Alternative Ausschreibungs- und Finanzierungsmodelle für Hochbaumaßnahmen [Beitrag Nr. 13]

Alternative Ausschreibungs- und Finanzierungsmodelle sind zunehmend in die Praxis der Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung des Landes eingeflossen. Viele der Anregungen des Rechnungshofs aus der beratenden Äußerung von 1993 haben eine positive Wirkung für den Landeshaushalt gebracht. In einigen Fragen ist eine abschließende Klärung noch offen.

1 Vorbemerkung

In seiner beratenden Äußerung über die Wirtschaftlichkeitsanalyse privater Investorenfinanzierungen für Hochbaumaßnahmen des Landes vom Mai 1993 (DS 11/1994) hat der RH die im Land eingesetzten Finanzierungsformen analysiert und untersucht, ob sie mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit vereinbar sind und zu einer dauerhaften Entlastung des Staatshaushaltes beitragen können, sowie welche Chancen und Risiken alternativer Vergabe- und Finanzierungskonzepte, insbesondere der sog. Investorenmodelle bestehen. Der RH hat neben Empfehlungen für die Vertragsgestaltung und für die Form der Wirtschaftlichkeitsrechnung auch die möglichen Vor- und Nachteile bei der Einbindung alternativer Finanzierungskonzepte aufgezeigt.

Dabei wurde festgestellt, dass mit diesen Konzepten sowohl monetäre als auch nichtmonetäre Vorteile verbunden sein können, insbesondere geringere Bau- und Finanzierungskosten und die damit einhergehende Entlastung des Landeshaushalts sowie weitgehende Festpreisgarantie und schnellere Bauabwicklung. In jedem Einzelfall muss aber deren Wirtschaftlichkeit durch eine geeignete Vergleichsrechnung nachgewiesen werden, um das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 7 LHO zu beachten. Inzwischen sind dynamische Wirtschaftlichkeitsvergleichsrechnungen für einen objektiven Vergleich aller Realisierungsformen in überwiegend standardisierter Form eingeführt worden.

Das Land hat nach der Veröffentlichung der obengenannten beratenden Äußerung, also seit 1994, weitere private Finanzierungsmodelle zur Unterbringung von Landesbehörden realisiert. Die Vergabeentscheidung für diese Finanzierungsmodelle basieren seit 1996 auf sog. Parallelausschreibungen (oder auch ABC-Ausschreibungen) für Hochbaumaßnahmen. Damit kann die für den Landeshaushalt wirtschaftlichste Realisierungsform - nicht nur hinsichtlich der Bauleistung, sondern auch unter Berücksichtigung der Finanzierung und der Abwicklungsdauer - ermittelt werden.

Der RH hat exemplarisch verschiedene Hochbaumaßnahmen, insbesondere Labor- und Bürogebäude, untersucht um festzustellen, ob gegenüber der früheren Praxis durch Parallelausschreibungen die Wirtschaftlichkeit und Transparenz der Entscheidung noch verbessert werden kann. Weiterhin wurde überprüft, welche Veränderungen sich seit der Veröffentlichung der beratenden Äußerung in der Praxis ergeben haben.

2 Wesentliche Änderungen und Erkenntnisse seit der beratenden Äußerung 1993

2.1 Parallelausschreibungen/ABC-Ausschreibungen nach Thüringer Modell

Die wirtschaftlichste Realisierungsform einer Hochbaumaßnahme kann dann am besten ermittelt werden, wenn im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens sowohl für die Bauleistung als auch für die Finanzierung Angebote eingeholt und damit alle Varianten der Realisierung einem echten und offenen Wettbewerb unterworfen werden. Ein hierfür geeignetes und inzwischen bewährtes Verfahren bildet die sog. ABC-Ausschreibung, die erstmals im Jahre 1993 vom Freistaat Thüringen für die Unterbringung der Mitarbeiter des dortigen Sozialministeriums eingesetzt wurde (daher auch „Parallelausschreibung nach Thüringer Modell“ genannt).

Eine solche Parallelausschreibung besteht mindestens aus den Teilen A (Ausschreibung der Bauleistung), B (Ausschreibung der Finanzierung) und C (Bau und Finanzierung des Objekts aus einer Hand, sog. Investorenmodell). Hierbei sind spezifische Erweiterungen wie z.B. um einen Teil D „Anmietung am Markt vorhandener Gebäude“ oder weitergehende Differenzierungen der einzelnen Ausschreibungsteile (z.B. Variante A1 „Vergabe an einen Generalunternehmer“; Variante A2 „gewerkeweise Vergabe an Einzelunternehmer“) denkbar. Der Standardaufbau der einzelnen Ausschreibungsteile ist in Übersicht 1 beschrieben.

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Für den Teil A „Bauleistung“ wird zunächst unterstellt, dass die Maßnahme wie andere Hochbaubauprojekte auch, als Eigenbau realisiert und über den Landeshaushalt finanziert wird, meistens im Wege einer Kreditaufnahme des Landes. Den Bietern ist aber durch das Ausschreibungsverfahren bekannt, dass auf der Grundlage dieser Ausschreibungsergebnisse auch eine Kombination mit dem günstigsten Leasinganbieter aus dem Teil B2 möglich ist, sodass dieser an Stelle des Landes Bauherr und Auftraggeber wird. Es hat sich gezeigt, dass häufig einige der Anbieter für die Bauleistung im Teil A sich mit Anbietern aus dem Teil B zusammenschließen und gemeinsame Angebote als Bietergemeinschaft für den Teil C abgeben.

2.2 Parallelausschreibungen in Baden-Württemberg

Das Land Baden-Württemberg hat zwischen 1995 und Anfang 1999 bei 10 Hochbauprojekten Parallelausschreibungen durchgeführt. Deren Bauvolumen beträgt nach Angaben des FM rd. 250 Mio. DM.

Das FM ist der Auffassung, dass sich die ABC-Ausschreibung zur Ermittlung der wirtschaftlichsten Realisierungsform bewährt hat. Daher ist nach Angaben des FM beabsichtigt, auch in Zukunft bei geeigneten größeren Bauprojekten Parallelausschreibungen durchzuführen. Nachdem der Bund mit der Novellierung des HBFG im Rahmen seiner Mitfinanzierung in beschränktem Umfang leasingfinanzierte Hochschulbaumaßnahmen zugelassen hat, wurden seit 1998 auch im Bereich der Universitäten und Universitätsklinika mehrere große Bauvorhaben durch Parallelausschreibungen vergeben; die Finanzierung dieser Objekte wurde vom RH nicht geprüft. In diesem Zusammenhang wird jedoch auf den Beitrag Nr. 25 Pkt. 8 „Kostensenkung im Hochschulbau“ in dieser Denkschrift verwiesen.

