Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz für Betriebshöfe im Schienenpersonennahverkehr [Beitrag Nr. 20]

Das Land will einen Betriebshof fördern, der unter verkehrlichen Gesichtspunkten nicht erforderlich ist. Bei einer Zusammenschau der infrastrukturellen und verkehrlichen Gegebenheiten hätte das Problem auffallen müssen. 3,7 Mio. DM könnten an anderer Stelle zur Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs eingesetzt werden. Die Förderpraxis ist - wie das Beispiel belegt - grundlegend zu überdenken.

1 Vorbemerkung

Die Entscheidung für den Bau eines Betriebshofs des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) an einem bestimmten Standort beansprucht hohe Investitionen, hat langfristig bindende Wirkung und verursacht z.T. erhebliche Folge- und Betriebskosten. Ferner schafft ein langfristig durch Standort und Betreiber festgelegter Betriebshof präjudizierende Fakten für die Vergabe von Schienenverkehrsleistungen. Vor diesem Hintergrund befasst sich der RH derzeit generell mit Zuwendungen für Betriebshöfe.

Eine nichtbundeseigene Eisenbahn (NE) stellte im Januar 1997 beim UVM einen Antrag auf Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) zum „Neubau von zwei Triebfahrzeugwartungs- und Abstellanlagen für den SPNV“. Der Antrag wurde damit begründet, dass die NE ab Mai 1998 vier Kursbuchstrecken von der Deutschen Bahn AG (DB) übernehmen werde. Hierfür sollten 20 moderne Dieselleichttriebwagen des Typs Regio-Shuttle (RS 1) eingesetzt werden. Diese Zahl wurde vom UVM Anfang 1997 auf 18 RS 1 reduziert. Der Fahrzeugeinsatz erfordert lt. Antrag „besonders angepasste Anlagen zur Versorgung mit Betriebsstoffen, zur Inspektion und Wartung, zur Reinigung, zur Reparatur sowie zum Abstellen der Fahrzeuge an den Einsatzorten“.

Auf der Grundlage des Antrags bewilligte das UVM dem Grunde nach mit Bescheid vom 04.05.1998 Zuwendungen für den Bau zweier Betriebshöfe. Im gleichen Monat schloss die NE einen Verkehrsvertrag über die Erbringung von Verkehrsleistungen auf den von der DB übernommenen Strecken; diese Verkehrsleistungen werden jedoch nicht von der NE, sondern einer Tochterfirma erbracht.

Ein Betriebshof wurde 1997/1998 in A gebaut (s. Schaubild 1). Die zweite Anlage in B wurde infolge von Bürgereinwendungen wegen befürchteter Lärmemissionen nicht realisiert. Nach über einjährigem SPNV-Betrieb mit Betriebshof legte die NE am 04.08.1999 einen Änderungsantrag vor, in dem die Förderung für den Bau der zweiten Wartungsanlage am neuen Standort C beantragt wurde.

2 Gesamtsystem aus Verkehrsleistungen und zugehöriger Infrastruktur

Betriebshöfe und Wartungsanlagen sind wichtige Bestandteile des Gesamtsystems eines Schienenverkehrs. Die notwendigen Kapazitäten derartiger Einrichtungen richten sich vor allem nach der Zahl der betriebenen Schienenfahrzeuge, den Wartungs- und Reparaturintervallen sowie der in Qualitätsstandards definierten zeitliche Abfolge von Außen- und Innenreinigung der Fahrzeuge. Diese Standards sind üblicherweise in den Verkehrsverträgen festgelegt. Der optimale Standort eines Betriebshofs ergibt sich aus der geografischen Lage der zu bedienenden Liniennetze und der Bedienungskonzepte.

Nach Auffassung des RH wurden im untersuchten Zuwendungsverfahren aus dem zu Grunde liegenden Verkehrsvertrag nicht die richtigen Folgerungen zur Beurteilung von Notwendigkeit und Dimensionierung der Wartungsanlagen, aber auch nicht zur Standortwahl gezogen. Die unzureichende Zusammenschau von Infrastruktur und Verkehrsleistung führte zu Fehleinschätzungen mit dauerhaft nachwirkenden Folgen.

2.1 Wirtschaftliche Auswirkungen der Standortwahl

Mittelpunkt aller lt. Verkehrsvertrag vom Mai 1998 zu bedienenden Strecken ist die Große Kreisstadt D. Der Vertrag gibt vor, dass mit den 18 RS 1 die vier Strecken entsprechend Schaubild 1 und Übersicht 1 zu bedienen sind.

