Entwicklung des Landeshaushalts [Beitrag Nr. 4]

Die Brutto-Steuereinnahmen des Landes haben 2019 mit 40,9 Mrd. Euro den bisherigen Höchststand erreicht. Der Finanzierungssaldo war mit 3,4 Mrd. Euro positiv. Die Landesregierung hat 2019 erneut Kreditmarktschulden getilgt. Die Landesschulden sind dadurch auf 45,0 Mrd. Euro gesunken.

Aufgrund der Corona-Pandemie und der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird 2020 ein drastischer Rückgang der Steuereinnahmen erwartet.

1 Entwicklung der Einnahmen 2010 bis 2019

In Abbildung 1 ist die Entwicklung der Ist-Einnahmen des Landes Baden-Württemberg von 2010 bis 2019 dargestellt.

Beitrag 4 Abbildung 1

Die Einnahmen des Landes stiegen in den vergangenen 10 Jahren von 36,9 Mrd. Euro (2010) um 21,0 Mrd. Euro (+56,9 Prozent) auf 57,9 Mrd. Euro (2019). Gegenüber dem Vorjahr nahmen die Einnahmen 2019 per Saldo um 0,7 Mrd. Euro zu (+1,2 Prozent).

Hiervon entfielen

  • +0,3 Mrd. Euro auf die Einnahmen der Hauptgruppe 0,
  • +1,3 Mrd. Euro auf die Einnahmen der Hauptgruppe 1,
  • +0,3 Mrd. Euro auf die Einnahmen der Hauptgruppe 2,
  • -1,2 Mrd. Euro auf die Einnahmen der Hauptgruppe 3.

Die Einnahmen wurden 2019 zu 70,9 Prozent (41,1 Mrd. Euro) durch Steuern und steuerähnliche Abgaben erzielt.

1.1 Steuereinnahmen und steuerähnliche Abgaben (Hauptgruppe 0)

In der Zeit von 2010 bis 2019 stiegen die Steuereinnahmen und Einnahmen aus steuerähnlichen Abgaben aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung deutlich an.

Die Brutto-Steuereinnahmen lagen 2019 mit 40,9 Mrd. Euro um 16,1 Mrd. Euro (+65,0 Prozent) höher als 2010. Gegenüber dem Vorjahr erhöhten sie sich um 0,3 Mrd. Euro (+0,8 Prozent).

Die um die Ausgaben des Länderfinanzausgleichs und des kommunalen Finanzausgleichs bereinigten (Netto-) Steuereinnahmen stiegen im Vergleich zu 2018 von 29,6 Mrd. Euro auf 30,5 Mrd. Euro (+2,9 Prozent).

Abbildung 2 zeigt, wie sich die Steuereinnahmen von 2010 bis 2019 im Einzelnen entwickelt haben.

Beitrag 4 Abbildung 2

Die Steuereinnahmen des Landes setzen sich aus Gemeinschaft- und Landessteuern zusammen. Gemeinschaftsteuern sind:

  • Steuern vom Einkommen und Ertrag (dies sind: Lohnsteuer, veranlagte Einkommensteuer, nicht veranlagte Einkommensteuer vom Ertrag, Körperschaftsteuer und Abgeltungsteuer),
  • Umsatzsteuer,
  • Einfuhrumsatzsteuer und
  • Gewerbesteuerumlage.

Die Einnahmen aus Gemeinschaftsteuern haben sich seit 2010 von 22,9 Mrd. Euro um 14,6 Mrd. Euro (+63,7 Prozent) auf 37,5 Mrd. Euro in 2019 erhöht. Ihr Anteil an den gesamten Steuereinnahmen des Landes lag 2019 bei 91,6 Prozent.

Die Steuern vom Einkommen und Ertrag trugen im Haushaltsjahr 2019 mit 61,5 Prozent (23,1 Mrd. Euro) zum Landesanteil an den Gemeinschaftsteuern bei. Im Vergleich zum Vorjahr blieben die Steuern vom Einkommen und Ertrag nahezu unverändert. Die Lohnsteuer verzeichnete mit 14,8 Mrd. Euro das höchste Aufkommen an den Gemeinschaftsteuern.

Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer erhöhten sich 2019 gegenüber 2018 um 712,0 Mio. Euro (+8,2 Prozent) auf 9,4 Mrd. Euro. Die Einnahmen aus der Einfuhrumsatzsteuer blieben mit 3,9 Mrd. Euro im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert.

Die Landessteuern stiegen seit 2010 von 1,9 Mrd. Euro um 1,5 Mrd. Euro (+80,8 Prozent) auf 3,4 Mrd. Euro in 2019. Gegenüber 2018 verminderten sich die Landessteuern 2019 um 163,3 Mio. Euro (-4,5 Prozent). Sie hatten 2019 einen Anteil an den gesamten Steuereinnahmen des Landes von 8,4 Prozent.

Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer erhöhten sich 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 168,6 Mio. Euro (+8,8 Prozent) auf 2,1 Mrd. Euro. Sie haben sich seit 2010 von 789,9 Mio. Euro mehr als verdoppelt. Dies ist u. a. auf die Erhöhung des Steuersatzes in 2011 zurückzuführen. 2019 betrug der Anteil der Grunderwerbsteuer am gesamten Aufkommen der Landessteuern 60,9 Prozent.

Das Erbschaftsteueraufkommen verminderte sich 2019 gegenüber 2018 um 325,5 Mio. Euro (-24,6 Prozent) auf 999,3 Mio. Euro. Die Erbschaftsteuereinnahmen 2018 waren geprägt durch einen Einmaleffekt aus einem großen Einzelfall. Zwischen 2010 und 2019 nahmen die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer um 18,4 Prozent zu. Sie hatten 2019 einen Anteil von 29,1 Prozent an den Einnahmen aus Landessteuern.

Die Einnahmen aus steuerähnlichen Abgaben erhöhten sich 2019 gegenüber 2018 um 13,5 Mio. Euro (+9,6 Prozent) auf 153,9 Mio. Euro. Mit 91,5 Mio. Euro entfiel mehr als die Hälfte auf das Wasserentnahmeentgelt. Weitere 19,0 Mio. Euro stammten aus der Spielbankabgabe.

