Umwandlung vom Regiebetrieb in einen Landesbetrieb und strukturelle Probleme [Beitrag Nr. 25]

Die Württembergischen Staatstheater Stuttgart haben in den vergangenen Jahren große Probleme erfolgreich bewältigt. Der Umwandlungsprozeß ist noch nicht abgeschlossen; hier gilt es, gezielt weiterzuarbeiten um den Erfolg der Umwandlung abzusichern. Die Elemente für die Steuerung des Ressourceneinsatzes sind noch weiterzuentwickeln.

1 Allgemeines

Die Württembergischen Staatstheater Stuttgart sind nach ihrem Etat von rd. 150 Mio. DM und mit ihren mehr als 1 100 Mitarbeitern das größte Drei-Sparten-Theater in der Bundesrepublik. Sie vereinen die Vielfalt und die künstlerischen Mittel der Sparten Oper, Ballett und Schauspiel unter einem Dach. Außerdem ist eine Ballettschule mit Internat (John-Cranko-Schule) Bestandteil des Theaters. Die Eckpfeiler und die Basis für ein weitgefächertes Angebot und eine kontinuierliche, zugleich aber flexible künstlerische Arbeit sind das Repertoire-Theater und das Ensembleprinzip. Das Repertoire-Theater bietet dem Publikum ein - im Idealfall täglich - wechselndes Angebot von Opern-, Ballett- und Schauspielaufführungen. Eigene Ensembles der Sparten sind hierbei die Voraussetzung für die Kontinuität anspruchsvoller künstlerischer Arbeit.

Im Vordergrund der Arbeit der Württembergischen Staatstheater stehen die künstlerische Qualität und der künstlerische Erfolg. Allerdings muß das Theater ebenso wie die übrigen Einrichtungen des Landes auch ökonomischen Gesichtspunkten Rechnung tragen. Es befindet sich durch seine Doppelrolle als Stätte der Kunst und wirtschaftender Betrieb in einem permanenten Spannungsfeld zwischen künstlerischem und wirtschaftlichem Erfolg.

2 Umwandlung vom Regiebetrieb in einen Landesbetrieb

2.1 Durch Organisationserlaß des MWK vom 27.12.1994 sind die Württembergischen Staatstheater Stuttgart zum 01.01.1995 vom Regiebetrieb in einen Landesbetrieb nach § 26 LHO umgewandelt worden. Hierdurch sollten nicht nur die eingetretenen erheblichen Probleme der unzureichenden Steuerung der Bewirtschaftung der Mittel und des Ausgabeverhaltens sowie die daraus entstandenen finanziellen Schwierigkeiten bewältigt, sondern zugleich eine Strukturreform eingeleitet werden. Der Änderung der Betriebsform lag ein Beschluß des Verwaltungsrats der Württembergischen Staatstheater zugrunde. Darin behielt sich dieser die spätere Umwandlung in eine GmbH ausdrücklich vor.

2.2 Hauptziele der Umwandlung waren danach eine noch größere Flexibilität in der Haushaltsführung, die Übertragung der wirtschaftlichen Gesamtverantwortung auf die Theaterleitung zum Zwecke der Bündelung der Aufgaben und Entscheidungskompetenzen beim Theater sowie - aus dessen Sicht - die Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Da Theater lange Zeit im voraus planen müssen, war für die Württembergischen Staatstheater auch die Gewährleistung von Planungssicherheit ein weiteres wichtiges, mit der Umwandlung verfolgtes Anliegen. So werden beispielsweise die Spielpläne im Musiktheater als Folge dispositioneller Notwendigkeiten bereits drei Jahre im voraus erarbeitet. Als weitere Ziele wurden genannt

  • die Einbeziehung aller laufenden Aufwendungen in das Theaterbudget und deren Veranschlagung im Wirtschaftsplan,
  • die Einführung der kaufmännischen Buchführung mit den erweiterten Möglichkeiten einer Kostenrechnung,
  • die Anpassung des Wirtschaftsjahres an die Spielzeit vom 01.09. bis 31.08.,
  • die Steigerung der betrieblichen Flexibilität, insbesondere durch den Ersatz der Stellenplanung durch Personalbewirtschaftung (außer im Beamtenbereich),
  • die Ansparmöglichkeiten und die Rücklagenbildung durch Übertragung und Inanspruchnahme von Haushaltsresten und
  • die vollständige Einbeziehung der eigenen Einnahmen des Theaters in dessen Gesamtfinanzvolumen bzw. in die Ausgabendeckung.

2.3 Das erste eigenständige und vom Hj. des Landes abweichende Wirtschaftsjahr begann mit dem 01.09.1995. Zu diesem Termin waren die kaufmännische Buchführung einzurichten und die Eröffnungsbilanz zu erstellen. Die Aufstellung des ersten spielzeitbezogenen Wirtschaftsplans und die Einrichtung der kaufmännischen Buchführung ab September 1995 erforderten zugleich den Abschluß des Rumpf-Rechnungsjahres vom 01.01. bis 31.08.1995 in der kameralistischen Buchführung.

2.4 Die Umstellung auf den Landesbetrieb machte eine Reihe von weiteren Veränderungen vor allem im Bereich der Geschäftsführung - speziell in der Verwaltung - erforderlich. Neben der Einrichtung einer kaufmännischen Buchführung und eines dem Geschäftsumfang angemessenen Controlling traten nunmehr auch Aufgaben hinzu, die bisher teilweise von anderer Stelle wahrgenommen worden waren. Hierzu gehörten z.B. die Bewirtschaftung der Personalmittel für die Angestellten und Arbeiter sowie die Betriebsmittelbewirtschaftung. Sie erforderten nach Einschätzung des Geschäftsführenden Direktors der Staatstheater nicht nur eine „Neudefinition von Verwaltungsaufgaben“ und eine „Neustrukturierung“ der Arbeit, sondern zugleich eine Untersuchung und Bewertung aller Arbeitsbereiche.

3 Anlaß und Ziel der Prüfung

Nachdem die Württembergischen Staatstheater Stuttgart nunmehr drei Wirtschaftsjahre als Landesbetrieb geführt werden, wollte sich der RH einen ersten Überblick über die Folgen der Umwandlung verschaffen. Dabei sollten Erkenntnisse darüber gewonnen werden, ob die mit der Umwandlung angestrebten Ziele erreicht werden konnten und wie sich Rahmenbedingungen ausgewirkt haben, unter denen die Umwandlung durchgeführt wurde. Ein Schwerpunkt der Prüfung war es zu ermitteln, inwieweit es bereits gelungen ist, die organisatorischen und personellen Strukturen den veränderten Gegebenheiten sachgerecht anzupassen sowie etwaige Defizite und Schwachstellen aufzuzeigen. Von besonderem Interesse waren hierbei die Auswirkungen der Umwandlung auf Geschäftsführung und Verwaltung sowie der Stand der kaufmännischen Buchführung und der Kostenrechnung.