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Die Stammstrecken von II nach A und von C nach B sind nicht Gegenstand des Verkehrsvertrags zwischen Land und NE. Für sie werden keine Regionalisierungsmittel eingesetzt, da sie eigenwirtschaftlich zu betreiben sind. Die Stammstrecken können zwar als Teil des Regionalverkehrs betrachtet werden; ein Zusammenhang zwischen diesen Strecken und dem Zuwendungsantrag für die Betriebshöfe, der sich nur auf die vier Strecken des Verkehrsvertrages bezieht, besteht aber nicht.

Dennoch wurden als Standorte der Betriebshöfe die Endpunkte der Stammstrecken, nämlich A und B, gewählt. Selbst wenn die für die Standortwahl vorgebrachte Begründung geteilt würde, dass damit ein Einsatz der Fahrzeuge entsprechend der Lastrichtung am Morgen bzw. Abend ermöglicht werde, hätte die Entscheidung - wenn überhaupt - für einen Endpunkt der vier im Verkehrsvertrag enthaltenen Kursbuchstrecken fallen müssen, nicht aber für Endpunkte auf den Stammstrecken.

2.1.1 Folge- und Betriebskosten der Standortwahl

Der in A gebaute Betriebshof übernimmt derzeit größere Wartungsarbeiten sowie die wöchentlich durchzuführende Außenreinigung der gesamten Flotte. Dafür müssen alle 18 RS 1 diesen Betriebshof einmal in der Woche anfahren. Auswertungen des Fahrzeugumlaufplans mit Stand vom 27.09.1999 ergeben, dass dies möglich ist, da sich über Fahrzeugaustausch jeder RS 1 zumindest an jedem dritten Tag dort befindet; die nach Qualitätsstandards erforderlichen Wartungs- und Reinigungsintervalle sind also gewährleistet. Der Austausch kann jedoch allein über die zwei wochentäglichen Fahrten auf der „Verbindungs“-Strecke 2 (vgl. Übersicht 1) nicht realisiert werden. Hierzu sind weitere, im Fahrplan nicht ausgewiesene Fahrten erforderlich - der übrige SPNV der Strecke 2 wird von der DB ausgeführt. Diese Leerfahrten binden die Fahrzeuge über lange, unproduktive Zeiten und verursachen zusätzliche Betriebskosten sowie Trassenbenutzungsgebühren, die von der NE pauschal an die DB entrichtet werden.

Nach dem Umlaufplan werden infolge der Nutzung des Betriebshofs in A für Leerfahrten Laufleistungen von zusammen nahezu 112 000 km/Jahr erforderlich. Die durchschnittliche Laufleistung eines der 18 RS 1 liegt derzeit bei rd. 105 000 km/Jahr. Rechnerisch entfällt also die jährliche Fahrleistung eines Fahrzeugs allein auf die durch die Standortwahl verursachten Leerfahrten. Daraus errechnen sich zusätzliche Kosten von rd. 0,5 Mio. DM/Jahr; in diesen Kosten sind jährliche Laufleistungskosten, die Kosten für den Einsatz eines RS 1 und für Personal sowie die anteiligen Trassenbenutzungsgebühren enthalten.

Für die fünfjährige Laufzeit des geltenden Verkehrsvertrages, ergeben sich hierdurch Mehrkosten von rd. 2,5 Mio. DM. Hochgerechnet auf die Lebensdauer eines Betriebshofs können leicht zweistellige Millionenbeträge erreicht werden. Mehrkosten in dieser Höhe wären bei geeigneter Standortwahl vermeidbar gewesen.

2.1.2 Finanzierung der Leerfahrten

Für die Tochter der NE fällt neben den durch Leerfahrten verursachten Betriebskosten eine an die NE jährlich zu entrichtende Trassenbenutzungsgebühr für Zuführungs- und Rückführungsfahrten zum Betriebshof auf der Stammstrecke an.

Das Land gewährt der NE Zuschüsse nur für die Bedienung der vier Kursbuchstrecken; nach dem Verkehrsvertrag wird die Höhe der Zuschüsse nach den auf diesen Strecken fahrplanmäßig gefahrenen Zugkilometern bemessen. Das heißt, dass keine Zuwendungen für die auf den Stammstrecken gefahrenen Leerfahrten gezahlt werden. Dennoch stellt sich die Frage, ob die umfangreichen Zuwendungen nach dem Verkehrsvertrag diese Kosten nicht doch indirekt auffangen, was bedeuten würde, dass die Stammstrecken durch das Land gestützt werden.

