Die formelle Privatisierung eines Hafens hat erhebliche Kostenfolgen. Der Rechnungshof schlägt vor, die Hafengesellschaft neu zu strukturieren, die Kapitalausstattung zu reduzieren und die Rechtsbeziehungen mit dem Land auf eine neue Basis zu stellen. Ein mindestens teilweiser Rückzug des Landes aus der so umgestalteten GmbH zugunsten von Privaten und der Kommune ist anzustreben.
1 Allgemeines
Das Land ist alleiniger Anteilseigner der Staatlichen Rhein-Neckar-Hafengesellschaft Mannheim mbH (HGM). Der RH prüfte die Betätigung des Landes als Gesellschafter dieses Unternehmens unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze (sog. Betätigungsprüfung nach § 92 LHO) und führte dabei auch Erhebungen bei dem Unternehmen durch.
2 Der Rhein-Neckar-Hafen Mannheim
Der Rhein-Neckar-Hafen Mannheim (Hafen Mannheim) ist sowohl flächenmäßig als auch vom Schiffsgüterumschlag her der größte Hafen in Baden-Württemberg. Er umfasst die Wasserflächen und das Gelände der drei staatlichen Häfen (Handelshafen, Rheinauhafen und Altrheinhafen mit Ölhafen) sowie den städtischen Industriehafen. Zur Wahrung der gemeinsamen Interessen der Mannheimer Häfen haben das Land und die Stadt Mannheim schon vor Jahrzehnten eine Hafengemeinschaft vereinbart (sog. Mannheimer Hafenvertrag), nach welcher der vom Land bestellte Hafendirektor auch den städtischen Industriehafen leitet.
Zum Hafenbereich gehören 54 km Ufer an Rhein und Neckar sowie 36 km Straßen. Von der Gesamtfläche des Hafens von 1.130 Hektar steht knapp die Hälfte im Eigentum des Landes, der größere Teil ist Eigentum privatwirtschaftlicher Unternehmen sowie der Stadt Mannheim. Die Wasserfläche von 268 Hektar ist zu 12 % Eigentum der Bundesrepublik Deutschland (Bundeswasserstraßen Rhein und Neckar) und zu 88 % Landeseigentum (Hafenbecken).
3 Organisation des Hafens
Bis Ende des Jahres 1989 wurde der Hafen Mannheim vom Land selber - in der Organisationsform eines Landesbetriebs nach § 26 LHO - betrieben. Zum 01.01.1990 wurde der Betrieb in der Weise gespalten, dass die zu diesem Zwecke neu gegründete HGM als Betriebsgesellschaft fungiert und das Land als Verpächter ihr den gesamten Hafenbetrieb einschließlich des beweglichen und unbeweglichen Vermögens zur Verfügung stellt.
Die Spaltung des Hafenbetriebs in ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen und die Errichtung der HGM gehen darauf zurück, dass sich das FM von der Einsetzung der privatrechtlich organisierten Betriebsgesellschaft Vorteile versprach: Die HGM unterliege nicht mehr den haushaltsrechtlichen Bindungen und Vorgaben und könne rentierliche Vorhaben auch über Kredite finanzieren. Weiter seien Leistungsanreize für Mitarbeiter im Zusammenhang mit weiteren Rationalisierungsmaßnahmen eher möglich. Schließlich sei von Vorteil, dass die Geschäftsführung der HGM durch einen auch mit Vertretern der Stadt Mannheim, der Hafenwirtschaft und der Industrie- und Handelskammern besetzten Aufsichtsrat kompetent beraten werde und die beteiligten Interessen angemessen berücksichtigt würden. Der Weg der Betriebsaufspaltung statt einer Umwandlung des Landesbetriebs in eine Kapitalgesellschaft wurde gewählt, um die steuerlichen Folgen einer Neuorganisation zu minimieren (ansonsten wären insbesondere hohe Grunderwerbsteuern angefallen).
Mit der Einrichtung des Landesbetriebs „Staatlicher Verpachtungsbetrieb“ (SVB) zum 01.01.1995 gingen vom Land verpachtete Betriebsvermögen sowie die Geschäftsanteile an der HGM auf diesen Landesbetrieb über. Wirkungen nach außen entfalteten sich hierdurch nicht, interne Wirkungen sind formaler Art. Wirtschaftliche Bedeutung hatte diese Änderung aber wegen damit verbundener steuerlicher Vorteile für das Land.
