Bei der Forschungs- und Materialprüfungsanstalt gab es über Jahre hinweg gravierende Fehler in der Haushalts- und Wirtschaftsführung. Weitere Schäden durch Verjährung von Forderungen konnten erst durch massive Intervention abgewendet werden. Die organisatorischen und strukturellen Mängel werden durch die zum 01.01.2000 vollzogene Eingliederung in die Universität Stuttgart tendenziell eher verhärtet. Konzepte und Lösungsansätze für eine Neustrukturierung wurden bisher nicht, nicht ausreichend oder zu zögerlich aufgegriffen.
1 Vorbemerkung
Die Forschungs- und Materialprüfungsanstalt Baden-Württemberg (FMPA) wurde 1980 durch die Vereinigung der amtlichen Forschungs- und Materialprüfungsanstalt für das Bauwesen der Universität Stuttgart (Otto-Graf-Institut) mit dem Chemisch-Technischen Prüfamt (CTP) des Landesgewerbeamtes als unselbständige Anstalt des öffentlichen Rechts gebildet. Sie war bis Ende 1999 dem WM hinsichtlich Dienst- und Fachaufsicht unmittelbar zugeordnet.
Die FMPA hat die Aufgabe, im Interesse des Landes und der Industrie Material-, Waren- und Sicherheitsprüfungen an Roh-, Bau- und Werkstoffen, Bauteilen, Waren und Geräten aller Art vorzunehmen. Allerdings darf sie im Rahmen der ihr auferlegten Subsidiarität Aufträge staatlicher und kommunaler Stellen sowie gewerblicher Unternehmen nur übernehmen, wenn geeignete private Einrichtungen diese Aufgaben nicht ebenso wahrnehmen können.
Bereits in der Vergangenheit war die FMPA Gegenstand von Reformüberlegungen und Organisationsuntersuchungen mit dem Ziel, den jährlichen Zuwendungsbetrag des Landes zurückzuführen. Auch der RH hat die Einrichtung bereits mehrfach geprüft (vgl. Denkschriften 1985 Nr. 23 und 1990 Nr. 5 und Nr. 29). Ergänzend wurde 1991 durch die damalige Vorprüfungsstelle des WM die mangelhafte Gebührenerhebung (keine oder verspätete Voraus- und Abschlagszahlungen, keine oder verspätete Abrechnungen) gerügt.
Das Defizit der FMPA konnte trotz der Zusammenlegung von zwei Abteilungen und von Referaten im Jahr 1994 nicht beseitigt werden. Die Verringerung des jährlichen Zuschusses von rd. 7 Mio. DM (1994) auf rd. 3 Mio. DM (1999) ist nur z.T. auf den Personalabbau zurückzuführen. Bei genauerer Betrachtung wurde sie maßgeblich durch die radikale Reduzierung notwendiger (Ersatz-)Investitionen erkauft. Der dafür erforderliche Investitionsbedarf wäre überschlägig mit jährlich mindestens 4 Mio. DM anzusetzen.
Mit etwa einem Drittel des gesamten Personals der Anstalt (1999: 213,5 Stellen) erwirtschaftete dabei eine Abteilung über die Hälfte der Einnahmen. Innerhalb der jeweiligen Abteilungen ist die Einnahmesituation höchst unterschiedlich.
Anfang 1999 wurde schließlich eine Umwandlung der Einrichtung in einen Landesbetrieb nach § 26 LHO erwogen. Hiervon versprach man sich eine bessere Kostentransparenz, mehr Kostenbewusstsein der Mitarbeiter und eine erhöhte Flexibilität am Markt. Der Ansatz wurde aber nicht weiterverfolgt, weil das Kernproblem der FMPA, der zu geringe Kostendeckungsgrad, verbunden mit einem immensen Investitionsrückstau, unabhängig von der Organisationsform zu sehen sei und allein durch eine Umwandlung der Anstalt in einen Landesbetrieb nicht gelöst werden könne. Entscheidend dürften aber auch die aufkommenden Überlegungen zu einer Umressortierung gewesen sein. Nach Einschätzung von WM, MWK und FM könnten nämlich durch eine Umressortierung der FMPA zum MWK im Rahmen der Eingliederung in die Universität Stuttgart erhebliche Vorteile erzielt werden. Dies seien neben generellen Synergieeffekten finanzielle Vorteile durch die Nutzung von Bund/Länder-finanzierten Mitteln nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (HBFG) sowie die engere Zusammenarbeit mit der Fakultät 2 für das Bauingenieur- und Vermessungswesen. Auch die Einbindung der Einrichtung in das an der Universität laufende Pilotverfahren zum Globalhaushalt und die Einführung einer leistungsfähigen Standardsoftware - ohne zusätzliche (Lizenz-)Kosten - sollten auf diese Art gelöst werden.