2.1.3 Einsatzorte der Fahrzeuge

Das UVM begründete die Standortwahl der Betriebshöfe damit, dass „sich unnötige Leerfahrten vermeiden bzw. verringern lassen, da morgens der Betrieb gleich in Lastrichtung aufgenommen werden kann bzw. abends umgekehrt“. Dem widersprechen die oben dargestellten, wegen des Standorts A nötigen Leerfahrten. Allein sechs der sieben am Standort A stationierten RS 1 werden frühmorgens erst in einer Leerfahrt von A nach D verbracht. Von dort werden sie entgegen Lastrichtung auf der Strecke 3 eingesetzt. Die Zahl der Fahrgäste dieser Fahrten auf der Strecke 3 liegt bei einem Sitz- und Stehplatzangebot von 228/300 bzw. 152/200 bei durchschnittlich 7 bzw. 5 Personen (Zählung 11/1999). Den Fahrten kommt demnach der Charakter „geöffneter“ Leerfahrten zu.

Der RH ist der Meinung, dass diese Fahrzeuge sinnvollerweise ab dem Endpunkt der Strecke 3 (III) und dann tatsächlich mit der Lastrichtung am Morgen und Abend eingesetzt werden sollten. Dies wäre kostenneutral zu gestalten, da Standgebühren für die Fahrzeuge in jedem Fall an die DB zu entrichten sind und die notwendigen technischen Einrichtungen nahezu überall vorhanden sind. Allerdings wären die Fahrten kundenfreundlicher und würden ggf. zu höheren Fahrgeldeinnahmen führen.

Die Fahrzeugeinsatz-Philosophie des UVM wird demnach nur z.T. angewandt. Aus diesem Grunde ist die Frage berechtigt, warum periphere, an Stammstrecken gelegene Standorte für Betriebshöfe gewählt wurden, obgleich nicht alle Fahrzeuge von dort entsprechend der Lastrichtung eingesetzt werden. Eine Folgerung ist, dass zumindest die Stammstrecke von II nach A in ihrer derzeitigen Form über Jahre hinaus befahren werden muss und damit aus Sicht des Betreibers aufrecht erhalten werden kann.

Der RH hält angesichts des finanziellen und logistischen Aufwandes, der für die Wartung der Schienenfahrzeuge erforderlich ist, den Standort A für wenig geeignet.

2.2 Bau einer zweiten Wartungsanlage

Auch der Standort C für die zweite Wartungsanlage ist nach Ansicht des RH ungünstig, weil durch weitere vermeidbare Leerfahrten zusätzliche Kosten entstünden. Nach Inbetriebnahme der Wartungsanlage in C ergäbe sich eine weitere Zunahme der Leerkilometer um knapp 15 000 km/Jahr und der resultierenden Folgekosten um rd. 25 000 DM/Jahr.

Im Grundsatz kann der RH die Notwendigkeit einer zweiten Wartungsanlage ohnedies nicht erkennen, da der Standort in A für Wartungs-/Reparaturarbeiten kapazitätsmäßig ausreicht. Dafür spricht, dass der Änderungsantrag für die zweite Wartungsanlage vom August 1999 zu einem Zeitpunkt kam, da der SPNV bereits über ein Jahr von der NE ausgeführt wurde. Alle vorhandenen 18 Fahrzeuge konnten in A gewaschen, repariert und weitgehend gewartet werden, ohne dass es zu nachhaltigen Beeinträchtigungen gekommen wäre. Die Änderungen, die mit dem Bau der zweiten Wartungsanlage beabsichtigt sind, beziehen sich auf die Übernahme kleiner Wartungen am Standort C. Die im ersten Antrag enthaltene Waschanlage entfällt; alle Fahrzeuge sollen nach wie vor turnusmäßig zur Waschanlage in A gebracht werden.

Außerdem ergeben Berechnungen des RH, dass für die Erfüllung der vertraglich festgelegten Verkehrsleistungen keine 18 Fahrzeuge erforderlich sind, sondern eine Fahrzeugflotte von 14 Schienenfahrzeugen genügt. Als Konsequenz ergibt sich, dass dann die schon gebaute Wartungsanlage in A bei weitem ausreicht.