2.3 Maßnahmen des Finanzministeriums

Zur besseren Koordinierung von Parallelausschreibungen und zur besseren Bündelung des notwendigen Fachwissens hat das FM die Anregung in der beratenden Äußerung aufgegriffen und bei der OFD Stuttgart ein landesweit zuständiges Referat zur Erstellung und Bearbeitung von Investoren-, Leasing- und Parallelausschreibungen eingerichtet. Dieses Referat ist nicht nur für die Erarbeitung der Grundkonzeption und Durchführung der Ausschreibungen zuständig, sondern auch für die Angebotsprüfung und Auswertung und für die Erstellung der hierzu notwendigen Wirtschaftlichkeitsberechnungen.

Das FM ist im Wesentlichen auch den materiellen Empfehlungen des RH gefolgt; erste Durchführungshinweise und Berechnungsmuster hat es im Zuge der Diskussion um die beratende Äußerung bereits im September 1993 im Rahmen des sog. Checklistenerlasses (CL-Erlass) veröffentlicht.

Nach seinen Angaben werden im Rahmen der Auswertung von Parallelausschreibungen stets dynamische Wirtschaftlichkeitsrechnungen in Form von Ausgaben-Barwertvergleichsrechnungen durchgeführt. Es wird jedoch als einzige Wirtschaftlichkeitskenngröße der Barwertvorteil für die Entscheidungsfindung zu Grunde gelegt. Das in der beratenden Äußerung vorgeschlagene und für acht Projekte modellhaft vorgestellte Rechenverfahren mit Bar- und Zeitwerten (Annuitätenvergleich) hat das FM nicht fortgeführt. Dies hat zur Folge, dass die tatsächliche Haushaltsbelastung (Zeitwerte) in der Entscheidungsvorlage gar nicht oder nicht transparent dargestellt werden und daher in die Entscheidungsfindung nicht einfließen; eine mögliche Optimierung der Finanzierungsalternativen hinsichtlich Bar- und Zeitwerten unterbleibt.

Das FM verwendet als Kalkulationszinssatz für die dynamische Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht mehr den langjährigen Durchschnittszinssatz von 8 % (vgl. Ziffer 6.1 des CL-Erlasses), sondern in Anlehnung an den in der beratenden Äußerung dargelegten Vorschlag einen aktuellen, objektbezogenen Kalkulationszins, der in etwa dem Zinssatz für 10-jährige endfällige Darlehen des Landes zum Zeitpunkt der Ausschreibung entspricht.

Als Ausgangswert für den Wirtschaftlichkeitsvergleich sind lt. CL-Erlass noch immer die nach den Richtlinien für Baukostenplanung (RBK) ermittelten Gesamtbaukosten heranzuziehen, die jedoch in der Vergangenheit keine verlässliche Vergleichsbasis für diese Berechnungen dargestellt haben. Die bei alternativen Realisierungsformen erzielten Gesamtbaukosten lagen nach den Erfahrungen und Prüfungsergebnissen des RH stets deutlich unter den RBK-Werten. In den letzten Fällen von Parallelausschreibungen gilt dies auch für das Ausschreibungsergebnis des Teiles A, wenn das Objekt als Eigenbau realisiert wurde. Inzwischen hat sich diese Erkenntnis in der Verwaltungspraxis mit Erfolg ausgewirkt, wie die neueren Erfahrungen aus dem Hochschulbau (s. Beitrag Nr. 25 Pkt. 8) zeigen.

Bei konsequentem Einsatz von ABC-Ausschreibungen stellt sich die Frage einer verlässlichen Vergleichsbasis für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung aber nicht mehr, da im Teil A die Preise unter Wettbewerbsbedingungen ermittelt werden und deshalb als solide Basis für eine Wirtschaftlichkeitsvergleichsrechnung herangezogen werden können. Das FM gibt an, auf die RBK-Kostenermittlung bei Vergleichsrechnungen nur noch dann zurückzugreifen, wenn eine Ausschreibung der Variante A im Ausnahmefall nicht möglich sein sollte.

Um die verschiedenen Ausschreibungsteile in der Wirtschaftlichkeitsrechnung vergleichbar zu machen, wird bei der Angebotswertung durch differenzierte Zuschläge auf die Submissionsergebnisse berücksichtigt, dass einzelne Angebotsvarianten unterschiedlich hohe Aufwendungen für Planung, Koordinierung und Überwachung der Baumaßnahme erfordern.

Laut CL-Erlass sind den GBK des Ausschreibungsteils A (Eigenbau) im Durchschnitt 3 % für Personalkosten für die Wahrnehmung notwendiger Bauherrenleistungen der Bauverwaltung hinzuzurechnen, wobei die Höhe abhängig gemacht wird von der Größe und Schwierigkeit der Maßnahme. Dieser Zuschlag ist als Differenzzuschlag im Vergleich zum Teil C (Investorenlösung) zu verstehen.

Im Wirtschaftlichkeitsvergleich wird durch Zuschläge weiterhin berücksichtigt, dass bei Realisierung der gewerkeweisen Vergabe für das Land zusätzliche Kosten anfallen, die in den Generalunternehmer- und Investorenangeboten bereits enthalten sind (z.B. Architekten- und Ingenieurleistungen).

Das FM bewertet die Kombination der gewerkeweisen Vergabe der Bauleistung mit einem Leasinganbieter (B2) mit einem Koordinationszuschlag für die Projektsteuerung des Landes in Höhe von 3 %; mit einem weiteren Zuschlag von 3 % auf die Vergabesumme wird berücksichtigt, dass evtl. Mehrkosten durch Nachträge entstehen können.

Auch werden der Wert bestehender Gebäude, die Vorkosten der Planung, die Bauzeitzinsen sowie spezifische Kosten bei einzelnen Varianten (wie z.B. Verwaltungskosten bei Leasingfinanzierungen) kalkuliert.

2.4 Steuerrechtliche Änderungen und deren Konsequenzen

Unter der Vielzahl möglicher Varianten für Leasingverträge sind insbesondere zwei Hauptgruppen zu unterscheiden:

  • reines Finanzierungsleasing mit 100 % Fremdkapitalanteil als Mietkauf oder mit Erwerbsoption,
  • steueroptimierte Fondsleasingverträge mit teilweiser Einbindung von Eigenkapital privater Geldgeber und teilweise Weitergabe deren Steuervorteile, stets verbunden mit Kaufoptionen, meist zu einem Festpreis.