1.2 Verwaltungseinnahmen und Einnahmen aus Schuldendienst (Hauptgruppe 1)

Die Verwaltungseinnahmen und Einnahmen aus Schuldendienst (Hauptgruppe 1) stiegen 2019 im Ist gegenüber dem Vorjahr um 1,3 Mrd. Euro (+65,1 Prozent) auf 3,2 Mrd. Euro.

Die Verwaltungseinnahmen (Obergruppe 11) nahmen im Vergleich zu 2018 per Saldo um 1,2 Mrd. Euro (+82,9 Prozent) auf 2,7 Mrd. Euro zu. Hauptgrund für die Zunahme waren einmalige Einnahmen aus Bußgeldern und Vermögensabschöpfung im Zusammenhang mit der Dieselaffäre von 1,5 Mrd. Euro.

Die Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit und Vermögen (Obergruppe 12) erhöhten sich 2019 gegenüber dem Vorjahr um 55,0 Mio. Euro (+16,8 Prozent) auf 382,1 Mio. Euro. Hauptgrund hierfür ist die einmalige Sonderausschüttung der Beteiligungsgesellschaft des Landes mbH von 15,0 Mio. Euro sowie die Ausschüttung der Landesbank Baden-Württemberg mit 52,7 Mio. Euro.

Die Erlöse aus der Veräußerung von Gegenständen (Obergruppe 13) gingen 2019 gegenüber dem Vorjahr um 27,2 Mio. Euro (-42,0 Prozent) auf 37,5 Mio. Euro zurück. Insbesondere sanken die Erlöse aus der Veräußerung bebauter Grundstücke.

Die Einnahmen aus Schuldendienst (Obergruppen 15 bis 18) erhöhten sich 2019 im Vergleich zu 2018 um 17,1 Mio. Euro (+22,6 Prozent) auf 93,1 Mio. Euro. Dies waren im Wesentlichen Zins- und Tilgungseinnahmen aus gewährten Darlehen des Landes zur Wohnraum- und Ausbildungsförderung.

1.3 Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen mit Ausnahme für Investitionen (Hauptgruppe 2)

Die Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen mit Ausnahme für Investitionen (Hauptgruppe 2) stiegen 2019 gegenüber dem Vorjahr um 313,5 Mio. Euro (+3,3 Prozent) auf 9,8 Mrd. Euro. Im zehnjährigen Betrachtungszeitraum erhöhten sich die Einnahmen der Hauptgruppe 2 um 3,0 Mrd. Euro (+44,6 Prozent). Die größten Posten dieser Einnahmengruppe waren 2019:

  • Finanzausgleichsumlage nach § 1a Finanzausgleichsgesetz mit 4.443,9 Mio. Euro; sie erhöhte sich im Vergleich zu 2018 um 209,7 Mio. Euro (+5,0 Prozent);
  • Zuweisung des Bundes zum Ausgleich des Kraftfahrzeugsteuer-Wegfalls mit 1.305,3 Mio. Euro (seit 2010 unverändert);
  • Einnahmen zur Sicherstellung und Verbesserung einer ausreichenden Bedienung durch den ÖPNV/SPNV sowie zur Infrastruktur- und Fahrzeugförderung im Geschäftsbereich des Ministeriums für Verkehr mit 956,5 Mio. Euro; sie erhöhten sich gegenüber 2018 um 29,7 Mio. Euro (+3,2 Prozent);
  • Zuweisungen des Bundes gemäß § 46a SGB XII für Sozialhilfe mit 650,7 Mio. Euro; sie stiegen um 22,2 Mio. Euro (+3,5 Prozent) gegenüber 2018. Hierbei handelt es sich um durchlaufende Mittel, denen entsprechende Ausgaben bei der Hauptgruppe 6 gegenüberstehen;
  • Zuweisungen des Bundes für die Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 46 Absätze 5 bis 8 SGB II mit 576,3 Mio. Euro; sie verminderten sich um 31,2 Mio. Euro (-5,1 Prozent) gegenüber 2018. Auch hierbei handelt es sich um durchlaufende Mittel mit einer Gegenposition in Hauptgruppe 6;
  • Erstattung anteilmäßiger Versorgungsbezüge durch Landesbetriebe und Sonstige mit 235,2 Mio. Euro gegenüber 239,0 Mio. Euro 2018 (-1,6 Prozent);
  • Zuweisungen des Bundes für Maßnahmen im Rahmen des Hochschul-paktes („Ausbauprogramm Hochschule 2012“ und „Ausbauprogramm Master 2016“) mit 225,0 Mio. Euro; sie blieben gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert.

1.4 Kreditaufnahmen, Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen für Investitionen und besondere Finanzierungsmaßnahmen (Hauptgruppe 3)

Die Einnahmen aus Schuldenaufnahmen, aus Zuweisungen und Zuschüssen für Investitionen und die besonderen Finanzierungseinnahmen lagen 2019 in Summe bei 3,8 Mrd. Euro. Die besonderen Finanzierungseinnahmen nahmen hierbei den größten Anteil ein.

Gegenüber 2018 verminderten sich die saldierten Einnahmen der Hauptgruppe 3 um 1,2 Mrd. Euro (-23,8 Prozent).

1.4.1 Einnahmen aus Schuldenaufnahmen

Seit 2015 nahm das Land keine neuen Kredite mehr auf. 2019 wurden Schulden am Kreditmarkt von 1,0 Mrd. Euro getilgt. Im Landeshaushalt wird dies technisch als negative Einnahme ausgewiesen.

1.4.2 Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen für Investitionen

Die Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen für Investitionen (Obergruppen 33 und 34) verminderten sich seit 2010 um 438,9 Mio. Euro auf 902,6 Mio. Euro (-32,7 Prozent). Gegenüber 2018 sanken die Einnahmen um 247,7 Mio. Euro (-21,5 Prozent).

