Die Landesregierung unternimmt seit 1993 erhebliche Anstrengungen, neue Steuerungsinstrumente zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Effizienz des Verwaltungshandelns einzuführen. Während die Dezentrale Budgetierung schon kurzfristig Erfolge brachte, haben sich bei der Kosten- und Leistungsrechnung und beim Controlling Defizite bei Konzeption und praktischer Umsetzung gezeigt. Vor einer landesweiten Einführung dieser Instrumente müssen die Defizite behoben und ein realistisches Konzept zur Gegenfinanzierung der geplanten Aufwendungen von bis zu 650 Mio. DM entwickelt werden, das eine schnelle Amortisation sicherstellt.
1 Ausgangslage
Die Regierungskommission Verwaltungsreform hat am 03.06.1993 dem FM den Auftrag erteilt, das Haushaltsrecht zu flexibilisieren und betriebswirtschaftliche Instrumente in der Landesverwaltung einzuführen. Zur Erprobung der wichtigsten Elemente der neuen Steuerungsinstrumente (NSI), vor allem der Dezentralen Budgetverantwortung in Verbindung mit einer Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) und einem kosten- und kennzahlenorientierten Führungssystem, wurde am 01.01.1995 ein Versuch bei zunächst 12 Pilotämtern gestartet.
Die Rechtsgrundlagen für den Modellversuch bildeten das Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum StHpl. 1994 vom 30.11.1994. Die pilothafte Erprobung wurde gewählt, weil zum damaligen Zeitpunkt bundesweit weder Konzeptionen noch Erfahrungen zum Einsatz neuer Steuerungsinstrumente in Länderverwaltungen vorlagen. Mit dem Pilotversuch sollten erste Erkenntnisse zur Übertragung dieser Steuerungsinstrumente in eine bisher kameralistisch geprägte Verwaltung gewonnen werden, um deren Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns abschätzen zu können. Im Unterschied zu den Reformansätzen in anderen Bundesländern hat Baden-Württemberg mit Unterstützung des RH von Anfang an einen umfassenden Ansatz unter folgenden Prämissen gewählt:
- Schnelle praktische Umsetzung in einer relativ großen Anzahl von Pilotbehörden auf der Basis einer einheitlichen, praxisorientierten Grobkonzeption.
- Einbeziehung von gesamten Dienststellen, im Polizeibereich auch Einbindung einer Landespolizeidirektion (Mittelbehörde).
- Kein zusätzliches Personal und keine zusätzlichen Mittel für Pilotämter.
- Integriertes DV-Konzept, d.h. Vermeiden von Doppelerfassungen für Haushaltsvollzug und KLR.
- Verzicht auf Eingriffe durch Sparauflagen und auf Abschöpfung der Effizienzrendite.
2 Feststellungen des Rechnungshofs zum Pilotprojekt
2.1 Projektorganisation und Projektverlauf insgesamt
Zur Einführung der NSI wurde unter Federführung des FM eine Arbeitsgruppe aus StM, UVM, IM und RH gebildet. Dem FM oblag die Steuerung des Gesamtprojektes. Im Bereich Controlling erfolgte eine Zusammenarbeit mit der Stabsstelle für Verwaltungsreform des IM (StaV). Um die Projektorganisation zu verbessern, wurde zum 01.09.1998 die Stabsstelle Neue Steuerung und Umwandlung von Landeseinrichtungen beim FM eingerichtet. Für die operative Projektleitung bei den Pilotämtern war das jeweilige Fachressort eigenverantwortlich zuständig. Die Implementierung der benötigten DV-Systeme wurde der OFD Karlsruhe, Leistungszentrum Haushaltsmanagementsystem, übertragen. Das FM veranlaßte eine wissenschaftliche Begleitung und ließ die Wirtschaftlichkeit einer flächendeckenden Einführung der KLR durch verschiedene externe Beratungsfirmen und Experten beurteilen.
Die Ergebnisse des Modellversuchs sind ausführlich im Bericht des FM „Evaluation der Nutzenpotentiale nach 2½ Jahren Modellversuch“ vom 03.11.1997 beschrieben. Der RH wollte eigene Erkenntnisse über die bisherigen Erfahrungen und Ergebnisse aus den Aktivitäten des Landes zur Modernisierung des Haushaltsrechts gewinnen und hat hierzu im Frühjahr 1998 bei einigen Pilotämtern (FH Pforzheim, Finanzamt Lörrach, Schloßverwaltung Schwetzingen, Statistisches Landesamt in Stuttgart und Straßenbauamt Calw) sowie im Polizeibereich (LPD Freiburg, PD Konstanz und PD Villingen-Schwennigen) Querschnittserhebungen durchgeführt. Die Erkenntnisse hieraus wurden bei der Anhörung zur Kabinettsvorlage (Einführung NSI in der Landesverwaltung) im Juni 1998, im Lenkungsausschuß zur Durchführung des Ausschreibungsverfahrens „Dienstleistungen, Hard- und Software für NSI in der Landesverwaltung“ und in diversen Erörterungen eingebracht. Über die wesentlichen Erkenntnisse und Empfehlungen des RH wird hier berichtet.
2.2 Erkenntnisse aus den Pilotämtern in verschiedenen Verwaltungsbereichen (ohne Polizeidienststellen)
2.2.1 Mit der Dezentralen Budgetierung sollen Fach- und Finanzverantwortung auf der operativen Ebene zusammengeführt und mehr Kostenbewußtsein und Wirtschaftlichkeit im Verwaltungshandeln erreicht werden. Den Pilotämtern wurden dazu größere Handlungsspielräume im Haushaltsvollzug eingeräumt. Sie erhielten erstmals Budgets zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung. Die Titel der Hauptgruppen 4, 5, 7 und 8 wurden auf je einen Globaltitel reduziert und für grundsätzlich gegenseitig deckungsfähig erklärt. Alle Mittel sind übertragbar. Aus nicht besetzten aber besetzbaren Stellen können teilweise Mittel zur Verstärkung der Sachausgaben geschöpft werden. Von Haushaltsrestriktionen blieben die Pilotämter verschont.