Zahlreiche Einzelfeststellungen des RH wecken Zweifel an der unternehmerischen Konzeption des Hafenbetriebs Mannheim und geben Anlass, eine Neustrukturierung zu empfehlen.
4 Kapitalausstattung der Hafengesellschaft
Die HGM ist mit einem hohen Eigenkapital ausgestattet. Die Übersicht 1 zeigt das bilanzierte Eigenkapital und dessen Zusammensetzung.

Resultierend aus der hohen Kapitalausstattung sowie einer Besonderheit des Pachtvertrags (Investitionspacht, s. Pkt. 5) verfügte die HGM über eine hohe Liquidität. Die Übersicht 2 zeigt die bilanzierten flüssigen Mittel.

Die außerordentliche Höhe der flüssigen Mittel verdeutlicht auch die Tatsache, dass diese zuletzt mehr als 91 % der Bilanzsumme ausmachten.
Aus der rentierlichen Anlage flüssiger Mittel erzielte die HGM hohe Zinserträge. Diese überstiegen den Finanzaufwand des Unternehmens (insbesondere Zinszahlungen an das Land für rückständige Investitionsverpflichtungen, s. Pkt. 5) bei weitem. Die Übersicht 3 zeigt die in den Jahresabschlüssen ausgewiesenen (positiven) Finanzergebnisse.

Die hohe Eigenkapitalausstattung ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass das Land die HGM bei ihrer Gründung im Jahr 1990 in einem Maße mit Kapital ausstattete, das weit über den betrieblichen Erfordernissen lag. So hat das Land nicht nur die Stammeinlage von 1.534.000 € in bar eingezahlt, sondern zusätzlich die beim damaligen Landesbetrieb bilanzierten Vermögenswerte von 3.313.000 € eingelegt (s. Kapitalrücklage). Da von dem eingelegten Vermögen 2.440.000 € auf flüssige Mittel entfielen, lässt sich allein schon aus den eingebrachten Barmitteln eine um rd. 4 Mio. € zu hohe Kapitalausstattung der HGM herleiten.
Wie wenig die Eigenkapitalausstattung der HGM den betrieblichen Erfordernissen entspricht, zeigt auch die sog. goldene Bilanzregel. Nach diesem für alle Unternehmen anwendbaren kaufmännischen Grundsatz soll das Anlagevermögen durch langfristiges Kapital - in erster Linie Eigenkapital - gedeckt sein. Viele Unternehmen haben indes Schwierigkeiten, das Anlagevermögen über Eigenkapital abzudecken und ein Verhältnis Anlagevermögen : Eigenkapital = 1 : 1 zu erreichen. Bei der HGM dagegen betrug das Eigenkapital an allen Bilanzstichtagen ein Vielfaches des Anlagevermögens; am 31.12.2002 betrug das Verhältnis Anlagevermögen : Eigenkapital = 1 : 40.
Bei Errichtung der Gesellschaft stand als wesentlicher Teil der Unternehmenskonzeption fest, dass sie sich als Pächter der Hafeneinrichtungen auf die Betriebsführung beschränkt. Die für den Hafenbetrieb benötigten Vermögensgegenstände werden vom Land/dem SVB finanziert und sind dort auch bilanziert. Es hätte daher vollauf genügt, die HGM bei ihrer Gründung mit einigen hunderttausend € statt mit mehr als 4,8 Mio. € Kapital auszustatten. In den folgenden Jahren bis heute hätte Anlass bestanden, die übermäßige Kapitalausstattung zugunsten des SVB und damit des Landeshaushalts zurückzuführen. Dies ist jedoch nicht geschehen mit der Folge, dass das Land seit mehr als einem Jahrzehnt der HGM Kapital zur Verfügung stellt. Dieses Kapital ist von der HGM zu recht unattraktiven, weit unter den Finanzierungskosten des Landes liegenden Konditionen angelegt. Hinzu kommt, dass für die Zinserträge bei der HGM hohe Ertragsteuern fällig wurden.
Die unter Pkt. 6 empfohlene Neustrukturierung des Hafenbetriebs sollte daher mit einer erheblichen Reduzierung der Kapitalausstattung der HGM einhergehen.
5 Pachtvertrag mit dem Land
Der zwischen dem Land und der HGM abgeschlossene Vertrag über die pachtweise Überlassung des Hafenbetriebs ist von grundlegender Bedeutung für die unternehmerische Konzeption der HGM. Der RH benennt im Folgenden den problematischsten Punkt des Vertrags sowie seiner Umsetzung.