Durch vorgesehene und zum Teil schon vollzogene Steuerrechtsänderungen sind die monetären Vorteile solcher Finanzierungsformen teilweise deutlich reduziert worden. Auswirkungen hatte dies auch auf die Wachstumsraten der Leasing-Investitionen, die von 13,9 % im Jahr 1996 bis auf rd. 3 % im Jahr 1999 zurückgegangen sind. Dieser Rückgang wäre noch deutlicher, wenn das Mobilienleasing in den letzten Jahren nicht erheblich gestiegen wäre.

Auch die Nachsteuer-Renditen der Leasingfonds sind erheblich gesunken, daher konnten die vor 1998 im Immobilienleasing der öffentlichen Hand (soweit steueroptimierte Fondsleasingkonzepte) üblichen Zinsabschläge von bis zu 1,5 % gegenüber den marktüblichen Zinskonditionen für Kommunalkredite nicht mehr erreicht werden. Jedoch können noch immer Zinsabschläge im Immobilienleasing von 0,2 % bis 0,4 %, bei Altbausanierungen bis zu 1 %, erzielt werden, was bei Projekten in entsprechenden Größenordnungen neben den günstigen Baukosten mit Festpreisgarantie und den nach wie vor bestehenden nichtmonetären Vorteilen noch immer zu beachtlichen Wirtschaftlichkeitsvorteilen führen kann.

2.5 Mögliche Vor- bzw. Nachteile durch alternative Vergabe- und Finanzierungsformen

Mit dem FM zusammen sieht der RH eine Reihe möglicher Vorteile. Zu nennen ist die günstigere Finanzierung von Bauinvestitionen im Vergleich zur konventionellen Finanzierung über Kredite im Landeshaushalt. Sie resultiert aus der Einbindung von niedrig zu verzinsendem Eigenkapitel privater Investoren und der Ausnutzung bzw. Weitergabe von steuerlichen Vorteilen an das Land. Weitere Vorteile alternativer Vergabeformen können aus günstigeren Baukosten resultieren und durch kürzere Plan- und Bauzeiten und damit niedrigeren Bauzeitzinsen sowie aus einem straffen Projektmanagement entstehen. Nicht zu vernachlässigen ist auch die weitgehende Festpreisgarantie und Terminsicherheit.

Die wesentlichen Vorteile alternativer Finanzierungsformen für die öffentliche Hand hat inzwischen auch die HIS in einer Broschüre mit dem Titel „Finanzierungsalternativen der öffentlichen Hand“ dargestellt und in der Übersicht 2 im Hinblick auf die jeweilige Zielerreichung kritisch gewürdigt.

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Die Spalte Eigenbau unterstellt eine Abwicklung der Baumaßnahme mit Leistungsverzeichnissen (Einheitspreisen) nach Fachlosen für einzelne Gewerke sowie eine konventionelle Haushaltsfinanzierung. Bei Durchführung der Eigenbauvariante durch einen Generalunternehmer dürften nach Ansicht des RH aber auch die Ziffern 4 bis 6 zumindest bedingt erreichbar sein.

Der RH hat jedoch auch deutlich auf die immanenten Nachteile und Risiken von alternativen Finanzierungsformen hingewiesen. Durch die vertragliche Vereinbarung von Optionsrechten zum späteren Kauf der Immobilie (im Regelfall nach 20 - 25 Jahren), die wohl in den meisten Fällen ausgeübt werden, stellen diese eine „de-facto“ Verschuldung dar und bedeuten für künftige Haushalte eine erhebliche Vorbelastung. Nicht zu vernachlässigen ist auch die ständig zunehmende Belastung des Landeshaushalts durch steigende Leasingverpflichtungen, diese jedoch anstelle höherer Zins- und Tilgungsbelastungen bei konventioneller Haushaltsfinanzierung mittels Krediten.

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass die durch Umschichtung auf alternative Finanzierungen freiwerdenden Mittel im Bauhaushalt normalerweise nicht zwingend zu einer entsprechenden Reduzierung der Kreditaufnahme führen, sondern dass diese Kreditspielräume für zusätzliche Bauinvestitionen genutzt werden und so eine Mehrbelastung im Haushalt entsteht. Andererseits konnten hierdurch als dringend eingestufte Behördenunterbringungen geschaffen und evtl. auch laufende Kosten (z.B. Fremdmieten) vermieden werden. Sollten sich die Vorteile der alternativen Finanzierung nicht in eine Bedrohung künftiger Haushalte verkehren, zwingt auch dieses Instrument zu einer erhöhten Haushaltsdisziplin.

3 Optimierungsaspekte und deren Realisierung als Ergebnis der Untersuchung

3.1 Ausgewählte Objekte

Der RH hat an Hand exemplarisch ausgewählter Hochbauobjekte die seit Veröffentlichung der beratenden Äußerung des RH im Jahre 1993 inzwischen gemachten Erfahrungen und Ergebnisse sowie den Veränderungsprozess im Hinblick auf die nachfolgend genannten Vor- und Nachteile, die sich bei Einsatz von Parallelausschreibungen und der Realisierung von Investorenmodellen in Baden-Württemberg ergeben haben, untersucht. Im Detail analysiert wurden zwei Labor- und Bürogebäude, die in den Jahren 1994 (LG1) bzw. 1995 (LG2) realisiert wurden, sowie zwei in den Jahren 1996 (BG1) und 1998 (BG2) errichtete Bürogebäude.

3.2 Baukosten

Neben der Finanzierungsseite muss auch die Erbringung der Bauleistung dem Wettbewerb unterliegen, d.h., es muss im Rahmen einer Parallelausschreibung (s. Übersicht 1 Ausschreibungsteil A) der günstigste Bieter für die Bauleistung ggf. unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Nebenangebote, ermittelt werden. Die Ausschreibung der Bauleistung im Ausschreibungsteil A sowie die Verknüpfung der günstigsten Ausgaben für die Bauleistung mit der günstigsten Finanzierungsform (Teil B) ergibt eine solide Datenbasis für den Vergleich mit den im Ausschreibungsteil C angebotenen Investorenlösungen.