2.2.1 Fahrzeugflotte

Für den Schienenverkehr auf den vier Strecken stehen gemäß Verkehrsvertrag 18 RS 1 zur Verfügung. Ursprünglich sollten sechs Fahrzeuge ab A eingesetzt werden, zwölf ab B; im Zuge der Bürgereinwendungen in B beantragte die NE am 05.05.1998 die exakte Umkehrung der Verteilung auf die Standorte. Zur Anzahl der tatsächlich auf den Vertragsstrecken eingesetzten Fahrzeuge schwanken die Angaben von UVM und Eisenbahnunternehmen zwischen 12 und 15 Fahrzeugen, die Zahl 18 wird an keiner Stelle genannt. So enthält auch der dem RH von der NE zur Verfügung gestellte Fahrzeugumlaufplan für die Vertragsstrecken von vorneherein nur 15 Fahrzeuge.

Die im Schaubild 2 dargestellte Auswertung des wochentäglichen Umlaufplans für die Vertragsstrecken bestätigt die Überdimensionierung der Fahrzeugflotte.

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Danach zeigt sich, dass

  • drei Fahrzeuge zwischen 5:00 und ca. 8:00 Uhr drei Fahrten durchführen; danach werden sie nicht mehr eingesetzt (Fahrzeuge 4, 5 und 11);
  • zwei Fahrzeuge erst ab etwa 12:00 Uhr, also nach der morgendlichen Hauptverkehrszeit, zum ersten Mal auf den Vertragsstrecken eingesetzt werden (Fahrzeuge 13 und 14);
  • entsprechend eines Vergleichs zwischen Fahr- und Stillstandzeiten die Mehrzahl der im Umlaufplan aufgeführten 15 Fahrzeuge mehr steht als fährt; Wendezeiten wurden hierbei berücksichtigt. Gemessen an der durch den Integralen Taktfahrplan vorgegebene Bedienungszeit von 15 Stunden (6:00 bis 21:00 Uhr) sind diese Fahrzeuge nur rd. 3 Stunden oder 20 % der Bedienungszeit im Einsatz.

Nach Berechnungen des RH ergibt sich für die vier Vertragsstrecken ein Bedarf von zehn Fahrzeugen. Hinzu kommt auf Grund des Umstandes, dass ein vergleichbar kleines Bedienungsnetz vorliegt, eine Reservehaltung von 20 % oder zwei Fahrzeugen. Damit ist eine Fahrzeugflotte von zwölf Einheiten notwendig. Die Fahrzeuge verteilen sich wie folgt:

  • Strecke 1 im ½-Stunden-Takt: 2 Fahrzeuge,
  • Strecke 2 (2 Fahrten): 2 Reservefahrzeuge,
  • Strecke 3 im 1-Stunden-Takt: 4 Fahrzeuge,
  • Strecke 4 im ½-Stunden-Takt: 4 Fahrzeuge.

Unter der Prämisse, dass die Stammstrecken als Teil des regionalen SPNV-Angebots zusätzlich jeweils ein Fahrzeug benötigen, ergibt sich eine maximale Fahrzeugzahl von 14. Das bedeutet, dass für die Bedienung der vertraglich vereinbarten Verkehre sechs Fahrzeuge und unter Einbeziehung der Stammstrecken vier Fahrzeuge entbehrlich sind.

Der Einschätzung des UVM, dass die Wartung wegen geringer Betriebsreserven außerhalb der Fahrzeugeinsatzzeiten erfolgen muss, kann in diesem Zusammenhang nicht gefolgt werden. Auf Grund der selbst nach Reduzierung auf 14 Fahrzeuge noch vorhandenen Stillstandzeiten könnte ein Fahrzeugaustausch für Zwecke der Reparatur, Wartung und Reinigung auch dann noch über Tag erfolgen.

Die aus Sicht der RH nicht erforderlichen vier Fahrzeuge kosteten knapp 11 Mio. DM und führten zu einer Landeszuwendung von 5,5 Mio. DM. Hinzu kommen laufende Fahrzeugkosten, da die Fahrzeuge in der Regel kurzzeitig im Einsatz sind. Der RH ist der Meinung, dass die überzähligen Fahrzeuge in Absprache zwischen UVM und NE anderweitig eingesetzt werden sollten. Dies könnte zu Einsparungen bei künftigen Fahrzeugbeschaffungen beitragen.

3 Einzelpunkte zum Prüfungsverfahren

Die Verwaltungsvorschrift (VwV) zum GVFG besagt, dass Anträge bei Vorhaben von Betriebshöfen für Omnibusse/Schienenfahrzeuge “in fachtechnischer (bau- und verkehrstechnisch) und wirtschaftlicher Hinsicht zu prüfen sind”; Diese Prüfung obliegt dem UVM.

