Die Einheitswerte für den Grundbesitz werden im wesentlichen nur noch für die den Gemeinden zustehende Grundsteuer benötigt. Das Land sollte anstreben, die Bewertung von den Finanzämtern auf die Gemeinden zu übertragen oder von ihnen einen angemessenen Kostenersatz zu erhalten. Durch eine Vereinfachung der bundeseinheitlichen Bewertungsvorschriften und des Verfahrens könnten die Kosten von derzeit 70 Mio. DM jährlich deutlich vermindert werden.
1 Vorbemerkung
Für den Grundbesitz sind Einheitswerte (EW) festzustellen. Sie dienen als Grundlage für Besteuerungsverfahren und für eine Reihe von außersteuerlichen Zwecken. Nach dem Wegfall der Vermögenssteuer (01.01.1997) und der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer (01.01.1998) sind die EW im steuerlichen Bereich im wesentlichen nur noch für die (kommunale) Grundsteuer und wenige ertragsteuerliche Vorgänge von Bedeutung.
Das Bewertungsgesetz (BewG) schreibt vor, daß alle sechs Jahre eine Hauptfeststellung durchzuführen ist. Dazu ist es aber nach dem 01.01.1964 nicht gekommen. Einer der Hauptgründe hierfür dürfte die fehlende personelle Kapazität der bei den Finanzämtern eingerichteten Bewertungsstellen gewesen sein. So konnten bereits die EW 01.01.1964 wegen der langwierigen Hauptfeststellungs-Kampagne erst mit zehnjähriger Verzögerung der Besteuerung zugrunde gelegt werden.
Alle nach dem Stichtag 01.01.1964 eingetretenen Veränderungen können seither nur im Wege von Nachfeststellung, Fortschreibung oder Aufhebung des Einheitswerts berücksichtigt werden. Hierbei ist aber immer eine Projektion auf die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 notwendig. Dies führte in den vergangenen Jahren zu immer größeren Unterschieden zwischen den EW und den Verkehrswerten, was letztlich auch das Bundesverfassungsgericht dazu veranlasste, dem Gesetzgeber für Zwecke der (inzwischen abgeschafften) Vermögenssteuer (VSt) und der Erbschaft-/Schenkungsteuer (ErbSt/SchSt) eine Neubewertung des Grundbesitzes aufzugeben.
Um eine allgemeine Neubewertung des Grundbesitzes zu vermeiden, hat der Gesetzgeber die sog. Bedarfsbewertung eingeführt. Die Bedarfswerte (derzeitige Wertverhältnisse 01.01.1996) werden nur dann festgestellt, wenn sie für die ErbSt/SchSt und zusätzlich in wenigen Fällen für die Grunderwerbssteuer (GrESt) auch tatsächlich benötigt werden. Die Bedarfsbewertung obliegt ebenfalls den Bewertungsstellen. Für Zwecke der Grundsteuer (GrSt) sind weiterhin die EW nach den Wertverhältnissen 01.01.1964 maßgebend.
2 Prüfungsanlaß, Prüfungsumfang
Die Organisation, Arbeitsweise und Arbeitsbelastung wurden bei zehn Finanzämtern untersucht, um die geschilderten rechtlichen sowie vielfältige tatsächliche Veränderungen in jüngerer Vergangenheit in ihren Auswirkungen abzuprüfen.
3 Aufgaben und Funktion der Bewertungsstellen
Bei 76 der insgesamt 81 Finanzämter in Baden-Württemberg sind Bewertungsstellen eingerichtet. Diese stellen die EW und die GrSt-Meßbeträge für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen und für das Grundvermögen fest. Seit 01.01.1996 haben die Bewertungsstellen auch die Bedarfswerte festzustellen.
4 Aufbau und Organisation der Bewertungsstellen
4.1 Organisationsform
Die Bewertungsstellen sind überwiegend nach traditionellem Muster einem oder mehreren Sachgebieten zugeordnet, denen vor allem bei kleineren Finanzämtern weitere Aufgabengebiete angegliedert sind.
Die einzelnen Arbeitsgebiete der Bewertungsstelle, die grundsätzlich mit einem Sachbearbeiter (SB) und einem Mitarbeiter besetzt sind, bearbeiten regelmäßig einen fest zugewiesenen Aktenbestand. Für schwierige Fälle, wie Sachwertfälle und Einspruchsentscheidungen, sind hingegen oft einzelne SB zentral zuständig. Die Bedarfsbewertungen werden nahezu ausschließlich von den SB durchgeführt.
4.2 Grundstückswertstellen
Entsprechend den Empfehlungen eines Gutachtens wurden bei vier Finanzämtern versuchsweise die Bewertungsstellen und GrESt-Stellen in sog. Grundstückswertstellen zusammengefaßt. GrESt-Festsetzung und Bewertung sollten gesamtheitlich von den selben Arbeitskräften durchgeführt werden. Durch den Wegfall von Doppelarbeit, wie das mehrmalige Auswerten der notariellen Verträge über Grundstücksgeschäfte sollten Personaleinsparungen ermöglicht werden.
Die Art und Weise der Umsetzung der Empfehlungen oblag weitgehend den Pilotämtern; die Organisationsform und die Arbeitsabläufe der Grundstückswertstellen sind unterschiedlich. So erledigen bei drei Finanzämtern die SB und Mitarbeiter der Grundstückswertstellen - wie bisher - die Bewertungsarbeiten und setzen daneben auch die GrESt fest. Nur schwierige GrESt-Fälle sind einem Spezialisten vorbehalten. Hier ergaben sich besonders bei der GrESt Beschleunigungseffekte. Beim vierten Finanzamt dagegen werden alle GrESt-Fälle von den SB der bisherigen GrESt-Stellen in der Weise materiell-rechtlich vorbereitet, daß die übrigen Bearbeiter der Grundstückswertstellen insoweit grundsätzlich nur noch als Datenerfassungskräfte tätig werden. Dennoch führte auch dieses Verfahren zur beschleunigten Festsetzung der GrESt, weil die Daten jetzt von mehr Arbeitskräften erfaßt werden.