Das Objekt LG1 wurde im Juni 1994 im Rahmen eines Investorenwettbewerbs (analog Teil C der Parallelausschreibung) und nicht im Rahmen einer vollständigen ABC-Ausschreibung an den Markt gebracht; daher lag für dieses Projekt keine verlässliche Vergleichsbasis für eine Wirtschaftlichkeitsrechnung vor.

Dagegen hat das FM die Ausschreibung für das Bauvorhaben LG2 auf Anregung des RH als Pilotprojekt des Landes erstmals in Form einer ABC-Ausschreibung nach dem Thüringer Modell durchgeführt. Neben der Bauleistung im Teil A wurden gleichzeitig auch die Finanzierungskonditionen im Teil B sowie im Teil C die Kombination der Bauleistung und Finanzierung dem Wettbewerb unterstellt. Als weiteres Pilotverfahren folgte die Ausschreibung zum Objekt BG1 nach demselben Muster.

Das FM hat für das Objekt BG2 in einem weiterentwickelten Verfahren erstmals alle möglichen Realisierungsformen für die Bauleistung - also neben der Ausschreibung der Generalunternehmerleistung (Teil A1) auch die gewerkeweise Vergabe (Teil A2) - berücksichtigt. Während die Ausschreibungsteile B und C dem Standardaufbau - wie in Übersicht 1 beschrieben - entsprachen, wurde der Ausschreibungsteil A, wie in Übersicht 3 dargestellt, weitergehend differenziert (Grundlage jeweils VOB/offenes Verfahren).

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Dieses Projekt BG2 zeigt, welche überraschenden Entwicklungen die Baukosten nehmen können, wenn sie ungenau geplant werden. Die gesamten Projektkosten sind von ursprünglich geplanten 45 Mio. DM auf zunächst 36,3 Mio. DM reduziert worden. Nach Auswertung der Ausschreibungsergebnisse wurde als wirtschaftlichste Variante die Alternative A2 „Eigenbau mit Vergabe nach Einzelgewerken“ mit Gesamtbaukosten von 21,3 Mio. DM ermittelt und in Auftrag gegeben. Inzwischen sind die Gesamtbaukosten bereits auf rd. 30 Mio. DM, also rd. 8,7 Mio. DM höher als zum Vergabezeitpunkt kalkuliert, angestiegen, wobei weitere Steigerungen im Verlaufe des Baufortschritts möglich sind.

Ein Teil dieser Mehrkosten (rd. 2,0 Mio. DM) ist auf nicht vorhersehbare und unabweisliche Änderungen der HU-Bau zurückzuführen (u.a. durch die Notwendigkeit einer aufwendigeren Fundamentierung auf Grund eines weitläufigen Stollensystems). Weitere 5,2 Mio. DM sind erforderlich, weil sich die Planungen nun nicht nur auf das zuvor für die Investorenvergabe begrenzte Grundstück, sondern jetzt über das gesamte Areal erstrecken, u.a. zur Unterbringung von Stellplätzen. Diese Zusatzleistungen wären auch bei Durchführung durch einen Investor angefallen.

Darüber hinaus sind jedoch bei fast allen der 40 Einzelgewerke Mehrkosten durch Nachträge, z.T. verursacht durch eine unzureichende Vorplanung, in Höhe von rd. 1,5 Mio. DM entstanden, die bei einer Vergabe an einen Investor das Land nicht belastet hätten.

Festzuhalten bleibt, dass bei allen untersuchten Ausschreibungen die für die Einstellung in den StHpl. geschätzten Gesamtbaukosten deutlich unterboten wurden, unabhängig davon, ob die Eigenbau-, Leasing- oder Investorenlösung als wirtschaftlichste Realisierungsform ermittelt wurde. Soweit Investorenlösungen als wirtschaftlichste Variante gewählt wurden, übergab der Investor das Bauwerk immer termingerecht und unter Einhaltung der Kosten. So konnte das Bürogebäude BG1 und auch das baulich aufwendigere Laborgebäude LB1 nach lediglich 17 Monaten Bauzeit an die Nutzer übergeben werden.

3.3 Verschuldungsproblematik

3.3.1 Vorbelastung künftiger Haushalte

Die in Pkt. 2.5 angesprochene Gefahr einer erheblichen Vorbelastung künftiger Haushalte durch eine „graue“ Verschuldung hat das FM nach Diskussionen mit dem RH veranlasst, Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz zu ergreifen.

Hierzu wurde im Vorheft zum StHpl. eine Übersicht über die vereinbarten Erwerbs- bzw. Ablöserechte bei Unterbringungsmaßnahmen der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung des Landes aufgenommen, in der für alle Landeseinrichtungen, die von privaten Investoren erstellt und vom Land mit einer vertraglichen Kaufoption angemietet wurden, das voraussichtliche Erwerbsjahr und der geschätzte Erwerbspreis ausgewiesen werden.

Der Entwurf zum StHpl. 2000/2001 weist für 21 Unterbringungsmaßnahmen den vertraglich festgelegten Erwerbspreis und das mögliche Erwerbsjahr aus. Die zeitliche Verteilung der fälligen Erwerbspreise für diese 21 Investorenlösungen wird in Übersicht 4 dargestellt. Insgesamt summieren sich die in der Übersicht zum Entwurf des StHpl. 2000/2001 enthaltenen Erwerbspreise für echte Investorenmaßnahmen auf rd. 575 Mio. DM. Die Übersicht im Vorheft enthält weitere 7 Maßnahmen, bei denen lediglich die Bemerkung „Verkehrswert“ statt dem geschätzten Erwerbspreis angegeben ist. Hierbei handelt es sich nach Angaben des FM um angemietete Objekte, bei denen zwar ein zusätzliches Ankaufsrecht vereinbart wurde, aber der Erwerbspreis entweder mit dem Eigentümer noch zu verhandeln ist, weil diese keine „echten“ Investorenlösungen darstellen, oder weil sich die Kaufpreise aus vertraglichen, aber indexierten Regelungen ergeben, deren Höhe erst im Optionszeitpunkt ermittelt werden kann.

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Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen von Leasing- und Investorenmaßnahmen werden seit 1997 bei Kap. 1209 Tit. 518 11 veranschlagt.

Die „nachrichtliche Nennung“ der Optionspreise und Termine im Vorheft zum StHpl. kann nur ein erster Schritt sein, um die Nettoneuverschuldung und die zukünftig auf den Haushalt zukommenden Belastungen entsprechend zu reduzieren. Auf die weiterführenden Überlegungen in der Denkschrift 1997 Nr. 3 Pkt. 4.4 „Landesschulden“ wird verwiesen.