Nicht Gegenstand der Untersuchung war eine vertiefte (inhaltliche und formelle) Prüfung der Buchführung. Diese war erstmals einer Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmensberatungsfirma für die Spielzeit 1997/1998 in Auftrag gegeben worden. Auch hat der RH keine Personalbedarfsermittlung oder Arbeitsplatzuntersuchung durchgeführt, sondern sich auf eine Untersuchung der Organisationsstrukturen beschränkt. Die künstlerischen Sparten sind nur insoweit in diesen Teil der Prüfung einbezogen worden, als sich die Umwandlung auch hierauf ausgewirkt hat.

4 Vorbereitung der Umwandlung

4.1 Vor der Umwandlung der Württembergischen Staatstheater in einen Landesbetrieb war eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Sie hatte den Auftrag zu untersuchen, welche Rechts- und Betriebsform sich für das Theater eignet, und einen Reformvorschlag vorzulegen, der den Anforderungen eines Kulturbetriebs mit über 1 100 Mitarbeitern Rechnung trägt. Dabei waren gesetzliche, organisatorische, wirtschaftliche, funktionale und personelle Gesichtspunkte zu beachten. Die Entwicklung eines Gesamtkonzepts für die Umwandlung gehörte nicht zu den Aufgaben dieser Arbeitsgruppe.

4.2 Wegen der mit der Umwandlung verbundenen Veränderungen und wegen der erhöhten Anforderungen an die Betriebsführung wurde die Stelle eines Kaufmännischen Leiters (Verg.Gr. I BAT) neu geschaffen und im Oktober 1994 besetzt, nachdem die ehemalige Stelle des Verwaltungsdirektors (Bes.Gr. A 16) im Zuge der Neustrukturierung des Theaterverwaltung schon Ende 1991 weggefallen war. Dem Kaufmännischen Leiter ist nach der seinerzeitigen Stellenbeschreibung die Aufgabe zugewiesen, alle kaufmännischen Arbeitsbereiche und die Bereiche der bisherigen Haushaltsführung systematisch zu einer „Finanzabteilung“ zusammenzuführen. Sein Aufgabenspektrum umfaßt neben der Kontrolle des Ressourceneinsatzes und der Wirtschaftlichkeit der einzelnen Arbeitsbereiche insbesondere den Aufbau und die verantwortliche Leitung des Rechnungswesens, nämlich der Buchführung einschließlich der Bilanzierung und des Steuerwesens, der Kostenplanung und Kostenrechnung, sowie des Einkaufs und der Beschaffung.

Ferner wurde zur Vorbereitung der Umstellung im Herbst 1994 eine theaterinterne Arbeitsgruppe eingerichtet, der auch der Kaufmännische Leiter angehörte. Ihre wesentliche Aufgabe war es, das kaufmännische Rechnungswesen im Gesamtbetrieb einzuführen und die hierfür geeignete EDV-Software auszuwählen und zu implementieren.

4.3 Aus Anlaß der Anschaffung und Einführung eines neuen leistungsfähigen EDV-Systems und zur Umstellung der bisherigen EDV-unterstützten kameralistischen Buchführung auf die kaufmännische Buchführung ist ein umfangreiches EDV-Gesamtkonzept erarbeitet worden. Die einmaligen Kosten des neuen EDV-Systems, z.B. für die Netzwerkverkabelung und für die Hard- und Softwareausstattung einschließlich der Neukonzeption des Kartenverkaufs, wurden mit rd. 2,4 Mio. DM für das Wirtschaftsjahr 1996/1997 beziffert. Sie waren aus dem laufenden Theateretat zu tragen. Die laufenden Mehraufwendungen für die Beschäftigung von EDV-Fachpersonal (ein Projektleiter - Verg.Gr. III BAT und ein Anwenderbetreuer - Verg.Gr. IV b BAT) sowie für die Betreuung und Wartung im DV-Bereich von jährlich rd. 120 000 DM müssen ebenfalls ohne Bereitstellung zusätzlicher Mittel vom Theater getragen werden.

4.4 Für die zügige und erfolgreiche Realisierung der Umwandlung gab es kein differenziertes Gesamtkonzept, sondern lediglich gewisse allgemeine Vorstellungen. Die Ursachen hierfür lagen nach Angaben der Theaterleitung nicht nur in den engen zeitlichen Vorgaben, sondern waren vor allem darin zu sehen, daß bislang keine verwertbaren Erfahrungen mit der Umwandlung eines Drei-Sparten-Theaters dieser Größenordnung vorlagen. Bei den Württembergischen Staatstheatern habe es sich gewissermaßen um ein Pilotprojekt gehandelt, bei dem eine Vielzahl der aufgetretenen Schwierigkeiten durch „learning by doing“ hätte bewältigt werden müssen. Der durch die Einführung der kaufmännischen Buchführung bedingte strukturelle Änderungsbedarf in der Organisation und beim Personal wurde aus zeitlichen Gründen ebenfalls nicht systematisch und vollständig erfaßt, so daß auch insoweit eine entsprechende Grundlage fehlte. Für die Errichtung der kaufmännischen Buchführung haben die Staatstheater zu Beginn zwar punktuell die beratende Tätigkeit eines Wirtschaftsberatungsunternehmens in Anspruch genommen, mußten aber die aus den Besonderheiten des Theaterbetriebes resultierenden Probleme weitgehend allein lösen.

5 Finanz- und Kostenstruktur

5.1 Träger der Württembergischen Staatstheater Stuttgart ist das Land. Der Zuschuß wird vom Land und der Stadt Stuttgart je zur Hälfte finanziert. Grundlage hierfür ist der zwischen Land und Stadt im Jahre 1956 geschlossene Staatstheater-Vertrag.

Die Höhe der Betriebsausgaben, der Eigeneinnahmen und der Einspielergebnisse (prozentualer Anteil der Eigeneinnahmen an den Betriebsausgaben) für die Spielzeiten 1995/1996 bis 1997/1998 zeigt Übersicht 1. Ihr liegen die Zahlen der Jahresabschlüsse dieser Spielzeiten zugrunde.

