Das Land hat einen Sonderfonds für IuK-Vorhaben bereitgestellt und mit 100 Mio. DM dotiert. Die Ministerien nehmen diese Mittel bisher nur zögerlich in Anspruch.
1 IuK-Strukturpool
Investitionen in die Datenverarbeitung mit dem Ziel der Kosteneinsparung müssen auch bei angespannter Haushaltslage möglich sein. Ausgehend von dieser Erkenntnis hat der Gesetzgeber das FM im Staatshaushaltsgesetz ermächtigt, im Allgemeinen Grundstock einen Sonderfonds „Informations- und Kommunikations-Pool“ einzurichten. Aus diesem „IuK-Strukturpool“ sind sich selbst refinanzierende Informations- und Kommunikationsprojekte der Landesverwaltung durchzuführen, die anderweitig nicht finanziert werden können. Zur Zwischenfinanzierung der Projekte soll der Sonderfonds mit Veräußerungserlösen aus dem Allgemeinen Grundstock bis zur Höhe von 100 Mio. DM ausgestattet werden.
2 Regeln
Der Fonds funktioniert wie ein Kreditgeschäft. Kreditgeber ist der Allgemeine Grundstock. Im Einzelnen hat der Ministerrat die Regeln durch Beschluss vom Dezember 1997 festgelegt:
- Der Iuk-Strukturpool ist eine auf Dauer angelegte Maßnahme für sich selbst refinanzierende IuK-Projekte.
- Der Rationalisierungseffekt muss in einer Vollkostenrechnung nachgewiesen werden. Die darin ausgewiesenen Einsparungen oder Mehreinnahmen werden in einer „Zielvereinbarung“ mit dem FM verbindlich festgeschrieben, Kosten der Zwischenfinanzierung (Zinsen) sind zu berücksichtigen.
- Als Einsparungen können die Ministerien Personal- und Sachmittel nachweisen. Sie dürfen nicht zur Ablösung anderweitig beschlossener Einsparverpflichtungen eingesetzt werden.
- Die Einsparungen sind vorsichtig zu beziffern, neue Risiken für den Landeshaushalt dürfen nicht entstehen.
- Die IuK-Maßnahmen dürfen anderweitig nicht finanzierbar sein.
- Der Amortisationszeitraum sollte normalerweise fünf Jahre nicht überschreiten, bei Projekten mit hoher Nutzungsdauer, insbesondere bei Telekommunikationsprojekten, kann er bis zu zwölf Jahre betragen.
- Die aus dem IuK-Strukturpool zur Verfügung gestellten Mittel sind von allgemeinen Haushaltsrestriktionen und Kürzungsauflagen ausgenommen, sodass die Projektträger Planungssicherheit haben. Im Gegenzug haben sie das volle finanzielle Risiko für die korrekte Planung und Durchführung der Projekte zu tragen. Bleiben zugesagte Erträge entsprechend der Zielvereinbarung aus, wird der Sachmitteletat global gekürzt.
- Nach Erreichen des Amortisationszeitpunktes, d.h. in diesem Fall nach Abschluss der Rückzahlung an den Pool, werden die künftigen Einsparungen zwischen Ressort und Gesamthaushalt hälftig geteilt.
3 Inanspruchnahme
Bisher sind nur zwei Ministerien mit je einem Projekt der im Ministerratsbeschluss enthaltenen Aufforderung gefolgt, neue Projekte zu definieren, die Rationalisierungspotential erschließen.
3.1 Elektronisches Grundbuch
Mit Zielvereinbarung zwischen FM und JuM vom Juni 1998 wurde festgelegt, dass das JuM für die flächendeckende Einrichtung des Elektronischen Grundbuches (EGB) in den Jahren 1998 bis 2005 insgesamt 53 Mio. DM erhält und diese ab 1999 bis zum Jahre 2005 durch Abbau von 90 Personalstellen und Mehreinnahmen von Abrufgebühren tilgt. Weitere 50 durch das Elektronische Grundbuch freiwerdende Personalstellen kann das JuM mit anderweitig beschlossenen Stellenkürzungen verrechnen. Zurzeit erscheint nicht gesichert, dass das JuM die Zielvereinbarung einhalten kann.
3.2 DV-Vollausstattung der Versorgungsverwaltung
Mit Zielvereinbarung zwischen FM und SM vom Dezember 1998 wurde festgelegt, dass das SM für die IuK-Vollausstattung der Versorgungsverwaltung in den Jahren 1999 bis 2005 insgesamt 10,4 Mio. DM erhält und diese in den Jahren 2000 bis 2005 tilgt. Mit dem Projekt sollen 151 Personalstellen eingespart werden, 26 davon werden zur Amortisation herangezogen, die restlichen 125 dienen der Erwirtschaftung weiterer Stelleneinsparauflagen.
Nach der Amortisation erwarten FM und SM unter Berücksichtigung der laufenden Betriebskosten ein jährliches Einsparvolumen von 2,6 Mio. DM. Nach Angaben des FM „... realisiert sich diese Maßnahme vereinbarungsgemäß“. Wie geplant, wurden zum 01.01.2000 zehn der 26 Personalstellen eingespart.
3.3 Nicht abgerufene Mittel
Für die begonnenen Projekte wurden bisher dem Strukturpool 27 Mio. DM aus Verkaufserlösen von Landesvermögen zugeführt, die unter Berücksichtigung pünktlich zurückfließender Erträge ausreichen sollen, den bisher bestehenden Finanzierungsbedarf zu decken. Auch wenn entgegen den Zielvereinbarungen noch zusätzliche Mittel für die beiden begonnenen Projekte benötigt würden, stünde bei dem Gesamtvolumen von 100 Mio. DM noch genügende Mittel zur Verfügung, um weitere IuK-Projekte mit Rationalisierungspotential anzustoßen.