Das FM hat die Anregungen aus der beratenden Äußerung teilweise aufgegriffen und im März 1996 für die künftige Finanzierung von Investorenmodellen beschlossen, den Optionspreis für den späteren Erwerb des Gebäudes durch ein Mieterdarlehen des Landes (entweder bereitgestellt aus dem Grundstock oder über die Baufinanz) ganz oder teilweise anzufinanzieren.

So wurde mit dem günstigsten Anbieter für das Objekt LG2 über die Bereitstellung eines Mieterdarlehens, finanziert aus Grundstocksmitteln, länger als ein Jahr nachverhandelt. Unverständlicherweise wurde für das Mieterdarlehen in Höhe von rd. 35 % der Gesamtkosten der Immobilie vereinbart, dass die Zinsen aus dem bereitgestellten Darlehen nicht angespart werden, sondern an das Land monatlich auszubezahlen sind. Denn eine Kumulierung der Zinsen hätte ein niedrigeres Anfangsdarlehen oder eine höhere Endsumme etwa in Höhe des Optionspreises (ohne weitere Haushaltsbelastung) zur Folge gehabt.

Der RH befürwortet nach wie vor die Vereinbarung von wirtschaftlich vertretbaren Mieterdarlehen, um damit eine Ansparung der Optionspreise zu erreichen und die im Verhältnis zu den Gesamtinvestitionskosten geringe Einmalzahlung bei Vertragsabschluss bis zum Vertragsende bis zur Höhe des Optionspreises anwachsen zu lassen. Um das Ziel einer zum Vertragsende - trotz Zahlung der Optionspreises - möglichst geringen Hauhaltsbelastung zu erreichen, setzt dies aber voraus, dass auf eine Auszahlung der Zinsen aus diesen Mieterdarlehen und evtl. auch aus den Erbbaurechten verzichtet wird. Für den Fall, dass das Land vom Optionsrecht keinen Gebrauch machen sollte, müsste der Investor das (inzwischen durch Zins- und Zinseszinsen erheblich angewachsene) Mieterdarlehen an das Land zurückbezahlen.

3.3.2 Vorfinanzierung von Hochbaumaßnahmen über die Baufinanz GmbH

Die Baufinanz wird zur Sonderfinanzierung von Projekten aus den Bereichen Behördenbau, Forschungsförderung, Heizkraftwerke und neuerdings auch Landesstraßenbau eingesetzt. Vor der Aufnahme der Darlehen in den Landeshaushalt werden diese Bauvorhaben zunächst über Kredite der Baufinanz vorfinanziert. Dabei wird keine objektbezogene Finanzierung durchgeführt, sondern es erfolgt eine Gesamtfinanzierung aller Projekte der Baufinanz. Diese kann durch Sicherung der Darlehen mit Landesbürgschaften sowie der Veräußerung von Schuldscheindarlehen Konditionen erreichen, die etwa 5 Basispunkte (0,05 %) schlechter als die Kreditkonditionen des Landes sind. Da die endgültige Ablösung der Vorfinanzierung durch das Land erst mit Fertigstellung der Objekte erfolgt, steht die endgültige Höhe der Darlehenszinsen und damit die tatsächliche Zinsbelastung für den Landeshaushalt zum Zeitpunkt der Vergabe noch nicht fest; es werden daher erhebliche Zinsunsicherheiten in Kauf genommen. Die nur vorübergehend geltenden Finanzierungskonditionen der Baufinanz sind entgegen der Meinung der Bau- und Liegenschaftsabteilung des FM nicht mit denen einer klassischen Haushaltsfinanzierung oder einer langfristigen Leasingfinanzierung zu vergleichen. Dieses Zinsänderungsrisiko kann vor allem in Zeiten steigender Kapitalmarktzinsen die tatsächliche Belastung für den Landeshaushalt erheblich vergrößern.

Das Land konnte so z.B. bei der Finanzierung des Objekts BG2 nicht von dem sehr günstigen Zinsniveau in den Jahren 1998/1999 profitieren, weil an Stelle der angebotenen Leasingfinanzierung mit einem Zinsabschlag bis zu 0,3 % und der Möglichkeit, die Zinskonditionen schon bei Vertragsabschluss oder zu Baubeginn (Herbst 1998) auf sehr niedrigem Niveau festzuschreiben, die Eigenbauvariante mit Vorfinanzierung über die Baufinanz gewählt wurde. Daher müssen bei Übergang der Schulden auf den Landeshaushalt für die tatsächliche Eindeckung erheblich höhere Zinsen bezahlt werden, als in der Wirtschaftlichkeitsrechnung des FM kalkuliert. Die laufende Haushaltsbelastung erhöht sich dadurch voraussichtlich um rd. 20 %. Im Falle eines Vertragsabschlusses mit dem Anbieter der Variante C (Investorenlösung) hätte sich das Land das historisch niedrige Zinsniveau zumindest für zehn Jahre gesichert und die Zinsunsicherheit vermieden; eine Haushaltsentlastung bis zu 11 Mio. DM wäre möglich gewesen. Im Ergebnis wurde also die Vergabeentscheidung für dieses Bauvorhaben auf Basis erheblicher Unsicherheiten getroffen. In Zeiten vermutlich bevorstehender Zinssteigerungen wäre daher eine Leasingfinanzierung mit schnellstmöglicher (Teil-) Eindeckung sowohl der konventionellen Haushaltsfinanzierung als auch der Vor- und Zwischenfinanzierung über die Baufinanz vorzuziehen.

Die Wirtschaftlichkeitsrechnungen und die Vergabevermerke des FM berücksichtigen diese Unsicherheit bezüglich des künftigen Zinsniveaus nicht. Mit Hilfe einer Sensitivitätsanalyse (z.B. Berechnung des kritischen Zinssatzes) hätte dieses Unsicherheitsproblem zumindest im Vergabevermerk zum Objekt BG2 entsprechend dargestellt werden müssen.

3.3.3 Strukturelle Überschuldung und Ballonfinanzierungen

Seit Jahren werden in Baden-Württemberg - wie auch in anderen Bundesländern - einmal aufgenommene Schulden in Folge permanenter Nettoneuverschuldung faktisch nicht getilgt, sondern nur durch Umschulden prolongiert. Durch die Zunahme der Verschuldung bei einer gleichzeitigen Verringerung der Vermögenswerte in Folge Werteverzehr entsteht bei konventioneller Kreditfinanzierung über den Haushalt das Problem der strukturellen Überschuldung.