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5.2 Personalausgaben

Der weitaus größte Anteil an den im Theater anfallenden Ausgaben betrifft das künstlerische und das nichtkünstlerische Personal. So betrugen im Wirtschaftsjahr 1995/1996 die Personalkosten rd. 118 Mio. DM, das sind 79 % des Gesamtaufwands, im darauffolgenden Wirtschaftsjahr rd. 122 Mio. DM oder 82 %. Hiervon entfielen auf den Zentralbereich ohne Berücksichtigung der John-Cranko-Schule rd. 53 Mio. DM bzw. rd. 57 Mio. DM.

Ursachen für den Anstieg der Personalkosten in den vergangenen Jahren sind neben allgemeinen und tariflichen Personalkostensteigerungen auch Kosten, die durch die Arbeitszeitverkürzung, durch strengere Vorschriften der Unfallverhütung und Arbeitssicherheit sowie durch die soziale Absicherung der beim Theater Beschäftigten entstanden sind. Die Fixkosten, vor allem die kurz- und mittelfristig nicht veränderbaren Personalausgaben, sind sehr hoch. Dies ist u.a. auf die tariflichen Bindungen gegenüber der überwiegenden Zahl der Mitarbeiter zurückzuführen.

6 Leitungsstruktur

6.1 Gesamtleitung

Die derzeitige Leitungsstruktur der Württembergischen Staatstheater verzichtet auf die Position des Generalintendanten und sieht eine kollegiale Leitung des Hauses durch die Intendanten der drei Sparten Oper, Ballett und Schauspiel sowie den Geschäftsführenden Direktor vor. Deren jeweilige Aufgabenbereiche sind durch Dienstanweisungen geregelt. Die Intendanten leiten ihre Sparten künstlerisch autonom und tragen die alleinige künstlerische Verantwortung. Dienstrechtlich sind die Intendanten unmittelbar dem Rechtsträger unterstellt. Der Geschäftsführende Direktor führt das Management des gesamten Hauses im Sinne einer Gesamtkoordination, besitzt aber zugleich originäre Zuständigkeiten für zentrale Aufgaben. Die derzeitige Leitungsstruktur hat sich bisher erkennbar bewährt.

6.2 Geschäftsführung

Dem Geschäftsführenden Direktor obliegt die spartenübergreifende geschäftliche Leitung der Württembergischen Staatstheater in wirtschaftlicher und administrativer Hinsicht. Er ist im Rahmen seiner wirtschaftlichen Gesamtverantwortung für die Erstellung des Gesamtwirtschaftsplans, die Mittelzuweisung an die Sparten, die Aufstellung der Spartenwirtschaftspläne und deren laufende Kontrolle zuständig. Die Aufstellung der Spartenwirtschaftspläne sowie die Planung und Verwendung der Finanzmittel, der Einsatz der Werkstätten, die Abstimmung der Produktionszahl, Premieren usw. geschieht entsprechend der kollegialen Struktur einvernehmlich mit den Intendanten.

Weitere Zuständigkeiten des Geschäftsführenden Direktors umfassen alle nichtkünstlerischen Angelegenheiten, insbesondere die Leitung aller nicht spartengebundenen Arbeitsbereiche wie Technik, Werkstätten und Verwaltung, die Verteilung und Verwaltung der gemeinsamen Ressourcen, den Erlaß von Dienstanweisungen für die technischen Vorstände und für die Verwaltung sowie die Wahrnehmung der Aufgaben des Beauftragten für den Haushalt gemäß § 9 LHO und die Gesamtverantwortung für die Wirtschaftlichkeit des Theaterbetriebs.

Die - noch vorläufige - Organisation des Bereichs „Geschäftsführender Direktor“ zeigt das Schaubild.

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Ein endgültiger Geschäftsverteilungsplan mit einer vollständigen Beschreibung der Aufgabengebiete, der Festlegung eindeutiger Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse für die Bereiche der Verwaltung, der Technischen Direktion und für den künstlerisch-technischen Bereich besteht noch nicht. Auch Dienstanweisungen für die Leiter der jeweiligen Bereiche fehlen noch. Als Grund für den bestehenden Vorläufigkeitsstatus werden vor allem die seit 1992 immer wieder durchgeführten Strukturveränderungen sowie die mit der Einrichtung des Landesbetriebs zusätzlich angefallenen Aufgaben genannt, denen jeweils mit Veränderungen in der Geschäftsverteilung habe Rechnung getragen werden müssen.

6.3 Verwaltung

Die Verwaltung wird von einem Verwaltungsdirektor geleitet. Die Funktion wird von dem 1994 eingestellten Kaufmännischen Leiter wahrgenommen, der 1996 die Bezeichnung Verwaltungsdirektor erhielt. Nach dem - ebenfalls nur vorläufigen - Organisationsplan für die Verwaltung unterstehen dem Verwaltungsdirektor folgende sechs Abteilungen bzw. Referate:

  • Personal,
  • Finanz- und Rechnungswesen (mit den Sachgebieten Finanzbuchhaltung, Hauptkasse und Einkauf),
  • Verkauf- und Besucherservice, Abonnementverwaltung,
  • Aufführungsrechte, Rechts- und Vertragsangelegenheiten, Gastspiele,
  • EDV und
  • Hausverwaltung.

Teilweise werden auch in den Sparten noch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen, die eigentlich dem Zentralbereich zuzuordnen sind. Dies hat vielfältige Gründe.

7 Organisationsaufgaben

An den Württembergischen Staatstheatern ist bisher keine Stelle vorhanden, die für die Organisation zuständig ist; personelle Ressourcen für organisatorische Aufgaben sind weder im Bereich des Geschäftsführenden Direktors noch in den künstlerischen Sparten besonders ausgewiesen. Damit fehlt eine wichtige Grundlage für systematische und kontinuierliche Organisationsarbeit. Gezielte organisatorische Maßnahmen werden z.Z. noch sporadisch und nahezu ausschließlich vom Geschäftsführenden Direktor selbst ergriffen.

Auch eine systematische Durchführung von Organisationsuntersuchungen steht noch aus. Lediglich für die Personalabteilung wurde eine Untersuchung bei einem Wirtschaftsberatungsunternehmen in Auftrag gegeben. Die Notwendigkeit, bislang unterbliebene organisatorische Veränderungen vor allem in der Personalabteilung und im Rechnungswesen vorzunehmen, wird vom Theater ebenfalls gesehen. Diese sollten nunmehr bald realisiert werden. Hierfür könnten ggf. auch hausinterne (temporäre) Wertanalyse-Teams oder eine Projektgruppe gebildet werden.

