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Denkschrift 2021

Vorwort

1. Der Haushalt 2020 war durch die Pandemie geprägt. Mit einer Nettokreditaufnahme von fast 11 Mrd. Euro - davon 7,2 Mrd. Euro alleine für die Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen - stiegen die Schulden des Landes um 24 Prozent auf ein Rekord-Niveau von 56 Mrd. Euro. Für 2021 sind bislang 2,5 Mrd. Euro an konjunkturbedingten neuen Schulden vorgesehen.

Nach einem Jahrzehnt stark steigender Steuereinnahmen prognostizierte die Mai-Steuerschätzung 2020 einen Rückgang der Netto-Steuereinnahmen für 2020 von 3,3 Mrd. Euro gegenüber dem Haushaltsansatz. Im Vollzug lag das Minus dann bei 2,2 Mrd. Euro. Gegenüber dem Zweiten Nachtrag verbesserten sich die Ist-Steuereinnahmen um 1,2 Mrd. Euro. Für 2021 erwartet die Steuerschätzung vom Mai 2021 eine Verbesserung von 657 Mio. Euro gegenüber dem Haushaltsansatz des Zweiten Nachtrags.

Die Verbesserung der Einnahmenerwartungen kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mittelfristige Finanzplanung für 2022 bis 2024 erhebliche Deckungslücken von 3,6 bis 4 Mrd. Euro aufweist. Diese zu schließen, wird eine Herausforderung für die Haushaltspolitik des Landes sein, die nicht - wie so oft in der Vergangenheit - allein nur über Verbesserungen auf der Einnahmenseite und durch Nutzung günstiger Einmaleffekte zu bewältigen sein dürfte.

Das Land hat mit neuen, durch die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse legitimierten Krediten Stabilisierungsmaßnahmen zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie auf die Beine gestellt. Das war notwendig und sachgerecht. Und im zweiten Jahr der Pandemie lässt sich noch nicht abschließend sagen, was unter Umständen an weiteren Unterstützungs- und Stabilisierungsmaßnahmen erforderlich sein wird.

Allerdings ist erkennbar, dass innerhalb der aufgenommenen Notlagen-Kredite durchaus noch erheblicher Spielraum für gegebenenfalls neue pandemiebedingte Maßnahmen besteht, also die Aufnahme weiterer Schulden nicht in erster Linie und allein die Lösung zur Finanzierung neuer Ausgaben mit Pandemiebezug ist. So hat sich bis heute der mit 1 Mrd. Euro dotierte Beteiligungsfonds des Landes, über den bis heute noch keine Unternehmenshilfe realisiert wurde, als nicht erforderlich erwiesen, jedenfalls was dessen Volumen betrifft. Sollten neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemiefolgen notwendig werden, sind hierfür die kreditfinanzierten Mittel des Beteiligungsfonds umzuschichten. Ansonsten sind damit Schulden zu tilgen. Das Vorhalten von kreditfinanzierten Rücklagen als allgemeine Reserve ist von den Ausnahmeregeln der Schuldenbremse nicht legitimiert.

Unabhängig davon werden die Spielräume für die Haushalte der nächsten Jahre begrenzt sein, was schon vielfach zu Kritik an den Regelungen der Schuldenbremse und zu Forderungen nach deren Reform geführt hat, aus Sicht des Rechnungshofs vorschnell und unbegründet.

Die Schuldenbremse hat sich in der Naturkatastrophe der Pandemie bewährt. Die Krise als Ausnahme zu regeln war richtig. Jetzt geht es darum, der ebenso bewusst geregelten Konjunkturkomponente gerecht zu werden, die auch außerhalb einer Krisensituation im konjunkturellen Abschwung durchaus Kredite zulässt, aber eben in begrenztem Umfang. Genau das hat der Gesetzgeber der Schuldenbremse aus der Erfahrung jahrzehntelanger ungebremster neuer Schulden, die jeweils nur durch die Höhe der Investitionen des jeweiligen Haushalts begrenzt war, aber gewollt. Sein Ziel war und ist: künftig keine dauerhafte Erhöhung des Altschuldenbestands mehr.

