wirtschaftlichkeitsberechnungen wäre jeweils darzulegen, ob vorhandene Betreuungseinrichtungen größerer Behörden gegen Kostenersatz auch für andere Behörden am Ort tätig werden können oder ob diese Dienstleistungen an Private zu vergeben sind.

4.4 Software-Lizenzen

Zum Zwecke der Lizenzierung und Pflege der Bürokommunikations-Software hat das IZLBW mit einem Händler einen komplizierten mehrjährigen Lizenzvertrag geschlossen, der u. a. auch das Recht beinhaltet, ohne zusätzliches Entgelt ein vorhandenes Betriebssystem gegen eine aktuelle Version zu tauschen. Damit hätte das IZLBW auf den Kauf aktueller Betriebssysteme verzichten können. Vielmehr hätte es ausgereicht, eine ältere - und damit günstigere - Vorgängerversion zu beziehen und diese im Rahmen des Lizenzvertrags kostenfrei gegen die aktuelle Version zu tauschen.

Während das FM diese Umtauschmöglichkeit schon gekannt und genutzt hat, war diese dem IZLBW zum Zeitpunkt des Bezugs der PC offenbar noch nicht bekannt. Ältere Versionen eines Betriebssystems (z. B. Win 3.x oder Win 95) sind schon für 25 € zu beziehen, wohingegen die vom IZLBW beschaffte aktuelle Version um 170 € kostet. Bei knapp 1.800 Lizenzen sind daher vermeidbare Mehrausgaben von fast 260.000 € entstanden.

Außerdem plant das IZLBW, für das vierte Jahr der Nutzung Software-Pflege zu einem Preis von 320.000 € einzukaufen. Der RH empfiehlt, zumindest darauf zu verzichten. Die Funktionsfähigkeit der Bürokommunikations-Software ist in der Regel auch ohne Aktualisierung für ein weiteres Jahr sichergestellt.

Auch die Komplexität des Lizenzrechts spricht für die Forderung des RH, nicht nur die IuK-Geräte, sondern auch die Software zentral zu beschaffen und zu verwalten. Gerade bei der Beschaffung der IuK-Infrastruktur und deren Betrieb, die nicht zu den Kernaufgaben der Landesbehörden gehören, sollten ressorteigene Lösungen zugunsten eines Konzerndenkens mit intensivem Erfahrungsaustausch zurückgeführt werden.

4.5 Externe Unterstützungsleistungen

Für die Planungs- und die Roll-Out-Phase hat das IZLBW mittelständische Subunternehmer für fast 700.000 € beschäftigt. Zur Vermeidung einer weiteren Aufstockung des staatlichen Personals ist zeitlicher Zukauf externer Unterstützungsleistung zu begrüßen, soweit ein unabweisbarer, aber voraussichtlich nur temporärer Bedarf vorliegt und Landespersonal nicht zur Verfügung steht. Diese Situation kann hier während der Roll-Out-Phase angenommen werden. Das IZLBW hat deshalb sinnvollerweise den Lieferanten der IuK-Geräte auch mit den Installationsarbeiten bis zur betriebsbereiten Übergabe beauftragt.

Es hat jedoch darüber hinaus zur Unterstützung dieses Lieferanten auf Kosten des Projekts weitere Subunternehmer im Wege der Arbeitnehmerüberlassung eingekauft. Das Leihpersonal kostete bis zu 83 € in der Stunde und war u. a. mit Tätigkeiten befasst, wie Begehungen, Abklärungen vor Ort, Abnahme, Projektassistenz, Konzepte oder Beschaffungsunterlagen vorbereiten.