Die größten Posten in diesem Bereich waren 2019:

  • Zuweisungen des Bundes, Beiträge Dritter sowie Erstattungen von Bauausgaben durch die Finanzierungsgesellschaft für Öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH mit 135,0 Mio. Euro. Die Einnahmen wurden für Baumaßnahmen des Behördenbauprogramms sowie Bauprogramme zur Forschungsförderung, Emissionsschutz und Nachfolgebelegung ehemals militärischer Grundstücke verwendet; sie verminderten sich gegenüber 2018 um 30,5 Mio. Euro (-18,4 Prozent);
  • Finanzhilfen des Bundes für Investitionen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (Bundesprogramm) für kommunale Vorhaben sowie auf dem Gebiet des ÖPNV mit 110,4 Mio. Euro; sie verminderten sich gegenüber dem Vorjahr um 99,2 Mio. Euro (-47,3 Prozent);
  • Zuweisungen des Bundes für die Darlehensförderung der Studierenden mit 94,3 Mio. Euro; sie blieben gegenüber 2018 nahezu unverändert;
  • Zuschüsse der Europäischen Union für Investitionen nach dem Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014 bis 2020 (MEPL III) mit 92,4 Mio. Euro; sie verminderten sich gegenüber dem Vorjahr um 3,0 Mio. Euro (-3,2 Prozent).

Diesen Einnahmen stehen regelmäßig entsprechende Ausgaben gegenüber.

1.4.3 Besondere Finanzierungseinnahmen

Die Entnahmen aus Rücklagen, Fonds und Stöcken (Obergruppe 35) verminderten sich 2019 um 297,6 Mio. Euro (-18,1 Prozent) auf 1,3 Mrd. Euro gegenüber 2018.

Aus der Rücklage für Haushaltsrisiken wurde 2019 ein Betrag von 229,4 Mio. Euro entnommen. Die Entnahme 2019 aus der Rücklage für Maßnahmen im Sinne des § 1 Absatz 3 der Verordnung zu § 18 Landeshaushaltsordnung betrug 861,3 Mio. Euro. Ein Teilbetrag von 466,7 Mio. Euro diente dem Abbau von Altkreditermächtigungen. Im Vorjahr wurden insgesamt 1.314,3 Mio. Euro entnommen. Davon wurden 1.066,3 Mio. Euro verwendet, um Altkreditermächtigungen abzubauen.

Die Einnahmen aus Überschüssen der Vorjahre erhöhten sich im Vergleich zu 2018 um 75,6 Mio. Euro (+3,3 Prozent) auf 2,4 Mrd. Euro in 2019.

2 Entwicklung der Ausgaben 2010 bis 2019

Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der Ist-Ausgaben des Landes für die Jahre 2010 bis 2019.

Beitrag 4 Abbildung 3

Die Ausgaben des Landes stiegen von 36,2 Mrd. Euro in 2010 um 18,1 Mrd. Euro (+50 Prozent) auf 54,3 Mrd. Euro (2019). Gegenüber dem Vorjahr nahmen die Ausgaben 2019 nur leicht um 0,2 Mrd. Euro zu (+0,3 Prozent).

Dennoch gab es gegenüber dem Vorjahr teilweise deutliche Ausgabensteigerungen

  • im Bereich der Investitionen (Hauptgruppen 7 und 8) per Saldo um 405 Mio. Euro (+9,7 Prozent) und
  • bei den Personalausgaben der Hauptgruppe 4 um 1,0 Mrd. Euro (+6,0 Prozent).

Ausgabenreduzierungen größeren Umfangs waren zu verzeichnen

  • beim Länderfinanzausgleich (Gruppe 612 in der Hauptgruppe 6) um 844 Mio. Euro (-25,3 Prozent) und
  • bei den besonderen Finanzierungsausgaben um 1,1 Mrd. Euro (-29,1 Prozent).

Die Personalausgaben (Hauptgruppe 4) sowie die Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen (Hauptgruppe 6) entsprechen zusammen 79,7 Prozent der Gesamtausgaben.

2.1 Personalausgaben (Hauptgruppe 4) und Stellenentwicklung

In der Hauptgruppe 4 werden ausschließlich die Personalausgaben der Kernverwaltung des Landes ausgewiesen. Sie schließen insbesondere die Bezüge und Nebenleistungen für Beamte und Richter, die Entgelte der Beschäftigten, die Versorgungsbezüge sowie Ausgaben für die Beihilfe ein.

Hinzu kommen Personalausgaben bei Landesbetrieben, die im Landeshaushalt nicht explizit als Personalausgaben ausgewiesen werden.

Tabelle 1 zeigt die Entwicklung der Personalausgaben der Kernverwaltung (Hauptgruppe 4).

Beitrag 4 Tabelle 1

Die kameralen Personalausgaben stiegen in den vergangenen 10 Jahren um durchschnittlich 3,0 Prozent je Jahr. Sie lagen 2019 mit 18,2 Mrd. Euro um 4,2 Mrd. Euro (+29,6 Prozent) über den Personalausgaben in 2010. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in der Vergangenheit zahlreiche Einrichtungen des Landes in Landesbetriebe umgewandelt wurden. In der Folge wurden die ursprünglich kameralen Personalausgaben dieser Einrichtungen als Teil der Zuschüsse für die Landesbetriebe in Hauptgruppe 6 etatisiert. Entsprechend reduzierten sich die Personalausgaben der Hauptgruppe 4 im Landeshaushalt.

Die Ausgaben der Hauptgruppe 4 im Jahr 2019 waren 1,0 Mrd. Euro (+6,0 Prozent) höher als 2018. Zu dieser Steigerung trugen in erster Linie die Ausgaben für Bezüge und Nebenleistungen der Beamten und Richter (Gruppe 422) und die Versorgungsbezüge der Beamten und Richter (Gruppe 432) mit insgesamt +894,4 Mio. Euro (+6,6 Prozent) bei.

Den größten Block innerhalb der Personalausgaben der Hauptgruppe 4 bilden die Bezüge und Nebenleistungen der Beamten und Richter. Sie erhöhten sich im zehnjährigen Betrachtungszeitraum um 1,6 Mrd. Euro (+21,8 Prozent). Die Beihilfeausgaben für die aktiven Beamten und Richter stiegen von 2010 bis 2019 um 39,6 Mio. Euro (+9,6 Prozent). Der nur moderate Anstieg in den vergangenen Jahren war auch verschiedenen kostendämpfenden Maßnahmen geschuldet.