Dies erfordert allerdings, Ausgaben daran auszurichten, was notwendig, nicht was wünschenswert ist. Hinweise dafür, dass in dieser Hinsicht durchaus Spielräume bestehen, sind die erneut gestiegenen Ausgabenreste sowie ein hoher Kassenüberschuss für das Jahr 2020.

2. In vielen Bereichen der Gesellschaft hat die Pandemie dazu geführt, dass gewohnte Abläufe durch andere, häufig digitale Lösungen ersetzt werden mussten. Die Pandemie hat Prozesse zum Teil beschleunigt und die Bedeutung der Digitalisierung deutlich gemacht. Das gilt nicht nur für Unternehmen, sondern in besonderer Weise auch für die öffentliche Verwaltung.

Das Thema „Digitalisierung“ wird auf lange Sicht auf der politischen Tagesordnung und den finanziellen Bedarfslisten bleiben. Vor dem Hintergrund der wachsenden Konsolidierungserfordernisse ist es daher umso wichtiger, die knapper werdenden Ressourcen auch in diesem Bereich effizient und zielgerichtet einzusetzen. Der Rechnungshof hat der Digitalisierung besonderes Augenmerk gewidmet und einzelne Förderprogramme der Ressorts, aber auch die übergreifende Digitalisierungsstrategie „digital@bw“ des Landes in den Blick genommen.

Die Landesregierung hat sich mit der 2017 initiierten Strategie zum Ziel gesetzt, Baden-Württemberg zur innovativsten Leitregion bei der Digitalisierung zu machen. Der Anstoß war wichtig und richtig. Allerdings beschränkt sich die Digitalisierungsstrategie auf ein Bündel zentral etatisierter Projekte. Zahlreiche weitere Maßnahmen in der Hoheit der Ressorts bleiben außen vor, ebenso sind nicht alle relevanten Felder der Digitalisierung abgebildet. Zudem fehlt es an konkreten, messbaren Zielen und an einer zeitlichen Perspektive. Eine Überprüfung der Zielerreichung und damit eine Erfolgskontrolle für den Einsatz der mittlerweile mehr als 400 Mio. Euro aus Landesmitteln ist auf dieser Basis nicht möglich.

Innerhalb der Verwaltung ist beim Einsatz von gesondert bewilligten Digitalisierungsmitteln eine stärkere Fokussierung auf Maßnahmen erforderlich, welche die Digitalisierung tatsächlich spürbar voranbringen. Verschiedene Projekte des 2020/2021 aufgelegten Maßnahmenpakets „digital@bw II“ dienen jedoch eher dazu, den Grundbedarf der Landes-IT zu decken und setzen damit keine neuen Impulse. Dabei gibt es durchaus Projekte, die unter diesem Aspekt einen besonderen Nutzen bieten und deshalb prioritär umgesetzt werden sollten. Dazu gehört das Fördermittel-Bearbeitungs- und Informationssystem FöBIS, das eine durchgehende, medienbruchfreie Abwicklung der meisten Förderprogramme im Land ermöglichen würde.

3. Die Prüfungstätigkeit des Rechnungshofs erstreckt sich über alle Bereiche der Landesverwaltung. Demgemäß beinhaltet die aktuelle Denkschrift wieder eine Vielzahl von Beiträgen, die nicht alle in diesem Vorwort erwähnt werden können. Sie zeigen in den jeweiligen Bereichen Beispiele auf, wie staatliches Handeln wirtschaftlicher, sparsamer und effizienter ausgestaltet werden kann.

4. Für die Tätigkeit des Rechnungshofs ist und bleibt die Unterstützung der geprüften Stellen unerlässlich, auf die wir auch während der Pandemie zurückgreifen konnten. Hierfür möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, die während des vergangenen Jahres unter besonderen Bedingungen gearbeitet haben und immer noch arbeiten, ganz herzlich bedanken.

  1. Haushaltsrechnung, Haushaltsplan und Haushaltsvollzug
  2. Ressortübertgreifende Empfehlungen
  3. Besondere Prüfungsergebnisse