8 Personalplanung und Stellenbemessung

Da die Personalkosten einen großen Anteil an den Kosten auch des Zentralbereichs ausmachen, kommen der Personalplanung und der Stellenbemessung im nichtkünstlerischen Bereich eine besondere Bedeutung zu. Bisher gibt es allerdings noch keine aktuelle Übersicht, in der alle Stellen bewertet ausgewiesen sind. Dies trifft auch auf den Bereich der Verwaltung zu. Der ehemalige Stellenplan ist nach Angaben der Personalabteilung seit der Umstellung auf die kaufmännische Buchführung nicht fortgeschrieben worden. Derzeit wird nur eine Personalstellenübersicht in Form eines Bestandsverzeichnisses geführt. Hier sind die Namen der derzeit Beschäftigten, ihre Vergütungsgruppe oder der maßgebliche Tarifvertrag, der jeweilige Arbeitsbereich und die Kostenstelle, auf der der Mitarbeiter geführt wird, angegeben.

Die vom Geschäftsführenden Direktor schon zu Beginn der Umwandlung für notwendig erachtete umfassende Untersuchung und Bewertung aller Arbeitsbereiche ist bislang nicht durchgeführt worden. Als Gründe werden auch hier das fehlende Personal und der mit der Durchführung der Aufgabe verbundene hohe Zeitaufwand angeführt. Nur bei Neueinstellungen ist vorgesehen, anlaßweise zu überprüfen, ob eine Wiederbesetzung der Stelle erforderlich ist. Gleichwohl wird die Notwendigkeit erkannt, den Personalbedarf fortlaufend neu zu ermitteln und zu hinterfragen, um die Personalplanung im Theater flexibel und bedarfsgerecht zu gestalten. Dies sollte zügig angegangen werden.

9 Rechnungswesen

9.1 Wirtschaftsplan

9.1.1 Die Württembergischen Staatstheater haben einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der nach den Vorgaben des Organisationserlasses des MWK einen Erfolgs-, einen Finanz-, einen Investitions- und einen Stellenplan umfassen muß. Im Erfolgsplan sind die im Geschäftsjahr voraussichtlich anfallenden Aufwendungen und Erträge entsprechend der für die Gewinn- und Verlustrechnung geltenden Gliederung aufzustellen. Im Finanzplan sind der vorgesehene Mittelbedarf (einschließlich der Investitionsmittel) und die voraussichtlich zur Verfügung stehenden Deckungsmittel darzustellen (vgl. VV zu § 26 LHO). Der Unterschiedsbetrag zwischen Mittelbedarf und Deckungsmitteln ist als Ablieferung oder Zuführung in den Finanzplan aufzunehmen.

9.1.2 Der Geschäftsführende Direktor erstellt für jede Spielzeit - im Benehmen mit den Intendanten - zunächst den Gesamtwirtschaftsplan der Württembergischen Staatstheater. Auf der Grundlage des vom Verwaltungsrat genehmigten Gesamtwirtschaftsplans erarbeitet er sodann die Teilwirtschaftspläne für die Sparten (Spartenwirtschaftspläne), für den Zentralbereich und für die John-Cranko-Schule. Für die Spartenwirtschaftspläne ist das Einvernehmen der Intendanten erforderlich; das gilt auch für etwaige spätere Veränderungen. In den Teilwirtschaftsplänen wird der voraussichtliche Finanzbedarf für die Realisierung des konkreten Spielplans unter Berücksichtigung bestehender Verpflichtungen, eingegangener Engagements und sonstiger abgeschlossener Verträge veranschlagt. Daneben bilden die im Benehmen mit den Intendanten vereinbarten Einnahmeerwartungen eine weitere Rechengröße für die Zuteilung der einzelnen Budgets.

9.1.3 Der Wirtschaftsplan ist zugleich Planungs- und Kontrollinstrument. Die Ausgabenüberwachung durch den Wirtschaftsplan erfolgt in der Weise, daß die Ansätze fortlaufend der tatsächlichen Entwicklung angepaßt werden. So sind Planabweichungen, die umgehend zu decken sind, sofort erkennbar. Grundsätzlich sind nicht in der Budgetplanung erfaßte Mehrausgaben zunächst innerhalb des Etats der betroffenen Organisationseinheit einzusparen. Gelingt dies nicht, muß ein budgetübergreifender Ausgleich stattfinden, da nach dem Budgetkonzept Mehrausgaben die Etats aller Organisationseinheiten belasten. Hierfür ist die einvernehmliche Zusammenarbeit der Intendanten und des Geschäftsführenden Direktors notwendig und in den Dienstanweisungen festgeschrieben.

9.2 Buchführung

9.2.1 Der Organisationserlaß des MWK schreibt die Einführung der kaufmännischen doppelten Buchführung vor. Die Rechnungslegung richtet sich nach § 87 LHO. Danach stellen die Landesbetriebe einen Jahresabschluß sowie einen Lagebericht gemäß § 264 Abs. 1 HGB auf. Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die finanzielle Lage der Württembergischen Staatstheater vermitteln kann.

9.2.2 Das kaufmännische Rechnungswesen ist nach dem derzeitigen Stand noch ergänzungs- und verbesserungsbedürftig. Nach Angaben der Württembergischen Staatstheater müssen z.B. noch interne Prüfsysteme entwickelt, der Zahlungsverkehr rationalisiert und Defizite des neuen EDV-Systems abgearbeitet werden. Die Personalausstattung des kaufmännischen Bereichs bedürfe ferner einer erneuten Überprüfung. Bislang sind für den kaufmännischen Bereich nach der Umwandlung in den Landesbetrieb neben der Leiterin des Rechnungswesens drei weitere Ganztagskräfte und zwei Teilzeitbeschäftigte eingestellt worden. Hierfür standen dem Theater keine zusätzlichen Personalmittel zur Verfügung.

9.2.3 Wenn auch die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung als solche nicht Gegenstand der Prüfung durch den RH war, so ergab die Befassung mit der Organisation des „neuen“ Rechnungswesens gleichwohl Hinweise auf Mängel bei dessen Einführung und auf - bei Abschluß der Erhebungen - noch vorhandene nicht unerhebliche Defizite. Als wesentlicher Mangel bei der Einführung muß die viel zu knapp bemessene Vorbereitungsphase zur Einführung der kaufmännischen doppelten Buchführung angesehen werden. Die konzeptionellen Ansätze zur Implementierung des neuen Rechnungswesens trugen den organisatorischen Veränderungen und dem veränderten Personalbedarf nicht hinreichend Rechnung; teilweise wurden aber auch richtige Überlegungen nicht konsequent genug umgesetzt und weiterentwickelt. Die Organisation des Rechnungswesens muß noch optimiert werden.