Die bisherigen Ergebnisse der Dezentralen Budgetierung sind überwiegend positiv zu beurteilen. Durch die Einführung der Dezentralen Budgetverantwortung wurde ein wirtschaftlicherer Einsatz der Mittel erzielt. Eine tatsächliche Einsparung von Haushaltsmitteln war nicht Zielvorgabe, die Frage der Abschöpfung einer Effizienzrendite sollte jedoch nach vier Jahren Pilotversuch angegangen werden.
Die Pilotämter berichten übereinstimmend, daß sie keinesfalls zu den inflexiblen Zuständen vor Beginn des Projekts zurückkehren wollten. Die Vorteile des in eigener Verantwortung verwalteten Budgets mit Globaltiteln gegenüber dem bisherigen Verfahren sind offensichtlich,
- die Eigenverantwortung vor Ort wird erhöht,
- Beschaffungen werden bedarfsgerechter durchgeführt,
- die Sparanreize sind höher,
- die Dienststellen setzen die zur Verfügung stehenden Mittel flexibler ein,
- die Mitarbeitermotivation steigt.
Die Dezentrale Budgetierung ist bei den Mitarbeitern und Führungskräften das meist akzeptierte von den neuen Steuerungsinstrumenten. Ihre Umsetzung ist relativ einfach und kostengünstig möglich, und die DV-technische Abwicklung funktioniert inzwischen weitgehend. Die Zusammenführung von Fach- und Ressourcenkompetenz vor Ort und die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung werden begrüßt. Erfolge mit diesem Instrument sind hauptsächlich auf die Kreativität und das neue Verantwortungsbewußtsein der Mitarbeiter vor Ort zurückzuführen.
2.2.2 Die outputorientierte Ergebnissteuerung, bei welcher die Zuweisung von Haushaltsmitteln sich in erster Linie an der Erfüllung von Zielvorgaben orientiert, ist im Pilotprojekt bisher nicht vorangetrieben worden. Nach vier Jahren Pilotprojekt liegen erst im Denkansatz Konzepte für ein outputorientiertes Budget vor. Nach wie vor wird der Haushalt nach vertrauten kameralen, inputorientierten Grundsätzen erstellt. Die Forcierung der ergebnisorientierten Steuerung wurde inzwischen aufgegriffen und als Ziel definiert.
2.2.3 Negativ ausgewirkt hat sich, daß, mit Ausnahme der LPD Freiburg, die Mittelbehörden von dem Projekt ausgeklammert waren. Diese Vorgehensweise wurde nach Angabe des FM auf Grund einer vermeintlich hohen Komplexität bewußt gewählt. Zahlreiche bürokratische Barrieren wurden dadurch aber auf- statt abgebaut. Teilweise hat sich der Fortgang des Pilotprojekts immer wieder erheblich verzögert. Vor einer flächendeckenden Einführung ist es dringend erforderlich, ressortspezifische Konzepte zur Einbindung aller hierarchischen Ebenen mit den Dienststellen zu erarbeiten. Insbesondere die künftige Stellung der Mittel- und Oberbehörden muß herausgearbeitet werden. Diesen könnten verstärkt Aufgaben im strategisch-taktischen Bereich (Auswertung von Kennzahlen, Benchmarking, Vorhalten von Spezialwissen, Marktanalysen) zugewiesen werden. Auch Kontrollen der Mittelverwendung vor Ort könnten dazu gehören.
2.2.4 Die Musterkonzeption KLR beinhaltet unter anderem einen landeseinheitlichen Kontenrahmen für die Kostenarten sowie Regeln für die Bewertung und Erfassung von Kosten und Leistungen. Die Kostenstellenrechnung ist nach organisatorischen Gesichtspunkten strukturiert. Als Kostenträger werden Produkte oder Leistungen definiert, die intern oder extern Verwendung finden oder benötigt werden.
Die Musterkonzeption sieht eine Vollkostenrechnung auf Istkostenbasis vor, d.h., auch Gemeinkosten, wie z.B. Zinsen und Abschreibungen für Gebäude, Personalkosten für Beamte, sollen grob pauschaliert über ein Umlagesystem auf die einzelnen Kostenträger umgelegt werden. Die bei den Kostenstellen anfallenden Personalkosten werden den Kostenträgern über Tätigkeitenerfassungen der Mitarbeiter verursachungsgerecht zugeordnet, indem die benötigten Arbeitsstunden mit pauschalen Personalkostensätzen (keine Istkosten) multipliziert werden; ähnlich wird bei den Raumkosten verfahren. Der Einsatz einer stufenweisen Teilkostenrechnung, in der zunächst nur die an der jeweiligen Stelle tatsächlich beeinflußbaren Kosten berücksichtigt werden, war zwar in der Musterkonzeption als Alternative erwähnt, aber in der Einführungsstrategie zur KLR nicht als Empfehlung enthalten und in den Pilotämtern nicht realisiert worden. Dies wäre aber wichtig, um dem Kostenstellenverantwortlichen die von ihm tatsächlich beeinflußbaren Kosten separat auszuweisen und damit seine Kostenverantwortung zu verdeutlichen. Bei der Konzeption der landesweiten Einführung ist nunmehr vorgesehen, eine nach Verantwortungsbereichen gestufte Teilkostenrechnung einzuführen, die in eine Gesamtkostenrechnung mündet.
2.2.5 Zur Erarbeitung einer Controllingkonzeption wurden mehrere Anläufe unternommen (1992 erste Konzeption der Stabsstelle für Information und Kommunikation des IM; 1993 Beschluß der Regierungskommission Verwaltungsreform; 1994 ein erster und 1998 ein zweiter Auftrag an externe Berater zur Erstellung einer landesweiten Controllingkonzeption), ohne diese Ansätze in die Praxis umzusetzen. Die StaV im IM hat auf der Basis des letztgenannten Beraterkonzeptes und in Abstimmung mit allen Ressorts die derzeit jüngste Rahmenkonzeption Controlling erstellt. In Kürze soll der Ministerrat über deren Umsetzung entscheiden. Als Kernelement der Controllingkonzeption ist die Erarbeitung eines landeseinheitlichen Produktkatalogs vorgesehen. Der Aufbau soll behörden- und ortsspezifisch gestaltet werden. In der Pilotphase wurden hierzu kaum praktische Erfahrungen gesammelt.