Der Einsatz externer Arbeitnehmer wäre bei ressortübergreifendem Denken und Handeln nicht, oder zumindest nicht in diesem Umfang, notwendig gewesen. Sobald das IZLBW erkannte, dass es anfallende Hilfsarbeiten für den Roll-Out nicht selbst leisten konnte, hätte es zunächst bei den beteiligten Ministerien Unterstützung anfordern müssen. So unterblieb die verwaltungsinterne Prüfung, ob beispielsweise die DV-Stellen bei den Oberlandesgerichten vorübergehend die benötigten zwei Personen hätten freistellen können, und es mussten 300.000 € für Fremdpersonal gezahlt werden.

Die Empfehlungen des RH aus der Beratenden Äußerung zur Vergabe von Gutachten vom Januar 2005 gelten hier analog. Unabhängig von der Einhaltung vergaberechtlicher Vorschriften sind bei der Prüfung der Notwendigkeit externer Unterstützungsleistungen strengere Maßstäbe anzulegen und die eigenen Handlungsmöglichkeiten umfassender auszuschöpfen.

4.6 Nicht benötigte Ausstattung von Schulungsräumen

Die Justiz verfügt über 15 IuK-Schulungsräume mit 156 IuK-Schulungsplätzen. Trotzdem wurde das IZLBW beauftragt, bei Staatsanwaltschaften drei Räume mit weiteren 33 Schulungs-Arbeitsplätzen auszustatten. Auch mehrere Monate nachdem der Bürokommunikations-Betrieb bei allen Staatsanwaltschaften begonnen hatte, waren diese Räume für Schulungen kaum genutzt worden.

Die zusätzliche Ausstattung von Schulungsräumen war mit Blick auf die in der Justizverwaltung in ausreichender Zahl vorhandenen Schulungsräume nicht notwendig, die damit zusammenhängenden Ausgaben von fast 230.000 € hätten nicht getätigt werden dürfen.

4.7 Summe der möglichen Kosteneinsparungen

Zusammengefasst hätten die Kosten bei diesem Pilotprojekt um rd. 2 Mio. € geringer ausfallen können. In diesem Umfang sollte das IZLBW vergleichbare Projekte künftig günstiger realisieren. Bezogen auf einen Bildschirmarbeitsplatz würden die dem Landesbetrieb zu erstattenden Kosten damit von 147 € auf 124 € sinken.

Als Zwischenergebnis der Untersuchung sind folgende Forderungen aufzustellen:

  • Das IZLBW muss Maßnahmen einleiten, um die Kosten je Bildschirmarbeitsplatz in den vom ihm bereits betreuten Verwaltungen deutlich zu senken.
  • Die Justiz muss die Mehrkosten auffangen, z. B. durch entsprechende Personaleinsparungen.
  • Unabhängig vom IuK-Betrieb durch Landesbehörden oder Firmen sollte angesichts der Haushaltslage eine längere Nutzungsdauer der IuK-Geräte angestrebt werden.
  • Jeder IuK-Neuausstattung hat eine Prüfung voranzugehen, welche vorhandenen Geräte in das neue System eingebunden werden können. Für die Verwertung der vorhandenen Infrastruktur sind Rahmenbedingungen zu schaffen.
  • Die Notwendigkeit zur Beschäftigung von Beratern und Subunternehmern für Dienstleistungen ist strenger zu prüfen, auch über Behördengrenzen hinweg.

5 Vergaberechtliche Überlegungen

Der hier beschriebene Beschaffungsvorgang weist eine Reihe von „handwerklichen Fehlern“ auf, die zu unnötigen Belastungen des Landes geführt haben und nachwirken werden. Aus der Sicht des RH würde es aber nicht ausreichen, wenn lediglich die hier beschriebenen Fehler vermieden und die Anregungen der Finanzkontrolle dazu aufgegriffen würden.

Vor allem muss das Pilotverfahren kritisch hinterfragt werden; denn die Ministerien planen die Ausstattung weiterer Behördenzweige als verwaltungsinterne Lösung durch das IZLBW. Die zentrale Frage nach der Wirtschaftlichkeit der IZLBW-Lösungen muss geklärt werden. Den Preisen des IZLBW stehen bisher nur Annahmen über denkbare Preise (s. Pkt. 3.1) oder unverbindliche Auskünfte gegenüber.