Der Geschäftsführende Direktor hat in den Erfahrungsberichten an den Verwaltungsrat darauf hingewiesen, daß das Theater die Schwierigkeiten, die bei der Umstellung auf die kaufmännische doppelte Buchführung auftreten könnten, völlig unterschätzt habe. Er schreibt die vorhandenen Probleme zum einen der zu geringen Anzahl des vorhandenen Kassen- und Buchhaltungspersonals, zum anderen dessen unzureichender fachlicher Qualifikation zu. Auch hätten sich die durchgeführten Schulungen für die Mitarbeiter, die während des laufenden Betriebs stattfinden mußten, als nicht ausreichend erwiesen. Zudem habe sich der Aufwand der Datenerfassung in der Buchhaltung mit der Einführung der kaufmännischen Buchführung und der Kostenrechnung erhöht. Ebenso erfordere die laufende programmtechnische Betreuung und Pflege der Kostenrechnung schon durch den Abgleich der Daten mit der Finanzbuchhaltung einen erheblichen zeitlichen Aufwand.

9.3 Kostenrechnung

Die Kostenrechnung ist der zweite zentrale Zweig des betrieblichen Rechnungswesens. Ihre Erstellung wird vom Organisationserlaß verlangt; Aufbau und Organisation im einzelnen sind in das Ermessen der Geschäftsführung gestellt. Die Kostenrechnung soll als internes Rechenwerk eine Kostenzuordnung im gesamten Theaterbetrieb ermöglichen und zugleich ersichtlich machen, welche Kosten in welchen betrieblichen Teilbereichen für welche Leistungen angefallen sind.

Die Württembergischen Staatstheater haben sich für die Einführung der Teilkostenrechnung entschieden, in der nur die tatsächlich leistungsabhängigen Kosten, d.h. die variablen Kosten, auf die Produkte verrechnet werden. Die zentrale Ergebnisgröße der Teilkostenrechnung ist der Deckungsbeitrag, der dem Unternehmen nach Abzug der variablen bzw. Einzelkosten zur Deckung der Fix- bzw. Gemeinkosten verbleibt. Es werden - anders als bei der Vollkostenrechnung - nicht alle Kosten, die im Unternehmen anfallen, in ihrer vollen Höhe auf die Produkte bzw. die Kostenträger verteilt. Deshalb werden bei den Staatstheatern Gemein- oder Fixkosten, insbesondere die Personalkosten des Zentralbereichs, nicht zugeordnet.

Gründe für die Einführung der Teilkostenrechnung waren nicht nur die fehlenden Personalressourcen für die zeitaufwendigere Vollkostenrechnung, sondern auch deren begrenzte Aussagekraft. Zudem sei durch den Verzicht auf eine - zumeist angreifbare - Kostenschlüsselung, mit der bei einer Vollkostenrechnung versucht werde, die Gemein- und Fixkosten verursachergerecht auf die Kostenträger umzulegen, eine zeitnahe Zuordnung der Kosten und Auswertung der Kostenrechnung möglich.

Vor allem innerhalb der Sparten, wo etwa die Hälfte der Ausgaben anfallen, wird der Mitteleinsatz durch eine zeitnahe, gezielte und differenzierte Kostenerfassung und -zuordnung überwacht und gesteuert. Die Fortschreibung der Planansätze in der Plankostenrechnung liefert jederzeit aktuelle Aussagen darüber, welche Auswirkungen Einzelentscheidungen auf die Einhaltung der Planansätze haben. Auf diese Weise wurde dort eine hohe Kostentransparenz erreicht und das Kostenbewußtsein gestärkt. Im Zentralbereich ist diese Steuerung noch nicht in demselben Maß vorhanden.

10 Controlling und theaterinterne Kontrolle

Das nach den Vorgaben des Organisationserlasses einzurichtende Controlling wird in den künstlerischen Sparten in Form von Soll-Ist-Vergleichen durch die Wirtschaftsplanerin und im Zentralbereich durch den Verwaltungsdirektor wahrgenommen. Diese erfassen und überwachen laufend die Daten und passen die Aktivitäten an vorgegebene Pläne und Standards an oder nehmen eine Planrevision vor. Die Spartenwirtschaftspläne und der Wirtschaftsplan des Zentralbereichs mit der bereichsweisen Mittelveranschlagung versorgen die verantwortlichen Leitungskräfte mit relevanten Informationen und verbinden auf diese Weise Planung und Kontrolle. In den Sparten erfolgt die Gegenüberstellung von erstrebten Soll-Größen und erreichten Durchführungsergebnissen zeitnah und wird in regelmäßigen Abständen an die Intendanten weitergegeben. Zeigt das Vergleichsresultat nennenswerte Abweichungen, werden die Ursachen hierfür gesucht und gemeinsam Lösungen erarbeitet.

Ein über diese Art der Überwachung hinausgehendes Controlling im Sinne eines umfassenden führungsunterstützenden Steuerungs- und Überwachungssystems ist bisher nicht eingerichtet. Nach den Angaben des Geschäftsführenden Direktors wird derzeit ein Konzept erarbeitet, um die für die Sparten bereits vorhandene Form des Controlling auf den Zentralbereich auszudehnen.

Eine Innenrevision ist bisher nicht eingerichtet.

11 Gebäudebewirtschaftung

Mit der Umwandlung haben die Württembergischen Staatstheater die Verwaltung und Bewirtschaftung der Theatergebäude übernommen. Bis zum Hj. 1995 war für die Gebäudebewirtschaftung die Staatliche Liegenschaftsverwaltung zuständig. Die Mittel, insbesondere für die Energiekosten, die Reinigung, die Bewachung und die Wartung der haus- und bühnentechnischen Anlagen, waren dort zentral veranschlagt.