Ein konkretes Interesse dafür ist nicht feststellbar, dem FM lagen im April 2000 keine weiteren Anträge vor. Bei Bedarf würde das FM den Pool mit weiteren Verkaufserlösen bis zur Höhe der gesetzlichen Ermächtigung auffüllen. In der Schulverwaltung besteht inzwischen nach Mitteilung des FM der Wunsch, das Programm „Schulverwaltung online“ im Umfang von 40 Mio. DM aus dem Strukturpool zu finanzieren.
4 Wertung und Vorschlag
Dem gelegentlich vorgetragenen Argument, für die IuK-Technik wäre zu wenig Geld vorhanden, wurde mit dem IuK-Strukturpool der Wind aus den Segeln genommen. Nach anfänglicher Euphorie ist allerdings eine nüchterne Betrachtungsweise eingekehrt, nachdem nur für zwei Projekte Mittel abgerufen wurden. Die stringenten Vorgaben hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und der Amortisation scheinen die Ministerien davon abzuhalten, Mittel in Anspruch zu nehmen.
Als Gründe dafür kommen in Frage:
- Die aufgestellten Regeln sind für Behörden noch ungewohnt; für kostenrechnende Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch der Normalfall. Wer dort zusätzlich Geld investieren will, muss dieses erwirtschaften und ist für das Ergebnis verantwortlich.
- Bisher war es für die Ressorts relativ einfach, „Nutzen“ und „Wirtschaftlichkeit“ von DV-Projekten vorzurechnen. Sie mussten nämlich nicht durch Erfolgskontrollen belegt und schon gar nicht „erbracht“ werden. Heute werden vom Nutzer erstmals Gegenleistungen in Form von Einsparungen an anderer Stelle des eigenen Haushaltes verlangt. Die Regeln für den Pool hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit gelten im Übrigen für alle DV-Projekte. Solche dürfen nach den Bestimmungen im Planausschreiben zur Aufstellung des StHpl. (nur) begonnen werden, wenn sie wirtschaftlich und notwendig sind. Eine Verletzung dieser Bestimmungen blieb jedoch bisher folgenlos.
- Möglicherweise reichen die im Informationstechnischen Gesamtbudget veranschlagten Mittel generell aus, sodass Sondermittel nicht benötigt werden, oder die Ministerien tun sich schwer, die Wirtschaftlichkeit von ihnen betriebener DV-Vorhaben konkret nachzuweisen.
- Die Ressorts, die ohnehin Probleme mit dem Stellenabbau haben, sehen die Konditionen für die Teilnahme als zu stringent und mit zu wenig Anreizen ausgestattet an, um von diesem Instrument Gebrauch zu machen.
Es ist nur schwer vorstellbar, dass es keine weiteren Verwaltungsabläufe mehr geben soll, die durch DV-Unterstützung zu Kosteneinsparungen führen könnten und damit die Bedingungen des IuK-Strukturpools erfüllen. Das MLR hatte im November 1997 dem FM mitgeteilt, es werde von der Möglichkeit Gebrauch machen, im Nachhinein Projekte zu definieren und anzumelden, was bisher allerdings nicht geschah. Der RH hat in der Denkschrift 1999 Nr. 19 und im Beitrag Nr. 23 dieser Denkschrift dem FM selbst aufgezeigt, dass auch in dessen Zuständigkeitsbereich ein unverändert hoher Rationalisierungsstau (z.B. bei den Finanzkassen und der Kraftfahrzeugsteuer) besteht. Das FM sieht Probleme in der Optimierung der Automationsunterstützung seines Geschäftsbereichs bisher weniger wegen des fehlenden Geldes, als wegen fehlenden Personals bei der Anwendungsentwicklung. Die Steuerverwaltung habe an den allgemeinen Stelleneinsparungen der Landesverwaltung einen erheblichen Anteil zu tragen. Auch mit Mitteln aus dem Strukturpool sei eine darüber hinausgehende Personaleinsparung von der Steuerverwaltung nicht leistbar.
Der RH regt an, das Reglement zu überprüfen und ggf. die Anreize weiter zu erhöhen. Denkbar wäre auch, den IuK-Strukturpool zu einem allgemeinen Verwaltungsreformpool zu öffnen, sodass auch andere Rationalisierungsinvestitionen außerhalb des DV-Bereiches hieraus finanzierbar würden.
5 Stellungnahme des Ministeriums
Das FM teilt die Auffassung des RH, dass der Strukturpool bisher zu wenig genutzt wird. In diesem Zusammenhang steht es der Anregung offen gegenüber, den Strukturpool nicht nur für den DV-Bereich, sondern vorbehaltlich näherer Untersuchungen zu den gleichen Bedingungen als allgemeinen Pool für Verwaltungsreformmaßnahmen zu führen.
Dagegen hält das FM verbesserte Anreize für potenzielle Projektträger nicht für einen geeigneten Weg, weitere Maßnahmen zum Erfolg zu führen. Unter den jetzt gegebenen Voraussetzungen sei für die einzelnen Projekte eine ausgewogene Interessen- und Risikolage für die betroffenen Etats und den Gesamthaushalt erreicht. Weitere Anreize würden dieses Gleichgewicht einseitig zu Lasten des Gesamthaushalts verändern; dies sei aus seiner Sicht nicht akzeptabel.