Der Ministerrat beschloss am 20.09.1999 die Eingliederung der FMPA in die Universität Stuttgart mit Wirkung zum 01.01.2000. Die Einrichtung führt seither die Bezeichnung „Otto-Graf-Institut, Universität Stuttgart - Forschungs- und Materialprüfungsanstalt für das Bauwesen (FMPA)“ und gehört damit zum Geschäftsbereich des MWK. Die bisher bei Kap. 0710 veranschlagten Stellen und Mittel wurden nach Kap. 1418 übertragen.
2 Prüfungsfeststellungen
2.1 Problematik weiterer Kostenreduzierungen
Einsparmaßnahmen haben in der Vergangenheit auch bei den Investitionen und den Reisekosten angesetzt. Eine weitere Verringerung der Investitionsausgaben der FMPA scheint derzeit nicht möglich. Inzwischen ist ein hoher Investitionsrückstau entstanden, der bei einer Einrichtung, deren Ausrüstung eigentlich „auf der Höhe der Zeit“ sein sollte, besonders nachteilig ist. Auch die sächlichen Verwaltungsausgaben sind im Vergleich zu den Vorjahren um ein Viertel reduziert worden. Hier würde sich z.B. eine weitere Verringerung der Mittel für Dienstreisen kontraproduktiv auswirken, da dann Prüfungen im Außendienst nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt und Gebühreneinnahmen insoweit nicht erzielt werden könnten.
Größter Ausgabeposten mit einem Anteil von z.Z. rd. 80 % sind, trotz des in den letzten Jahren vorgenommenen Stellenabbaus, die Personalausgaben. Hier scheint eine weitere Stellenreduzierung auf Grund des Altersaufbaus möglich und wegen mangelhafter Auslastung oder Unrentabilität einzelner Referate auch notwendig. Problematisch ist aber, dass auf Grund der natürlichen Fluktuation nicht immer gerade die Mitarbeiter der möglicherweise verzichtbaren Referate ausscheiden und der hohe Spezialisierungsgrad einzelner Mitarbeiter Umsetzungen innerhalb der FMPA erschwert.
2.2 Auftragsabwicklung
Ganz überwiegende Einnahmequelle der Einrichtung sind die von privaten und öffentlichen Auftraggebern erhobenen Benutzungsgebühren mit rd. 17 Mio. DM. Bei der Auftragsabwicklung wurden sowohl in einer Vielzahl von Einzelfällen als auch im System an sich gravierende Mängel festgestellt. Sie erstrecken sich von der Auftragsannahme bis zum endgültigen, auch finanziellen Abschluss der Vorgänge. Besonders problematisch und mit einem nicht wieder gut zu machenden Schaden für das Land verbunden sind die Fälle, in denen Ansprüche auf Zahlung durch Fristablauf endgültig verjährt sind. Die Ansprüche sind in diesen Fällen erloschen, da die Verjährung öffentlich-rechtlicher Forderungen von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt nach § 21 Abs. 2 Landesgebührengesetz (LGebG) mit Ablauf des Jahres, in dem die Amtshandlung vorgenommen worden ist. In Fällen, in denen die Untersuchung, Prüfung, Messung usw. vor 1997 vorgenommen wurde, sind also Zahlungsansprüche spätestens mit Ablauf des 31.12.1999 verjährt. Der RH hat während der laufenden Prüfung gegenüber der FMPA und dem WM wiederholt auf diesen Umstand aufmerksam gemacht. Daraufhin wurden vom WM im Zusammenwirken mit der Anstalt entsprechende Maßnahmen zugesagt und (zumindest teilweise) auch erfolgreich durchgeführt.