Die Mittelübertragung auf die Württembergischen Staatstheater für das Jahr 1995 erfolgte auf der Basis der s.Z. von der Liegenschaftsverwaltung für die Jahre 1991 bis 1993 ermittelten Ist-Zahlen unter Berücksichtigung einer bis 1995 angenommenen Preissteigerung von insgesamt 12 %. Bereits 1995 stellte sich heraus, daß die Ist-Zahlen unvollständig ermittelt worden waren. Bei Durchsicht der Akten war festgestellt worden, daß einer der beiden Stromzähler des Theaters, über den 99 % des gesamten Stromverbrauchs mit Kosten von rd. 350 000 DM jährlich laufen, seit dem Jahr 1989 nicht mehr abgerechnet wurde. Außerdem waren die Beiträge zur Gebäudebrandversicherung nicht berücksichtigt worden. Deshalb wurden insgesamt rd. 300 000 DM Landesanteil p.a. zu wenig für das Staatstheater übertragen.

Dieses Versäumnis der Liegenschaftsverwaltung wurde zunächst nur teilweise durch eine Mittelübertragung in Höhe von 150 000 DM ab dem Hj. 1997 ausgeglichen. Für weitere 150 000 DM Landesanteil soll ab dem Jahr 2000 ein Ausgleich erfolgen. Wegen der bis dahin aufgelaufenen Fehlbeträge wird das FM - soweit zu einem geringeren Teil nicht bereits geschehen - in 1999 einen entsprechenden einmaligen Ausgleich vornehmen.

12 Beurteilung und Folgerungen

12.1 Allgemeines

12.1.1 Während die LHO, der Stellenplan und die Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des jeweiligen Staatshaushaltsplans früher die Kompetenzen des Theaters als rechtlich unselbständigem Regiebetrieb stark eingrenzten und die für einen Theaterbetrieb erforderliche Flexibilität beschränkten und deshalb umfangreiche Ausnahmeregelungen erforderlich machten, bestehen für den jetzigen Landesbetrieb schon systembedingt flexiblere Regelungen, z.B. in der Haushaltsführung und vor allem in der Personalwirtschaft. Das Verhältnis von Ausnahme zu Regel wird wieder in ein vernünftiges Maß gebracht. Die grundsätzlich uneingeschränkte Übertragbarkeit der zugewiesenen öffentlichen Mittel ist ein wesentliches Charakteristikum des Landesbetriebs. Hierdurch werden eine echte Rücklagenbildung und eine Mittelakkumulation z.B. für größere Produktionen möglich.

Die Umstellung der Betriebsform der Württembergischen Staatstheater auf einen Landesbetrieb hat zu einer Erweiterung der Gestaltungsmöglichkeiten im Haushaltsvollzug geführt und diesen letztlich weiter vereinfacht. Die Eigenverantwortlichkeit der Theaterleitung, vor allem für die wirtschaftliche Führung des Theaters, ist darüber hinaus deutlich gestärkt worden.

12.1.2 Die mit der Einführung des Landesbetriebs angestrebte Planungssicherheit konnte indes für das Theater nur eingeschränkt erreicht werden. Auf Grund der angespannten Haushaltslage des Landes mußte es - z.T. auch mittelbare - Zuschußkürzungen hinnehmen, wie beispielsweise globale Minderausgaben. Auch die bisherige Automatik, Tariferhöhungen durch einen entsprechend höheren Zuschuß vollständig auszugleichen, ist weggefallen. Hingegen besteht für das Land und die Stadt Stuttgart als finanzielle Träger der Württembergischen Staatstheater insoweit Planungssicherheit, als der festgelegte Zuschußbetrag im nachhinein nicht mehr erhöht wird; das Risiko, die dem Wirtschaftsplan zugrunde gelegten Einnahmen auch tatsächlich zu erzielen, liegt nunmehr vollständig auf Seiten des Theaters.

12.1.3 Nach den bisher vorliegenden Erfahrungen ist die Umwandlung in einen Landesbetrieb insgesamt als eine richtige Entscheidung anzusehen. Es bedarf indes noch weiterer Anstrengungen, um einen sicheren und nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Die mit der Umwandlung angestrebte verbesserte umfassende Steuerung mit betriebswirtschaftlichen Instrumenten und eine optimierte Organisationsstruktur sind noch nicht vollständig verwirklicht worden. Hier müssen noch Verbesserungen zeitnah und zielstrebig weiter verfolgt werden. Die Flexibilisierung des Haushaltsvollzugs allein ist kein Garant für mehr Wirtschaftlichkeit.

Nach Auffassung des RH lagen keine optimalen Voraussetzungen für die Umwandlung der Württembergischen Staatstheater vom Regiebetrieb in einen Landesbetrieb vor. Der Zeitraum für die Vorbereitung der Umwandlung war einerseits viel zu knapp bemessen, konnte andererseits aber auch nicht effektiv genutzt werden. Die zur Verfügung stehenden sachlichen und personellen Ressourcen für die notwendigen strukturellen und organisatorischen Veränderungen sowie in bezug auf die Belastung des Theaters mit zusätzlichen Aufgaben waren unzureichend. Zum Beispiel wurden weitere Mittel für die notwendigen EDV-Investitionen und die zusätzliche Personalausstattung, insbesondere im Bereich des Rechnungswesens, nicht bereitgestellt. Auch die finanziellen Rahmenbedingungen erwiesen sich als erschwerend. Die fehlerhafte Übertragung der Mittel für Energie- und Bewirtschaftungskosten war mit Nachteilen für das Theater verbunden. Außerdem waren nicht nur marginale Mittelkürzungen zu verkraften.

Diese finanziellen Rahmenbedingungen stehen im Widerspruch zu der allgemeinen Erfahrung, daß strukturelle Veränderungen regelmäßig erhebliche Vorinvestitionen erfordern, ehe damit angestrebte Verbesserungen der Wirtschaftlichkeit erreicht und Personal- und Sachmittel eingespart werden können. Gleichwohl konnte die schwierige Umstellungsphase offenbar ohne Qualitätseinbußen bei der künstlerischen Produktion bewältigt und das Einnahmeergebnis sogar gesteigert werden. Dies ist nicht zuletzt auf das große Engagement der Theaterleitung zurückzuführen.

12.2 Geschäftsführung und Verwaltung

Der RH verkennt nicht die beachtlichen Anstrengungen, die insbesondere der Geschäftsführende Direktor unter den gegebenen schwierigen zeitlichen, finanziellen und personellen Bedingungen unternommen hat, um den heutigen organisatorischen und wirtschaftlichen Stand zu erreichen. Gleichwohl müssen noch eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden, um eine weitere Steigerung der Effizienz der Aufgabenerledigung - insbesondere im unmittelbaren Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsdirektors - zu erreichen.

12.2.1 Der RH hält insbesondere in den einzelnen Arbeitsbereichen der Verwaltung eine klarere Strukturierung und eine stärkere Steuerung mit zielführenderen Vorgaben sowie eine kritische Überprüfung der jeweiligen Aufgabenverteilung für erforderlich.