Hierauf haben schon andere Rechungshöfe (Nordrhein-Westfalen 1990, Hamburg 1994) hingewiesen. In Baden-Württemberg wurde das Problemfeld in der Denkschrift 1997 Nr. 3 und vom FM in mehreren Verlautbarungen angesprochen.

Bei Leasinggeschäften ist in den an Leasinggeber bzw. Investor zu zahlenden Annuitäten grundsätzlich neben dem Zins- auch ein Tilgungsanteil eingerechnet. Zunehmend wählt das FM einen progressiven Verlauf der Leasingraten und ist in Einzelfällen dazu übergegangen, nicht nur eine völlige Tilgungsaussetzung für die ersten Mietjahre zu vereinbaren, sondern den Zinsanteil für die monatlichen Leasingraten vom Anbieter in den Anfangsjahren sogar teilweise durch eine negative Tilgung „subventionieren“ zu lassen.

Das durch einen progressiven Verlauf charakterisierte Annuitäten-Zuschussdarlehen bei dem Objekt BG1 beinhaltet derartige negative Tilgungsanteile. Die Darlehenshöhe steigt in den ersten Mietjahren über die ursprünglichen Gesamtinvestitionen an und es wird erst nach sieben Jahren mit einer (Schein-) Tilgung begonnen. Hierdurch entstehen insgesamt höhere Zinsbelastungen, die vom Landeshaushalt zu tragen sind. Diese Vertragsform hat zur Konsequenz, dass erst nach dem ersten Zinskonversionszeitpunkt (nach zehn Jahren) mit tatsächlichen Tilgungen begonnen wird und die Leasingrate vom 10. zum 11. Mietjahr um über 80 % ansteigt.

Für das Objekt BG2 wurde lediglich auf Grund eines geringen Barwertvorteils die Eigenbauvariante mit gewerkeweiser Vergabe als wirtschaftlichste Alternative beurteilt, ohne dabei zu berücksichtigen, dass die tatsächliche Haushaltsbelastung für diese Alternative rd. 20 % bzw. 6,6 Mio. DM höher ist als beim angebotenen Investorenmodell. Gleichzeitig wird durch Wahl der Finanzierung über die Baufinanz die Schuldenlast im Gegensatz zum Investorenmodell nicht abgebaut, sondern in unverminderter Höhe beibehalten. Diese in der Bankenpraxis als „Ballonfinanzierung“ bezeichnete Realisierungsform wird offenbar nur vorgezogen, weil dadurch eine im Haushalt auszuweisende Schuldenaufnahme zunächst vermieden werden kann und anfangs nur niedrige Leasingraten aufzubringen sind.

Der RH empfiehlt, in Zukunft einen möglichst linearen Verlauf der Mietraten mit Tilgungseffekten von Anfang an mit moderaten Restwerten zu vereinbaren.

4 Risiken des Mietbaus mit Optionsmöglichkeiten

Der RH hat bei Prüfung zweier weiterer Objekte, die in den Jahren 1991 bzw. 1992 vom FM ohne vorherige öffentliche Ausschreibung angemietet wurden für das Land ungünstige Vereinbarungen festgestellt. Es wurde ein sehr hoher Mietzins vereinbart, Gewährleistungsrisiken wurden auf das Land verlagert und es besteht ein faktischer Ankaufszwang. Der Optionspreis wurde auf Basis eines steigenden Mietzinses (gekoppelt an Lebenshaltungskostenindex) vereinbart und beträgt das 14,2fache der Jahresmiete zum Zeitpunkt der Ankaufserklärung. Für die Gebäude ist damit ein voraussichtlicher Ankaufspreis von über 200 Mio. DM bei Wahrnehmung der Ankaufsoption fällig bei ursprünglichen Gestehungskosten von rd. 159 Mio. DM. Ein Verfahren unter Wettbewerbsbedingungen hätte zu deutlich günstigeren Angeboten führen können.

Wichtig erscheint dem RH daher der Hinweis, dass auch vor dem Abschluss von reinen Mietverträgen bei größeren Unterbringungsprojekten, insbesondere bei speziell für die Landesnutzung konzipierten Mietbauten, durch um einen Teil D (Anmietung) erweiterte ABC-Ausschreibung andere Realisierungs-Alternativen systematisch untersucht und mit dem evtl. schon vorliegenden Mietangebot verglichen und auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Der Hinweis des FM, es habe, trotz intensiver Suche, keinerlei Alternativen am Markt gegeben, überzeugt nicht, weil hierfür keine öffentliche Ausschreibung vorgenommen wurde.

5 Gestaltungsempfehlungen

5.1 Vermeidung von Vor- und Ballonfinanzierungen

Die beschriebenen Formen der Vorfinanzierung von Baumaßnahmen über die Baufinanz sowie die „Subventionierung“ der anfänglichen Leasingraten durch Leasinggeber (progressiver Verlauf der Leasingraten) verursachen erhöhte Zinsbelastungen und damit Mehrkosten für den Haushalt. Sie sind weder wirtschaftlich noch sparsam. Das - im Übrigen unzureichend gewürdigte - Zinsänderungsrisiko bei Vorfinanzierungen über die Baufinanz mit endgültiger Schuldenübernahme in den Landeshaushalt erst zum Ende des Jahres der Fertigstellung erzeugt erhebliche Unsicherheiten über die tatsächliche künftige Belastung des Landeshaushalts.

Der RH empfiehlt,

  • das System der Baufinanz zu hinterfragen und die bislang praktizierte Form der Gesamt- bzw. Mischfinanzierung auf eine objektorientierte und zeitnahe Finanzierung umzustellen,
  • diese sodann in einen echten Wettbewerb mit den Leasingangeboten zu stellen,
  • bestehende Unsicherheiten (z.B. hinsichtlich der Zinsbindungsdauer) im jeweiligen Entscheidungsfall zu bewerten und transparent darzustellen,
  • auf eine Subventionierung von Leasingraten in der Anfangsphase durch „negative“ Tilgungen zu verzichten, weil hierdurch die Schuldenlast in die Zukunft verschoben wird (sog. Ballonfinanzierung).