2.2.1 „Offene“ Aufträge und verjährte Forderungen
Zu Beginn der örtlichen Erhebungen durch den RH und das StRPA Stuttgart im Mai 1999 waren in der Buchhaltung der FMPA 1 365 Aufträge aus der Abteilung 4 mit einer Auftragserteilung aus der Zeit von 1982 bis 1999 „offen“. 980 Fälle waren lediglich „formell“ (noch) nicht geschlossen, obwohl bei ihnen bereits ein (abschließender) Gebührenbescheid ergangen war. Von den danach auch „materiell“ noch offenen Fällen waren in einem zweiten Schritt die Fälle abzugrenzen, bei denen das Auftragsdatum erst kurze Zeit zurück lag (100 Fälle mit einem Volumen von etwa 300 000 DM) oder bei denen noch rechtzeitig ein Gebührenbescheid vor dem 31.12.1999 erstellt werden konnte (rd. 30 Fälle mit einem Volumen von etwa 300 000 DM).
In einigen Fällen bestanden/bestehen noch divergierende Auffassungen zwischen FMPA und jeweiligem Auftraggeber über den für die Berechnung des Verjährungseintritts maßgeblichen Zeitpunkt (rd. 20 Fälle, Schadenspotenzial ggf. bis zu rd. 1 Mio. DM).
Dem Land ist in 80 Fällen mit einem Volumen von rd. 400 000 DM definitiv ein irreparabler Schaden entstanden, weil hier auf einen (weiteren) Gebührenbescheid endgültig - z.B. wegen unzweifelhaft eingetretener Verjährung - verzichtet werden musste.
Bei den danach noch verbleibenden 155 Fällen war eine sichere Zuordnung zu den vorstehenden Fallgruppen im Rahmen der Prüfung nicht möglich. In einem Teil davon ist dem Land möglicherweise ebenfalls ein Schaden entstanden.
2.2.2 Gebührenfestsetzung
Eine Vielzahl von Gebührenbescheiden war schon in formeller Hinsicht nicht ordnungsgemäß. So wurden teilweise nur Endbeträge ohne Hinweis auf die angewendete Rahmengebühr oder die Anzahl bzw. Höhe der erbrachten Arbeitsstunden aufgeführt. Auf dem Bescheid befand sich lediglich der allgemeine vorgedruckte Hinweis auf das LGebG und die GebührenVO der FMPA. Da die Gebührenbemessung ein wesentlicher Teil des Verwaltungsaktes ist, schreibt § 39 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz vor, dass dem Adressaten die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind bzw. die Gesichtspunkte erkennbar sein müssen, von denen die Behörde, z.B. bei der Ausübung ihres Ermessens, ausgegangen ist.
Auch in materieller Hinsicht war die Gebührenfestsetzung der FMPA bei mehreren Aufträgen zu beanstanden. Die Anwendung der in der Anlage zur GebührenVO aufgelisteten Sachverhalte in Form einer Rahmengebühr war wohl eher die Ausnahme als die Regel. In den untersuchten Fällen verneinten die Bearbeiter zumeist die Zuordnung ihrer Aufträge zu den dort definierten Beschreibungen und gingen deshalb von der nach der Gebührenordnung möglichen ersatzweisen Vergütung nach Stundensätzen und Auslagen aus. Es ergab sich jedoch nur in seltenen Fällen eine Übereinstimmung der so ermittelten „tatsächlichen Kosten“ mit den dem Auftraggeber in Rechnung gestellten Gebühren. Dies wurde sogar in Fällen festgestellt, in denen die Anzahl der erbrachten Stunden im Gebührenbescheid explizit aufgelistet war.
2.2.3 Tätigkeitserfassung
Der RH hat stichprobenartig aus jedem der 29 Referate die wöchentlichen Tätigkeitserfassungsbelege jeweils einer Person über den Zeitraum von zwei Monaten ausgewertet. Diese Aufzeichnungen bilden die Grundlage für die Errechnung der tatsächlichen Kosten des jeweiligen Auftrages. Dabei wurde festgestellt, dass in einigen Fällen ohne überzeugende Erklärung keine Aufzeichnungen geführt wurden bzw. vorgelegt werden konnten. Bei der Auswertung der vorgelegten Stundenzettel wurde ein Mittelwert von nur 32 % als auftragsbezogene Tätigkeit errechnet. Somit floss lediglich etwa ein Drittel der gesamten geleisteten Arbeitszeit der FMPA in die Berechnung der „tatsächlichen“ Kosten von Aufträgen ein. Teilweise wurden auftragsbezogene Tätigkeiten nicht als solche zugeordnet. Gemeinkosten wurden in zu geringem Umfang in der Kalkulation berücksichtigt.