12.2.2 Organisationsuntersuchungen in der Verwaltung sowie im technischen und im künstlerisch-technischen Bereich sind ein notwendiges Instrument, um insbesondere bestehende organisatorische Schwachstellen zu erkennen, Organisationslösungen zu erarbeiten und Arbeitsabläufe zu rationalisieren, aber auch um den erforderlichen Stellenbedarf zu ermitteln.

Der RH begrüßt daher die Absicht des Theaters, zeitnah verbindliche Organisationspläne, differenzierte Geschäftsverteilungspläne und detaillierte Arbeitsanweisungen mit klaren Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zu erstellen. Wenn es gelingt, noch vorhandene Reibungsverluste und Doppelarbeit zu reduzieren, können die Vorteile einer gemeinsamen Verwaltung in einem Mehrsparten-Theater optimal genutzt werden.

12.3 Personal

Der Geschäftsführende Direktor hat eine Reihe von Maßnahmen zur Verminderung der Personalkosten getroffen. Zu nennen sind insbesondere die Anpassung des Personaleinsatzes an die Notwendigkeiten des Theaterbetriebs durch flexibel gestaltete Arbeitsverträge vor allem in den Bereichen der Werkstätten und der Bühnentechnik, d.h. die Angleichung der Arbeitszeit an die Betriebserfordernisse und der Wegfall von Dienstzeitregelungen mit „starren“ Arbeitszeiten; damit konnte u.a. eine deutliche Verminderung der finanziellen Abgeltung von Überstunden erreicht werden. Ungeachtet dieser Fortschritte muß im Hinblick auf die Bedeutung der Personalkosten als weitaus größter Kostenposition des Theaters das Personalmanagement einschließlich einer fortlaufenden Überprüfung des Personalbedarfs auch weiterhin eine zentrale Aufgabe der Geschäftsführung bleiben.

12.4 Rechnungswesen

12.4.1 Mit dem Wirtschaftsplan und den Teilwirtschaftsplänen haben die Württembergischen Staatstheater ein Steuerungsinstrument eingerichtet, das vor allem in den künstlerischen Sparten eine hohe Akzeptanz erreicht hat. Es dient nicht nur zur Planung und Kontrolle der Budgets, sondern auch der Selbstkontrolle der Intendanten. Zudem ist durch die Kostenrechnung eine breitere Informationsbasis zu den Ausgaben und ein hohes Maß an Kostentransparenz geschaffen worden. Die Einführung der dezentralen Budgetverantwortung mit der Möglichkeit der weiteren Bewirtschaftung nichtverausgabter Mittel schafft nicht nur für die Theaterleitung, sondern auch für die Beschäftigten Anreize, sich intensiver mit der Kostensituation in ihrem Aufgabenbereich auseinanderzusetzen.

Der Nutzen des gestärkten Kostenbewußtseins besteht bislang hauptsächlich in der effektiveren Verwendung der verfügbaren Mittel vor allem im künstlerischen Bereich. Einsparungen mußten allerdings bislang zur Erbringung von Kürzungsauflagen und zur Deckung von Tariferhöhungen bei den Gehältern eingesetzt werden und standen nicht zur Bildung von Rücklagen zur Verfügung.

12.4.2 Ein in allen Belangen zufriedenstellender Stand der kaufmännischen Buchführung muß noch erreicht werden. Nach Angaben des Geschäftsführenden Direktors wird dies in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung, die mit der Prüfung der Buchführung beauftragt wurde, zeitnah angestrebt.

12.4.3 Die Einführung der Teilkostenrechnung ist insbesondere unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt zunächst als richtiger Schritt zu bewerten. Der RH hält es indes für erforderlich, durch stufenweise Zuordnung vornehmlich der Personalkosten des Zentralbereichs (z.B. der Werkstätten), eine noch bessere Kostentransparenz und damit verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erreichen.

Insgesamt lassen die bisherigen Erfahrungen des Theaters mit der kaufmännischen doppelten Buchführung angesichts der seit ihrer Einführung fortdauernden Probleme noch kein abschließendes Urteil darüber zu, ob deren Einführung unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt uneingeschränkt positiv zu beurteilen ist. Sie verursacht einen erheblichen Mehraufwand und kann auch als solche die wirtschaftliche Mittelverwendung und die sorgfältige Mittelbedarfsplanung nicht ersetzen. Für die Steuerung des Ressourceneinsatzes ist in erster Linie die Kosten-Leistungs-Rechnung von Bedeutung. Allerdings darf nicht verkannt werden, daß die Doppik hierfür bessere Informationen liefert und einen Abgleich ermöglicht.

12.4.4 Nach Auffassung des RH sollte künftig in ähnlich gelagerten Fällen das interne und externe Projektmanagement deutlich verbessert und wirksamere und zielführendere Vorgaben auch durch die Ministerien und die aufsichtsführenden Institutionen gemacht werden. Für eine erfolgreiche Implementierung des kaufmännischen Rechnungswesens gerade bei Kultureinrichtungen bedarf es neben eines realistischen Zeitrahmens vor allem einer Gesamtstrategie und eines praxisorientierten Konzepts. Eine aktive Unterstützung aller Beteiligten, ggf. unter Inanspruchnahme von Expertenwissen, ist bei der Einführung der kaufmännischen Buchführung und der Kostenrechnung ebenso unabdingbar wie die zeitgerechte Schulung und Qualifizierung der Mitarbeiter.

12.4.5 Die Innenrevision als ein wichtiger Bestandteil interner Kontrollmechanismen ist von der Theaterleitung zwar gewollt, aber bislang nur sehr bruchstückhaft im Bereich der Prüfung der Tageseinnahmen aus dem Kartenverkauf eingerichtet worden. Der RH hält eine wirkungsvolle Kontrolle für unabdingbar und hält es deshalb für notwendig, insoweit weitere Maßnahmen zu ergreifen.

12.4.6 Die Frage, ob der Landesbetrieb auch für andere große Drei-Sparten-Theater die geeignetere Betriebsform ist als der Regiebetrieb, ist nach Auffassung des RH prinzipiell zu bejahen. Allerdings erscheint es sinnvoll, vor einer Entscheidung über die Umwandlung des Badischen Staatstheaters Karlsruhe zunächst weitere Erfahrungen bei den Württembergischen Staatstheatern Stuttgart zu sammeln. Jedenfalls sollte sichergestellt sein, daß angemessene Voraussetzungen für eine bestmögliche Realisierung der Umwandlung vorliegen. Hierzu gehören neben einer ausreichenden Vorbereitungszeit und externer Unterstützung vor allem die Entwicklung eines auf den Erfahrungen der Stuttgarter Staatstheater aufbauenden realistischen Konzepts.