2.2.6 Den Pilotämtern wurden ein automatisiertes Haushaltsvollzugsverfahren, KLR-Software und die erforderliche Hardware zur Verfügung gestellt. Das Leistungszentrum Haushaltsmanagementsystem der OFD Karlsruhe sollte für die Koordination, operative Planung und die DV-technische Betreuung verantwortlich sein. Alle luK-Systeme sollen zukünftig von einem evtl. outgesourcten Betriebswirtschaftlichen Dienstleistungszentrum zentral betreut werden.
Die KLR-Software verfügte in der Konzeptionsphase des Pilotprojekts über kein geeignetes Berichtswesen. Das FM hat deshalb bereits im Juli 1994 ein Pflichtenheft zur Entwicklung eines DV-gestützten Informationssystems erstellt und eine weitere Firma mit dessen Entwicklung beauftragt. Darin war vorgesehen, Daten aus dem Haushaltsvollzugsverfahren, der KLR, der Anlagenbuchhaltung sowie aus spezifischen Fachanwendungen zu verknüpfen und in das Informationssystem einfließen zu lassen. Zielgruppe dieses als umfassendes Verwaltungsführungsinformationssystem (VFIS) gedachten Systems waren in erster Linie Mitarbeiter mit Controllingaufgaben sowie die Führungskräfte in den Pilotämtern. Es war angestrebt, eine größtmögliche Akzeptanz und Nutzungsbreite bei den potentiellen Anwendern zu erzielen. Das Informationssystem sollte als Basis für den effizienten und effektiven Einsatz von Personal- und Sachmitteln herangezogen werden und ad-hoc-Berichte ermöglichen. VFIS wurde zunächst als Prototyp entwickelt, um es dann mit den Pilotämtern und den beteiligten Firmen während der Projektlaufzeit weiter auszubauen. Dieses Informationssystem fand in den Pilotämtern nur sehr geringe Akzeptanz.
2.2.7 Nahezu alle Pilotämter haben über eine unzureichende Unterstützung in der eigentlichen Pilotphase seitens der Projektleitung geklagt. Sowohl die beiden federführenden Ministerien (FM und IM) als auch die zuständigen Fachressorts haben deutliche Zurückhaltung im Projektmanagement gezeigt. Dies war sicherlich auch darauf zurückzuführen, daß die personellen Ressourcen für eine intensive und konstruktive Beratung vor Ort bei weitem nicht ausreichend waren. Beim FM waren lediglich zwei Mitarbeiter und beim IM nur ein Mitarbeiter für das Projekt abgestellt, die sich nach Angaben der Ministerien zwangsläufig auf die Gesamtsteuerung und auf die Grundkonzeption beschränken mußten. Damit wurden die Pilotphase erheblich belastet und größere Erfolge verhindert.
2.2.8 Das FM hat im Evaluationsbericht die Ergebnisse des Modellversuchs dargestellt. Danach wurden bei den Pilotämtern Effizienzpotentiale von 10 - 15 % des Budgetvolumens erzielt. Die Pilotämter regen im Bericht u.a. an, weitere Teile des Landeshaushalts dezentral zu budgetieren, um größere Erfolge erzielen zu können.
Die Ausführungen des FM klingen optimistisch, sind aber für eine Entscheidung über die landesweite Einführung nicht aussagekräftig genug, da sie keine ausreichende inhaltliche Bewertung enthalten und die obengenannten Einsparpotentiale pauschal als Ergebnis der NSI dargestellt wurden. In den Modellversuchen wurden, wie das FM selbst betont hat, erst Teile des gesamten Instrumentariums erprobt; die dabei gewonnen positiven Erfahrungen lassen noch keinen sicheren Schluß zu, ob eine landesweite Einführung erfolgversprechend sein wird. Die Erhebungen des RH ergaben, daß vor allem die Flexibilisierung der Budgets und detaillierte Wirtschaftlichkeitsanalysen (außerhalb der KLR) die bisherigen Erfolge erklären. Die Kosten und die Wirkungen der einzelnen Elemente müssen im weiteren Projektverlauf vertiefend analysiert und deren Wirtschaftlichkeit möglichst optimiert werden, um die bisher getroffenen, auf groben Schätzungen beruhenden Aussagen über die Einsparpotentiale zu untermauern.
2.3 Zusätzliche Erkenntnisse bei den Pilotämtern der Polizei
2.3.1 Zur Ergänzung der bei den obengenannten Ämtern gewonnenen Erkenntnisse wurden Erhebungen einschließlich Mitarbeiterbefragungen bei drei Pilotämtern der Polizei durchgeführt. Ziel dieser detaillierten Untersuchung war, auf Grund deren Erfahrungen die Wirkung der Dezentralen Budgetierung, der KLR und des Controlling genauer zu evaluieren, um daraus Empfehlungen zur weiteren Ausgestaltung und zum Einsatz dieser Steuerungsinstrumente bei wirtschaftlich vertretbaren Kosten ableiten zu können. Da zu Projektbeginn weder auf Bundes- noch auf Landesebene konkrete Erfahrungen, Konzepte oder IuK-Lösungen zum Einsatz solcher Instrumente in der öffentlichen Verwaltung vorlagen, mußten die Pilotämter der Polizei den mühevollen und zeitaufwendigen Weg des „trial-and-error“ beschreiten. So waren vor allem im Bereich der DV leidvolle „Pionierleistungen“ zu erbringen.
2.3.2 Die Dezentrale Budgetierung hat bei den Mitarbeitern und Führungskräften der Polizei eine sehr hohe Akzeptanz gefunden. Beschaffungen erfolgen schneller, flexibler und bedarfsgerechter. Die Zusammenführung von Aufgabe, Kompetenz und Finanzverantwortung hat bewirkt, daß sich die Beschäftigten nun intensiver mit der Kostensituation in ihren Aufgaben- oder Fachgebieten auseinandersetzen. Kosten-Nutzen-Überlegungen werden vermehrt angestellt und Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Kostspielige Standards und selbst Standorte von Polizeiposten und -revieren, die bisher aus polizeitaktischen Gründen für notwendig erachtet wurden, werden unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten und ohne Vernachlässigung der polizeilichen Aufgabenerfüllung kritisch hinterfragt.
Einige Maßnahmen der Pilotämter, die z.T. bereits landesweit umgesetzt wurden, sollen dies verdeutlichen:
- Ersatz analoger Telefonanlagen durch ISDN-Anlagen; durch Zuschüsse der Telekom und Verzicht auf teure Wartungsverträge haben sich diese Investitionen schon in einem Jahr amortisiert.