Die Ausgaben für die Versorgungsbezüge der Beamten und Richter stiegen in den vergangenen 10 Jahren um 2,1 Mrd. Euro (+66,9 Prozent). Zudem erhöhten sich die Beihilfeausgaben für die Versorgungsempfänger im gleichen Zeitraum um 392,8 Mio. Euro (+65,8 Prozent). Mitursächlich für diese Entwicklung ist, dass die Zahl der Versorgungsberechtigten von 97.655 in 2010 auf 133.145 in 2019 anstieg (+36,3 Prozent).

Die Entgelte der Arbeitnehmer erhöhten sich im Betrachtungszeitraum 2010 bis 2019 um 172,5 Mio. Euro (+11,2 Prozent). Ursächlich für den moderaten Anstieg ist auch eine teilweise Verlagerung von Stellen aus der Kernverwaltung zu den Landesbetrieben.

In Tabelle 2 werden die kameralen Personalausgaben und der Personalaufwand der Landesbetriebe 2018 und 2019 als Gesamtpersonalaufwand des Landes dargestellt. Bei den Landesbetrieben liegen für 2019 noch keine Ist-Zahlen vor.

Beitrag 4 Tabelle 2

Der Gesamtpersonalaufwand des Landes lag 2018 um 18,2 Prozent über den in der Hauptgruppe 4 ausgewiesenen Personalausgaben des Kernhaushaltes.

Die Zahl der Personalstellen in der Landesverwaltung (einschließlich der Stellen in den Landesbetrieben) hat sich in den vergangenen 10 Jahren erhöht. Abbildung 4 zeigt die Stellenentwicklung für Beamte und Arbeitnehmer von 2010 bis 2019.

Beitrag 4 Abbildung 4

Die Personalstellen in der gesamten Landesverwaltung erhöhten sich seit 2010 von 202.911,5 Stellen um 8.002,5 Stellen (+3,9 Prozent) auf 210.914 Stellen (2019). Gegenüber dem Vorjahr nahm die Stellenzahl um 1.159,5 Stellen zu.

Von den gesamten Personalstellen 2019 entfielen 45,2 Prozent auf den Schulbereich, 13,4 Prozent auf die Polizei, 6,8 Prozent auf die Justiz und 12,3 Prozent auf die Hochschulen (ohne medizinische Fakultäten). Damit entfallen mehr als drei Viertel der Personalstellen im Land alleine auf diese vier Bereiche.

Für 2020 und 2021 ist nach dem Urhaushalt 2020/2021 ein Stellenzuwachs um 2.819 Stellen (+1,3 Prozent) vorgesehen.

2.2 Sächliche Verwaltungsausgaben und Ausgaben für den Schuldendienst (Hauptgruppe 5)

Die Summe der sächlichen Verwaltungsausgaben und der Ausgaben für den Schuldendienst (Hauptgruppe 5) stieg seit 2010 um 4,8 Prozent auf 3,7 Mrd. Euro (2019). Im Vergleich zum Vorjahr erhöhten sie sich um 22,2 Mio. Euro (+0,6 Prozent).

Tabelle 3 zeigt die Entwicklung der sächlichen Verwaltungsausgaben (Obergruppen 51 bis 54) und der Ausgaben für Kreditmarktzinsen.

Beitrag 4 Tabelle 3

2019 stiegen die sächlichen Verwaltungsausgaben im Vergleich zu 2018 um 169,2 Mio. Euro (+7,5 Prozent) auf 2,4 Mrd. Euro.

Die sächlichen Verwaltungsausgaben für die Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen erhöhten sich 2019 gegenüber dem Vorjahr um 70,4 Mio. Euro auf 0,4 Mrd. Euro. Die Mehrausgaben in 2019 flossen in erster Linie in den Bauunterhalt der landeseigenen Gebäude.

Bei den Ausgaben für den Schuldendienst handelt es sich im Wesentlichen um Kreditmarktzinsen. 2019 betrugen diese Zinsausgaben 1,2 Mrd. Euro.

2.3 Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke (Hauptgruppe 6)

Die Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke (Hauptgruppe 6) verringerten sich 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 163,8 Mio. Euro (-0,7 Prozent) auf 25,1 Mrd. Euro.

  • Nachdem die Ausgaben für den Länderfinanzausgleich 2018 mit 3,3 Mrd. Euro einen Höchststand erreicht hatten, nahmen sie 2019 um 843,8 Mio. Euro (-25,3 Prozent) deutlich ab. Mit Ausgaben von 2,5 Mrd. Euro in 2019 haben sie sich gegenüber 2010 mehr als verdoppelt.
  • Die allgemeinen Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich nahmen seit 2010 kontinuierlich um insgesamt 3,7 Mrd. Euro (+59,9 Prozent) auf 9,9 Mrd. Euro zu. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen sie um 633,5 Mio. Euro (+6,9 Prozent).

Die sonstigen Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse - ohne die Ausgaben für den Länderfinanzausgleich und den kommunalen Finanzausgleich - stiegen zwischen 2010 und 2019 von 6,9 Mrd. Euro nahezu kontinuierlich auf 12,8 Mrd. Euro an (+85,1 Prozent). Ein Grund für diese Steigerung ist, dass neue Landesbetriebe errichtet wurden. Gab es 2010 noch 40 Landesbetriebe, so stieg deren Anzahl bis 2019 auf 49 an.