Die HGM hat sich im Pachtvertrag verpflichtet, im mehrjährigen Durchschnitt einen jährlichen Mindestbetrag für Investitionen zugunsten des SVB aufzuwenden und dem SVB das Eigentum an den Investitionen zu verschaffen (sog. Investitionsverpflichtung). Über- und Unterschreitungen des Betrags werden wie Darlehen (des SVB an die HGM oder umgekehrt) behandelt und sind zu verzinsen. Während die HGM zuvor sogar mehr als vereinbart für Investitionen aufgewendet hat („Darlehen“ der HGM an SVB), ist sie seit einigen Jahren immer mehr mit ihrer Investitionsverpflichtung in Rückstand geraten. Zum 31.12.2002 beträgt die rückständige Investitionsverpflichtung (= „Darlehen“ des SVB an HGM) mehrere Mio. €. Die entsprechenden Geldmittel bleiben der HGM zur Bewirtschaftung überlassen, der SVB kann zu keinem Zeitpunkt darüber verfügen. Die unter Pkt. 5 dargestellte, überaus hohe Liquidität der HGM, die mit Blick auf die Verschuldung des Landeshaushalts problematisch ist, gründet wesentlich in der Investitionspacht bzw. dem Verbleib entsprechender Geldmittel bei der Gesellschaft.
Problematisch ist die Investitionspacht aber auch deswegen, weil insoweit die HGM über Investitionen befindet, die wegen der Übertragungspflicht rechtlich und wirtschaftlich betrachtet Investitionen des Landes sind. Das Land/der SVB kann nicht über die von ihm finanzierten und in sein Eigentum übergehenden Investitionen in Millionenhöhe entscheiden. Über die Investitionspacht wird demnach die Kompetenz des Haushaltsgesetzgebers unterlaufen. Außerdem ist die wirtschaftliche Zuordnung unstimmig: Derjenige, der entscheidet, trägt nicht die langfristigen wirtschaftlichen Folgen seiner Entscheidungen.
6 Vorschlag einer Neustrukturierung
Durch die Zuordnung des vom Land an die HGM verpachteten Betriebsvermögens und der Geschäftsanteile an der HGM zum SVB konnten steuerliche Vorteile genutzt werden (s. Pkt. 3). Gleichwohl fielen für den Hafenbetrieb weiterhin mehrere Mio. € Steuern vom Einkommen und vom Ertrag an. Aufgrund bestimmter Konstellationen beim SVB hätten diese Steuern ohne eine Zwischenschaltung der HGM nicht bezahlt werden müssen.
Nicht zuletzt die hohen Steuerzahlungen der HGM waren für den RH Anlass, sich kritisch mit der Organisationsstruktur des Hafenbetriebs Mannheim zu befassen. Die jetzige Organisationsstruktur bietet zwar unstrittig Vorteile, namentlich das flexiblere Wirtschaften des privatrechtlich organisierten Hafenbetriebs. Da allerdings die Geschäfte zwischen SVB und HGM nicht unter Regularien des Wettbewerbs abgewickelt wurden und die jetzige Struktur zudem hohe Steuerzahlungen nach sich zog, hält es der RH für erforderlich, dass die jetzige Konstruktion kritisch überprüft wird.
Dabei könnte manches für eine Beendigung der Betriebsaufspaltung und die Restrukturierung in einen Landesbetrieb als Hafenbetreiber sprechen, zumal in diesem Fall überhaupt keine Körperschaft- und Gewerbesteuer für den Hafenbetrieb anfallen dürfte. Da aber auch nach Auffassung des RH das flexiblere Wirtschaften bei einem Unternehmen in privater Rechtsform für einen Hafenbetrieb vorteilhaft sein kann, sollte - auch mit Blick auf die unter Pkt. 7 empfohlene gesellschaftsrechtliche Einbindung der Stadt Mannheim (und ggf. des privaten Unternehmertums) - ein Organisationsmodell gefunden werden, bei dem die bisherige HGM dem Grunde nach nicht in Frage gestellt, gleichwohl aber der Steueraufwand dieses Unternehmens minimiert wird. Zugleich ist das Ziel zu verfolgen, beim SVB eine möglichst hohe Kapitalrendite (im Wesentlichen für die Grundstücke) zu erzielen.