Die ersten Erfahrungen haben gezeigt, daß nicht alle Arbeitskräfte der (bisherigen) Bewertungsstellen auf Grund ihrer fachlichen Qualifikation ohne weiteres in der Lage sind, die neuen Aufgaben zu erledigen. Nach Auffassung des RH kann die Zusammenfassung von GrESt-Festsetzung und Bewertung in der konzipierten Weise nur mit gut qualifiziertem und flexiblem Personal funktionieren.
Die Erwartung, daß nach der Zusammenlegung der Stellen sämtliche Verträge über Grundstücksgeschäfte nur noch einmal ausgewertet werden müssen, hat sich nicht erfüllt. Die Auswertung von Aufzeichnungen bei einem Finanzamt hat ergeben, daß in höchstens zwei Drittel der Fälle GrESt und Bewertung unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang erledigt werden können.
4.3 Bausachverständige (BSV)
Die Bewertungsstellen werden vor allem in schwierigen Fällen des Grundvermögens (meistens sog. Sachwertfälle) von BSV unterstützt, denen daneben noch andere Aufgaben übertragen sind. In den vergangenen Jahren wurde der Anteil der von den BSV für die Einheitsbewertung aufgewendeten Zeit immer geringer; er hat sich auf etwa ein Fünftel ihrer Arbeitszeit eingependelt. Heute sind sie hauptsächlich für die Veranlagungsstellen tätig.
4.4 Amtliche Landwirtschaftliche Sachverständige (ALS)
Die ALS unterstützen die Bewertungsstellen bei der Bewertung des landwirtschaftlichen Vermögens. Zu ihren Hauptaufgaben gehört die technische und verfahrensrechtliche Durchführung der Bodenschätzung (heute insbesondere Nachschätzung) nach dem aus dem Jahr 1934 stammenden Gesetz über die Schätzung des Kulturbodens (BodSchätzG). Die Ergebnisse der sehr aufwendigen Tätigkeiten sind Grundlage für die Ermittlung des Wirtschaftswerts als Teil des land- und forstwirtschaftlichen EW. Nach den Einschätzungen der ALS entfällt etwa ein Drittel ihrer Arbeitszeit auf die Tätigkeit für die Bewertungsstellen.
Daneben sind sie auch im Bereich der Einkommensteuer tätig und leisten zudem noch Amtshilfe im nichtsteuerlichen Bereich wie z.B. für die Landwirtschafts-, Flurbereinigungs- und Liegenschaftsverwaltung.
5 Personalbestand
Nach den Geschäftsverteilungsplänen der Finanzämter waren am 01.01.1998 in den Bewertungsstellen 703 Arbeitskräfte (ohne Sachgebietsleiter) eingesetzt, davon 468 auf Beamten- und 235 auf Angestelltenstellen. Diese Arbeitskräfte sind in 356 Arbeitsgebieten tätig und unterstehen 93 Sachgebietsleitern (SGL). Unterstützt werden die Bewertungsstellen von 39 ALS, 34 Vermessungstechnikern und 24 BSV (einschließlich einer Hilfskraft).
6 Statistik
6.1 Die Bewertungsstellen haben halbjährlich eine Nachweisung über den Stand ihrer Arbeiten abzugeben. Darin sind u.a. folgende Angaben zu machen:
- Die voraussichtlich zu erledigenden Arbeitsfälle,
- die bis zum Ende des Berichtszeitraums insgesamt durchgeführten Fortschreibungen, Nachfeststellungen, Aufhebungen sowie die Zahl der Fälle, bei denen Bestandsveränderungen keine Auswirkung haben (K.F.-Fälle) und
- die Zahl der Bewertungsakten.
6.2 Die statistischen Zahlen werden auf unterschiedliche Weise ermittelt, obgleich Verwaltungsvorschriften vorliegen, die eine einheitliche Erhebung sicherstellen sollen:
- Die voraussichtlich zu erledigenden Arbeitsfälle werden mehr oder weniger frei geschätzt. Für einen Arbeitsnachweis ist diese Methode wenig brauchbar.
- Die maschinell verarbeiteten Fälle werden personell gezählt, die K.F.-Fälle vereinzelt sogar geschätzt. Eine OFD verzichtet seit 1997 auf die personelle Anschreibung der maschinell verarbeiteten Fälle.
- Die Zahl der EW-Akten wird ebenfalls personell ermittelt und grundsätzlich nicht auf den maschinellen Bestand zurückgegriffen. Die so ermittelten Zahlen liegen regelmäßig deutlich über dem maschinellen Bestand.
Folgerungen aus diesen unterschiedlichen Zählweisen sind bisher nicht gezogen worden.
6.3 Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Statistik in der bisherigen Form wenig aussagekräftig ist. Auch als Hilfsmittel zur Wahrnehmung von Controllingaufgaben durch die SGL sind die Aufzeichnungen kaum brauchbar.
7 Aktenbestand
Nach der Landesstatistik hat in den letzten Jahren der Aktenbestand stetig zugenommen.

Die Erhöhung des Aktenbestandes in den letzten sieben Jahren entspricht dem Gesamtbestand an Bewertungsakten von zehn großen Finanzämtern. Nach der inzwischen vorliegenden Statistik auf den 31.12.1998 (+17,51 %) setzt sich diese Tendenz offenbar weiter fort.
Die maschinelle Zählung ergab zum 31.12.1997 dagegen einen um 213 830 Einheiten niedrigeren Bestand. Die Differenz entstand nach den Feststellungen des RH hauptsächlich dadurch, daß maschinell nicht erfaßte Akten personell mitgezählt wurden.
8 Raumbedarf, Unterbringung
8.1 Der Raumbedarf der Bewertungsstellen ist - gemessen am Bedarf der übrigen Arbeitsgebiete der Steuerverwaltung - sehr groß. Bei einer angenommenen durchschnittlichen Stärke einer Akte von nur 0,5 cm ergeben die gesamten Akten der Bewertungsstellen des Landes aneinandergereiht eine Länge von 25 Kilometern. Bei den untersuchten Bewertungsstellen waren je m² Gesamtbürofläche durchschnittlich etwa 250 Akten untergebracht. Hochgerechnet ergibt dies landesweit einen Raumflächenbedarf von etwa 19 900 m² (ohne Nebenräume), was fast drei Fußballplätzen entspricht.
