Staatliche Modeschule Stuttgart [Beitrag Nr. 14]

Trägerschaft und Struktur der Modeschule Stuttgart sollten im Hinblick auf den jährlichen Landeszuschuß von rd. 1 Mio. DM überprüft werden.

1 Ausgangslage

Die Staatliche Modeschule Stuttgart wurde 1952 in alleiniger Trägerschaft des Landes gegründet. Sie ist eine öffentliche Fachschule im Sinne der §§ 2 und 14 des Schulgesetzes Baden-Württemberg.

Die Schule bildet staatlich geprüfte Entwurfsdirektricen bzw. Bekleidungsdesigner aus. Für diese Ausbildungsgänge bestehen noch zwei weitere Modeschulen in München und in Düsseldorf als vergleichbare Einrichtungen, von denen die eine in kommunaler Regie geführt und die andere vom Verband der deutschen Oberbekleidungsindustrie mitgetragen wird.

Die Modeschule Stuttgart untersteht der Aufsicht des Landesgewerbeamts und ist in einem landeseigenen Gebäude in Stuttgart untergebracht.

Nach einer Erklärung des FM von Ende April 1999 soll die Schule künftig in einem früheren Universitätsgebäude in Stuttgart-Wangen untergebracht werden. Die Schule verfügt über 15 Mitarbeiter, von denen elf als Lehrkräfte und vier mit der Schulverwaltung beschäftigt sind. Da einige Mitarbeiter als Teilzeitkräfte beschäftigt sind, hat die Schule effektiv acht Vollzeitkräfte.

2 Die Ausbildung an der Modeschule

Die Schule verfügt über 48 Ausbildungsplätze, von denen die Hälfte jährlich durch Abschlußprüfung und Aufnahme neuer Schüler im Wechsel neu belegt wird. Voraussetzung für die Aufnahme ist u.a. eine abgeschlossene Berufsausbildung als Damen-, Herren- oder Bekleidungsschneider oder eine Ausbildung für Mode und Design im Berufskolleg sowie eine einjährige Berufstätigkeit.

Die Ausbildung an der Modeschule verfolgt den Zweck, die Schüler und Schülerinnen darauf vorzubereiten, im industriellen und handwerklichen Bereich selbständig oder mitverantwortlich Aufgaben des Entwurfs und der Modellentwicklung wahrnehmen zu können. Die Ausbildung soll gewährleisten, daß die Absolventen im Entwurfsbereich aller Sparten der Damenoberbekleidung eingesetzt werden können. Neben der Vermittlung von Fachwissen für die künftigen beruflichen Aufgaben soll die Orientierungsfähigkeit, die Kreativität und die Fähigkeit zu selbständiger Weiterbildung gefördert werden. Darüber hinaus sollen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die eine Tätigkeit als CAD-Anwender und nach ergänzender Ausbildung eine Tätigkeit in verwandten Aufgabengebieten wie Einkauf, Modeberatung, Theater und Fernsehen, Moderedaktion und Modegraphik ermöglichen.

Die Ausbildung umfaßt vier Semester als Vollzeitunterricht. In jedem Semester werden 22 Unterrichtswochen angeboten. Eine Unterrichtswoche hat 38 Wochenstunden. Über den Unterricht hinaus beteiligen sich die Schüler an nationalen, internationalen oder firmeninternen Wettbewerben, die auch für die Schule von erheblicher Bedeutung als Gradmesser für ihr Ausbildungskonzept und den Entwicklungsstand der Schüler sind.

Zu Beginn des vierten Semesters erfolgt eine Studienreise in die Modemetropole Paris zur Information über die neuesten Modeströmungen. Die Ausbildung wird mit einer Modeschau in den Räumen des Hauses der Wirtschaft beendet, bei der die Schülerinnen eigene Entwürfe vor einem Fachpublikum präsentieren.

In früheren Jahren herrschte ein sehr starker Bewerberandrang. Bis zu 400 Bewerber waren für die jährlich 24 Ausbildungsplätze zu verzeichnen. In der letzten Bewerberrunde waren es nur noch 60 Kandidatinnen.

3 Finanzielle Aufwendungen

Das Land trägt von den Aufwendungen für den Betrieb der Schule im Jahresdurchschnitt rd. 1 Mio. DM. Je Schüler sind dies 21 036 DM jährlich oder 10 518 DM je Semester.

Der Aufwand für den Betrieb der Modeschule hat sich von 1995 bis 1997 wie in der Übersicht dargestellt entwickelt:

1999-B014-Üb.jpg

Für Personal und Sachmittel werden im Jahr durchschnittlich 920 066 DM ausgegeben. Für das landeseigene Gebäude, in dem die Modeschule in Stuttgart untergebracht ist, ist ein Mietwert von jährlich mindestens rd. 160 800 DM anzusetzen. Dieser Mietwert wurde auf der Basis der üblichen Durchschnittsmiete von 25 DM je m² berechnet, die das Land derzeit für Büroflächen in Stuttgart zahlt (536 m² x 25 DM x 12 Monate).

Die Schule selbst trägt mit Einnahmen von durchschnittlich 71 118 DM im Jahr zur Kostendeckung bei. Dabei handelt es sich im wesentlichen um das Schulgeld, das die Schüler seit 1994 zahlen. Es beträgt derzeit 600 DM je Semester. Weitere Einnahmen erzielt die Schule durch Eintrittsgelder, die sie bei von ihr veranstalteten Modeschauen erhebt, sowie durch Spenden.