Der RH empfiehlt, die HGM weiterhin als Betreiber des Hafens fungieren zu lassen. Das - im Wesentlichen aus Grundstücken bestehende - Hafenvermögen des Landes/SVB sollte der HGM aber nicht mehr pachtweise zur eigenen Bewirtschaftung überlassen werden. Stattdessen sollte die HGM insoweit nur noch als Verwalter des Vermögens tätig werden. Zu diesem Zweck sollte der - aus anderen Gründen ohnehin zum 31.12.2003 gekündigte - Pachtvertrag beendet und ein Vertrag über die Verwaltung des Hafenvermögens durch die HGM abgeschlossen werden.
Durch die insoweit neue Aufgabe der HGM wird sich nach außen hin kaum etwas ändern; insbesondere ergeben sich keine Mehrkosten. Dass die HGM gegenüber den Endmietern der Landesgrundstücke nicht mehr in eigenem Namen, sondern als Verwalter (Vertreter) des Landes/SVB aufzutreten hat, wird nicht als Nachteil gesehen, da dieses Vorgehen bei Landesgrundstücken üblich ist. Das Land wird beim Abschluss von Mietverträgen grundsätzlich vertreten, hier eben durch die HGM statt durch ein Vermögens- und Hochbauamt des Landes.
Dagegen ergeben sich erhebliche Auswirkungen im Innenverhältnis zwischen HGM und SVB. Wichtigste Folge ist, dass die HGM dann nicht mehr in außerordentlich hohem Umfang Früchte aus den Landesgrundstücken ziehen kann. Stattdessen erhält sie vom Land eine an ihrer Tätigkeit und ihren damit zusammenhängenden Aufwendungen ausgerichtete Verwaltervergütung, die mit Sicherheit wesentlich niedriger ist als die bisherigen auf der Grundlage des Pachtverhältnisses erzielten Überschüsse. Die Vergütung sollte eine Steigerung der Pachterlöse beim SVB honorieren. Ferner könnte es sich anbieten, die Vergütung auch auf den hafenspezifischen Erfolg der Verwaltertätigkeit auszurichten, z. B. durch die teilweise Koppelung an eine Steigerung des Schiffsgüterumschlags. Der Gewinn der HGM wird sich dann beträchtlich verringern und damit einhergehend die Körperschaft- und die Gewerbesteuerbelastung. Neben weiteren Vorteilen wird das Land die Verfügungsmacht über hohe Geldmittel erlangen, die ihm wirtschaftlich zustehen, bisher aber allein im Verfügungsbereich der HGM stehen.
7 Wichtiges Landesinteresse am Betrieb des Hafens
Sobald den Empfehlungen des RH zur Neustrukturierung des Hafenbetriebs und damit einhergehender Reduzierung der Kapitalausstattung der HGM gefolgt wird, wird sich das wirtschaftliche, vor allem aber das finanzielle Gewicht der Gesellschaft erheblich reduzieren. Unbeschadet dessen ist zu fragen, ob der Betrieb des Hafens Mannheim allein Aufgabe des Landes ist.
Die neun öffentlichen Binnenhäfen in Baden-Württemberg werden - mit Ausnahme der landeseigenen Häfen in Mannheim und Kehl - von den jeweiligen örtlichen Kommunen betrieben, teilweise unter Beteiligung von Privatunternehmen. Die Beteiligungsverhältnisse bei den anderen Häfen im Land (insbesondere die zu jeweils 100 % städtischen Häfen Karlsruhe, Heilbronn und Stuttgart) und in anderen Bundesländern zeigen, dass es unter strukturpolitischen Gründen einer Beteiligung des Landes an einer Hafenbetriebsgesellschaft nicht oder allenfalls in eingeschränktem Umfang bedarf. Jedenfalls sind bundesweit fast ausnahmslos die Städte bei den Hafenbetrieben engagiert, oft sogar als Alleingesellschafter.
Die Gründe, die bei anderen Häfen für ein kommunales Engagement maßgebend sein dürften, sprechen auch beim Hafen Mannheim für eine Beteiligung der Stadt an der HGM. Der ausschließlich auf der Gemarkung der Stadt Mannheim liegende Rhein-Neckar-Hafen ist eine der großen Gewerbeflächen der Stadt. Nicht zuletzt wegen der dortigen rd. 20.000 Arbeitsplätze (rd. 12 % der gesamten Arbeitsplätze in Mannheim) und rd. 450 gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen hat er für die Stadt große strukturelle Bedeutung. Hierfür sollte die Stadt mehr Verantwortung übernehmen; eine Beteiligung der Stadt an der HGM wäre deshalb angezeigt.