8.2 Unmittelbare Auswirkungen auf den Raumbedarf hat die Art der Aktenführung. Besonders deutlich zeigt sich dies bei der Ablage der notariellen Verträge. Bei einigen Stellen werden diese den Bewertungsakten beigeheftet, bei anderen Stellen erfolgt eine gesonderte Aufbewahrung. Bereits ein jährlicher Eingang von 10 000 Verträgen, wie er in mittelgroßen Bewertungsstellen üblich ist, nimmt mindestens 10 lfd. Meter in der Hängeablage in Anspruch. Es besteht keine Notwendigkeit der Ablage in den Akten. Die gesonderte Ablage erleichtert die Vernichtung der Verträge nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist (s. Pkt. 17.2.5.1).
8.3 Die räumliche Unterbringung der besuchten Bewertungsstellen kann grundsätzlich als befriedigend, z.T. sogar als gut beurteilt werden. Lediglich die Bewertungsstelle eines Finanzamts war bereits viele Jahre in kaum zumutbarer Weise in einer ehemaligen Fabrikhalle untergebracht. Auf Grund der beengten Raumsituation sah man sich dort u.a. dazu gezwungen, die EW-Akten in (offenen) Regalen auf dem Flur unterzubringen.
9 Quantitative Arbeitsleistung, Arbeitsstand
9.1 Landesweit wurden durchschnittlich rd. 750 000 Arbeitsfälle im Jahr erledigt.

Die ermittelten Erledigungen basieren im wesentlichen auf den statistischen Meldungen der Oberfinanzdirektionen. Nach einem Höchststand der Erledigungen im Jahr 1994 ist danach ein stetiger Rückgang zu verzeichnen.
9.2 Die durchschnittlichen Erledigungen je Arbeitskraft entwickelten sich wie in Übersicht 3 dargestellt.

Die Erledigungszahlen im Bereich der (ehemaligen) OFD Freiburg lagen in allen Jahren deutlich über denen der beiden anderen Oberfinanzdirektionen und somit auch weit über dem Landesdurchschnitt.
Da insbesondere die K.F.-Fälle auf unterschiedliche Weise ermittelt worden sind (s. Pkt. 6.2), wird in Übersicht 4 - beschränkt auf das Jahr 1997 - ein Vergleich dargestellt zwischen der durchschnittlichen Zahl der Erledigungen mit und ohne K.F.-Fälle.

Die OFD Freiburg liegt auch bei den Erledigungen ohne K.F.-Fälle im Schnitt erheblich über den Werten der beiden anderen Oberfinanzdirektionen.
Auch wenn die Anzahl der K.F.-Fälle nur eingeschränkt aussagefähig ist, läßt sich dennoch erkennen, in welchem Maße die Bewertungsstellen mit Tätigkeiten beschäftigt sind, denen aus fiskalischer Sicht keine Bedeutung beizumessen ist. Dies gilt besonders für die land- und forstwirtschaftlichen Einheiten; wegen der zumeist geringen Wertansätze werden vielfach die Wertgrenzen für eine Fortschreibung nicht erreicht.
9.3 Die Erledigungszahlen (ohne K.F.-Fälle) der einzelnen Finanzämter haben eine beachtliche Bandbreite. Im Jahr 1997 lag diese zwischen 440 und 1 365 erledigten Fällen je Arbeitskraft, dies ist das 3-fache der geringsten Arbeitsleistung.
Diese gravierenden Unterschiede dürften zumindest teilweise auf die unterschiedlichen Strukturen der Amtsbezirke (z.B. ländliche oder städtische Bereiche) zurückzuführen sein.
Von Einfluß ist auch der Grad der Motivation und das Selbstwertgefühl der Bediensteten, die wesentlich beeinflußt werden durch die Stellung und das Ansehen der Bewertungsstelle bei der Amtsleitung und bei den übrigen Bediensteten. Bei vielen Ämtern herrscht der allgemeine Eindruck vor, daß auf den Bewertungsstellen häufig Personal eingesetzt wird, dem mangelnde Arbeitsqualität und -quantität auf Grund schlechterer Qualifikation oder gesundheitlicher Probleme nachgesagt wird und das deshalb auf vermeintlich höherwertigen Stellen der Ämter nur eingeschränkt einsetzbar ist.
Der RH betrachtet es als Aufgabe und Herausforderung für die Personalführung, der vielfach zu beobachtenden Demotivation beim Bewertungspersonal entgegenzuwirken.
Nicht außer Acht gelassen werden darf in diesem Zusammenhang die Gestaltung der Arbeitsabläufe. So wird beispielsweise in einigen Stellen trotz der Einführung der Bildschirmsachbearbeitung noch nach altem Muster gearbeitet. Im Bereich einer OFD nutzen die Bewertungsstellen für ihre Zwecke erst nach dem Hinweis des RH bereits vorhandene Grundinformationsdaten aus der GrESt-Datei. Innerhalb einer großen Stelle arbeiteten die einzelnen Arbeitsgebiete unterschiedlich und unabgestimmt nebeneinander her.
Es überrascht nicht, daß die Arbeitsleistung derjenigen Bewertungsstellen besser war, bei denen sich die SGL aktiv einschalten und - vor allem - um die Optimierung und Einheitlichkeit der Arbeitsabläufe bemüht sind. In solchen Stellen ist auch der Erfahrungsaustausch zwischen den Bediensteten intensiver.
9.4 Da die Statistiken nur eingeschränkt Aufschluß über den tatsächlichen Arbeitsstand geben, hat der RH bei vier Stellen genaue Erhebungen durchgeführt. Im allgemeinen wurden dabei keine Rückstände feststellt, deren Umfang Anlaß zur Sorge hätte sein müssen. Teilweise waren aber Fälle trotz Fristablaufs noch nicht bearbeitet.