5.2 Ansparfinanzierungen für Optionspreise durch Mieterdarlehen oder Erbbauzinsen

Das Instrument des Mieterdarlehens bietet durch eine im Verhältnis zu den Gesamtinvestitionen geringe Einmalzahlung bei Vertragsabschluss bzw. durch Verzicht auf Auszahlung von Erbbauzinsen die Möglichkeit, mit Hilfe der Zinseszinseffekte den Optionspreis bis zum Ende des Vertrags ganz oder weitgehend anzusparen. Somit ist bei Vertragsende und bei Fälligkeit des Optionspreises keine oder nur noch eine geringe zusätzliche Haushaltsbelastung gegeben. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass auf die laufende Auszahlung der Verzinsung und evtl. auch der Erbbauzinsen verzichtet wird und stattdessen die Zins- und Zinseszinsen angespart werden. Auch das Mieterdarlehen ist im dynamischen Wirtschaftlichkeitsvergleich entsprechend zu berücksichtigen. Im Falle der Nichtausübung des Optionsrechtes muss der Investor den angesammelten Betrag an das Land zurückzahlen.

5.3 Tatsächliche Haushaltsbelastung (Zeitwertsumme) und Barwertsumme als wichtige Entscheidungskriterien

Die Vergabeentscheidungen des FM beruhen ausschließlich auf einem Vergleich der Barwertsummen, d.h. das Angebot mit dem geringsten Ausgabenbarwert über den betrachteten Zeitraum (in der Regel 20 - 25 Jahre) wird als wirtschaftlichstes Angebot beurteilt. Das kann zu Fehleinschätzungen führen. So wies das FM bei Objekt BG1 einen Barwertvorteil von 320 000 DM einschließlich Bauunterhalt bzw. 58 000 DM ohne Bauunterhalt aus und hat hierauf seine Vergabeentscheidung abgestützt. Außer Acht gelassen wurde, dass die im Barwertvergleich zweitbeste Variante einen Zeitwertvorteil und somit Haushalts-Minderbelastungen von rd. 3,24 Mio. DM mit Bauunterhalt bzw. von rd. 4,09 Mio. DM ohne Bauunterhalt aufwies. Die Entscheidungsträger wurden im Vergabevermerk hierauf nicht aufmerksam gemacht, obwohl aus den vom FM angefertigten Wirtschaftlichkeitsvergleichsrechnungen dieser Zeitwertvorteil deutlich hervorging.

Das FM hat hierzu ohne nähere Begründung ausgeführt, dass dieser Zeitwertvergleich und damit die tatsächliche Belastung des Landeshaushalts bei der Entscheidungsfindung generell keine Berücksichtigung findet. Durch diese einseitige Methodenfestlegung werden Finanzierungsalternativen bevorzugt, die Gestaltungen mit möglichst späten wenn auch höheren Zahlungen begünstigen. Hiermit sind - z.B. bei Objekt BG1 - aber deutlich höhere jährliche Haushaltsbelastungen verbunden.

Auch methodisch ist eine Argumentation nur mit dem Barwertvorteil fragwürdig, denn dieser resultiert aus dem sog. Zinseszinseffekt. Der mit Hilfe der Barwertmethode berechnete Vorteil kann nämlich nur dann realisiert werden, wenn die Ersparnisse in vollem Umfang zu dem Kalkulationszinssatz verzinslich angelegt oder nachweislich zur Schuldentilgung genutzt werden. Da das Land jedoch diese Zinseffekte nicht realisiert, müssen nach Meinung des RH auch die tatsächlichen Haushaltsbelastungen (Zeitwerte) als gleichwertiges Entscheidungskriterium Berücksichtigung finden. Sie sollten auch im Vergabevermerk erläutert und in die Abwägung einbezogen werden.

5.4 Chancen der Parallelausschreibung für Generalunternehmer und Einzelgewerke

Die vom FM zwischenzeitlich mit einer Parallelausschreibung in einem Pilotverfahren erprobte Möglichkeit auch noch des Vergleichs der Baukosten bei Einzelgewerke-Vergabe gegenüber Abwicklung durch einen Generalunternehmer war zwar sehr aufwendig, kann aber für das Land positive Ergebnisse bringen, wenn sie ergebnisoffen angelegt sowie neutral und objektiv durchgeführt wird. Der deutlich höhere Vorbereitungs- und Auswertungsaufwand und der sich hieraus ergebende Zeitverzug (im vorliegenden Beispiel 10 - 12 Monate) ist jedoch im Einzelfall abzuwägen.

Da für eine Ausschreibung der Bauleistung aus vergaberechtlichen Gründen bereits entsprechende Mittel im Bauhaushalt (Kap. 1208) eingestellt sein müssen, ist das FM dazu übergegangen, einzelne Maßnahmen parallel in den Kap. 1208 und 1209 zu veranschlagen. Ist die Maßnahme als Ergebnis der Parallelausschreibung z.B. als Eigenbaumaßnahme am wirtschaftlichsten durchzuführen, entfallen die bei Kap. 1209 vorgesehenen Mittel und umgekehrt. Durch die Doppelveranschlagung werden alle Realisierungsvarianten offengehalten und nicht bereits im Vorfeld eingeschränkt. Für Maßnahmen, die im Haushalt nicht doppelt veranschlagt sind, können nach Auskunft des FM entsprechende Mittel auch im Wege eines Nachtragshaushalts eingestellt werden, sodass eine Parallelausschreibung für geeignete Objekte nicht generell ausgeschlossen wird.

Der RH begrüßt, wenn die Parallelausschreibung in der jeweils geeigneten Form - wie vom FM angekündigt - zum Standard für alle geeigneten größeren Baumaßnahmen wird. Letztlich wird erst hierdurch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 7 LHO umfassend erfüllbar und die Einhaltung nachweisbar. Die Entscheidungskriterien für die Eignungsprüfung sollten vom FM jedoch offengelegt werden. Eine Vorentscheidung, dass einige dieser Bauvorhaben nur in Eigenbau, andere nur als Investorenmodelle auszuschreiben seien, sollte in Zukunft unterbleiben und erst nach Vorliegen der Ausschreibungsergebnisse unter sachlichen Aspekten, nicht zuletzt unter Wirtschaftlichkeitskriterien und dem Aspekt des Schuldenabbaus, getroffen werden. Derartige Präjudizierungen bereits im Vorfeld von Ausschreibungen oder bereits bei Aufstellung von Haushaltsplänen können im Ergebnis zu unwirtschaftlichen Entscheidungen führen.