2.3 Dienstreisen
Bedienstete der FMPA ließen sich in zahlreichen Fällen - insbesondere bei Dienstreisen zu weiter entfernten Orten - Tickets für Flugreisen vom Auftraggeber vorweg übersenden. Auch andere Kosten, z.B. für Hotelübernachtung, wurden direkt vom Auftraggeber zugesagt und übernommen. Dies wurde damit begründet, dass die für Dienstreisen zur Verfügung stehenden (gekürzten) Mittel gegen Jahresende nicht ausgereicht hätten, um alle Aufträge durchführen zu können. Diese Verhaltsweise sollte im Interesse transparenter Kunden-Auftrags-Verhältnisse vermieden werden.
In einem Fall wurde im Sommer 1999 eine mehrtägige Dienstreise zu einer Fortbildungsveranstaltung auf Mallorca unternommen. Reisebeginn war Mittwochmorgen, Reiseende war Sonntagabend. Das Vortragsprogramm begann am Donnerstagnachmittag und endete am Freitag um 13:30 Uhr. Der Veranstalter, eine Firma, mit der die FMPA in ständiger Geschäftsbeziehung steht, sagte bereits im Voraus die Übernahme aller entstehenden Flug-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu. Eine Gegenüberstellung der dieser Firma in den Gebührenbescheiden in Rechnung gestellten Beträge mit dem für diese Aufträge verbuchten tatsächlichen Aufwand weist eine Unterdeckung zu Lasten der FMPA von rd. 15 000 DM aus.
Der RH hält in Anbetracht der Gesamtumstände dieses Falles - und bereits unabhängig von der durch ihn nicht sicher beurteilbaren Notwendigkeit der Teilnahme an der Veranstaltung - eine derartige Reise für problematisch. Das MWK wird zu prüfen haben, wie in derartigen Fällen künftig verfahren werden soll.
2.4 Innerorganisatorische Struktur
Die zahlreichen festgestellten Mängel sind neben der seit Jahren defizitären Arbeitsweise der FMPA zum großen Teil auch auf die innerorganisatorische Struktur bzw. personelle und sächliche Ausstattung zurückzuführen. So fehlte es bis zur Einsetzung eines vorübergehenden kommissarischen Leiters der zentralen Verwaltung 1999 z.B. an einem Aufgaben und Kompetenzen klar definierenden Geschäftsverteilungsplan. Auch das Verfahren der Auftragsabwicklung und -überwachung wurde zwar durch einzelne Hausverfügungen geregelt, immer wieder auftretende Missstände wurden angesprochen, jedoch nicht nachhaltig beseitigt. Es gibt dabei deutliche Anhaltspunkte, dass die Stellung des Leiters der zentralen Verwaltung unterhalb der Ebene des (nebenamtlichen) Direktors nicht geeignet war/ist, sich gegenüber wissenschaftlichen Bediensteten, insbesondere gleichrangigen Abteilungsleitern, wirksam durchzusetzen. Dass diese Stelle einige Zeit - wie auch im Moment - überhaupt nicht besetzt war/ist, erschwert die Situation ebenfalls. Dadurch stand/steht dem neu eingesetzten Leiter des Haushaltsreferates kein erfahrener Ansprechpartner in dieser sehr schwierigen Situation zur Verfügung.
Neben der personellen Ausstattung der zentralen Verwaltung, die Kontrollen der Auftragsabwicklung nur eingeschränkt zuließ, war auch die EDV nicht in der Weise ausgerüstet, dass z.B. der Ausdruck von Kontrolllisten und andere Überwachungsmaßnahmen unproblematisch möglich waren.
2.5 Aufgabenkritik und Wettbewerbssituation
Die FMPA agiert nach den Feststellungen einer Unternehmensberatung auf einem nahezu gesättigten Markt, der nur geringes Wachstum erwarten lässt. Sie steht dabei einem breiten Wettbewerberfeld gegenüber, welches sowohl aus staatlichen (ausländischen, Bundes-, jeweiligen Landeseinrichtungen) als auch privaten Materialprüfungsstellen (z.B. TÜV und DEKRA) besteht. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine sowie die Materialprüfanstalt am Institut für Massivbau- und Baustofftechnologie der Universität Karlsruhe.