10 Materielles Recht der Einheitsbewertung
Durch das Beibehalten der Wertverhältnisse 01.01.1964 wird nicht nur die tägliche Arbeit der Bewertungsstellen erschwert; auch die Steuerbürger haben zunehmend Schwierigkeiten, die auf die Wertverhältnisse des Jahres 1964 zugeschnittenen Erklärungsvordrucke zu verstehen und zutreffende Angaben zu machen.
So hat sich in den vergangenen Jahrzehnten der Bereich der Baustoffe und der Bautechnik derart weiter entwickelt, daß die Eingruppierungsmerkmale für die unterschiedlichen Bauarten als antiquiert bezeichnet werden müssen. Waren z.B. Holzhäuser - zumeist Fertighäuser - früher noch von einfachster Art, sind heutige Häuser in Holzbauweise den massiv errichteten Gebäuden meist qualitätsmäßig ebenbürtig, zuweilen schon aufwendiger. Gleichwohl ist bei diesen modernen Häusern weiterhin der niedrige Vervielfältiger für Holzbauweise anzuwenden.
Die erheblich verbesserte Bauqualität hat auch die bisherigen Ausstattungsmerkmale nahezu unbrauchbar werden lassen, nach denen die Ausstattung eines Gebäudes mit Zentralheizung, Bodenfliesen oder Isolierglasfenster bereits als hochwertig gilt.
Die unterschiedlichen Wertentwicklungen bei den Mieten und Grundstückspreisen machen es den Bewertungsstellen fast unmöglich, ein gleichmäßiges Niveau der EW aufrecht zu erhalten. Waren zum 01.01.1964 viele Gemeinden noch kleiner als 2 000 Einwohner, dörflich geprägt und dementsprechend auf sehr niedrigem Niveau bei den Mieten und Grundstückspreisen, so sind sie heute vielfach auf Grund der allgemeinen Entwicklung, insbesondere in landschaftlich reizvollen Gegenden oder im Bereich größerer Städte, bevorzugte Wohngemeinden geworden; Größe und Preisniveau sind oft nicht mehr mit dem Zustand im Jahr 1964 zu vergleichen. Dennoch sind bei der Feststellung des EW weiterhin die festgeschriebenen Werte für Mieten und Baulandpreise des Jahres 1964 zu übernehmen. Hierdurch sind Verzerrungen bei den EW eingetreten, die die immer größer werdende Gefahr heraufbeschwören, daß bald auch im Bereich der GrSt verfassungswidrige Wertansätze zugrundegelegt werden.
11 Bedarfsbewertung
Für die ErbSt/SchSt oder für die GrESt sind ab 01.01.1996 Grundbesitzwerte bei Bedarf gesondert festzustellen (Bedarfsbewertung). Diese Aufgabe wurde den Bewertungsstellen übertragen. Allein in diesem Bereich hat deren Tätigkeit noch unmittelbaren fiskalischen Nutzen für den Landeshaushalt, weil die ErbSt/SchSt und die GrESt reine Landessteuern sind.
Die erforderlichen Bewertungsrichtlinien, Erlasse und Vordrucke standen den Ämtern allerdings erst im Frühjahr 1998 zur Verfügung. Der dadurch entstandene Bearbeitungsstau war im Zeitpunkt unserer Erhebungen teilweise noch nicht abgebaut. Als besonders schwierig erweist sich in vielen Fällen die Ermittlung der zutreffenden Jahresmietwerte, weil in vielen Gemeinden keine Mietspiegel vorliegen.
Die Bedarfsbewertungen werden fast ausschließlich von den SB durchgeführt und nehmen deren Arbeitszeit zu etwa 20 % in Anspruch.
12 Verhalten der Gemeinden
Bedienstete der untersuchten Stellen beklagten, daß ihre Arbeit von den Gemeinden oft nicht in dem gebotenen Umfang unterstützt werde. So seien die Unterrichtung über Baugenehmigungen und Bauabnahmen in Form und Inhalt nicht immer befriedigend, Unterlagen über Baulandumlegungen würden bisweilen nur widerwillig oder überhaupt nicht herausgegeben und teilweise nur nach langwierigen Verhandlungen kostenlos überlassen. Zuweilen diene der Datenschutz als Vorwand für das Zurückhalten von Unterlagen und Informationen. Soweit in Kommunen die Kosten- und Leistungsrechnung und die Budgetierung eingeführt wurden, gehe der Trend hin zur Kostenberechnung für nahezu jede Dienstleistung.
13 DV-Unterstützung
Die überall eingeführte Bildschirmsachbearbeitung (EWIS-Verfahren) hat die Bewertungsarbeit erleichtert und beschleunigt, wozu auch die Verknüpfung mit den GrESt-Grundinformationsdaten und der Direktversand der Bescheide beitrugen.
Gleichwohl gibt es noch Schwachstellen. Beklagt werden vor allem die fehlende Probeberechnung bei der Feststellung der EW für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen sowie die noch unzureichenden Möglichkeiten der Auswertung und Aufbereitung der Datenbestände (z.B. nach Gemeinden oder Arbeitsgebieten), wie dies im Veranlagungsbereich längst üblich ist. Als nachteilig erweist sich auch, daß EW-Bescheide, die mit individuellen Erläuterungen versehen werden müssen, nicht mittels Zentralversand zugestellt werden können, weil solche Eingabemöglichkeiten im EWIS-Programm bisher nicht vorgesehen sind.
Andererseits werden nicht alle Möglichkeiten, die das EWIS-Verfahren bereits heute bietet, von den Bearbeitern genutzt, weil die hierfür notwendigen Kenntnisse fehlen.
14 Automatisiertes Liegenschaftsbuch
Seit Mitte der 80er Jahre werden bei den Vermessungsämtern die Liegenschaftsbücher automationsgestützt geführt. Den Bewertungsstellen wurden bei Beginn komplette Bestandslisten übergeben. Danach erhielten sie über jede Veränderung einen Änderungsnachweis. Hierdurch fallen jährlich mehrere tausend Einzelblätter je Bewertungsstelle an, deren Bearbeitung und Ablage sehr zeitaufwendig ist.