Das nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO als Beteiligungsvoraussetzung erforderliche wichtige Landesinteresse ist zumindest im bisherigen Umfang nicht mehr gegeben. Der RH empfiehlt, darauf hinzuwirken, dass die Stadt in möglichst großem Umfang gesellschaftsrechtlich in die HGM eingebunden und die Beteiligung des Landes entsprechend reduziert wird. Auch die bei vielen anderen Häfen bewährte Einbindung des privaten Unternehmertums könnte ein geeigneter Weg für das Land sein, sich in möglichst großem Umfang aus der Gesellschaft zurückzuziehen. Zuvor sind allerdings die Rechtsbeziehungen zwischen der HGM und dem Land auf eine neue Basis zu stellen. Es muss sicherstellt sein, dass die Vermögensinteressen des Landes insbesondere als Grundeigentümer nachhaltig gewahrt werden und die Funktion der HGM auf Dienstleistungs- und Servicefunktionen fokussiert wird.
Langfristig wird das Land auch über eine Veräußerung seines umfangreichen Grundbesitzes im Hafen im Wert von mehreren hundert Mio. € zu befinden haben. Das Land sollte nur dann Eigentümer der Grundstücke bleiben, wenn dies auf Dauer wirtschaftlicher ist als eine Veräußerung.
8 Beteiligung an den Kosten einer Straßenbaumaßnahme der Stadt
In Zusammenhang mit einem zwischenzeitlich realisierten Straßenbauprojekt der Stadt Mannheim sagte die HGM der Stadt im Jahr 1998 vertraglich zu, dass der SVB zu den Kosten des Projekts einen Beitrag von rd. 1 Mio. € leistet, zahlbar in fünf jährlichen Raten. Die Stadt verpflichtete sich, der HGM die Verwendung des Beitrags entsprechend § 44 LHO nachzuweisen. Die Kostenbeteiligung der HGM ist in mehrfacher Hinsicht problematisch.
Bei dem Projekt handelt es sich um ein etwa 2 km langes Straßen- und Brückenbauwerk, das den Stadtteil Rheinau sowie das Hafengebiet Rheinau an die dort verlaufende Bundesstraße anbindet und eine neue Zufahrt zur Anlegestelle einer Rheinfähre schafft. Die Baumaßnahme ist zugleich ein weiteres Teilstück für den möglichen Bau einer Rheinbrücke nach Rheinland-Pfalz. Trotz der gewichtigen anderen Zwecke hat sich für die gesamte Baumaßnahme der Begriff „Zweite Hafenzufahrt Rheinauhafen“ eingebürgert.
Es steht außer Frage, dass das Straßenbauwerk verkehrsmäßige Vorteile für den Hafen mit sich gebracht hat. Gleichwohl ist der von der HGM bzw. vom SVB freiwillig der Stadt zugesagte Beitrag zu den Baukosten von 1 Mio. € problematisch. Die Verpflichtung zur Zahlung an die Stadt wurde ohne irgendeine Rechtspflicht eingegangen, auch stehen ihr keinerlei konkrete Gegenleistungen gegenüber. Es ist in keiner Weise erkennbar, dass der SVB und die HGM mehr als alle anderen dortigen Grundeigentümer von der verbesserten Verkehrsführung profitieren. Bezeichnend ist denn auch, dass
- von den im Hafengebiet Rheinau ansässigen Betrieben, die von der Stadt um eine freiwillige Finanzierungsleistung gebeten worden waren, lediglich ein der Stadt nahe stehendes Unternehmen hierzu bereit war (wobei dessen Beitrag wesentlich niedriger war als der des Landes/SVB) und
- das FM sich ursprünglich gegenüber dem UVM dahin gehend erklärt hatte, dass ein Finanzierungsbeitrag des SVB aus dessen Pacht(-zins)erlösen ausgeschlossen sei.
Daher ist nicht ohne weiteres erklärlich, weshalb das FM/der SVB schließlich doch der freiwilligen Zahlung an die Stadt von 1 Mio. € zugestimmt hat.