Es kann nicht im öffentlichen Interesse sein, wenn sich staatliche Einrichtungen untereinander einen Wettbewerb zu defizitären Konditionen liefern oder aber dort zu privaten Einrichtungen in Wettbewerb treten, wo diese vergleichbare Leistungen am Markt anbieten. Dies ist für die FMPA auch ausdrücklich in der Subsidiaritätsvorgabe niedergelegt. Einem (sonstigen) Landesinteresse könnte bereits durch eine einzige Einrichtung ausreichend Rechnung getragen werden.
3 Bewertung
Besonders bedeutsam sind die zahlreichen gravierenden Verstöße gegen die Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Auftragsabwicklung über einen langen Zeitraum hinweg. Die FMPA hat in erheblichem Umfang gegen das Gebot der rechtzeitigen und vollständigen Einnahmeerhebung verstoßen; für das Land ist so allein aus verjährten Forderungen ein Schaden von rd. 400 000 DM entstanden. Ohne die massive Intervention von RH und WM wäre dieser noch deutlich höher gewesen. Er konnte durch die Einsetzung eines kommissarischen Verwaltungsleiters bei der FMPA und den Erlass zahlreicher Gebührenbescheide zum Jahresende 1999 abgewendet werden.
Die Aufzeichnungen der Mitarbeiter bei der Tätigkeitserfassung und den Sachkosten für den jeweiligen Auftrag entsprechen in vielen Fällen weder den formalen noch den inhaltlichen Vorgaben. Eine Orientierung der Gebühren am tatsächlich entstandenen Aufwand erfolgt teilweise nicht und ist nur eingeschränkt möglich, da Aufzeichnungen fehlen bzw. unvollständig oder realitätsfremd sind. Obwohl es möglich wäre, Auswertungen zur Steuerung und Planung vorzunehmen, wird dieses Instrument derzeit praktisch nicht eingesetzt.
Bei Dienstreisen wurden in erheblichem Umfang Vorschriften der LHO, darüber hinaus des Reisekostenrechts und möglicherweise auch andere Rechtsvorschriften (z.B. VwV-Geschenkannahme), verletzt.
Die derzeitige innerorganisatorische Struktur der FMPA - auch als Institut der Universität Stuttgart - genügt nicht den Ansprüchen an eine leistungsfähige und effiziente Einrichtung. Die bereits in den vergangenen Jahren durchgeführten Organisationsuntersuchungen lassen nun eine Änderung auf einigermaßen gesicherter Grundlage zu. Die Argumente, die für eine Umwandlung in einen Landesbetrieb vorgetragen wurden, bestehen nach wie vor. Die Umressortierung und Eingliederung der Einrichtung in die Universität Stuttgart kann sowohl vom Zeitpunkt als auch von der Art ihrer Durchführung nicht als bestmögliche Lösung bezeichnet werden. Die verstärkt betriebswirtschaftliche Ausrichtung der FMPA wird durch ihre Eingliederung in einen Wissenschaftsbetrieb nicht unbedingt befördert, vor allem wenn die Abdeckung des Defizits auf der bisherigen Basis weiterhin gewährleistet würde.
Ansatzpunkt zur Reduzierung des Defizits könnte auch eine Anpassung der Gebührenordnung sein. Besteht nämlich, wie vorgetragen, in einigen Bereichen ein Quasi-Monopol der Einrichtung, müssten höhere (kostendeckende) Gebühren am Markt durchsetzbar sein. Besteht hingegen eine Wettbewerbssituation mit anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen, stellt sich auf Grund der Subsidiaritätsklausel der FMPA die Frage nach der Notwendigkeit eines Leistungsangebots zu nicht kostendeckenden Preisen. Diesbezüglich sollte jedes einzelne Referat auf den Prüfstand gestellt werden.
4 Empfehlungen
Zur nachhaltigen Beseitigung der aufgezeigten Missstände und zu ihrer Vermeidung sollte ein ganzes Maßnahmenbündel in Angriff genommen werden.