6 Chancen, Risiken und Ausgestaltung einer Parallelausschreibung

Die in § 7 Abs. 1 LHO niedergelegten Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichten auch zur Prüfung, inwieweit staatliche Aufgaben durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt werden können. Die Landesregierung plant, Private-Public-Partnership-Lösungen auszuweiten, wenn diese wirtschaftlich sind. Damit kann meist auch Stellenabbau und Vermeidung weiterer Schuldenaufnahme erreicht werden. Um dies zu überprüfen, müssen dem Aufwand im Falle der Aufgabenerledigung in einer staatlichen Einrichtung realistische Marktpreise gegenübergestellt werden.

Diesen Anforderungen wird das hier gewählte Vorgehen der Stabsstelle für Verwaltungsreform nicht gerecht, auch wenn sie mittlerweile mit einem großen Anbieter Gespräche geführt hat und sich aufgrund einer Leistungsbeschreibung unverbindlich Preise nennen ließ.

Das IZLBW hat inzwischen hinreichend Erfahrung mit dem IuK-Betrieb für verschiedene Bereiche der Innenverwaltung und der Justiz. Die entstehenden Kosten sind bekannt bzw. können ermittelt werden.

Der Marktpreis sollte zweckmäßigerweise durch Ausschreibungen festgestellt werden. Diese können in Anlehnung an das staatliche Bauwesen als Parallel-Ausschreibungen (auch ABC-Ausschreibungen genannt) ausgestaltet sein. Dort werden im Rahmen einer Ausschreibung Entscheidungsgrundlagen über die Baukosten, über die Bauträgerschaft (Bauverwaltung oder privater Investor) wie auch über die Kosten der Eigen- oder Fremdfinanzierung bzw. Leasing einerseits sowie zu Alternativen der Gesamtabwicklung aus einer Hand durch einen Generalunternehmer für Bau, Finanzierung und ggf. Betrieb andererseits herbeigeführt. In den Verdingungsunterlagen wird schon eingangs klar zum Ausdruck gebracht, dass nur die wirtschaftlichste Alternative vergeben wird und daher Bieter für bestimmte Teile ohne Zuschlag bleiben werden.

Das IZLBW selbst darf als Landesbetrieb an diesen Ausschreibungen des Landes nicht als Bieter teilnehmen. Auch ist eine Ausschreibung ausschließlich für Zwecke der Ermittlung von Vergleichsanschlägen oder zur Markterkundung gemäß § 16 Nr. 2 Verdingungsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A) verboten.

Bei Parallel-Ausschreibungen besteht der Wille zur Vergabe. Zumindest ein Teil der Ausschreibungen, nämlich der Kauf und die Installation der Hard- und Software, führt regelmäßig zur Auftragsvergabe.

Die Landesregierung sollte daher prüfen, welche Ausgestaltungen für eine solche Parallel-Ausschreibung, die in der Vergangenheit meist sehr wirtschaftliche Ergebnisse gebracht hat , in Frage kommen. Die Finanzkontrolle hat in anderen Bereichen festgestellt, dass bei einem ständigen Wettbewerb zwischen internen und externen Leistungen erhebliche Rationalisierungspotenziale erschlossen werden können.

Die Bedeutung dieser Forderung nach mehr Kostentransparenz erhält besonderes Gewicht, weil das Land neben den Staatsanwaltschaften weitere umfangreiche Neuausstattungen anderer Verwaltungen durch das IZLBW beschlossen hat. Hierbei geht es etwa um das zehnfache Volumen. Auch diese Projekte wurden nicht ausgeschrieben. Erste Personalanforderungen im Umfang von 65 zusätzlichen Stellen hat das IZLBW bereits erhoben.