Da unternehmerische Gründe für die freiwillige Beteiligung des SVB an den Baukosten der Stadt nicht erkennbar sind, geht der RH davon aus, dass der Beitrag in Zusammenhang mit landespolitischen Zusagen steht, auf die im Aufsichtsrat der HGM wiederholt hingewiesen wurde. Unterlagen des UVM zeigen deutlich, dass es der Stadt in dieser Angelegenheit immer nur darum ging, vom Land über die gewährten Zuschüsse hinaus weitere Fördermittel zu bekommen. Bezeichnend ist schließlich, dass in der Vereinbarung 1998 für die Stadt eine Nachweispflicht entsprechend dem für Zuwendungen geltenden § 44 LHO festgelegt wurde.
Der RH hält es nicht für vertretbar, landespolitisch möglicherweise gewünschte Vorhaben durch landesbeteiligte Unternehmen oder Landesbetriebe (hier: SVB) finanzieren zu lassen. Dadurch werden
- das Haushaltsgesetzgebungsrecht des Landtags unterlaufen,
- das Ergebnis des Landesbetriebs willkürlich gemindert und
- der Begünstigte (hier: die Stadt) bevorteilt, denn andere Kommunen erhalten über die gesetzlichen Zuschüsse hinaus keine zusätzliche Förderung.
9 Weitere Feststellungen
9.1 Das 35 km lange Straßennetz im Hafen gehört je etwa zur Hälfte der Stadt und dem Land. Da es insgesamt dem öffentlichen Verkehr dient, sollte darauf hingewirkt werden, dass die dem Land gehörenden Straßen und die Straßenbaulast hierfür auf die Stadt übergehen. Dem Land und der HGM würden dann hohe Kosten für den Unterhalt der Straßen erspart.
9.2 In einem der Hafenbereiche unterhält das Land ein eigenes Stromnetz. Obwohl dieses defizitär ist, wurde früher angestellten Überlegungen zur Zukunft des Stromnetzes, namentlich seiner Privatisierung, nicht nachgegangen.
9.3 In einem der Hafenbereiche unterhält das Land eine eigene, kostenträchtige Abwasserkanalisation, die faktisch Teil des öffentlichen Kanalnetzes ist. Nicht zuletzt wegen der finanziellen Defizite aus dem Betrieb der Abwasserkanalisation sollte diese der Stadt überlassen werden, möglichst durch Verkauf.
10 Stellungnahme des Ministeriums und Schlussbemerkungen
Das FM vertritt im Wesentlichen eine gegenteilige Auffassung. Der RH bleibt bei seiner dargelegten Auffassung.
10.1 Kapitalausstattung
Das FM weist darauf hin, dass das Eigenkapital Ende des Jahres 2003 rd. 38 % der Bilanzsumme betrage. Da die HGM den laufenden Reparaturaufwand für das Pachtvermögen zu tragen und mit Mietausfällen durch Insolvenz der Mieter zu rechnen habe, müsse sie ausreichend mit Liquidität und Eigenkapital ausgestattet sein.
Der RH hält die Bilanzsumme für aufgebläht; ohne Berücksichtigung der Instandhaltungsverpflichtung und gleich hoher Geldanlagen beträgt das Eigenkapital 74 %. Auch angesichts der (auch im Unternehmensgegenstand der HGM dokumentierten) Dienstleistungsfunktion ist ihre Kapitalausstattung von Anfang an um mehrere Mio. € zu hoch. Aus der Pflicht zur Übernahme der Reparaturkosten lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten, da die HGM trotz dieser Kosten z. T. sehr hohe (positive) Jahresergebnisse ausgewiesen hat (z. B. 2001: 1,3 Mio. € und 2002: 0,8 Mio. €). Entsprechendes gilt für die mögliche Insolvenz von Mietern, wobei dieses Risiko ohnehin vom Land als Eigentümer der Hafengrundstücke zu tragen wäre, sobald die vom RH empfohlene Neustrukturierung des Hafenbetriebs umgesetzt wird.