Über den praktischen Nutzen gingen die Meinungen der Bearbeiter weit auseinander, sie reichten von brauchbar bis nahezu nutzlos . Das bedeutet, daß in einigen Bewertungsstellen die Änderungsnachweise durchgesehen und in die Akten abgelegt werden und in anderen Stellen keine Bearbeitung und Ablage erfolgt.
Von der Möglichkeit, sich in regelmäßigen Abständen nach Eigentümern und Flurstücken geordnete Bestandslisten ausdrucken zu lassen, machen - wohl aus Unkenntnis - nicht alle Bewertungsstellen Gebrauch. Bearbeiter, die aktuelle Listen verwenden, sehen darin eine Hilfe bei Sucharbeiten.
15 Steuerliche Bedeutung der Einheitswerte
15.1 Allgemeines
15.1.1 Die EW haben nach dem Wegfall der VSt und der Gewerbekapitalsteuer (GewKapSt) erheblich an steuerlicher Bedeutung verloren. Die EW für das Grundvermögen werden nur noch für die GrSt benötigt. Die EW für die Land- und Forstwirtschaft sind daneben noch Grundlage für die Anwendung anderer (weniger) steuerlicher Vorschriften. Zu erwähnen sind z.B. die in § 13a EStG geregelte Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen, die §§ 7g, 14a EStG, die den EW als Abgrenzungsmerkmal für Vergünstigungen bestimmen sowie die §§ 51 und 51a BewG, die zur ertragsteuerlichen Abgrenzung zwischen land- und forstwirtschaftlichen und gewerblichen Einkünften herangezogen werden.
15.1.2 Daneben finden die land- und forstwirtschaftlichen EW vor allem in zahlreichen nichtsteuerlichen Bereichen Anwendung. Anzuführen sind z.B. Flurbereinigungen, Höferecht, Bemessung der Beiträge zur Landwirtschaftskammer, Altershilfe, landwirtschaftliche Kranken- und Unfallversicherung sowie Förderungsmaßnahmen zur langfristigen Verpachtung von Betrieben.
15.1.3 Nach Auffassung des RH ist die Bedeutung der land- und forstwirtschaftlichen EW für die GrSt mittlerweile eher als nachrangig zu bezeichnen. Während der örtlichen Erhebungen haben die ALS hervorgehoben, daß ihre Tätigkeit zunehmend der Unterstützung der nichtsteuerlichen Verwendung der EW dient und insoweit die EW von den Landwirten und von den landwirtschaftlichen Institutionen weniger als Instrument der Besteuerung denn als Maßstab für die Inanspruchnahme von Leistungen verstanden werden.
15.2 Grundsteueraufkommen
Die GrSt ist eine Gemeindesteuer; ihr Aufkommen fließt in vollem Umfang den Kommunen zu.

15.3 Aufteilung des Grundsteueraufkommens
Das GrSt-Aufkommen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen (GrSt A) ist im Vergleich zur GrSt B nur von untergeordneter Bedeutung. Deutlich wird dies auch, wenn man das durchschnittliche Aufkommen je Akte ermittelt ( Übersicht 6).

15.3.1 Grundsteuer A
Eine nähere Analyse des Aufkommens an GrSt A macht ersichtlich, daß die einzelnen land- und forstwirtschaftlichen Einheiten in äußerst unterschiedlicher Weise zu den schon sehr geringen durchschnittlichen Steuererträgen beitragen. Welch geringes Aufkommen aus nahezu drei Viertel der land- und forstwirtschaftlichen Einheiten resultiert, ist aus Übersicht 7 ersichtlich.

Aus 70,8 % der land- und forstwirtschaftlichen Einheiten resultieren mithin nur rd. 3,7 Mio. DM des Aufkommens der GrSt A. Somit entfällt der weitaus überwiegende Anteil mit rd. 76 Mio. DM auf die restlichen 29,2 % aller land- und forstwirtschaftlichen Einheiten. Der RH hat festgestellt, daß hierzu alleine die Wohnungswerte mit etwa 29 Mio. DM (38 %) beitragen. Die gesamten land- und forstwirtschaftlichen Flächen erbringen somit nur etwa 50 Mio. DM GrSt je Jahr.
Trotz dieses sehr geringen steuerlichen Ertrags ist der zeitliche Aufwand für die Bearbeitung eines Falles der Land- und Forstwirtschaft einschließlich der Tätigkeit der ALS - unabhängig von der Höhe des EW - im Durchschnitt mindestens so hoch wie beim Grundvermögen. Welcher Aufwand selbst bei kleinsten Fällen getrieben werden muß, wird an nachfolgendem Beispiel deutlich.
Beispiel:
Im Jahr 1984 erwarben zwei Steuerbürger ein Ackergrundstück je zur Hälfte in Miteigentum. Es erging ein EW-Bescheid über 200 DM (Nachfeststellung 01.01.1985) und dementsprechend ein GrSt-Meßbescheid über 1,20 DM. Dieser war wiederum Grundlage für den von der Gemeinde zu erlassenden GrSt-Bescheid über 4 DM. Im Jahr 1985 starb einer der Miteigentümer, der von fünf Personen zu unterschiedlichen Anteilen beerbt wurde. Zum 01.01.1986 war daher eine Zurechnungfortschreibung auf die nunmehr sechs Miteigentümer vorzunehmen. Folglich war zum selben Stichtag eine Neuveranlagung des GrSt-Meßbetrages durchzuführen und ein neuer GrSt-Bescheid durch die Gemeinde zu erlassen. Im Jahr 1986 starb einer der neuen Miteigentümer; sein Anteil von ¼ ging auf drei der weiteren Miteigentümer über. Auf den 01.01.1987 ergingen daher nochmals ein EW-Bescheid über eine Zurechnungsfortschreibung, ein Bescheid über die Neuveranlagung des GrSt-Meßbetrages und ein GrSt-Bescheid. Die GrSt-Einnahmen in den Jahren 1985 bis 1987 betrugen insgesamt 12 DM. Dieser Betrag dürfte für das Briefporto der Bescheide gerade ausgereicht haben.