Einzelfälle größeren Umfangs waren:

  • Die Ausgaben für die Kleinkindbetreuung erhöhten sich 2019 gegenüber dem Vorjahr um 74,1 Mio. Euro auf 1,0 Mrd. Euro (+8,0 Prozent). Die Ausgaben werden zum Teil durch Bundesmittel mitfinanziert.
  • Zuschüsse an Schulen in freier Trägerschaft nach § 18 Absatz 2a Privatschulgesetz von 671,0 Mio. Euro. Die Ausgaben erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 56,8 Mio. Euro (+9,3 Prozent).
  • Erstattungen an die Stadt- und Landkreise für Sozialhilfe mit 650,7 Mio. Euro. Gegenüber dem Vorjahr sind die Ausgaben um 22,2 Mio. Euro (+3,5 Prozent) gestiegen.
  • Erstattungen an Gemeinden und Gemeindeverbände für die Kosten der Unterkunft und Heizung mit 576,3 Mio. Euro gegenüber 607,4 Mio. Euro 2018 (-5,1 Prozent).
  • Die pauschale Erstattung von Aufwendungen für die Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen an die Stadt- und Landkreise reduzierte sich 2019 gegenüber dem Vorjahr von 515,3 Mio. Euro auf 287,4 Mio. Euro (44,2 Prozent). Darüber hinaus erstattet das Land den Stadt- und Landkreisen seit 2018 deren Mehraufwendungen für nicht mehr vorläufig untergebrachte (geduldete) Flüchtlinge. Die Ausgaben beliefen sich 2019 auf 168 Mio. Euro und erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 68 Mio. Euro (+68 Prozent).
  • Die Stadt- und Landkreise sowie der Verband Region Stuttgart erhielten 2019 Zuweisungen zur Finanzierung von Verkehrs- und Tarifleistungen im öffentlichen Personennahverkehr. Die Zuweisungen wurden den Ausgabenträgern als Ausgleich für deren gemeinwirtschaftliche Leistungen im öffentlichen Personennahverkehr gewährt und der Finanzausgleichsmasse A vorweg entnommen. Sie blieben mit 201,9 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert.
  • Zur Förderung von Digitalisierungsmaßnahmen an Schulen verausgabte das Land 2019 erstmals 145 Mio. Euro. Die Mittel dienen der Umsetzung bzw. der Kofinanzierung von Mitteln aus dem „DigitalPakt Schule“ mit dem Bund.
  • Die Stadt- und Landkreise sowie kreisangehörigen Gemeinden mit Jugendamt erhielten 2019 eine Teilerstattung für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen und -ausfallleistungen zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter von 131,1 Mio. Euro. Der Zuschuss erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 14,6 Mio. Euro (+12,5 Prozent).

2.4 Baumaßnahmen und sonstige Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen (Hauptgruppen 7 und 8)

Die Ausgaben für Baumaßnahmen (Hauptgruppe 7) stiegen 2019 gegenüber dem Vorjahr um 99,6 Mio. Euro auf 787,7 Mio. Euro (+14,5 Prozent). Der Schwerpunkt dieser Ausgaben lag 2019 bei der Erhaltung der Landesstraßen mit 183,1 Mio. Euro. Gegenüber dem Vorjahr stiegen sie um 62,9 Mio. Euro (+52,3 Prozent).

Die sonstigen Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaß-nahmen (Hauptgruppe 8) stiegen seit 2010 um 542,2 Mio. Euro (+16,7 Prozent). Sie beliefen sich 2019 auf 3,8 Mrd. Euro und nahmen gegenüber dem Vorjahr um 305,3 Mio. Euro zu (+8,8 Prozent). Ausgabenschwerpunkte bei den Investitionen waren 2019:

  • Zuschüsse für Investitionen an private, kommunale und sonstige öffentliche Krankenhäuser: Sie stiegen gegenüber dem Vorjahr um 85,8 Mio. Euro (+23,9 Prozent) auf 444,7 Mio. Euro.
  • Die kommunale Investitionspauschale mit 1.117,9 Mio. Euro. Gegenüber dem Vorjahr stieg der Wert um 79,3 Mio. Euro an.

Abbildung 5 zeigt die Entwicklung der Ausgaben für Baumaßnahmen und der sonstigen Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen im zehnjährigen Betrachtungszeitraum.

Beitrag 4 Abbildung 5

Nachdem sich die Ausgaben für Baumaßnahmen (Hauptgruppe 7) über mehrere Jahre auf annähernd gleichem Niveau bewegt hatten, erreichten sie 2019 einen Höchststand.

Auch die sonstigen Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen (Hauptgruppe 8) stiegen 2019 auf einen Höchststand, nachdem sie über mehrere Jahre tendenziell rückläufig waren.

2.5 Besondere Finanzierungsausgaben (Hauptgruppe 9)

Die besonderen Finanzierungsausgaben (Hauptgruppe 9) verringerten sich 2019 gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Mrd. Euro (-29,1 Prozent) auf 2,7 Mrd. Euro.

Die größten Einzelposten der besonderen Finanzierungsausgaben waren 2019:

  • Zuführung an die Rücklage für Maßnahmen im Sinne des § 1 Absatz 3 der Verordnung zu § 18 Landeshaushaltsordnung von 1.659,1 Mio. Euro (-67,3 Mio. Euro gegenüber 2018);
  • Zuführung an den Versorgungsfonds von 440,2 Mio. Euro (-78,2 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr);
  • Zuführungen an den Allgemeinen Grundstock mit Unterteilen von 310,3 Mio. Euro (+6,8 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr);
  • Zuführung an das Sondervermögen Baden-Württemberg 21 zur Finanzierung großer Schienenverkehrsprojekte des Landes von 83,9 Mio. Euro (+57,6 Mio. Euro gegenüber 2018).

3 Steuerdeckungsquote und Investitionsquote

Tabelle 4 zeigt die Steuerdeckungsquote und die Investitionsquote der Jahre 2010 sowie 2015 bis 2019.

Beitrag 4 Tabelle 4

Die Steuerdeckungsquote drückt das Verhältnis der Brutto-Steuereinnahmen zu den bereinigten Gesamtausgaben aus. Sie ist ein Indikator für den Finanzierungsspielraum des Landes aus laufenden eigenen Finanzierungsquellen.

Die Steuerdeckungsquote stieg 2015 bis 2018 aufgrund der guten konjunkturellen Lage und den daraus resultierenden steigenden Steuereinnahmen kontinuierlich an. 2019 war die Steuerdeckungsquote rückläufig und betrug 79,3 Prozent.