3.1 Triebfahrzeugwartungs- und Abstellanlagen

Für den Standort in A wurden Kosten von 8,4 Mio. DM veranschlagt, für den Standort in B (einschließlich zweier Busabstellplätze und des Neubaus eines Bahnsteigs) 6,5 Mio. DM. Beide wurden als Gesamtsystem angesehen, wobei in A größere Instandsetzungen, in B kleinere Wartungen ausgeführt werden sollen.

Der Antrag wurde vom UVM am 24.04.1997 fachtechnisch geprüft und für zuwendungsfähig gehalten. Der Bewilligungsbescheid erging am 04.05.1998. Die zuwendungsfähigen Gesamtkosten für beide Betriebshöfe wurden auf rd. 15 Mio. DM festgesetzt, die Gesamtzuwendung beläuft sich bei einem Fördersatz von 85 % auf rd. 12,7 Mio. DM. Angesichts dieses Fördersatzes liegt das Investitionsrisiko fast vollständig beim Zuwendungsgeber, während der Betreiber einen relativ geringen finanziellen Anteil der Investitionen zu übernehmen hat.

Die veranschlagten Kosten für A erhöhten sich auf Grund von Mehrkosten für Winterbau und Waschanlage um rd. 1,1 Mio. DM (= rd. 13 %) auf 9,5 Mio. DM. In B wurden zunächst nur Maßnahmen wie der Umbau der Gleisanlage sowie der Neubau eines Bahnsteigs in Höhe von rd. 520 000 DM durchgeführt. Der SPNV-Betrieb läuft seit Mai 1998 mit der Wartungsanlage in A sowie kleineren Wartungsarbeiten im Freien in B. Die Standortwahl C im Änderungsantrag der NE stützt sich auf ein Gutachten, das den Standort mit keinen nachteiligen wirtschaftlichen und nur geringen verkehrlichen Auswirkungen als geeignet ausweist. Die Ausstattung in C entspricht der in B beabsichtigten. Allerdings soll die Wartungsanlage kleiner ausgeführt und auf eine Waschanlage verzichtet werden. Die Kosten werden auf rd. 3,7 Mio. DM beziffert. Die baulichen und Ausstattungsänderungen gegenüber dem Ursprungsantrag sind Übersicht 2 zu entnehmen.

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3.2 Prüfung in wirtschaftlicher Hinsicht

Eine einmal getroffene Entscheidung über einen Standort ist wegen der damit verbundenen Investitionen kurz- und mittelfristig nicht reversibel. Sie wirkt sich über lange Zeit auf Höhe und Zusammensetzung der laufenden Betriebs- und Laufleistungskosten aus und sollte sorgfältig vorbereitet werden. Daher sollte vor allem die Wahl des Standorts nach betrieblich- und kosten-optimalen Gesichtspunkten kritisch geprüft werden. Bei der Standortentscheidung ist außerdem zu klären, ob eine Alternative hinsichtlich Eigenleistung oder Fremdvergabe der Wartungsarbeiten besteht sowie ob bestehende Anlagen (auch anderer Betreiber) genutzt werden können, ein Neubau nötig ist oder vorhandene Anlagen erweiterbar sind.

3.2.1 Prüfung des ersten Zuwendungsantrags

Der Zuwendungsgeber hat die Standorte in wirtschaftlicher Hinsicht nicht geprüft; vielmehr wurden die vom Antragsteller genannten Standorte - in der fachtechnischen Prüfung - als unveränderlich angenommen; auch fand keine Alternativenprüfung durch den Zuwendungsgeber statt. Im Vorfeld hatte der Antragsteller allerdings ein Angebot der DB für die komplette Instandhaltung der RS 1 vorgelegt. In dem Angebot vom März 1997 wurde auf der Kalkulationsbasis von 18 RS 1 ein Wartungsbetrag/Fahrzeug und Jahr angegeben, der im damaligen Vergleich mit der Eigenleistung zu Mehrkosten geführt hätte. Dieses Angebot wurde vom UVM nicht in die Antragsprüfung einbezogen und fand sich auch nicht in den Akten, sondern wurde erst nach Rückfrage des RH beim Antragsteller angefordert.

3.2.2 Prüfung des Änderungsantrags

Auch der Änderungsantrag für die Anlage am neuen Standort C wurde in wirtschaftlicher Hinsicht nichtgeprüft. Im fachtechnischen Prüfvermerk des UVM wird ein von Dritten für den Antragsteller erarbeitetes Standortgutachten erwähnt, das aber dem UVM zum Zeitpunkt der Prüfung durch den RH nicht vorlag, sondern erst beim Antragsteller besorgt werden musste. Ungeachtet dessen führt das UVM aus, dass sich nach dem Gutachten C als neuer Standort für die Wartungsanlage eigne. Bei Betrachtung des Standortgutachtens ergibt sich, dass nur drei vorgegebene Orte entlang der Stammstrecke der NE in die Wahl einbezogen wurden.