Die in der Untersuchung „FMPA 200X“ des WM detailliert vorgeschlagenen Lösungsansätze für die Neustrukturierung der FMPA sollten auch unter dem Dach der Universität Stuttgart unverzüglich umgesetzt werden. Eine sich daran anschließende Verschlankung sollte dabei die Möglichkeit von Personalveränderungen innerhalb der Universität Stuttgart (z.B. zur Schwestereinrichtung Materialprüfungsanstalt) oder zu anderen technischen Behörden im Stuttgarter Raum in Betracht ziehen. Sowohl die organisatorischen Mängel als auch die defizitäre Struktur einzelner Abteilungen bzw. Referate werden nicht allein durch die Eingliederung beseitigt. Zusätzliche HBFG-Mittel oder Ausgabenreduzierungen auf Grund von Synergieeffekten würden im Ergebnis nur zur Verschleierung und tendenziellen Verhärtung der Probleme beitragen.
Insbesondere sollte ein leistungsfähiges (Auftrags-)Überwachungssystem sowohl technisch als auch personell installiert werden. Die hierzu bereits in der FMPA eingeleiteten Schritte sollten allerdings konsequent umgesetzt und überwacht werden. Die Erfassung von Personal- und Sachaufwand sollte zeitnah geschehen und sich an der Realität orientieren.
Auch die Umwandlung der Einrichtung in einen Landesbetrieb innerhalb des MWK-Geschäftsbereichs mit weiterhin bestehender Anbindung an die Universität Stuttgart scheint zusätzlich eine Reihe von Vorteilen zu bieten.
Die Entgeltberechnung sollte sich stärker an den Grundsätzen der Kostendeckung und dem (wirtschaftlichen) Interesse des Auftraggebers orientieren. Ihre Anwendung ist künftig stärker zu überwachen. Die Rechtsgrundlage der neuen Praxis - seit Jahresbeginn werden Rechnungen an Stelle von Gebührenbescheiden erstellt - ist zu klären.
5 Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums
Das WM teilt die Einschätzungen des RH zum bestehenden Investitionsstau und zum erheblichen Potenzial von Ergebnisverbesserungen beim Otto-Graf-Institut. Es weist aber auch auf seine eigenen Anstrengungen und Erfolge bei der Reduzierung der Personal- und sächlichen Verwaltungsausgaben im Zeitraum von 1994 bis 1999 hin. So sei im Zuge der Maßnahmen noch im Jahr 1999 die Außenstelle Karlsruhe aufgegeben worden. Auch das Strukturkonzept „FMPA 200X“ des WM aus dem Jahr 1998, zu dessen Umsetzung es nicht mehr gekommen sei, sollte einen Beitrag zu mehr Wirtschaftlichkeit der Einrichtung leisten.
Das WM sei im Übrigen sofort nach Kenntniserlangung von Mängeln in der Auftragsabwicklung tätig geworden und habe - zusammen mit dem RH - das zur Schadensbegrenzung Erforderliche umgehend veranlasst.
6 Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Um ggf. notwendige personal- und disziplinarrechtliche Folgerungen im Hinblick auf die Prüfungsaussagen des RH zu ziehen, hat das MWK zusammen mit dem WM - unter dessen Federführung - die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschlossen. Diese soll exakte Sachverhalts- und Schadensfeststellungen zur Auftragsabwicklung, Gebührenfestsetzung und Vornahme und Abrechnung von Dienstreisen vornehmen. Darüber hinaus sei die Übernahme von Dienstreisekosten durch Auftraggeber der FMPA künftig ausgeschlossen.
Zusätzlich soll durch die Einsetzung eines Sonderbeauftragten des Rektorats ab dem 01.06.2000 ein bereits verfügtes Verfahren zur künftigen Auftragsabwicklung und -abrechnung sichergestellt werden. Er soll sich auch um Synergieeffekte mit der benachbarten MPA für Werkstoffkunde in Stuttgart kümmern.
Entgegen der Auffassung des RH sei die Eingliederung des Otto-Graf-Instituts in die Universität Stuttgart vorteilhaft. Das MWK ergänzt die genannten Argumente (s. Pkt. 1) noch um den besser möglichen Austausch der Ergebnisse der experimentellen Forschung der FMPA und wissenschaftlicher Arbeiten anderer Universitätsinstitute sowie die zu erwartende Steigerung von Forschungsaufträgen im Drittmittelbereich. Der am freien Markt operierende sog. „Ingenieurbereich“, der nur in einigen Teilen profitabel bzw. kostendeckend arbeitet, könne von der Universität sukzessive abgebaut werden.