- Einsatz von Dieselfahrzeugen, die im Unterhalt wesentlich günstiger sind als die bisherigen Kfz.
- Aufgabe von zwei polizeieigenen Tankstellen.
- Senkung der Treibstoffkosten durch mehr Fußstreifen im Rahmen einer am Lagebild orientierten Einsatzstrategie.
- Beschaffung von Mobiltelefonen mit Guthabenkonto für den Ermittlungsdienst.
Es fällt schwer, diese Beispiele unmittelbar der Budgetierung oder Flexibilisierung zuzurechnen, sollte doch jede wirtschaftlich denkende Verwaltung auf entsprechende Lösungen kommen. Erst die Budgetierung scheint aber hierfür Impulse geliefert zu haben.
Insbesondere im ersten Jahr der Budgetierung haben die Pilotämter zurückhaltend gewirtschaftet und große Ausgabereste gebildet. Die beiden Polizeidirektionen konnten rd. 23 % bzw. 35 %, die LPD rd. 6 % des zur Verfügung stehenden Budgets in das nächste Jahr übertragen. Durch Einsparungen bei den sächlichen Verwaltungsausgaben konnten erhebliche Mittel für Investitionen freigemacht werden. Die Abschöpfung einer Effizienzrendite zugunsten des Landeshaushalts war im Pilotversuch nicht vorgesehen.
2.3.3 Die landeseinheitliche Systematik für den Aufbau der KLR wurde für die Polizei verfeinert und auf ihre spezifischen Aufgaben angepaßt. Der Kostenstellenplan bildet die Organisationsstruktur der Dienststellen ab. Der Kostenträgerkatalog orientiert sich an den jeweiligen Endleistungen der Organisationseinheiten. Das Grundmodell der KLR der Polizei basiert auf einer Vollkostenrechnung. Die anfallenden Kosten werden im Rahmen einer Istkostenrechnung erfaßt, wobei kalkulatorische Kosten für Abschreibungen und Zinsen bisher nicht berücksichtigt werden.
2.3.4 Die Auswertung des Kostenträgers Haushaltsmanagementsystem bei den Pilotämtern der Polizei hat ergeben, daß für das Gesamtprojekt Haushaltsmanagementsystem ein jährlicher Personalaufwand je Dienststelle zwischen 0,5 und 1,0 Mio. DM entsteht; dies entspricht rd. 2 % der Gesamtpersonalausgaben. Hiervon entfällt der überwiegende Teil auf die Erfassung der Tätigkeiten. Die Mitarbeiter der Pilotämter beklagten den enormen Aufwand, der mit der Erfassung der Tätigkeiten verbunden ist, ohne daß sie über Erfolge oder Konsequenzen eine Rückmeldung erhielten. Es besteht der Eindruck, daß der mit der Erhebung der Daten verbundene Aufwand in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen steht. Hinzu kommt, daß trotz des hohen Detaillierungsgrades die aus der Tätigkeitserfassung erhobenen Daten nur sehr ungenaue Schätzwerte darstellen. Das Datenmaterial war auch nach der Erkenntnis des IM zwar umfangreich, aber inkonsistent und stellte keine gesicherte Basis für das darauf aufbauende Berichtswesen dar, welches dadurch z.T. irreführend war. Die Tätigkeitenerfassung ist dringend organisatorisch zu vereinfachen und vor allem sowohl innerhalb der Dienststelle als auch innerhalb des Polizeibereichs einheitlich zu gestalten mit dem Ziel, daß ein Streifenbeamter nicht mehr als 5 Minuten am Tag mit seinem Aufschrieb beschäftigt ist. Ein Controlling und Benchmarking ist nur auf einer sicheren Datenbasis sinnvoll und überzeugend.
2.3.5 Erste konkrete Vorschläge für ein geeignetes Kennzahlensystem hatten z.Z. der Prüfung die Polizeidirektionen entworfen. Z.B. wurden Kennzahlen für die Erfüllung der Zielvereinbarungen oder Kennzahlen für Fall-, Ereignis- bzw. Unfallkosten definiert. Hierzu sollen unter anderem die Daten aus der KLR mit der Anwendung „polizeiliches Lagebild“ verknüpft werden. Bis jetzt werden aus der KLR Daten zur prozentualen Verteilung der Tätigkeiten (Präsenz, Fehlzeiten, Außen- und Innendienst) und zur Analyse einzelner Kostenarten bzw. Kostenstellen genutzt.
Diese für die Polizeiarbeit nützlichen Ansätze wurden in der Vergangenheit weder vom IM noch von der LPD Freiburg aufgegriffen; sie sollen jetzt aber in die Erarbeitung einer landesweiten Konzeption einfließen. Die erarbeiteten Kennzahlen haben sich noch nicht als fester Bestandteil des Steuerungsinstrumentariums etabliert. Auch die unzureichende Funktionalität der eingesetzten DV erschwerte die konzeptionelle Weiterentwicklung. Da das Führungsinformationssystem die benötigten Informationen bisher nicht bzw. nur in unzureichender Form bereitstellen konnte, haben die Pilotämter mittels Excel oder anderer Reportingsysteme versucht, eigene Berichte zu erarbeiten.
2.3.6 Trotz guter konzeptioneller Ansätze haben die Pilotämter bislang kein transparentes periodisches Berichtswesen installiert. Die Analyse der Daten muß überwiegend über umständliche manuelle Zwischenschritte erfolgen. Einfache, aber durchgängige und einheitliche Standardberichte oder Soll-Ist-Analysen hätten die Qualität des Berichtswesens erheblich verbessert. Mit wenigen relevanten Kennzahlen, die landeseinheitlich für den Polizeibereich zu definieren wären, könnte ohne größeren Aufwand ein landesweites Benchmarking aufgebaut werden. Entsprechende methodische Anregungen will die Polizei nunmehr aufgreifen.
2.3.7 Die externe Beratung wurde als zu wenig hilfreich für die Lösung der konkreten Probleme beurteilt. Die Unterstützung seitens der Projektleitung im IM wurde ebenfalls als unzureichend empfunden, wodurch die konzeptionelle Weiterentwicklung gebremst wurde. Die Pilotämter waren mit der Vielzahl der neuen Herausforderungen in den Bereichen Haushalt, Personal, DV und Controlling stark belastet. Dennoch haben sich im Verlauf des Projekts etliche der Beschäftigten in Eigeninitiative fortgebildet.