Von einer Entscheidung nach objektiven Standortfaktoren, wie kurze An- und Abfahrtwege im zu bedienenden Liniennetz oder kostenminimierender Fahrzeugeinsatz, kann nicht die Rede sein. Weiterhin fällt auf, dass die NE bereits im Mai 1998 den im Gutachten als geeignet ermittelten Standort C aufführte. Das Gutachten wurde aber erst im Juli 1998 in Auftrag gegeben und datiert vom August 1998. Ein derart inhaltlich eingeschränktes und ersichtlich nachgeschobenes Gutachten besitzt jedoch kaum Aussagekraft.

Inwieweit die in C geplanten einfachen Wartungsarbeiten durch Dritte (ggf. an einem anderen Standort) durchgeführt werden könnten, wurde ebenfalls nicht geprüft. Die Alternative wäre z.B. erneut ein Wartungsvertrag mit der DB gewesen.

3.3 Fachtechnische Prüfung

Im Zuge der fachtechnischen Prüfung sollten sowohl die baulichen Standards als auch verkehrstechnische Aspekte untersucht werden. In das Prüfungsverfahren sind zwingend Kostenvergleiche der baulichen Maßnahme, sei es über Kennzahlen oder andere Berechnungsgrundlagen, einzubeziehen. Bei dem vorliegenden Prüfungsverfahren wurden diese Punkte jedoch unzureichend und nicht ordnungsgemäß berücksichtigt.

3.3.1 Bauliche Erfordernisse und Standards

Die Dimensionierung der Wartungsanlagen ist in erster Linie auf die Zahl der zu wartenden Fahrzeuge abzustellen. Vor der Prüfung von Details einer geplanten Baumaßnahme ist zunächst zu prüfen, ob die Fahrzeuge in Form einer Kooperation oder durch Anmietung in schon vorhandenen Einrichtungen gewartet und gereinigt werden könnten. Erst dann ist zu untersuchen, ob und welche Alternative der baulichen Ausführung sich anbietet. Ferner wäre zu prüfen, ob die vorgesehene Wartungsanlage ggf. später erweiterungsfähig ist. Weder beim ersten Antrag noch im Verlauf der Prüfung des Änderungsantrags wurde einem dieser Punkte nachgegangen.

3.3.2 Vergleich der Baukosten

Ein Vergleich der Baukosten der Maßnahmen durch das UVM erfolgte offenbar nicht. So ergeben sich aus den Antragsunterlagen Kosten/m² von 3 677 DM für Standort A, aber, obgleich nur kleinere Wartungsarbeiten ausgeführt werden sollen, von 3 936 DM für Standort C. Bei anderen, vom Land geförderten oder zur Förderung anstehenden Wartungsanlagen können den Antragsunterlagen veranschlagte Baukosten von 1 500 DM/m² bis zu knapp 3 500 DM/m² entnommen werden.

Nach Kenntnis des RH sind bei gängiger Bauweise und Ausstattung ohne Grunderwerb rd. 6 - 8 Mio. DM für vergleichbare Wartungsanlagen zu veranschlagen. Da die Gesamtkosten bzw. die durchschnittlichen Kosten für den umbauten Raum je Fahrzeugwartungsplatz im vorliegenden Fall deutlich höher ausfallen, empfiehlt der RH, für Prüfungsverfahren ein Kennzahlensystem der Bau- und Ausstattungskosten aufzubauen. Die VwV sollte insoweit ergänzt werden, dass sie auf Schienenfahrzeuge angewandt werden kann.

4 Bewertung

Sowohl die geförderten Fahrzeuge als auch die Baumaßnahmen entsprechen nicht dem aktuellen Bedarf.

4.1 Zahl der Fahrzeuge

Nach Feststellungen des RH sind für die vertraglich vereinbarten Schienenverkehre nicht alle der derzeit vorhandenen 18 Fahrzeuge erforderlich. Unter Einbeziehung der eigenwirtschaftlich zu betreibenden Stammstrecken reichen (einschließlich Reserve) 14 Schienenfahrzeuge aus. Diese könnten bei einem sorgfältig abgestimmten Umlaufplan die verkehrspolitischen Vorgaben des Integralen Taktfahrplans problemlos erfüllen. Die mit rd. 5,5 Mio. DM durch das Land geförderten entbehrlichen vier Fahrzeuge sollten in Absprache mit der NE an anderer Stelle eingesetzt oder ggf. veräußert werden.