Durch die derzeitige Einführung eines kaufmännischen Rechnungswesens mit einer Kosten- und Leistungsrechnung bei der Universität Stuttgart werde das gleiche Ziel wie durch die Überführung in einen Betrieb nach § 26 LHO erreicht. Ob dieser darüber hinaus dann noch sinnvoll sei, könne erst danach beurteilt werden. Mit der Entscheidung über die inneruniversitäre Struktur des Otto-Graf-Instituts in den hierfür zuständigen Gremien des Selbstverwaltungsbereichs der Universität sei nicht vor Ende des Wintersemesters 2000/2001 zu rechnen.
Eine Zusammenlegung mit der Materialprüfanstalt der Universität Karlsruhe sei nicht möglich, da nur unbedeutende Überschneidungen vorlägen und beide Standorte eine Universität besäßen, die eine ausreichende Kapazität für Lehre und Forschung bräuchte. Sie käme im Übrigen nur am Standort der wesentlich größeren Einrichtung, also in Stuttgart, in Betracht.
7 Schlussbemerkung
Die Anstrengungen des WM zu einer Kostenreduzierung beim Otto-Graf-Institut haben immerhin zu Teilerfolgen geführt. Auch die gemeinsame Arbeitsgruppe von WM und MWK zur exakten Schadensfeststellung erscheint sinnvoll. Die Prüfungsunterlagen sollten hierfür eine wichtige Hilfestellung leisten.
Für die Umressortierung gibt es sicher eine Reihe von guten Argumenten. Der RH hält jedoch an seiner Einschätzung fest, dass sie nur unzureichend vorbereitet und zu einem sehr unglücklichen Zeitpunkt verwirklicht wurde. Auch wird bis zum Einsatz des kaufmännischen Rechnungswesens bzw. einer aussagekräftigen Kosten- und Leistungsrechnung noch erhebliche Zeit vergehen. Daneben ist durch eine vermehrte „Vermischung“ von durchgeführten (Fremd-)Auftragsarbeiten mit Aufwand aus verbundenem „Forschungsinteresse“ zu rechnen. Einzelne defizitäre Aufträge wurden damit bereits bei der bisherigen FMPA begründet.
Eine zumindest teilweise Zusammenlegung zu einer einzigen baden-württembergischen Materialprüfungsanstalt für das Bauwesen erscheint auch unter Berücksichtigung der Interessen der Universitäten in Stuttgart und Karlsruhe nach Auffassung des RH nicht ausgeschlossen. Dabei wäre lediglich die für den Lehr- bzw. Forschungsbetrieb der jeweiligen Universität unerlässliche Minimalausstattung an beiden Standorten zu erhalten. Der angesprochene „Ingenieurbereich“ könnte wie vom MWK angedeutet (sukzessive) abgebaut werden. Soweit noch ein öffentlicher Bedarf bestünde, könnte er in Anbetracht der ganz überwiegend überregional ansässigen Auftraggeber jedenfalls auch an einem einzigen Standort angesiedelt werden.
Die pessimistischen Einschätzungen des RH im Blick auf eine nachhaltige Besserung der Situation werden durch die gesamte bisherige Entwicklung des Otto-Graf-Instituts, aber auch durch den Ausblick auf die Zeiträume für bevorstehende Entscheidungen in Hochschulgremien, eher bestätigt als entkräftet. So ist selbst über ein halbes Jahr nach dem Ministerratsbeschluss vom 20.09.1999 noch keine sichtbare Umsetzung von Integrations- bzw. Strukturmaßnahmen erfolgt oder zumindest beschlossen worden. Grundlegende Rechtsfragen sind ungeklärt. Die Empfehlungen der dritten, innerhalb von sieben Jahren durchgeführten Organisationsuntersuchung, „FMPA 200X“, werden im neuen Umfeld einer eigenen (Über-)Prüfung durch die nunmehr zuständige Universität zugeführt, anstatt sie endlich umzusetzen. Es ist zu befürchten, dass die langjährigen Bemühungen um grundsätzliche Strukturveränderungen des Otto-Graf-Instituts fortgesetzt werden müssen.