10.2 Pachtvertrag
Laut FM ist die aufgelaufene Instandhaltungsverpflichtung der HGM in Absprache mit dem SVB überlassen worden. Sie hänge mit Investitionen zusammen, die von der HGM beabsichtigt, letztlich aber nicht realisiert worden seien. Die Instandhaltungsverpflichtung werde bis Ende des Jahres 2006 vollständig abgebaut sein, da im Jahr 2003 eine zusätzliche Barabführung an den SVB in Höhe von 3 Mio. € erfolgt sei und im Jahr 2004 weitere 4 Mio. € bar abgeführt würden. Dies zeige, dass der SVB über die Mittel der HGM habe verfügen können. Es treffe auch nicht zu, dass das Land/der SVB nicht über die von ihm finanzierten und in sein Eigentum übergehenden Investitionen in Millionenhöhe entscheiden könne. Über den von der HGM aufgestellten Investitionsplan entscheide der Aufsichtsrat, in dem nicht nur die Vertreter des Landes die Mehrheit hätten, sondern auch ein Vertreter des SVB sitze. Auch der Gesellschafter könne Einfluss auf den Investitionsplan nehmen. Die Kompetenz des Haushaltsgesetzgebers werde nicht unterlaufen, da die Investitionen im Wirtschaftsplan des SVB bei Kap. 0620 erfasst seien.
Zu alldem bemerkt der RH, dass der Pachtvertrag hinfällig wird, sobald die empfohlene Neustrukturierung des Hafenbetriebs umgesetzt wird. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass der SVB bis zum Zeitpunkt der Barabführungen eindeutig nicht über die entsprechenden Geldmittel verfügen konnte. Ebenfalls eindeutig ist, dass über die Investitionen unbeschadet der Zusammensetzung des Aufsichtsrats allein das rechtlich selbstständige Unternehmen HGM entscheidet. Damit sind die Investitionen und die entsprechenden Geldmittel der Prioritätensetzung des Landesgesetzgebers und der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Aus der Veranschlagung von Investitionsmitteln im Wirtschaftsplan des SVB lässt sich nichts anderes herleiten, da dort nur die pachtvertragliche Verpflichtung dargestellt wird und nicht die einzelnen Investitionen sowie die darauf entfallenden Beträge (so wurden z. B. für das Jahr 2003 im Wirtschaftsplan des SVB und damit im StHPl. nur 1,6 Mio. € für bauliche Investitionen angesetzt, obwohl der Aufsichtsrat über eine vielfach höhere Investitionssumme entschied, wobei die größte Einzelbaumaßnahme allein rd. 13 Mio. € umfasste).
10.3 Neustrukturierung
Die organisatorische Neuordnung zum 01.01.1990 durch Betriebsaufspaltung und Einschaltung der HGM habe sich bewährt. Maßnahmen wie der Abbau eines zu hohen Personalbestands bis hin zur Erhöhung der Mieterträge seien auf die gewählte Gestaltung zurückzuführen. Die Investitionspacht gewährleiste, dass die HGM flexibel auf Anforderungen der Hafenanlieger reagieren könne. Folgte man der Empfehlung des RH zur Neustrukturierung des Hafenbetriebs Mannheim, könnte die HGM bestimmte Baumaßnahmen nicht mehr in eigener Kompetenz durchführen, sondern müsste sich mit dem Land als Grundstückseigentümer abstimmen. Der Hafenbetrieb würde wesentlich schwerfälliger und kaum mehr wettbewerbsfähig. Zudem sei ausgeschlossen, dass die HGM Fördermittel des Bundes bzw. der Europäischen Union erhalten könne, wenn sie nur noch als Handelnde im Namen und für Rechnung des Landes/SVB auftrete.
Der RH hält die HGM nach Umsetzung der Neustrukturierung für flexibel genug, ihrer Aufgabe optimal nachzukommen. Bei der Vermietung der Hafengrundstücke sind Abstimmungsprozesse mit dem Land/SVB nicht erforderlich, ebenso wenig - sofern der HGM ein entsprechender finanzieller Rahmen vorgegeben wird - bei laufenden Reparaturen und kleineren Investitionen. Dass dagegen über größere Reparaturen und Investitionen das Land zu entscheiden hat, sieht der RH nicht als Nachteil an, sondern als zwingende Konsequenz der Tatsache, dass das Land Eigentümer der Grundstücke ist und auch die langfristigen wirtschaftlichen Folgen von Reparatur- und Investitionsmaßnahmen trägt. Ob für Investitionsmaßnahmen, bei denen die HGM bisher in eigenem Namen auftritt, eine Förderung durch den Bund bzw. die EU in Betracht kommen kann, vermag der RH nicht verlässlich zu beurteilen. Er hält dies allerdings für fraglich, da die Investitionen rechtlich und wirtschaftlich solche des Landes sind und es wohl ausgeschlossen werden kann, dass für eine Förderung allein die Außendarstellung der HGM als Investor genügt. Im Übrigen sind den eventuellen Vorteilen der jetzigen Hafenstruktur die überzeugenden finanziellen (steuerlichen) Vorteile der empfohlenen Neustrukturierung gegenüberzustellen.