2.3.8 Die Pilotämter mußten sich auf Grund der Unzulänglichkeiten der anfangs zur Verfügung gestellten Software primär auf die Lösung der DV-technischen Probleme konzentrieren. Angesichts geringen betriebswirtschaftlichen Sachverstands und wegen fehlender eigener Erfahrungen mußte man sich an dem von der Softwarefirma erstellten Fachkonzept orientieren und die Organisation des Projekts im wesentlichen an die Bedürfnisse der einzelnen Softwaremodule anpassen. Das DV-System wurde vor allem auf Grund der Hinweise sowie der Produktionstests und Anregungen der Pilotämter weiterentwickelt, so daß erst 1997 eine akzeptable Version der KLR-Software im Einsatz war.
3 Aktueller Stand des Projektes sowie Beurteilungen und Empfehlungen des Rechnungshofs
3.1 Kabinettsbeschluß und Ausschreibung zur landesweiten Einführung neuer Steuerungsinstrumente
Der RH hat im Juni 1998 zum Entwurf der Kabinettsvorlage Stellung genommen und konkrete Vorschläge u.a. zum Haushaltsvollzugsverfahren, zur differenzierten, bedarfsorientierten Ausprägung der KLR, zum Bedarf an Controllerstellen und zur Gegenfinanzierung unterbreitet, die im wesentlichen in die Endfassung der Kabinettsvorlage eingeflossen sind. Der Ministerrat hat am 13.07.1998 von der Grundkonzeption zur landesweiten Einführung NSI mit den Elementen der Dezentralen Budgetverantwortung, der KLR, eines Führungsinformationssystems und des Controlling in allen geeigneten Bereichen Kenntnis genommen. Das FM wurde mit der Durchführung eines EU-weiten Teilnahmewettbewerbs mit anschließendem Verhandlungsverfahren und der Einrichtung eines Lenkungsausschusses beauftragt.
Unter Vorsitz des FM hat sich dieser Ausschuß, in dem alle Ressorts und der RH vertreten sind, am 03.12.1998 konstituiert; er soll die weiteren Schritte zur Einführung der NSI fachlich begleiten.
Der EU-weite Teilnahmewettbewerb hat stattgefunden, und ausgewählte Firmen haben zwischenzeitlich konkrete Angebote abgegeben. Die Gespräche zur Entscheidungsfindung laufen. Die Landesregierung will im Herbst 1999 über die Zuschlagserteilung entscheiden.
3.2 Kosten der neuen Steuerungsinstrumente und deren Gegenfinanzierung
3.2.1 Die Einführung der NSI in der Landesverwaltung, nach Aussage des FM das größte Reformprojekt seit der Gemeindereform, wird nach Prognosen in einem Gutachten einmalige Gesamtinvestitionen von rd. 384 Mio. DM für Hardware, Software und Schulungen verursachen; die laufenden Betriebsausgaben für die KLR und das Controlling einschließlich der vom Gutachter vorgeschlagenen 700 Controller sollen rd. 112 Mio. DM/Jahr betragen. Im Gutachten unberücksichtigt geblieben sind die kurzfristig noch aufzubringenden Mittel für das Haushaltsmanagementsystem in Höhe von rd. 40 Mio. DM. Der Amortisationszeitraum für diese Aufwendungen zur Einführung der NSI wurde vom Gutachter mit 5,4 Jahren angenommen, wobei von einem realisierbaren Stellenabbau von 6 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ab dem 5. Jahr von jährlichen Einsparungen bei den Sach- und Investitionskosten von rd. 60 Mio. DM ausgegangen wurde.
3.2.2 Das Projekt soll lt. Nachtragshaushaltsplan 1999 sonderfinanziert werden. Das FM ist ermächtigt, 1999 Kredite bis zu 5 Mio. DM aufzunehmen und Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben in den Jahren 2000 bis 2004 bis zum Gesamtbetrag von 650 Mio. DM einzugehen. Die Inanspruchnahme dieser haushaltsrechtlichen Ermächtigung ist an eine von der Landesregierung zu beschließende Finanzierungskonzeption gebunden, die eine volle Gegenfinanzierung der Gesamtkosten durch Stellen- und Sachmitteleinsparungen bis zum Jahr 2010 gewährleistet; konkrete Zahlen wurden hierzu nicht genannt. Der obengenannte Gesamtbetrag von 650 Mio. DM ist deutlich höher als die vom Gutachter ausgewiesene Haushaltsbelastung, die auf nur 400 Mio. DM in den ersten drei Hj. geschätzt wurde. Zur Begründung weist das FM darauf hin, daß die Gegenfinanzierung erst mit Zeitverzug ab 2004 erfolgen kann und Zinsen in nicht unerheblichem Umfang anfallen werden.
3.2.3 Der RH hat frühzeitig auf die Notwendigkeit einer realistischen Gegenfinanzierung und stringenter Wirtschaftlichkeitskontrolle des Projektes hingewiesen. Der geplante Stellenabbau wird sich nicht automatisch aus der Einführung der NSI ergeben; er wird deshalb gesondert als politische Zielvorgabe beschlossen werden müssen. Nach Auslaufen der in der Vergangenheit bereits beschlossenen und noch nicht vollständig abgewickelten Stellenabbauprogramme bietet nach den Vorstellungen von FM und IM die ab dem Jahr 2004 zu erwartende hohe Personalfluktuation hierzu die notwendigen Spielräume. Die sich aus der KLR ergebenden Hinweise, ergänzt durch detaillierte Personalkennziffern-Analysen und Benchmarking-Prozesse, bieten der Verwaltung die Chance, vom Rasenmäher-Prinzip abzuweichen und den Personalabbau differenziert und auch in bisherigen Schonbereichen umsetzen zu können. Die vom Gutachter berechnete Amortisationsfrist von 5,4 Jahren unterstellte einen sofortigen Beginn des Stellenabbaus; in den ersten vier Jahren sollten bereits 1 700 Stellen wegfallen. Diese Berechnung muß modifiziert werden, weil mit dem zusätzlichen Stellenabbau zumindest in den Kernbereichen der Landesverwaltung erst nach Ablauf der in der Vergangenheit bereits beschlossenen und derzeit noch laufenden Stellenabbauprogramme begonnen werden soll.