13 Stellungnahme des Wissenschaftsministeriums und der Staatstheater

Das MWK weist darauf hin, daß allgemeine Erfahrungen mit der Betriebsform eines Landesbetriebs den Schluß nahelegten, daß hiermit auch die Arbeit der Theaterleitung flexibler und effektiver gestaltet werden könnte. Obwohl damals keine Erfahrungen mit dieser Betriebsform bei einem großen Drei-Sparten-Theater vorgelegen hätten, habe man die Schritte zur Umwandlung gewagt. Die Württembergischen Staatstheater hätten somit eine Pilotfunktion übernommen. Sie seien in gewisser Weise mit einem Versuchspatienten zu vergleichen, der sich bereit erklärt habe, eine neue Therapie an sich erproben zu lassen. Dafür hätten sie zunächst einmal Lob verdient. Es wäre fatal, wenn der Eindruck entstünde, der Versuchspatient werde dafür gescholten, daß der Therapieerfolg nicht im vorgesehenen Tempo und nicht im vorgesehenen Umfang eintritt, wenn gleichzeitig klar sei, daß die die Therapie Verordnenden über wirklich fundierte Erfahrungen bezüglich der speziellen Konstellationen nicht verfügen.

Der RH vergleiche den momentanen Stand der Dinge mit dem idealtypischen Zustand und komme dabei zwangsläufig zu Kritikpunkten. Ein Vergleich zwischen dem heutigen Stand und dem Stand vor der Umwandlung hätte gezeigt, daß es in der Zwischenzeit eine Reihe von Verbesserungen gegeben habe.

Die vom RH durchgeführte Untersuchung habe nicht am Endpunkt des Umwandlungsprozesses stattgefunden, sondern während des noch im Gang befindlichen Prozesses der internen Anpassung. Als Zwischenergebnis könnten die Anregungen und Kritikpunkte des RH hilfreich für den Fortgang des Prozesses sein.

Erst wenn in Stuttgart die mit der Umwandlung noch verbundenen Probleme behoben seien und der Eigenbetrieb wirklich „rund laufe“, werde sich herausstellen, welche Betriebsform für das Theater wirklich die bessere sei.

Die Staatstheater weisen vor allem darauf hin, daß die Umwandlung im Kontext eines umfangreichen Pakets von Problemlösungen und Reformen stehe, die die Theaterleitung 1991 in Angriff genommen habe. Beispielsweise wird auf die Bewältigung der „Bugwellenproblematik“, der permanenten Kürzung der Zuschüsse, die Neustrukturierung des Arbeitseinsatzes im bühnentechnischen Bereich, die Neuorganisation der Technischen Direktion, die Entwicklung von Instrumenten zur Kostensteuerung und Ausgabenüberwachung bei den künstlerischen Sparten, die Einführung des kollegialen Leitungsmodells und die komplette Neuentwicklung eines IuK-Konzepts in allen Bereichen, vor allem auch der Verkaufsorganisation, hingewiesen.

Es müsse eingeräumt werden, daß eine in allen Belangen zufriedenstellende Buchführung noch nicht erreicht sei. Aus heutiger Sicht wäre ein Vorlauf von zusätzlich einem Jahr für die Umwandlung zu fordern, um die organisatorischen und personellen Probleme angemessen bewältigen zu können. Für die Bewertung der jetzigen Situation müsse auch berücksichtigt werden, daß die sonstigen, insbesondere finanziellen und personellen, Voraussetzungen schwierig waren und die notwendigen Umstellungen unter ständiger Arbeitsdrucksituation bewältigt werden mußten.

14 Schlußbemerkung

Das Ziel der Untersuchung des RH ist es gewesen, auf Grund einer aktuellen Bestandsaufnahme Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob und inwieweit die Umwandlung gelungen ist, ob es noch Defizite im internen Anpassungsprozeß gibt und ob sich aus dem Umwandlungsvollzug bereits erste Erfahrungen ableiten lassen. Ein Vergleich des Zustandes vor der Umwandlung mit dem jetzigen Zustand hätte eine entsprechende Bestandsaufnahme z.B. im Jahr 1991 vorausgesetzt, die der RH aber nicht durchgeführt hat.

Der RH verkennt nicht, daß die Württembergischen Staatstheater in den vergangenen Jahren große Probleme zu bewältigen hatten. Er bestreitet auch nicht, daß in der Zwischenzeit zahlreiche Verbesserungen in vielerlei Hinsicht einschließlich einer Steigerung der Einnahmen und der Einspielergebnisse erreicht wurden. Vor allem ist dem RH durchaus bewußt, daß die Staatstheater Stuttgart mit der Umwandlung eine Pilotfunktion übernommen haben, die mit vielen Unwägbarkeiten und Schwierigkeiten verbunden war. Nachteilig hat sich dabei ausgewirkt, daß die Rahmenbedingungen für die Umwandlung nicht besonders günstig waren. Die Leistungen der Theaterleitung sind daher umso höher einzuschätzen, insbesondere da die künstlerische Produktion offensichtlich ihr hohes künstlerisches Niveau nicht nur halten, sondern steigern konnte.

Die noch nicht bewältigten Probleme des Umwandlungsprozesses waren indes aufzuzeigen mit dem Ziel, dazu beizutragen, den Erfolg der Umwandlung zu sichern. Die Staatstheater tragen als Landesbetrieb nunmehr das Einnahmerisiko allein, nicht mehr die Träger. Die Theaterleitung muß gerade deshalb alles daran setzen, baldmöglich ein voll funktionierendes und transparentes Rechnungswesen, eine optimale Organisation und ein ausreichendes Controlling zu erreichen. Nur dann kann eine bestmögliche Steuerung des Ressourceneinsatzes erreicht und der Gefahr begegnet werden, daß unversehens mehr ausgegeben wird, als Mittel aus Zuschuß und Einnahmen zur Verfügung stehen. In einer solchen Situation könnte der Landesbetrieb Theater nämlich nicht mehr auf einen Ausgleich des Defizits durch die Träger zählen.

Der Geschäftsführende Direktor hat aus den Prüfungsergebnissen bereits ein Handlungsprogramm entwickelt, um die aufgezeigten Probleme zeitnah und konsequent einer angemessenen Lösung zuzuführen.