4.2 Bau der zweiten Wartungsanlage

Der RH ist der Ansicht, dass die zweite Wartungsanlage in C, für die das UVM entgegen der Empfehlung des RH am 03.02.2000 eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt hat, aus verkehrlicher und betrieblicher Sicht nicht erforderlich ist. Das vorliegende Fahrplankonzept kann mit nur einem Betriebshof bewältigt werden. Eine endgültige Bewilligung für den zweiten Standort sollte unterbleiben. Das Land könnte so rd. 3,7 Mio. DM an anderer Stelle für die Steigerung der Effizienz und Effektivität des ÖPNV einsetzen.

4.3 Schlussfolgerung

Der RH kommt zu dem Ergebnis, dass die unzureichend durchgeführte Antragsprüfung sowie die geringe Beachtung des Zusammenhangs von Verkehrsleistung und Infrastrukturmaßnahmen zu Standortentscheidungen mit vermeidbaren Folgekosten für das Land in erheblichem Umfang geführt hat. Außerdem sollte der Zuwendungsgeber dort, wo die VwV den Belangen des Schienenverkehrs nicht entspricht, nicht über selbst definierte Spielräume ein unwirtschaftliches Verfahren durchführen. Der hilfsweise Rückgriff auf die für Omnibusse geltende VwV hat sich als untauglich erwiesen. Die VwV sollte vielmehr hinsichtlich des Schienenverkehrs ergänzt werden.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das UVM verweist darauf, dass der RH mit hohem Detaillierungsgrad unternehmerische Entscheidungen geprüft habe. Als Zuwendungsbehörde sei das UVM hierzu „nicht befugt“. Die Bewilligungsstelle sei lediglich dazu verpflichtet, die Förderfähigkeit eines Antrags zu prüfen; dies schließe selbst angesichts des Gebotes der sparsamen und wirtschaftlichen Fördermittelverwendung die zwingende Betrachtung von Alternativenplanungen nicht ein. Aus diesem Grunde hält das UVM seine Förderentscheidungen zu den Betriebshöfen für Richtlinienkonform; diese berücksichtigten darüber hinaus verkehrliche und betriebliche Erfordernisse. Außerdem habe die NE aus ihrer Sicht in Frage kommende Standorte geprüft und das UVM in ständigen Abstimmungen über die Projektentwicklung diese Punkte an die jeweiligen Rahmenbedingungen angepasst. Eine Fehleinschätzung, die eine nachträgliche Korrektur der Förderentscheidung erforderlich machen würde, liege nicht vor.

Allerdings räumt es ein, dass 14 Fahrzeuge ausreichend seien für eine fahrplanmäßige Bedienung und die durchschnittliche Laufleistung sowie die tägliche Einsatzdauer der Fahrzeuge unbefriedigend sei. Diese Fahrzeugzahl würde jedoch nicht ausreichen, um das heute zu verzeichnende Reisendenaufkommen zu bewältigen und angedachte Angebotsausweitungen abzudecken. Die Festlegung der Fahrzeugzahl habe sich zwangsläufig an der aus dem hohen Schüleranteil resultierenden Nachfragespitze am Morgen zu orientieren. Auch führe die Schonung der Fahrzeuge dazu, dass unvermeidliche Reinvestitionen hinausgeschoben würden. Insgesamt kommt das UVM zu dem Schluss, dass 17 Fahrzeuge, davon zwei bis vier auf den Stammstrecken, erforderlich seien, das 18. Fahrzeug sei für die geplante Inbetriebnahme eines weiteren Haltepunktes vorgesehen.

Zur Standortwahl der Betriebshöfe und deren Folge- und Betriebskosten räumt das UVM ein, dass die jährlichen Mehrkosten auf Grund der Standortentscheidung von 0,5 Mio. DM zutreffend errechnet seien. Bei der Beispielrechnung eines anderen denkbaren Standortes kommt das UVM, allerdings unter Heranziehung von Trassen- und Personalkosten, zu einem Betrag in ähnlicher Größenordnung. Hieraus schließt es, dass die Standortentscheidung für den Betriebshof in A gerechtfertigt sei. Gleiches treffe für den zweiten geplanten Standort in C zu. Durch diesen ließen sich sogar die Leerkilometer und die resultierenden Kosten reduzieren. Die zweite Anlage hält das UVM weiterhin für wirtschaftlich und aus verkehrlichen sowie betrieblichen Gründen erforderlich.