4 Gemeinsame Stellungnahme von Finanz- und Innenministerium
In einer gemeinsamen Stellungnahme vom März 1999 haben das FM und das IM keine grundlegenden Einwendungen zu den Prüfungsmitteilungen des RH erhoben.
Die Ministerien haben in dieser Stellungnahme insbesondere den pilothaften und ergebnisoffenen Charakter des Projekts betont. Da zu Projektbeginn keine fertigen Konzepte oder Erfahrungen vorlagen, sei primäres Ziel gewesen, die Eignung der verschiedenen NSI für einen landesweiten Einsatz zu erproben und Erkenntnisse zur Ausprägung und IuK-Konzeption zu gewinnen. Im Unterschied zu anderen Ländern habe Baden-Württemberg den Schwerpunkt auf eine schnelle praktische Umsetzung und auf realistische Rahmenbedingungen gelegt. FM und IM seien der Auffassung, daß Baden-Württemberg mit diesem Ansatz im Bundesvergleich einen Spitzenplatz bei der Umsetzung der NSI einnehme.
Im Unterschied zum RH ist das FM der Meinung, daß die erzielten Nutzeneffekte nicht einzelnen Instrumenten der neuen Steuerung zugerechnet werden könnten. Das IM legt dar, daß die Zielvorgaben des Modellversuchs in vollem Umfang erreicht worden seien. Es weist darauf hin, daß Ziel der KLR bei der Polizei in erster Linie die Optimierung der Aufgabenwahrnehmung sei und nicht der Abbau von Stellen.
5 Folgerungen und Vorschläge des Rechnungshofs zum weiteren Vorgehen
5.1 Allgemeine Feststellungen
Der RH begrüßt ausdrücklich die Bemühungen der Landesverwaltung, zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Effizienz des Verwaltungshandelns betriebswirtschaftliche Methoden und Instrumente in den Behörden und Dienststellen des Landes einzuführen und eine höhere Professionalisierung im Umgang mit betriebswirtschaftlichen Instrumenten aufzubauen. Der Umfang dieses Reformprojektes und die dafür notwendigen hohen finanziellen Mittel erfordern eine intensive konzeptionelle Durchdringung der mit Dezentraler Budgetierung, KLR, Controlling und Zielvereinbarungssystemen verbundenen Chancen und Risiken. Diese inhaltlichen Klärungen dürfen nicht überlagert werden durch die mehr technisch geprägten Fragen der Ausstattung mit Hard- und Software und der Systementscheidungen, die ebenfalls schwierig und nur mit hohem Kostenaufwand zu lösen sind. Zum Gelingen dieses Projektes gehören aber auch schlüssige, überzeugende inhaltliche Konzepte und ein erhebliches Maß an Motivation und Bereitschaft zu wirtschaftlichem Denken und Verantwortungsbewußtsein, insbesondere bei den Führungskräften. Der RH erwartet diesbezügliche Überlegungen, Strategien und Anreizmodelle. Das IM hat für die Polizei zwischenzeitlich ein Konzept zur Einführung der Dezentralen Budgetierung im Hj. 1999 entwickelt. Das Konzept wurde dem Finanzausschuß am 15.04.1999 vorgelegt.
Der RH weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß er im Hinblick auf die zu erwartenden erheblichen Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung des Landtags eine Einbeziehung des Landtags in die Entwicklung der NSI für erforderlich hält. Die vorgesehene Abkehr von der bisherigen Haushaltssystematik und die Hinwendung zu einer ergebnisorientierten Steuerung wird die Haushaltsaufstellung und die Kontrolle der Regierung qualitativ verändern.
Im weiteren Verlauf des Reformprojekts sollen Fehlentwicklungen weitgehend vermieden werden. Bevor ganze Verwaltungen einbezogen werden, müssen ausgereifte Konzepte vorliegen, wobei die Instrumente der neuen Steuerung unterschiedlich zu beurteilen, auszugestalten und umzusetzen sind. Daher hat der RH die im Zusammenhang mit seiner Beteiligung am Reformprojekt gewonnenen Erkenntnisse und die Erfahrungen der Querschnittsanalyse bei verschiedenen Pilotämtern, die durch detaillierte örtliche Erhebungen bei der Polizei untermauert und ergänzt wurden, in den nachstehenden Empfehlungen zu den einzelnen Bausteinen der neuen Steuerung zusammenfassend dargestellt.
5.2 Haushaltsmanagementsystem
Die Einführung eines landesweiten Haushaltsvollzugsverfahrens wurde bereits 1985 beschlossen. Obwohl das der Einführung der NSI zugrundeliegende Gutachten von der Prämisse ausgeht, daß dieses automatisierte Verfahren bereits landesweit installiert ist, sind bisher nur 150 von 1 200 Dienststellen damit ausgestattet. Unbestritten ist, daß ein derartiges landeseinheitliches Verfahren bei optimalem Einsatz erhebliche Verbesserungen (Rationalisierungen, Ablaufoptimierungen, Erhöhung der Sicherheitsstandards usw.) bringen kann. Die Einführung der weiteren Steuerungselemente (Dezentrale Budgetierung und KLR) bedingt dieses Instrumentarium, da z.B. die KLR hierauf aufgesetzt werden soll. Dieser Reformschritt ist zügig abzuschließen. Hierzu muß kurzfristig ein schlüssiges Gesamtkonzept erarbeitet und festgeschrieben werden, das aufzeigt, bei welchen Landesdienststellen das automatisierte Haushaltsvollzugsverfahren vor Ort zu installieren ist und welche Dienststellen von anderen Behörden bzw. von einem zu schaffenden Betriebswirtschaftlichen Dienstleistungszentrum betreut werden sollen.