Die Investitionsquote zeigt den prozentualen Anteil der Ausgaben für Baumaßnahmen sowie für sonstige Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen an den bereinigten Gesamtausgaben.

Die Investitionsquote stieg 2019 erstmals seit 2014 wieder an und lag bei 8,9 Prozent.

4 Entwicklung des Finanzierungssaldos

Die Differenz zwischen bereinigten Einnahmen und bereinigten Ausgaben bezeichnet den Finanzierungssaldo.

Der Finanzierungssaldo ist die wesentliche Kennzahl, um zu beurteilen, ob der jeweilige Haushalt in laufenden Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist. Bei negativem Finanzierungssaldo müssen die laufenden Einnahmen durch Kredite oder sonstige Finanzierungsmaßnahmen verstärkt werden, um die laufenden Ausgaben zu decken. Dabei werden auch die laufenden Ausgaben um besondere Finanzierungsmaßnahmen und die endgültige Tilgung von Kreditmarktschulden bereinigt.

Besondere Finanzierungsmaßnahmen sind Entnahmen aus Rücklagen, Fonds, Stöcken und Einnahmen aus Überschüssen der Vorjahre sowie entsprechende Zuführungen und Deckungsbeträge für Fehlbeträge aus Vorjahren.

Der Finanzierungssaldo des Landes war seit 2014 im Haushaltsvollzug immer positiv. Im Haushaltsjahr 2019 konnte mit 3,4 Mrd. Euro ein besonders hoher Finanzierungssaldo erzielt werden.

Zwar wurden 2019 zur Haushaltsdeckung 2,4 Mrd. Euro aus Überschüssen der Vorjahre und 1,3 Mrd. Euro aus Rücklagen entnommen. Im Gegenzug wurden aber auch 1,0 Mrd. Euro an Alt-Krediten getilgt und 2,6 Mrd. Euro an Rücklagen, Fonds und Stöcke zugeführt. Im Übrigen lagen die Brutto-Ist-Einnahmen mit 57,9 Mrd. Euro um 3,6 Mrd. Euro über den Brutto-Ist-Ausgaben von 54,3 Mrd. Euro.

Beitrag 4 Abbildung 6

Der Doppelhaushalt 2020/2021 weist für 2020 bereits im Soll einen positiven Finanzierungssaldo aus. Für 2021 ist der Finanzierungssaldo im Soll negativ.

5 Verschuldung

5.1 Entwicklung der haushaltsmäßigen Verschuldung

Nach einer Schuldentilgung von 250 Mio. Euro in 2018 hat Baden-Württemberg 2019 weitere 1.000 Mio. Euro an Kreditmarktschulden getilgt. Damit ist die haushaltsmäßige Verschuldung des Landes auf 45,0 Mrd. Euro gesunken. Diese beinhaltet valutierte, also tatsächlich ausbezahlte Kredite, aufgeschobene Kreditaufnahmen und nicht valutierte Kreditrahmenverträge.

Für das Haushaltsjahr 2020 hat die Landesregierung im Urhaushalt eine weitere Tilgung von Kreditmarktschulden vorgesehen. Damit soll das Kontrollkonto aus der Übergangsregelung zur Schuldenbremse ausgeglichen werden.

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurde die Landesregierung im Nachtragshaushalt 2020/2021 ermächtigt, 5 Mrd. Euro neue Kredite aufzunehmen. Der festgelegte Tilgungsplan sieht eine jährliche Tilgung von 500 Mio. Euro von 2024 bis 2033 für diese Kredite vor.

Abbildung 7 zeigt die Entwicklung der haushaltsmäßigen Verschuldung einschließlich der zum Jahresende nicht valutierten Kreditrahmenverträge sowie aufgeschobene Kreditaufnahmen von 1954 bis 2019.

Beitrag 4 Abbildung 7

Von der haushaltsmäßigen Verschuldung von 45,0 Mrd. Euro zum Jahresende 2019 waren lediglich 36,1 Mrd. Euro valutiert (80 Prozent). Aufgrund der guten Liquiditätslage des Landes wurden Kredite über 8,9 Mrd. Euro auf Basis von § 4 Absatz 3 des Nachtrags zum Staatshaushaltsgesetz 2018/2019 temporär nicht aufgenommen. Nicht valutierte Kreditrahmenverträge gab es zum Jahresende 2019 im Gegensatz zum Vorjahr nicht.

Tabelle 5 stellt die haushaltsmäßige Verschuldung des Landes, die Verpflichtungen beim Bund und den Ländern sowie die verlagerten Verpflichtungen des Landes jeweils zum Jahresende 2018 und 2019 dar.

Beitrag 4 Tabelle 5

Die valutierte Verschuldung des Landes ist 2019 um 172 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Die nicht valutierten Anteile (Kreditrahmenvertrag und aufgeschobene Kreditaufnahme) reduzierten sich per Saldo um 828 Mio. Euro. In Summe wurden so 1.000 Mio. Euro an haushaltsmäßiger Verschuldung getilgt.

Zusammen mit den Verpflichtungen beim Bund und bei den Ländern gingen die Schulden 2019 gegenüber 2018 um 1.071 Mio. Euro zurück.

Rechnet man die verlagerten Verpflichtungen ein, betrugen die Schulden des Landes zum Jahresende 2019 insgesamt 46.037 Mio. Euro.

Beitrag 4 Tabelle 6

Die verlagerten Verpflichtungen sind zum 31. Dezember 2019 gegenüber dem Vorjahr um 74,6 Mio. Euro gesunken.

Die Landesregierung hat mitgeteilt, dass die Vorfinanzierung von Baumaßnahmen über die Finanzierungsgesellschaft für Öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH mittelfristig nicht mehr praktiziert werden soll. Die Schulden gegenüber der Finanzierungsgesellschaft sollen vollständig zurückgeführt werden.

Im Doppelhaushalt 2020/2021 sind bei der Finanzierungsgesellschaft keine neuen Maßnahmen mehr vorgesehen. Bereits etatisierte Maßnahmen werden aber noch ausfinanziert. In der Folge sollen die verlagerten Verpflichtungen für Hochbauprogramme in absehbarer Zeit voraussichtlich auf Null sinken.