4 Empfehlung des Rechnungshofs

Der RH hat empfohlen, im Hinblick auf den jährlichen Landeszuschuß von rd. 1 Mio. DM die Trägerschaft und Struktur der Modeschule zu überprüfen und neu zu ordnen.

4.1 Die Modeschule Stuttgart ist seit ihrer Gründung in der Trägerschaft des Landes. Die beiden vergleichbaren Schulen in den anderen Bundesländern werden zwar nach Angaben des WM auch aus öffentlichen Mitteln finanziert, haben aber keinen staatlichen Träger. Durch einen Wechsel der Trägerschaft oder durch eine Beteiligung Dritter, insbesondere der Verbände der Textil- und Bekleidungsindustrie, könnten Synergieeffekte entstehen, die den Aufwand des Landes für die Modeschule Stuttgart mittelfristig reduzieren und das Renommee der Schule gleichzeitig erhöhen.

4.2 Die Verbände der Textil- und Bekleidungsindustrie könnten bei einer stärkeren Verflechtung mit der Modeschule das Lehrprogramm wirksamer mitgestalten und die Ausbildungsschwerpunkte auf die zukünftigen Erfordernisse des Marktes zielgerichteter ausrichten als dies eine staatliche Verwaltung allein vermag. Marktnahe, modische Kollektionen ließen sich im gegenseitigen Interesse der Unternehmen und der Schule rascher entwickeln und umsetzen. Das Ansehen der Schule könnte ein Verband besser wirtschaftlich nutzen. Finanzielles wie sonstiges materielles Sponsoring wird einem Verband eher zuteil als einer gänzlich staatlichen Einrichtung. Eine Loslösung vom engen Haushaltsgebaren eines staatlichen Trägers könnte ein flexibleres Handeln bei Engagements aus der Wirtschaft ermöglichen.

4.3 Die für einen Trägerwechsel in Frage kommenden Verbände befinden sich derzeit zwar in einer finanziell schwierigen Lage. Einem Wechsel der Trägerschaft könnten die Verbände vielleicht eher zustimmen, wenn das Land einen auf die Übergangsphase befristeten Festbetragszuschuß in Höhe des jetzigen Nettoaufwands für die Schule gewährt. Dadurch würden die Risiken eines Trägerwechsels überschau- und kalkulierbar.

Auch wäre eine gemeinsame Trägerschaft zwischen Land und Verbänden denkbar, bei der das Land für einen festzulegenden Mindeststandard anteilig die Aufwendungen trägt.

4.4 Synergieeffekte könnten sich auch daraus ergeben, daß die Modeschule mit anderen Einrichtungen im Land zusammengeführt wird und mit diesen zusammenarbeitet.

Denkbar wäre insoweit eine Zusammenführung mit der Filmakademie in Ludwigsburg, wie sie bereits angedacht wurde. Alternativ wäre zu prüfen, ob die Schule in kommunale oder private Trägerschaft übertragen werden könnte.

Darüber hinaus könnte auch in Erwägung gezogen werden, die Modeschule an eine bestehende Lehreinrichtung anzugliedern, die sich mit den Themenfeldern Mode bzw. Textildesign beschäftigt. So käme beispielsweise im Land die Fachhochschule Reutlingen in Betracht, der eine staatliche Textilfachschule und ein Berufskolleg angegliedert sind. Diese Fachschule verfügt bereits jetzt über Ausbildungsgänge bezüglich der Bekleidungstechnik für Direktricen und kommt mit ihrem Ausbildungsangebot dem der Modeschule ziemlich nahe.

5 Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums

Das WM lehnt eine Neuorganisation für die Modeschule ab, da es diese auf Grund seiner bisherigen Prüfungen für nicht realisierbar hält. Vielmehr solle die Institution basierend auf dem Zuschuß des Landes im wesentlichen unverändert fortgeführt werden. Die Einbeziehung der Verbände der Textilwirtschaft käme aufgrund ihrer wirtschaftlich schlechten Lage nicht in Betracht. Eine Zuordnung der Modeschule zu anderen Ausbildungsstätten sei wegen der unterschiedlichen Ausbildungskonzeptionen und der dort belegten Kapazitäten kaum möglich.

6 Schlußbemerkung

Der RH wiederholt seine Empfehlung, die aufgezeigten Alternativen zu prüfen und zu einer Organisationsform der Schule zu kommen, die im Hinblick auf die stark zurückgegangene Bewerberzahl zu einer spürbaren Entlastung des Landeshaushalts führt. Ggf. sollte für eine Übergangszeit bis zur endgültigen Neuorganisation der Modeschule erwogen werden, die Gebühren für die berufliche Zusatzausbildung an der Schule weiter anzuheben, denn das Schulgeld deckt derzeit nur rd. 5 % der Gesamtaufwendungen für einen Schüler je Semester ab.

Durch die Entscheidung des FM, die Schule künftig in einem früheren Universitätsgebäude unterzubringen (Sanierungsaufwand lt. FM rd. 2 Mio. DM), wurde ein Weg beschritten, der einer unvoreingenommenen Prüfung der Empfehlungen des RH eher im Wege steht.