5.3 Dezentrale Budgetierung
Die Ziele der Dezentralen Budgetierung wurden bei den Pilotämtern weitgehend erreicht und dabei kostspielige Standards zunehmend hinterfragt, Kosten-Nutzen-Überlegungen verstärkt angestellt. Der verstärkte Einsatz der Dezentralen Budgetierung wird vom RH begrüßt. Grundvoraussetzung für eine wirtschaftliche Handlungsweise der einzelnen Behörden ist die weitgehende Eigenständigkeit beim Mitteleinsatz. Bei der weiteren Ausgestaltung sollten folgende Überlegungen mit berücksichtigt werden:
- Die bisherige Orientierung allein an den Ist-Ergebnissen des Vorjahres muß baldmöglich durch die Erarbeitung outputorientierter Budgets, bei welcher die Zuweisung von Haushaltsmitteln sich in erster Linie an der Erfüllung von Zielvorgaben für Produkte und Leistungen orientiert, abgelöst werden. Führungsinstrumente wie Zielvereinbarungen, Kontraktmanagement, Kennzahlenbildung und Benchmarkingprozesse sollen hierzu Hilfestellung geben.
- Bisher ist vorgesehen, lediglich rd. 10 % des Haushaltsvolumens in die Dezentrale Budgetierung einzubeziehen. Dies ist angesichts des mit der Einführung der NSI verbundenen Aufwandes zu wenig. Weitere Erfolge sind langfristig nur zu erreichen, wenn auch der Personalhaushalt einbezogen wird. Weitere Kompetenzen sollten auch im investiven Bereich in die operative Ebene verlagert werden. Der Pilotversuch zeigt, daß Dezentrale Finanzverantwortung einen Anreiz für wirtschaftliches und bedarfsorientiertes Handeln schafft. Die übergeordneten Dienststellen sollten sich auf Serviceleistungen und Festlegung notwendiger Standards beschränken. Eine einheitliche und kompatible DV-Ausstattung kann durch das Landessystemkonzept, die VwV-Finanzsysteme bzw. z.B. durch polizeispezifische Vorgaben gewährleistet werden.
- Die Übertragung weiterer Zuständigkeiten im Bereich des Gebäudemanagements ist zu prüfen. Die Mieten, Bewirtschaftungs- und Bauunterhaltungskosten werden bisher von den Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern verwaltet. Um auch auf diesen Gebieten nennenswerte Effizienzsteigerungen und ein verstärktes Kostenbewußtsein zu erreichen, sollten die dafür veranschlagten Mittel zumindest teilweise auf die Nutzer übertragen werden. Dabei müssen Wege gefunden werden, welche die bisherigen Vorteile zentraler Markt- und Fachkenntnisse mit dezentralen Entscheidungs- und Verantwortungsstrukturen verbinden. Anreizmodelle dieser Art erwägt das FM, wenn es auch an einer zentralen Steuerung durch die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung festhalten will. Hierzu sei auf den Beitrag Nr. 21 „Unterbringung von Landesbehörden“ in dieser Denkschrift verwiesen.
- Von den klassischen Querschnittsaufgaben Haushalt, Personal und Organisation sind bisher nur Teilbereiche des Haushalts auf die Pilotämter übertragen worden. Personal- oder Organisationsangelegenheiten werden hingegen weiterhin überwiegend von vorgesetzten Dienststellen geregelt. Gerade im organisatorischen Bereich steckt noch viel Einsparpotential, das die Pilotämter mangels Zuständigkeit und nicht vorhandener Personalressourcen bisher nicht realisieren können.
5.4 Kosten- und Leistungsrechnung
5.4.1 Allgemeines
Analysen bei den Pilotämtern haben ergeben, daß die KLR im Unterschied zur Dezentralen Budgetierung (jedenfalls in der günstigen Pilotkonstellation) - von wenigen Ausnahmen abgesehen - noch kaum konkrete Umsetzungserfolge erbracht, aber einen erheblichen personellen Aufwand verursacht hat. Dies gilt insbesondere für die Zeitaufschriebe und deren Überleitung in die KLR. Trotz des hohen Zeit- und Kostenaufwandes bietet die KLR, insbesondere wegen erheblicher Inkonsistenz bei Zeitaufschrieben, zu starker Pauschalierung und teilweiser Nichtberücksichtigung kalkulatorischer Kosten, noch keine gesicherte Datenbasis für ein Controlling. Die beabsichtigte landesweite Einführung der KLR wird mit weiteren erheblichen Investitionen und Entwicklungsaufwand verbunden sein, weil für ganz wesentliche Teile (wie z.B. Produktbildung, behördenspezifische Ausgestaltung der KLR) noch Konzeptionen zu erarbeiten sind. Die Landesregierung läßt die Dezentrale Budgetverantwortung ohne KLR nicht zu, da die tradierten Steuerungs- und Kontrollinstrumente der Kameralistik zumindest teilweise wegfallen. Sie sind durch ein Instrument zu ersetzen, das Informationen darüber liefert, wie die Ressourcen effektiver eingesetzt werden können. Der neue § 7a LHO schreibt hierzu zwingend die KLR vor.
Daneben müssen zukünftig auch dem Parlament Kennzahlen für die Vereinbarung politischer Ziele bei der Haushaltsplanaufstellung und zur Evaluation der Zielerrreichung geliefert werden.
Der RH verkennt keineswegs, daß durch die Kostentransparenz positive Impulse für kostenbewußtes Handeln geliefert werden. Die KLR darf aber nicht zum Selbstzweck werden, sondern muß sich gleichfalls am Grundsatz der Wirtschaftlichkeit orientieren. Angesichts der Vielfalt der Landesbehörden muß sich ihre Ausprägung an den Bedürfnissen der einzelnen Verwaltungszweige orientieren. Für die Entscheidung zur Form und Ausprägung der KLR sind die steuerungsrelevanten Kennzahlen im Einzelfall frühzeitig festzulegen und hieraus die entsprechende Formen von Kostenrechnungssystemen zu entwickeln.
5.4.2 Einführungsstrategie auf der Grundlage einer ABC-Analyse
Die Landesregierung hat die Empfehlung des RH, die KLR stufenweise einzuführen, im Zusammenhang mit der Ausschreibung aufgegriffen. Mittels einer ABC-Analyse ist zu prüfen, bei welchen Behörden die KLR schnell einen hohen Nutzen (A-Behörden) erbringt; mit diesen sollte dann umgehend begonnen werden.