5.2 Entwicklung der Nettokreditaufnahme

Nach Artikel 109 Absatz 3 Grundgesetz sind die Haushalte der Länder grundsätzlich ohne Kredite auszugleichen. Baden-Württemberg hatte in einem Übergangszeitraum von 2013 bis einschließlich 2019 von einer Ausnahmeermächtigung nach Artikel 143d Grundgesetz Gebrauch gemacht.

Seit 1. Januar 2020 gilt die grundgesetzliche Schuldenbremse für Baden-Württemberg unmittelbar und verbindlich.

Nach der Übergangsregelung hätte das Land bis einschließlich 2016 noch neue Kredite aufnehmen dürfen. Seit 2017 musste Baden-Württemberg nach der Übergangsregelung Schulden abbauen.

Tatsächlich wurden 2014 zum letzten Mal neue Kredite aufgenommen. 2017 hat das Land begonnen, zunächst insbesondere die implizite Verschuldung im Landesvermögen abzubauen. Im Doppelhaushalt 2018/2019 hat das Land Kreditmarktschulden in nennenswertem Umfang von insgesamt 1.250 Mio. Euro getilgt.

Abbildung 8 zeigt die Entwicklung der Nettokreditaufnahme und der Nettotilgung von haushaltsmäßiger Verschuldung des Landes in den vergangenen 10 Jahren.

Beitrag 4 Abbildung 8

Ab 2020 sind neue Kreditaufnahmen zum Ausgleich des Haushalts grundsätzlich ausgeschlossen (siehe Beitrag Nr. 6 dieser Denkschrift). Sie sind nur noch möglich, um konjunkturbedingte Schwankungen auszugleichen oder auf bestimmte Notsituationen reagieren zu können. Darüber hinaus haben enumerativ normierte finanzielle Transaktionen Einfluss auf eine mögliche Kreditaufnahme des Landes.

5.3 Entwicklung der Schulden und Zinsen 2010 bis 2019

Zum Ende des Haushaltsjahres 2010 lag die haushaltsmäßige Verschuldung des Landes bei 43,3 Mrd. Euro. Ende 2019 war das Land um 1,7 Mrd. Euro höher am Kreditmarkt verschuldet. Die bisher höchste haushaltsmäßige Verschuldung in der Landesgeschichte bestand zwischen 2014 und 2017 mit jeweils 46,3 Mrd. Euro.

Im Gegensatz dazu waren die valutierten Kreditmarktschulden zu Anfang der letzten Dekade mit 42,1 Mrd. Euro am höchsten. Sie sanken bis Ende 2019 um 6 Mrd. Euro auf 36,1 Mrd. Euro. Hauptursachen sind die hervorragende Einnahmenentwicklung und die daraus resultierende hohe Liquidität von Baden-Württemberg in den letzten 10 Jahren. Selbst in der Zeit zwischen 2012 und 2014, als die haushaltsmäßige Verschuldung um insgesamt 3 Mrd. Euro anstieg, ist die valutierte Verschuldung nicht wesentlich angestiegen.

Abbildung 9 zeigt die Entwicklung der haushaltsmäßigen Verschuldung und der valutierten Kreditmarktschulden im Zeitraum 2010 bis 2019 jeweils zum Jahresende.

Beitrag 4 Abbildung 9

Die Zinsausgaben des Landes sind 2019 gegenüber dem Vorjahr um 165 Mio. Euro auf 1.230 Mio. gesunken. Wie in den vergangenen Jahren beinhaltet dieser Wert Restrukturierungsmaßnahmen des Finanzministeriums im Portfolio. In 2019 wurden hierfür 150 Mio. Euro aufgewendet. Im Zehn-Jahresvergleich sanken diese Zinsausgaben um 600 Mio. Euro, trotz höherer Verschuldung in 2019 als 2010.

Im Haushalt 2019 waren für Zinsausgaben 1.558 Mio. Euro etatisiert. Im Vergleich aller Titel im Landeshaushalt ist dies die drittgrößte Einzelposition aller Ausgaben. Die Ist-Ausgaben lagen 328 Mio. Euro unter dem Etatansatz.

Abbildung 10 zeigt die Entwicklung der Zinsausgaben des Landes in den vergangenen 10 Jahren.

Beitrag 4 Abbildung 10

5.4 Pro-Kopf-Verschuldung

Abbildung 11 zeigt die Pro-Kopf-Verschuldung der Flächenländer zum Jahresende 2018 und 2019 nach der Statistik des Bundes. Für Baden-Württemberg werden jeweils nur die zum Jahresende valutierten Schulden je Einwohner dargestellt.

Beitrag 4 Abbildung 11

Der Vergleich der 13 Flächenländer zeigt, dass bei sechs Ländern die valutierte Pro-Kopf-Verschuldung zum Jahresende 2019 gegenüber dem Vorjahr gesunken ist. Bei sieben Ländern hat sich der Wert erhöht.

6 Rücklagen und Sondervermögen

Im Haushaltsjahr 2019 sind die Rücklagen des Landes per Saldo um 601 Mio. Euro angewachsen. Dabei standen Zuführungen von insgesamt 1.705 Mio. Euro Entnahmen von 1.104 Mio. Euro gegenüber.

Die Sondervermögen sind um 1.510 Mio. Euro angewachsen. Davon resultieren 610 Mio. Euro aus dem Saldo aus Zuführungen und Entnahmen. Etwa 900 Mio. Euro ergeben sich aus Kursgewinnen aus den Sondervermögen Versorgungsfonds und Versorgungsrücklage.

Beitrag 4 Tabelle 7

Der Rücklage für Maßnahmen im Sinne des § 1 Absatz 3 der Verordnung zu § 18 Landeshaushaltsordnung wurden 2019 zur Tilgung von impliziter Verschuldung 1.659 Mio. Euro zugeführt. Entnommen wurden der Rücklage 861,3 Mio. Euro. Mit einem Teilbetrag von 466,7 Mio. Euro wurden Altkreditermächtigungen abgebaut.