10.4 Wichtiges Landesinteresse
Der Hafen Mannheim sei auf die Förderung des Standorts Baden-Württemberg ausgerichtet und habe als überregionales Güterverkehrszentrum eine erhebliche güterverkehrspolitische Bedeutung für das Land. Durch die Bereitstellung effizienter Verkehrsinfrastruktur sichere der Hafen die Mobilität des Güterverkehrs im Land. Der Hafen biete flexible Logistikdienstleistungen an und sei daher ein wichtiges Steuerungsinstrument des Landes zur Begegnung steigender Logistikanforderungen. Auch andere Bundesländer seien an vielen der dort gelegenen Häfen beteiligt. Eine Veräußerung landeseigener Grundstücke im Hafengebiet komme nicht in Betracht. Wirklich wertvoll seien nur etwa 160 Hektar. Hierfür könne das Land zwar kurzfristig Veräußerungserlöse erzielen, doch entfielen damit die seitherigen Pachterträge. Infrastrukturmaßnahmen im Hafen könnten dann nicht mehr durch Pachterlöse finanziert werden und müssten durch Landeszuschüsse abgedeckt werden.
Für den RH ist unbeschadet der Größe des Hafens Mannheim nicht erkennbar, weshalb dieser stärker auf die Förderung des Standorts Baden-Württemberg ausgerichtet sein soll als die anderen bedeutenden Häfen im Land. So ist der Schiffsgüterumschlag z. B. in den Häfen Karlsruhe, Heilbronn und Stuttgart in der Summe ungefähr 1½-mal so hoch wie in Mannheim, ohne dass das Land auch bezüglich dieser Häfen die Aufgabenträgerschaft für sich reklamiert hätte. Der RH bleibt dabei, dass ein wichtiges Landesinteresse zumindest im bisherigen Umfang nicht mehr gegeben ist und die gesellschaftsrechtliche Einbindung der Stadt und des privaten Unternehmertums in die neu zu strukturierende HGM angestrebt werden sollte. Danach sollte als langfristiges Ziel die Veräußerung der landeseigenen Grundstücke, deren Wert unwidersprochen mehrere hundert Mio. € beträgt, unter vorrangiger Berücksichtigung der Kapitalrendite ins Auge gefasst werden. Sofern das Land Infrastrukturmaßnahmen im Hafen fördern will, sollte dies nicht verdeckt über ein Landesunternehmen geschehen, sondern transparent in dem dafür vorgesehenen parlamentarischen Verfahren.
10.5 Beteiligung an den Kosten einer Straßenbaumaßnahme
Ausschlaggebend für die Zahlung an die Stadt sei die erwartete Wertsteigerung der landeseigenen Grundstücke im Hafen. Ohne den Kostenbeitrag des SVB hätte es die zweite Zufahrt und damit die Wertsteigerung nicht gegeben. Zudem sichere eine zweite Zufahrt auch in Notsituationen eine Zufahrtsmöglichkeit zum Rheinauhafen. Dass auch andere Eigentümer eine Wertsteigerung erfahren hätten, ändere nichts am gewichtigen Eigeninteresse des SVB an der Straßenbaumaßnahme.
Dass ohne den Kostenbeitrag des SVB die zweite Zufahrt nicht realisiert worden wäre, hält der RH für eine Spekulation, die angesichts der gesamten Bedeutung des Bauwerks nicht überzeugt. Gegen eine unternehmerische Veranlassung spricht auch, dass die Höhe der Kostenbeteiligung in keinem vernünftigen Verhältnis zur Wertsteigerung der Grundstücke steht. Auf Grund der dargelegten Gesamtumstände hält der RH an seiner Auffassung fest.
10.6 Zu den weiteren Vorschlägen des Rechnungshofs
Die HGM werde mit der Stadt Mannheim Verhandlungen aufnehmen mit dem Ziel, die dem Land gehörenden Straßen und Abwasseranlagen auf die Stadt zu übertragen. Bezüglich des Stromnetzes sollen Verhandlungen mit einschlägigen Unternehmen aufgenommen werden.
Der RH begrüßt die Absichten der HGM; die Ergebnisse der Verhandlungen bleiben abzuwarten.