15.3.2 Grundsteuer B
Beim Grundvermögen ist der Steuerertrag wesentlich höher. Der in dem Gesamtaktenbestand des Grundvermögens enthaltene Anteil von 112 260 Fällen mit einem EW von unter 1 000 DM (= 2,9 %) ist im Vergleich zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen sehr gering.
16 Jährlicher Verwaltungsaufwand für die Einheitsbewertung
16.1 Gesamtaufwand
Nahezu der gesamte personelle und finanzielle Aufwand zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die GrSt wird vom Land getragen. Der RH hat diese Kosten unter Berücksichtigung der Richtsätze zur Veranschlagung der Dienstbezüge im Haushalt und der VwV-Kostenfestlegung in folgender jährlicher Höhe ermittelt (Übersicht 8).

16.2 Vergleich der Gesamtkosten der Einheitsbewertung mit dem Grundsteueraufkommen
Der Arbeitsaufwand der Bewertungsstellen für die Einheitsbewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens unterscheidet sich im allgemeinen nicht von dem Aufwand, der für jede Einheit des Grundvermögens anfällt (vgl. Übersicht).

Allerdings ist der Verwaltungskostenaufwand des Landes für die Einheitsbewertung im Vergleich zum GrSt-Aufkommen der Gemeinden sehr hoch. Besonders auffällig sind die Zahlen im Bereich des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Hinzu kommt, daß die bei den Gemeinden anfallenden Kosten für die Festsetzung und Erhebung der GrSt hierbei nicht eingerechnet sind.
Erste Analysen der am Pilotversuch Dezentrale Budgetierung teilnehmenden Finanzämter kommen - wenn auch noch z.T. auf ungesicherten Grundlagen - zu ähnlichen Ergebnissen.
17 Folgerungen
17.1 Allgemeines
Die bisherigen EW für den Grundbesitz haben seit dem 01.01.1998 ihre wesentliche Bedeutung für Steuern, die ganz oder teilweise dem Land zufließen, verloren. Dennoch sind weiterhin über 780 Bedienstete in der baden-württembergischen Steuerverwaltung mit der Ermittlung der EW nach den Wertverhältnissen 01.01.1964 beschäftigt. Während diese Tätigkeit bisher auch der Festsetzung der VSt und GewKapSt diente und die übrigen (z.T. außersteuerlichen) Anwendungsbereiche sich bequemerweise der vorhandenen EW als Bemessungsgrundlage bedienen konnten, stellt die Arbeit der Bewertungsstellen im Bereich des Grundvermögens inzwischen eine ausschließliche Dienstleistung für die Gemeinden dar. Die land- und forstwirtschaftlichen Einheitswerte hatten schon bisher erhebliche außersteuerliche Bedeutung.
Die hohen Personal- und Sachkosten der Bewertungsstellen rechtfertigen daher Überlegungen, von wem und auf welche Weise die Feststellung der EW sowie die Festsetzung und Erhebung der GrSt künftig abgewickelt werden könnten.
17.2 Vorschläge des Rechnungshofs
17.2.1 Verlagerung der Einheitsbewertung auf die Gemeinden
Der RH regt an, die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die GrSt den Gemeinden selbst zu übertragen, da die EW-Ermittlung für eigene Verwaltungszwecke der Landesfinanzbehörden schon derzeit nur noch wenig Bedeutung hat. Sie würde bei Umsetzung der Vorschläge (s. Pkt. 17.2.3) künftig ganz entfallen. Eine Übertragung auf die Kommunen entspräche im übrigen auch am ehesten dem Prinzip der Selbstverwaltung der Gemeinden.
17.2.2 Neugestaltung des Grundsteuer-Bemessungsverfahrens
17.2.2.1 Da die empfohlene Übertragung der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen auf die Gemeinden für sich allein lediglich eine Kostenverlagerung zur Folge hätte, regt der RH außerdem an, das bisher sehr aufwendige und komplizierte sowie kaum noch praktikable Verfahren und das anzuwendende materielle Recht einfacher zu gestalten.
Die Reform der GrSt ist in den vergangenen Jahren vielfach vom Finanzausschuß des Deutschen Bundestags beraten worden. Eine von ihm hierfür eingesetzte Arbeitsgruppe befaßte sich mit den verschiedenen Varianten einer GrSt-Reform, von der reinen Ausgestaltung der GrSt als Bodenwertsteuer bis hin zu verschiedenen Möglichkeiten von gemischten Maßstäben für ihre Erhebung.
Auch der Deutsche Städtetag beschäftigt sich bereits seit 1995 anläßlich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Einheitsbewertung im Steuerrecht mit dieser Frage.
17.2.2.2 Der Schwerpunkt der bisherigen Überlegungen liegt auf dem Gebiet des GrSt-Bemessungsverfahrens für das Grundvermögen. Der Deutsche Städtetag sah folgende Eckpunkte einer Reform der GrSt:
- Das kommunale Hebesatzrecht muß erhalten bleiben.
- Ein vereinfachtes GrSt-Bemessungsverfahren soll auf der Grundlage der vorhandenen Bodenrichtwerte erreicht werden, die - falls praktikabel - mit einem pauschalierten Gebäudewert zu verknüpfen sind.
- Zur Umsetzung der bodenpolitischen Ziele der Städte sollen GrSt-Meßzahlen genutzt werden, indem eine Staffelung nach Grundstücksarten, entsprechend der tatsächlichen Nutzung und/oder nach dem Bauplanungsrecht, festgelegt wird.
- Schließlich soll ein neues Besteuerungsverfahren den Zielen der Verwaltungsvereinfachung entsprechen.
17.2.2.3 Für die Abschaffung der Einheitsbewertung in der bisherigen Form gibt es eine Vielzahl guter Argumente. Als wesentliche seien genannt:
- Die Ermittlung der EW ist insgesamt aufwendig, kompliziert und kaum noch praktikabel.