7 Wertung und Vorschlag

Die Entscheidung der Landesregierung, das IZLBW mit der Neuausstattung von Landesdienststellen mit Bürokommunikationsgeräten und mit der Sicherstellung des laufenden Betriebs zu beauftragen, war vor dem Hintergrund der Weigerung des bisherigen Vertragspartners, neue Verträge zu den bestehenden Rahmenvertrags-Konditionen zu schließen, eine nahe liegende Alternative.

Um dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, ggf. durch Privatisierung von Aufgaben, gerecht zu werden, sollte die Landesregierung anhand eines geeigneten Pilotprojekts echte Marktpreise durch öffentliche Ausschreibung im europaweiten Verfahren ermitteln. Diese sind dann bei der Entscheidung über weitere Projekte als Maßstab heranzuziehen.

8 Stellungnahme der Ministerien

Das IM und das JuM erheben gegen das von der Finanzkontrolle ermittelte Zahlenwerk keine Einwände.

Das IM weist auf rechtliche Risiken bei der Durchführung von Parallel-Ausschreibungen hin: Eine Ausschreibung nur zur Markterkundung oder zur Gewinnung von Vergleichsanschlägen ohne Vergabe sei unzulässig. Die Aufhebung einer solchen Ausschreibung würde möglicherweise Schadenersatzforderungen nach sich ziehen.

Das JuM will bei weiteren Projekten mit dem IZLBW darauf drängen, bereits vorhandene einsatzfähige IuK-Geräte möglichst in die Outsourcing-Maßnahme einzubinden. Auch will das Ministerium die Empfehlung des RH berücksichtigen, künftig Rahmenvorgaben hinsichtlich der Aussonderung von Altgeräten und der Preisfindung zu machen.

Das JuM bestätigt zwar, dass durch die auf den Landesbetrieb übergegangene Systembetreuung der ersten Stufe in der Justiz eine entsprechende Aufgabenreduzierung eingetreten sei. Zur Sicherstellung des laufenden Betriebs müssten nunmehr jedoch die betroffenen Mitarbeiter in den Dienststellen verstärkt als verlängerter Arm des IZLBW für technische Unterstützungsarbeiten eingesetzt werden.

Die Gegenfinanzierung der IuK-Mehrausgaben erfolge dadurch, dass vorhandene Personalkapazitäten entweder in die verwaltungstechnische Betreuung des Outsourcings oder in die Unterstützung bei der Einführung der Fachanwendung „web.sta“ aufgegangen sei.

Das JuM verweist auf Verzögerungen bei der Einführung von Fachverfahren bei den Gerichten und den Staatsanwaltschaften, die den Einsatz der zusätzlichen Schulungsräume bei den Staatsanwaltschaften mit zeitlichem Versatz notwendig werden lassen.

9 Schlussbemerkung

Die Folgen der „handwerklichen Fehler“ sind soweit noch möglich zu bereinigen und Chancen zur Schadensminimierung auszuschöpfen.

Generell muss erreicht werden, dass das ressorteigene IuK-Personal als Folge der Zentralisierung in Kompetenzzentren wie dem IZLBW und der zunehmenden Rationalisierung des Betriebs in den Fachabteilungen im nötigen Umfang abgebaut wird. Die Verlagerung des IuK-Betriebs der Staatsanwaltschaften hat beim IZLBW zur Schaffung von neun zusätzlichen Stellen geführt, während bei der Justiz kein Personal eingespart wurde. Der RH erwartet, dass die Landesregierung Anstrengungen unternimmt, um bei Aufgabenverlagerungen verstärkt Effizienzpotenziale bei ihrem IuK-Personal zu realisieren.

Das IZLBW ist aufgefordert, die Erfahrungen aus diesen Projekten zu nutzen, um die IuK-Kosten deutlich zu senken.

Der RH empfiehlt, das nächste geeignete Dienstleistungsprojekt nach Parallelausschreibungen zu vergeben. Dabei ist für diese pilothafte Parallelausschreibung eine Beteiligung des IZLBW ausgeschlossen.