Die Förderung sollte gestrafft und stärker an den spezifischen Anforderungen der Tourismusbranche orientiert werden. Reine Instandhaltungs- und Erweiterungsmaßnahmen sollten künftig nicht mehr gefördert werden.
1 Ausgangslage
1.1 Zuwendungen zur Förderung des Fremdenverkehrsgewerbes werden für die Modernisierung, Erweiterung oder ausnahmsweise die Errichtung mittelständischer Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes, des Campingwesens und des Kurwesens gewährt. Die Betriebe müssen in Gebieten der Ferien- und Naherholung sowie der Gesundheitsvor- und nachsorge liegen. Außerhalb dieser in den Richtlinien festgelegten Kulisse können Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes dann gefördert werden, wenn der jeweilige Standort ein Schwerpunkt des Fremden- oder Kongreßreiseverkehrs ist.
Die Zuwendungen werden als Zinssubventionen für Darlehen gewährt, die die Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank - (L-Bank) im Rahmen einer Anteilsfinanzierung dem Zuwendungsempfänger über dessen Hausbank zur Verfügung stellt. Mit Hilfe der Zinsverbilligung sollen die mit marktüblichen Darlehen verbundenen Belastungen für mittelständische Unternehmen gemindert werden.
1.2 Zwischen 1994 und 1998 wurden über 13 Mio. DM Fördermittel für die einzelbetriebliche Fremdenverkehrsförderung eingesetzt, die das Land und die EU bereitstellten. Damit wurden Darlehen in Höhe von 101 Mio. DM subventioniert und Investitionen in Höhe von 352,8 Mio. DM eingeleitet (s. Übersicht). Durchschnittlich erhielt jedes geförderte Unternehmen ein Darlehen in Höhe von 399 500 DM, das mit 52 300 DM (= 13 %) subventioniert wurde. Das damit angestoßene Investitionsvolumen lag bei rd. 1,4 Mio. DM je Förderfall. Mit 1 DM Subvention des Landes wurden durchschnittlich rd. 7 DM Förderdarlehen bewilligt und Investitionen im Wert von 26 DM angeregt.

2 Weiterentwicklung der Tourismusförderung
2.1 Die Intensität der Förderung hat in den letzten fünf Jahren stetig abgenommen. Eine Ursache hierfür dürfte neben der zurückhaltenden Investitionsneigung der Branche die Reduzierung der eingesetzten Fördermittel in diesem Zeitraum gewesen sein. Die durchschnittliche Subventionssumme, die ein wichtiger Gradmesser für die Förderintensität aus Sicht der Wirtschaftsförderung ist, hat sich von 78 046 DM im Jahr 1994 auf 28 903 DM im Jahr 1998 verringert. Ein weiterer wichtiger Gradmesser, die durchschnittliche Darlehenssumme, ist im Untersuchungszeitraum um ein Drittel gesunken. Diese Entwicklung verdeutlicht das Schaubild.

Im gleichem Zeitraum ist die Zahl der in der einzelbetrieblichen Fremdenverkehrsförderung gewährten Darlehen um 55 % zurückgegangen.
2.2 Die knapper gewordenen Fördermittel sollten konzentrierter eingesetzt werden, um wieder eine höhere Förderintensität zu erreichen. Hierzu schlägt der RH die Einführung eines Förderkatalogs vor, der auf die typischen Anforderungen der Tourismusbranche abstellt und der von Zeit zu Zeit überarbeitet wird. Auf die Förderung reiner Instandhaltungs- und Erweiterungsmaßnahmen sollte ganz verzichtet werden. Statt dessen müssen nach Auffassung des RH neue Ideen und Impulse in der Tourismusbranche und ggf. Pilotprojekte in den Vordergrund rücken. Dadurch könnte die Attraktivität des Förderprogramms erhöht werden. Die Mittel würden stärker für qualitative Verbesserungen und effektiver eingesetzt werden.
3 Weitere Empfehlungen
3.1 Anerkennung und Bewertung von Eigenleistungen
Um das persönliche Engagement der Zuwendungsempfänger bei geförderten Maßnahmen hervorzuheben, empfiehlt der RH, Eigenleistungen im Bereich der Wirtschaftsförderung anzuerkennen.
Die Wirtschaftsförderung in der heutigen Form wird vom Geldfluß-Prinzip bestimmt, d.h., ohne belegbare Ausgaben gibt es keine Fördermittel. Nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften und den Förderrichtlinien orientiert sich die Höhe der Zuwendung an den Ausgaben des Unternehmens für die geförderte Maßnahme. Die Anerkennung und Bewertung von Eigenleistungen in Form von Eigenarbeit und Sachmitteln ist nicht geregelt. In anderen Förderbereichen des Landes (z.B. Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum nach der Richtlinie des MLR vom 01.07.1994 oder im Wohnungsbau nach dem II. Wohnungsbaugesetz) werden Eigenleistungen des Zuwendungsempfängers unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt. Entsprechendes sollte auch für den Bereich der Wirtschaftsförderung, evtl. mit einer Obergrenze von 5 % der anrechenbaren Gesamtkosten, gelten. Für die Berücksichtigung und die Bewertung schlägt der RH folgende Handhabung vor:
- Eigenleistungen in Form der Eigenarbeit sollten bei der Förderung mittelständischer Unternehmen nur anerkannt werden, wenn die für den Betrieb entstandenen Kosten in Höhe des Selbstkostenpreises aktiviert oder die unentgeltlichen Arbeitsleistungen vom Bauleiter/Architekten oder einem Betreuungsunternehmen bewertet worden sind. Hierbei sollte der Wert der Eigenarbeit mit dem Betrag als Eigenleistung anerkannt werden, der gegenüber den üblichen (Netto-) Kosten der Unternehmensleistung erspart wird.