Bei der Rücklage für Haushaltsrisiken stehen der Zuführung von 16 Mio. Euro Entnahmen von 229 Mio. Euro gegenüber. Für den Doppelhaushalt 2020/2021 ist eine weitere Zuführung von insgesamt 902 Mio. Euro vorgesehen. Die Maßnahmen, die aus der Rücklage für Haushaltsrisiken finanziert werden können, sind im Staatshaushaltsgesetz und dem Staatshaushaltsplan aufgeführt. Der Katalog der Maßnahmen wurde mit dem Nachtragshaushalt vom 19. März 2020 auf Ausgaben in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erweitert.

Im Doppelhaushalt 2020/2021 hat der Gesetzgeber Zuführungen an mehrere neue Rücklagen etatisiert:

  • Rücklage für das Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg (50 Mio. Euro).
  • Rücklage digital@bw II (105 Mio. Euro).
  • Rücklage für die Klimaschutzstiftung (70 Mio. Euro).
  • Rücklage für das Kompetenzzentrum Quantencomputing (40 Mio. Euro).
  • Rücklage für den Kommunalfonds „Wohnraumoffensive Baden-Württemberg“ (112,5 Mio. Euro).
  • Rücklage Innovativer Forschungsstandort Baden-Württemberg (172,8 Mio. Euro).

Darüber hinaus werden die bestehenden Rücklagen für den Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg und die Rücklage für das Arbeitsprogramm Gesellschaftlicher Zusammenhalt im Doppelhaushalt um insgesamt 36 Mio. Euro gestärkt.

7 Entwicklung der Jahresergebnisse

2019 konnte das Land einen hohen kassenmäßigen Überschuss von 3,6 Mrd. Euro ausweisen. Gegenüber dem Vorjahr stellt dies eine Steigerung um 525 Mio. Euro dar.

Beitrag 4 Abbildung 12

Für die Frage, welche Überschüsse zur Deckung künftiger Haushalte zur Verfügung stehen, ist der Bestand der rechnungsmäßigen Überschüsse maßgeblich.

Zum 31. Dezember 2018 wies die Haushaltsrechnung des Landes einen rechnungsmäßigen Überschuss von 695 Mio. Euro aus. Zuzüglich nicht verbrauchter rechnungsmäßiger Überschüsse aus Vorjahren betrug zum Jahresende 2018 das rechnungsmäßige Gesamtergebnis +3.096 Mio. Euro. Für das Haushaltsjahr 2019 wurden davon bereits 2.401 Mio. Euro etatisiert. Das rechnungsmäßige Jahresergebnis 2019 stand zum Redaktionsschluss dieser Denkschrift noch nicht fest.

Im Doppelhaushalt 2020/2021 wurden nicht nur die Überschüsse aus 2018 von 695 Mio. Euro, sondern auch noch erwartete Überschüsse aus 2019 als Deckungsbeträge etatisiert. Im Doppelhaushalt 2020/2021 sind dies insgesamt 2.783 Mio. Euro.

8 Ausblick

Das Jahr 2019 markiert das Ende eines außergewöhnlich langanhaltenden wirtschaftlichen Aufschwungs. Zwar konnte das Land 2019 einen hohen positiven Finanzierungssaldo von 3,4 Mrd. Euro erzielen. Und im Doppelhaushalt 2018 und 2019 wurden erstmals in der Landesgeschichte Kreditmarktschulden von 1,25 Mrd. Euro getilgt. Aber bereits bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2020/2021 war eine konjunkturelle Eintrübung absehbar. Die Herbst-Steuerschätzung 2019 hatte für Baden-Württemberg nur wegen geringerer Zahlungen im Länderfinanzausgleich ein positives Ergebnis für 2019.

Die günstigen Einnahmen 2019 waren auch durch Einmaleffekte wie Bußgeldzahlungen aus der Diesel-Affäre mit 1,5 Mrd. Euro gekennzeichnet. Gleichwohl wurden in den Haushaltsberatungen strukturell wirkende Mehrausgaben beschlossen. Das Ergebnis zeigt die endgültige Mittelfristige Finanzplanung 2019 bis 2023 vom März 2020. Der haushaltswirtschaftliche Handlungsbedarf für 2022 ist gegenüber der Planung vom November 2019 um 492 Mio. Euro auf 1 Mrd. Euro angestiegen. Für 2023 erhöhte sich die Deckungslücke um 456 Mio. Euro auf 1,2 Mrd. Euro.

In der Mittelfristigen Finanzplanung sind die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie noch nicht berücksichtigt. Die Pandemie wird sich drastisch in den öffentlichen Haushalten niederschlagen. Neben den zur Bekämpfung der Krise erforderlichen Ausgaben werden auch rückläufige Steuereinnahmen den Landeshaushalt belasten. Die Mai-Steuerschätzung 2020 prognostiziert für 2020 einen Steuerrückgang für das Land von netto 3,3 Mrd. Euro gegenüber der Schätzung im Herbst 2019.

Zur Bewältigung der Herausforderungen der Corona-Krise hat der Landtag am 19. März 2020 festgestellt, dass es sich bei der Pandemie um eine Naturkatastrophe im Sinne der Regelungen zur Schuldenbremse in § 18 Landeshaushaltsordnung handelt. Im parallel beschlossenen Nachtragshaushalt 2020/2021 wurde die Möglichkeit eröffnet, Mittel aus der Rücklage für Haushaltsrisiken zur Bewältigung der Krise einzusetzen. Hier handelt es sich um eine Größenordnung von mehr als 1 Mrd. Euro. Weiter hat der Landtag in diesem Nachtragshaushalt eine Kreditermächtigung in 2020 von bis zu 5 Mrd. Euro nach der Ausnahmeregel zur Schuldenbremse beschlossen. Der entsprechende Tilgungsplan sieht eine Tilgung in den Haushaltsjahren 2024 bis 2033 mit jährlich 500 Mio. Euro vor.

Wenngleich bei Verabschiedung dieser Denkschrift die finanziellen Auswirkungen der Pandemie noch nicht abzusehen sind, so ist über einen langen Zeitraum von erheblichen Vorbelastungen des Landeshaushalts auszugehen.