- Die Anknüpfung an den Stand der Bautechnik und an die Wertverhältnisse zum 01.01.1964 führt bereits seit langem zu nicht mehr zeitgemäßen Werten, was nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht dazu veranlaßte, den Ansatz dieser Werte bei der VSt als verfassungswidrig anzusehen.
- Das bisherige dreistufige Verfahren (EW-Bescheid, GrSt-Meßbescheid und GrSt-Bescheid) ist umständlich und antiquiert.
- Insbesondere die Feststellung der land- und forstwirtschaftlichen EW gestaltet sich auch in materiellrechtlicher Hinsicht äußerst aufwendig und wenig effizient. So existieren dafür umfangreiche Richtlinien und eine Unzahl von sonstigen Verwaltungsanweisungen. Hinzu kommen die auf der Grundlage des BodSchätzG aus dem Jahr 1934 von den ALS durchzuführenden Bodenschätzungen. Zudem wird der gesamte Aufwand in den allermeisten Fällen nur betrieben, um letztlich festzustellen, daß keine oder nur eine geringe Steuer anfällt.
17.2.2.4 Der RH regt an, für Zwecke der GrSt das bisherige Bewertungsverfahren nur noch für eine Übergangszeit beizubehalten. Die bereits aufgenommenen Beratungen mit den Städten und Gemeinden darüber, ob und ggf. wie die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen durch die Kommunen selbst mittelfristig in einem stark vereinfachten Verfahren vorgenommen werden kann, sollten daher mit Nachdruck fortgesetzt werden. Das Land sollte stärker als bisher verdeutlichen, daß es mit der kostenaufwendigen Einheitsbewertung im wesentlichen eine unentgeltliche Dienstleistung für die Kommunen erbringt . Diese Unentgeltlichkeit ist in Frage zu stellen. Einen Ersatz der Kosten für diese Dienstleistungen durch die Gemeinden sollte das Land anstreben.
17.2.3 Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens als Besonderheit
17.2.3.1 Die EW des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sind nur noch für einen schmalen Teilbereich der ertragsteuerlichen Veranlagung der Land- und Forstwirte von Bedeutung. Die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sollte schon aus Kostengründen nicht mehr in der bisherigen Form fortgeführt werden.
Würde die Einkunftsermittlung der Land- und Forstwirte künftig nicht mehr nach Durchschnittssätzen, sondern - wie bei Gewerbetreibenden und selbständig Tätigen - generell auf der Grundlage von Aufzeichnungen erfolgen, wären die EW für die Ertragsbesteuerung bedeutungslos. Der Bundesrechnungshof hat hierzu in seinen Bemerkungen 1995 ausgeführt, daß die Gewinnermittlung nach § 13a EStG die Besteuerung kaum noch vereinfache und die Gewinne nur zu einem erheblich geringeren Anteil erfasse, als bezweckt gewesen sei. Wegen dieser unzutreffenden Wertansätze und anderer Mängel sollte nach Auffassung des Bundesrechnungshofs erwogen werden, § 13a EstG entweder zu ändern oder aufzuheben.
Der RH empfiehlt daher eine Initiative des Landes zur entsprechenden Änderung der Besteuerungsvorschriften.
Sollte dieser Initiative kein Erfolg beschieden sein, wäre zu überlegen, im Wege einer Rechtsänderung den Wohnteil und die Betriebswohnungen wie Grundvermögen zu besteuern und die landwirtschaftlich genutzten Flächen (evtl. einschließlich der Wirtschaftsgebäude) aus Vereinfachungsgründen von der GrSt freizustellen. Damit entfiele die aufwendige Wertermittlung. Die Mindereinnahmen, die sich für die Gemeinden hieraus ergeben würden, wären beispielsweise durch eine sehr moderate Erhöhung der Grundsteuer-Hebesätze zu kompensieren.
17.2.3.2 Die Verwendung der land- und forstwirtschaftlichen EW oder deren Berechnungsgrundlagen gewinnen lediglich im nichtsteuerlichen Bereich immer größere Bedeutung. Dabei werden die EW von den Landwirten und von den landwirtschaftlichen Institutionen weniger als Instrument der Besteuerung denn als Maßstab für die Inanspruchnahme von Leistungen verstanden.
Es kann nicht Aufgabe der Steuerverwaltung sein, weiterhin diesen Service zu bieten. Vielmehr werden die landwirtschaftlichen Institutionen selbst Kriterien und Maßstäbe festzulegen haben, nach denen z.B. die Höhe von Beiträgen oder Fördermitteln zu bemessen sind.
17.2.4 Umsetzungsalternativen
Sollte die vorgeschlagene Verlagerung der Einheitsbewertung auf die Gemeinden nicht in absehbarer Zeit realisiert werden können, hält der RH die Umsetzung seiner Überlegungen zur Vereinfachung des GrSt-Bemessungsverfahrens für dringend erforderlich. Allein durch den Wegfall der unrentablen Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens würde eine beträchtliche Effizienzsteigerung und Kostenminderung eintreten. Des weiteren bliebe zu prüfen, wie die Gemeinden zur Erstattung der Verwaltungskosten herangezogen werden könnten.
17.2.5 Weitere Vorschläge
Wenn die gemachten Vorschläge nur mittelfristig umsetzbar sein sollten, könnten die folgenden Überlegungen bereits kurzfristig zur Kostenminderung und Effizienzsteigerung beitragen:
17.2.5.1 Verringerung des umfangreichen Akteninhalts und Einführung der elektronischen Akte
Ein Teil des Akteninhalts ist entbehrlich, denn die notariellen Verträge könnten getrennt von den EW-Akten gelagert und nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist ausgesondert werden.
Besitzstandsbogen der land- und forstwirtschaftlichen Einheiten könnten elektronisch geführt werden oder bei Zugriff auf das ALB (s. Pkt. 17.2.5.2) ganz entfallen. Weiterhin wäre zu untersuchen, ob Änderungsnachweise und Bescheiddurchschriften noch in Papierform erstellt werden müssen. Die Einführung der elektronischen Akte würde große Gebäudeflächen freimachen und damit Kosten einsparen; daneben wäre eine weitere Steigerung der Verfahrenseffizienz durch einen jederzeitigen und ortsunabhängigen Zugriff auf diese Daten möglich.