- Eigenleistungen in Form von Sachleistungen sollten nur anerkannt werden, wenn die für den Betrieb entstandenen Kosten in Höhe des Selbstkostenpreises aktiviert worden sind.
3.2 Abgrenzung von Modernisierung und Bestandserhalt
Modernisierung sollte begrifflich klar gegenüber dem Bestandserhalt abgegrenzt werden, um künftig die Förderung von Erhaltungsaufwand zu vermeiden. Fördermittel könnten dann in größerem Umfang für Maßnahmen bereitgestellt werden, die Betriebe qualitativ verbessern.
Bei über einem Drittel der geprüften Förderfälle wurden Maßnahmen gefördert, die der Ersatzbeschaffung und dem Erhaltungsaufwand zuzurechnen waren. So wurden z.B. Gasträume und Nebenzimmer renoviert, Bodenbeläge ausgetauscht, Mobiliar und Thekenbestückung ergänzt, Telefon- und Aufzugsanlagen überholt, Toilettenanlagen und Schwimmbäder saniert, Flachdächer abgedichtet sowie Fenster und Fassaden erneuert.
Der RH hat dem WM zur besseren Abgrenzung einen Vorschlag gemacht, der sich an handelsrechtlichen Vorgaben orientiert.
3.3 Privat- und Personalwohnraum
Investitionen, die der privaten Nutzung dienen, können nach den Grundsätzen des Mittelstandsförderungsgesetzes nicht gefördert werden.
Nach den Feststellungen des RH wird dies in der Förderpraxis vielfach nicht beachtet. Der RH hat dem WM einen Vorschlag zur Gestaltung des Verfahrens gemacht, der diesem Grundsatz Rechnung trägt.
3.4 Finanzierungskosten
Die derzeitigen Richtlinien sehen die Förderung von Finanzierungskosten nicht vor. Im Verwendungsnachweis der untersuchten Förderfälle war vielfach die Position „Sonstige Kosten“ aufgeführt, ohne daß hierzu nähere Ausführungen von Seiten der Hausbank und des Zuwendungsempfängers gemacht wurden. Anläßlich der örtlichen Erhebungen hat sich herausgestellt, daß es sich bei dieser Position um Finanzierungskosten wie Bauzinsen, Disagio, Zwischenfinanzierungskosten und Bearbeitungsgebühren der an der Finanzierung beteiligten Banken handelte.
Für den Bereich der Wirtschaftsförderung liegt insoweit eine Regelungslücke vor. Sofern derartige Kosten überhaupt als förderfähig anerkannt werden sollten, bedarf es einer Regelung in den Richtlinien.
4 Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums
Das WM hält einen Teil der Empfehlungen des RH zur Neukonzeption der einzelbetrieblichen Fremdenverkehrsförderung für nicht sachgerecht. Die Einführung eines Förderkatalogs lehnt das WM ausdrücklich ab, da dies den Gestaltungsspielraum in der Praxis zu stark einenge.
Ferner hält das Ministerium an der bisherigen Verfahrensweise fest, reine Instandhaltungsmaßnahmen zu fördern. Im übrigen tritt das WM den Empfehlungen des Rechnungshofs - teilweise modifiziert - bei.
5 Schlußbemerkung
Der RH hält an seiner Auffassung fest, daß ein Förderkatalog bei entsprechender zeitnaher Weiterentwicklung für die Praxis ein sachgerechter und flexibler Orientierungsrahmen zur gezielteren Förderung sein könnte. Das WM hat hierzu keine Alternative und auch sonst keine Möglichkeit aufgezeigt, eine bessere Zielgenauigkeit zu erreichen.
Die aus der Einzelfallbetrachtung abgeleiteten Folgerungen und Empfehlungen des RH sollten dazu beitragen, die Fördermittel konzentrierter und effektiver einzusetzen. Mitnahmeeffekte sollten vermieden, die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftszweiges sollte verbessert werden.
Die vorgeschlagenen Regelungen zur Eigenleistung sollen Kosteneinsparungen ermöglichen, ohne dadurch Fördermittel zu verlieren. Der Einwand, daß dadurch teilweise der Schwarzarbeit Vorschub geleistet werden könnte, wird mit den Vorschlägen des RH zur Bewertung der Eigenleistungen weitgehend ausgeräumt.