5.5 Zuschläge im Rahmen des Wirtschaftlichkeits-Vergleichs

In einem Fall wurden bei der Variante A2 (gewerkeweise Vergabe der Bauleistung) „Zuschläge für evtl. Mehrkosten durch Nachträge“ berücksichtigt, die zwar sachgerecht erscheinen, jedoch vom FM während des laufenden Verfahrens und erst nach einer vorläufigen Wirtschaftlichkeitsberechnung endgültig festgelegt wurden. Dieser Zuschlag wurde zudem entgegen anderweitiger Empfehlungen nachgeordneter Stellen mit 3 % deutlich zu gering angesetzt. Auf Grundlage von Erfahrungswerten und den Prüfungserfahrungen des RH wäre ein Zuschlag zwischen 5 % bis 10 % für unvorhersehbare Nachträge angemessen gewesen.

Durch die Änderung von Parametern für die Wirtschaftlichkeitsberechnung im laufenden Verfahren kann leicht eine „Manövriermasse“ entstehen, durch welche eine Entscheidung zu Gunsten einer bestimmten und bevorzugten Angebotsalternative beeinflusst werden kann.

Der RH regt im Rahmen der Überarbeitung des Checklistenerlasses an, mögliche Zuschlagskriterien und Prozentsätze für einzelne Varianten zu definieren und nach den tatsächlichen Erfahrungen festzulegen. Eine Änderung dieser Parameter während eines laufenden Verfahrens kann nur in besonders begründeten Ausnahmefällen, dann jedoch klar dokumentiert und nachvollziehbar, erfolgen.

5.6 Investitionscontrolling

Die Entscheidungsfindung zur Ermittlung der wirtschaftlichsten Alternative liegt zwar im Rahmen der haushaltsrechtlichen Ermächtigung, eine Absprache mit der Haushaltsabteilung im FM über die Auswertungsergebnisse und deren Konsequenzen erfolgt jedoch nicht. Dies ist bedenklich, da hier Entscheidungen getroffen werden, die den Landeshaushalt mit vermeidbaren Mehrausgaben auf Jahre hinaus belasten (z.B. einseitige Barwertoptimierung statt Minimierung der Haushaltsbelastung). Da der RH diese Vorgehensweise nicht nur bei den zuletzt geprüften Projekten, sondern bereits auch bei anderen Hochbauprojekten festgestellt hat, wird vorgeschlagen, künftige Entscheidungen mit bedeutender Tragweite vor Vertragsabschluss einem Investitionscontrolling zu unterziehen und vor endgültiger Vergabe die Ergebnisse und Konsequenzen mit der Haushaltsabteilung abzustimmen. Diese Aufgabe könnte in Zukunft von der Controlling-Kopfstelle im FM wahrgenommen werden.

5.7 Dokumentationsverfahren

Die Dokumentation der Angebotswertungen von ABC-Ausschreibungen ist z.T. nur sehr mühsam und umständlich nachvollziehbar, z.T. fehlen schriftliche Fixierungen zu einzelnen wichtigen Entscheidungsparametern gänzlich. Insbesondere aus den Berechnungsblättern wird oft nicht deutlich, welche bzw. in welcher Höhe einzelne Kostenpositionen in die Berechnung der Ausgabenbarwerte bzw. der Gesamtinvestitionskosten aufgenommen werden. Auch der Umfang und die endgültige Höhe aller Entscheidungsparameter sollten vor Beginn eines Verfahrens sorgfältig und transparent dokumentiert sein. Sowohl im Berechnungsprogramm als auch im Vergabevermerk sind Verbesserungen des Dokumentationsverfahrens erforderlich.

6 Stellungnahme des Finanzministeriums und Schlussbemerkung

Das FM teilt die Auffassung, dass über Parallelausschreibungen (ABC-Ausschreibungen) für das Land wirtschaftliche Lösungen zur Realisierung von Hochbaumaßnahmen gefunden werden können. Das Verfahren zur Durchführung von Parallelausschreibungen sei aufbauend auf dem sog. Checklisten-Erlass stetig verbessert worden. Auch die vertraglichen Grundlagen seien vom FM laufend an veränderte Rahmenbedingungen angepasst worden.

Probleme aus einer möglichen Vorbelastung künftiger Haushalte und aus der sog. „grauen Verschuldung“ gehörten im Wesentlichen der Vergangenheit an, weil schon seit längerem bei allen Neuvergaben mit nichtsteuerlichem Hintergrund (z.B. Maßnahmen im HBFG-Bereich) die Optionspreise wegen der vollständigen Tilgung 0 DM betrügen. Bei Maßnahmen mit steuerlichem Hintergrund würden die Optionspreise nach Ablauf der Vertragszeit in Höhe des Restbuchwertes festgelegt.

Auch das Problem der Vorfinanzierung über die Baufinanz wird vom FM abweichend beurteilt. Auch wenn es sich nur um eine kurzfristige (Vor)Finanzierung von Landesaufgaben handele, sei aus der Sicht des FM kein Zinsänderungsrisiko der (späteren) Haushaltsfinanzierung zu erwarten.

Das FM betrachtet das Barwertverfahren nach wie vor als alleiniges Entscheidungskriterium zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit. Die zusätzliche Aufnahme des Zeitwertkriteriums als Kennzahl wird aus vergaberechtlichen Gründen abgelehnt, weil eine Änderung der Entscheidungsbasis nach der förmlichen Ausschreibung nicht zulässig sei. Dies hat der RH auch nicht empfohlen; im Gegenteil: Er empfiehlt, schon in den Ausschreibungsbedingungen klarzustellen, dass die Wirtschaftlichkeit sowohl nach Barwert- als auch (und gleichwertig) nach Zeitwertkriterien beurteilt wird, um zu verhindern, dass unnötige Mehrbelastungen künftiger Haushalte entstehen.

Der RH wird über diese offenen Punkte im weiteren Austausch mit dem FM bleiben.

Die alternativen Ausschreibungs- und Finanzierungsmodelle sind in breitem Umfang in die Praxis der Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung des Landes eingeflossen. Viele der Anregungen aus der beratenden Äußerung von 1994 haben eine positive Wirkung für den Landeshaushalt gebracht. Im Ringen um wirtschaftlichere Lösungen hat die Bauverwaltung, unterstützt durch den RH, neue Wege beschritten. In einigen Fragen ist eine abschließende Klärung noch offen. Insbesondere werden Änderungen maßgeblicher Rahmenbedingungen wie etwa der Baukonjunktur, den Vorgaben für die Ausschreibungen der Hochbauverwaltung, dem Haushaltsrecht oder der Steuergesetzgebung erhebliche Auswirkungen auf das hier beleuchtete Handlungsfeld haben. Angesichts der hohen Komplexität dieser Fragen wird ein weiterer Austausch zwischen Verwaltung und RH nötig sein.