17.2.5.2 Nutzung der EDV-Möglichkeiten optimieren
Die flächendeckende Einführung der Bildschirmsachbearbeitung (EWIS) hat die Bewertungsarbeit deutlich erleichtert. Dennoch gilt es, nach und nach die noch vorhandenen Schwachstellen zu beseitigen.
Wesentliche Erleichterungen und Einsparungen brächte der Verbund interner und externer Datenbestände. Allein durch den direkten Zugriff auf das bei den Vermessungsämtern geführte automatisierte Liegenschaftsbuch entfielen hunderttausende Einzelausdrucke und der damit verbundene enorme Arbeitsaufwand.
Das Grundbuch wird erst bei wenigen Gemeinden in elektronischer Form geführt. Die damit gemachten Erfahrungen sind durchweg positiv (DS 12/1724). Bei der Weiterentwicklung des Grundbuchverfahrens sollte den Bewertungsstellen die elektronische Fernabfrage ermöglicht werden.
Die Arbeit der ALS und der Vermessungsämter ließe sich erleichtern, wenn die Bodenschätzungsergebnisse nicht mehr wie bisher papiermäßig übermittelt werden müßten, sondern online in das ALB eingetragen werden könnten.
Die optimale Nutzung der DV ist nur möglich, wenn die dazu notwendigen Kenntnisse bei den Bearbeitern vorhanden sind. Die Untersuchungen haben gezeigt, daß in diesem Bereich teilweise noch erhebliche Defizite bestehen. Die Anwender sollten regelmäßig durch Fachleute geschult und unterstützt werden.
17.2.5.3 Einführung von Bearbeitungsgrundsätzen
Die Intensität der Sachverhaltsermittlung und die sich aus der verwaltungstechnischen Umsetzung ergebende steuerliche Relevanz müssen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden.
Zur Gewährleistung landesweit einheitlicher Verfahrensabläufe empfiehlt der RH die Einführung von Bearbeitungsgrundsätzen für die Bewertungsstellen, wie sie - in ähnlicher Form - bereits seit längerer Zeit für den Veranlagungsbereich und für die GrESt- und ErbSt-Stellen bestehen.
In diesem Zusammenhang sollten die auf dem antiquierten materiellen Recht beruhenden Erklärungsvordrucke überarbeitet werden. Angaben über Bauart und Ausstattung von Gebäuden sollten nicht länger auf Vordrucken zu machen sein, die noch den Stand der Technik zum 01.01.1964 berücksichtigen.
17.2.6 Angleichung der quantitativen Arbeitsleistung; Benchmarking
Die quantitative Arbeitsleistung der einzelnen Finanzämter, ausgedrückt in der durchschnittlichen Zahl der Erledigungen je Arbeitskraft, hat eine beachtliche Bandbreite. Das Finanzamt mit der höchsten Erledigungsleistung erreichte die 3-fachen Werte des Amtes mit der niedrigsten Arbeitsleistung. Diese Unterschiede sollten die Verwaltung veranlassen, die Gründe für die Abweichungen zu untersuchen und durch entsprechende Maßnahmen (z.B. Änderung der Arbeitsabläufe) eine Angleichung an die besten Finanzämter zu erreichen.
17.2.7 Zusammenarbeit mit den Gemeinden
Der RH empfiehlt, den Gemeinden bewußt zu machen, daß sie als Hauptnutznießer der Tätigkeit der Bewertungsstellen diese unterstützen sollten. Form und Inhalt von Informationen und Unterlagen für die Bewertungsstellen sollten sich möglichst an deren Anforderungen orientieren. Der Datenschutz darf nicht, wie es zuweilen geschieht, als Vorwand für das Zurückhalten von Unterlagen und Informationen dienen. Außerdem muß sichergestellt sein, daß die von den Gemeinden für die Bewertungsstellen erbrachten Dienstleistungen kostenfrei bleiben.
17.2.8 Grundstückswertstellen
Nach den bisherigen Erfahrungen bei den versuchsweise eingerichteten Grundstückswertstellen führt die Zusammenfassung der GrESt und der Einheitsbewertung zumindest zur schnelleren Festsetzung der GrESt. Eine gesamtheitliche Fallbearbeitung kann nur funktionieren, wenn die Bearbeiter in der Lage sind, beide Bereiche tatsächlich abzudecken. Für schwierige GrESt-Fälle kann nach Auffassung des RH auf Spezialisten wohl nicht gänzlich verzichtet werden.
Da die fachliche Qualifikation bei den einzelnen Bewertungsstellen des Personals sehr unterschiedlich ist, wird die landesweite Umsetzung des Projekts nicht nach einem starren Muster, sondern nur unter Berücksichtigung der personellen Ressourcen der Finanzämter erfolgen können.
17.2.9 Bedarfsbewertung
Es hat sich gezeigt, daß die Bedarfswerte für Zwecke der ErbSt von den Bewertungsstellen ohne zusätzliches Personal festgestellt werden können. Der RH sieht jedoch keinen zwingenden Grund dafür, diese Arbeiten von den Bewertungsstellen durchführen zu lassen, da die Ermittlung der Bedarfswerte mit der herkömmlichen Einheitsbewertung kaum etwas gemeinsam hat.
Die Übertragung der Ermittlung und Feststellung der Bedarfswerte auf die ErbSt-Stellen würde das Verfahren effektiver und kundenfreundlicher machen. Die notwendigen Angaben könnten gleichzeitig mit der ErbSt-/SchSt-Erklärung angefordert werden; die Bewertungsstellen müßten nicht mehr eingeschaltet werden, wodurch sich das Verfahren deutlich verkürzen ließe. Zudem müßten die Steuerpflichtigen nur noch mit einer Stelle Kontakt aufnehmen.
18 Stellungnahme des Finanzministeriums
Das FM hat keine Einwendungen gegen diesen Beitrag erhoben.