6 Schlussbemerkung

Der RH ist der Ansicht, dass das UVM in seiner Funktion als Aufgabenträger für den SPNV im Rahmen der Antragsprüfung sehr wohl gefordert ist, die Maßnahme insgesamt auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu prüfen. Dies besagen sowohl die einschlägige VwV-GVFG als auch § 7 der LHO. Eine derartige Prüfung ist kein Eingriff in unternehmerische Entscheidungen des Antragstellers; vielmehr ist das UVM verpflichtet, die finanziellen Folgewirkungen für das Land, z.B. auf die Verkehrsverträge, zu untersuchen und damit zwangsläufig auch die der Antragstellung vorausgehende unternehmerische Entscheidung zu beurteilen. Hierzu kann das UVM im Übrigen auf die Unterstützung durch die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg zurückgreifen. Untersuchungen jedweder Art des Antragstellers entbinden das UVM daher nicht von Antrags- und Alternativenprüfungen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Hierzu zählt angesichts der langfristigen Wirkung der Entscheidung insbesondere die Prüfung des Standorts.

Der RH kann der Argumentation des UVM nicht beipflichten, dass eine Fahrzeugzahl von 14 nicht mit dem derzeitigen Reisendenaufkommen korrespondiert. Einer Angebotsausweitung von 12 % in Zug-Kilometern stehen durchaus übliche Steigerungen bei den Personenkilometern in Höhe von 18 % gegenüber, die mit den genannten Kapazitäten zu bewältigen sind. Die angeführten Spitzen im Schülerverkehr manifestieren sich lediglich in einem kurzzeitig (Reisezeit von neun Minuten) leicht überbesetzten Zug, der allerdings nur aus einem Fahrzeug besteht.

Nach Meinung des RH darf dies nicht zum Ausgangspunkt der Bemessung der gesamten Fahrzeugflotte gemacht werden. Hier ließe sich beispielsweise durch eine Reorganisation der Fahrzeugeinsatzpläne und die Entzerrung der Schulanfangs- bzw. -endzeiten eine unnötige Mittelbindung über Jahre vermeiden. Dies trifft gleichermaßen auf die Fahrzeug-Vorhaltung auf Grund angedachter weiterer Haltepunkte und Linienverlängerungen zu, die dazu führte, dass Fahrzeuge 1998 in Betrieb gingen, aber erst ggf. nach 2000 einem evtl. notwendigen Einsatz zugeführt werden können. Auch macht die geringe Laufleistung der Fahrzeuge und damit ihre Schonung auf Grund der Mittelbindung und der zwangsläufigen Wartungskosten wirtschaftlich keinen Sinn.

Der RH hält vier Fahrzeuge für nicht erforderlich, um einen ordnungsgemäßen Schienenbetrieb durchzuführen. Die Vorgehensweise, in großem Umfang Fahrzeugkapazitäten vorzuhalten, ist nicht zu vertreten, da Mittel über längere Jahre gebunden sind und nicht sinnvolleren Zwecken zugeführt werden können. Die Fahrzeuge könnten anderweitig eingesetzt werden und so zu Einsparungen bei künftigen Zuwendungen für Fahrzeugbeschaffungen beitragen.

Nach Auffassung des RH ist die zweite Wartungsanlage in der Folge entbehrlich, zumal die dargestellten Reduzierungen der Kilometer nur Einsparungen bei ohnehin überflüssigen Leerkilometern sind. Die vom UVM ausgeführte Alternativrechnung greift lediglich einen potenziellen Standort auf; dies hätte aber bereits während der Antragsprüfung umfassend unter Einbeziehung aller in Frage kommenden Standorte, Wartungsvarianten und möglicher Mitnutzung bereits vorhandener Anlagen durch den Zuwendungsgeber geprüft werden müssen.

An sich ist der Standort A aus Sicht des RH sowohl in verkehrlicher und betrieblicher Hinsicht als auch wegen der Folgekosten nicht geeignet, zumal er räumlich nicht einmal zum Gebiet des Verkehrvertrages gehört. Der RH sieht hier allerdings die Macht des Faktischen - der Betriebshof ist bereits gebaut. Da weitere Zuwendungen für Betriebshöfe im Raum stehen, wird das UVM gebeten, die Prüfungsverfahren richtliniengemäß durchzuführen, um derartige Fehlentscheidungen auszuschließen.