Dabei sind jeweils auf den Behördenzweig angepaßte und für die jeweilige Größenordnung der Behörde geeignete Formen der KLR zu erarbeiten. Eine umfassende, voll ausgebaute KLR ist nur in Dienststellen sinnvoll, bei denen durch näher zu bestimmende Kriterien ein wirtschaftlicher Einsatz gewahrt ist. Diese Kriterien könnten sich orientieren
- am Haushalts- bzw. beeinflußbaren Budgetvolumen,
- an der Anzahl der Mitarbeiter,
- an der Aufgabenstellung (privatwirtschaftlich oder hoheitlich),
- an der Konkurrenzsituation zu privaten Anbietern,
- an Organisationsabläufen, die betrieblichen Charakter haben,
- am Bedarf einer Kalkulationsgrundlage für die Festsetzung von Gebühren.
Für B- und C-Behörden könnten einfachere Systeme mit Überwachung der Kostenarten auf der Basis des Haushaltsmanagementsystems genügen, die um wenige Kennzahlen ergänzt werden.
Parallel dazu könnte für die verschiedenen Gruppen von Verwaltungsbereichen die KLR in Wellen so eingeführt werden, daß zum bisherigen Pilotamt weitere Ämter dieser Verwaltung aus allen Regierungsbezirken einschließlich der jeweils übergeordneten Dienststellen einbezogen und erst nach der Evaluation die abschließenden flächendeckenden Festlegungen getroffen werden (z.B. ein Straßenbauamt je Regierungsbezirk, die Regierungspräsidien und das Landesamt für Straßenwesen).
Durch die stufenweise Einführung der KLR lassen sich die Gesamtausgaben insbesondere in Bezug auf die DV-Ausstattung, die Lizenz-, Schulungs- und Betreuungskosten erheblich reduzieren bzw. verschieben, und vor allem aber lassen sich Umsetzungsprobleme durch eine höhere Akzeptanz vermeiden.
5.4.3 Teilkostenrechnung
Die Anregung des RH wurde aufgegriffen, die bislang vernachlässigte Teilkostenrechnung verstärkt zu verfolgen. Nur eine einfache Vollkostenrechnung auf Istkostenbasis zu realisieren, wäre problematisch, da
- wichtige Informationen, die für Planung, Steuerung und Kontrolle notwendig sind, nicht geliefert werden, weil weder Kostenverursachung noch Kostenverhalten transparent werden,
- Entscheidungen über Aufgabenabbau, Privatisierung oder Outsourcing zu falschen Ergebnissen führen können.
Für die Teilkostenrechnung ist ein Konzept zu entwickeln, in welchem z.B. durch eine stufenweise Zuordnung der Fixkosten entsprechend den Verantwortungsbereichen nach dem Grundkonzept einer mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung bessere Entscheidungsgrundlagen erreichbar sind. Im Endergebnis müssen aber auch die Gesamtkosten einschließlich aller Gemeinkosten dargestellt werden.
5.5 Controlling
Aus den Ergebnissen der KLR ergeben sich nicht automatisch Hinweise auf Personaleinsparungen und monetäre Abschöpfungspotentiale. Hierfür sind im Rahmen eines Controlling gesonderte Kennzahlen, Benchmarking-Prozesse und Analysen erforderlich. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse müssen zukünftig konsequent umgesetzt werden. Die NSI sollten als Chance gesehen werden, Mängel und Einsparpotentiale in der Aufbau- und Ablauforganisation zu erschließen. Es genügt letztlich nicht, nur die Kosten für eine Leistung oder ein Produkt aufwendig und mit erheblichen Annahmen und Fiktionen verbunden zu ermitteln, Datenfriedhöfe aufzubauen und dann kein geeignetes Benchmarking anzuschließen. Hierzu sind schnellstmöglich für die einzelnen Verwaltungen steuerungsrelevante Daten festzulegen. Diese Vorgehensweise könnte mit dazu beitragen, die Akzeptanz für ein systematisches Controlling in der Landesverwaltung zu erhöhen. Auf den Aufbau eines umfassenden, aber sehr kostspieligen Führungsinformationssystems könnte zunächst verzichtet werden.
Erst durch ein geeignetes und praktiziertes Controlling, wenn auch zunächst nur in einfacher Form, können die ermittelten Kosten und evtl. auch die Leistungen bewertet und das Verwaltungshandeln wirtschaftlicher gesteuert werden. Viele Fach- und Gemeinkostenbereiche könnten z.B. durch eine stufenweise Teilkosten- oder eine Prozeßkostenrechnung transparenter gestaltet und verbessert werden. Daneben dürfen aber die klassischen Methoden wie z.B. Aufgabenkritik, Wertanalyse, Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Personalbedarfsberechnungen usw. nicht vernachlässigt werden.
Die bisher vorliegende Rahmenkonzeption Controlling enthält weder für die Pilotämter noch für die Adressaten des Verwaltungscontrolling (Parlament, Ministerien, Mittelbehörden, RH) praktische Anhaltspunkte für eine konkrete Ausgestaltung. Sie beschreibt sehr umfänglich, aber auf abstraktem Niveau Ziele, Rahmenbedingungen und Möglichkeiten des Controlling. Insbesondere die Anwendung des umsetzungsorientierten Steuerungsansatzes der Balanced Scorecard (ausgewogener Berichtsbogen) konnte in der Praxis bislang nicht nachgewiesen werden; dieser Ansatz sollte schnellstmöglich praktisch erprobt werden. Die betriebswirtschaftlichen Ausführungen und Begriffsdefinitionen sind für die Führungskräfte und für die mit Controllingaufgaben betrauten Mitarbeiter hilfreich. Um die Anregungen erfolgreich umsetzen zu können, bedarf es jedoch intensiver Hilfe für die Bediensteten vor Ort. Die knapp gehaltenen Beispiele sind dringend zu konkretisieren und zu ergänzen.
Der RH empfiehlt, zumindest für die Ministerien schnellstmöglich einige Controller möglichst mit Erfahrungen in der öffentlichen Verwaltung zu gewinnen. Gegebenenfalls sind qualifizierte Verwaltungsbeamte entsprechend fortzubilden. Diese sollen in den Ministerien als Koordinatoren und als kompetente Ansprechpartner den Behörden zur Verfügung stehen und den landesweiten Einsatz federführend steuern. Sie sollten mit dazu beitragen, daß zur Erfolgskontrolle und Ergebnissteuerung Zielvereinbarungssysteme frühzeitig erarbeitet werden.