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Denkschrift 2020

Vorwort

1. Die Denkschrift des Rechnungshofs erscheint in einer durch die Covid-19-Pandemie bedingten, in der Geschichte des Landes einmaligen Ausnahmesituation. Landesregierung, Landtag und Verwaltung waren und sind mit der Bewältigung der Krise in ganz besonderer Weise gefordert. Auch die Finanzkontrolle konnte nicht wie gewohnt arbeiten. Mit der Unterstützung der Ressorts und der geprüften Einrichtungen war es dennoch möglich, die Denkschrift im gewohnten Zeitrahmen fertig zu stellen - deshalb möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für diese Unterstützung bedanken.

Die Denkschrift berücksichtigt unsere Prüfungstätigkeit bis zum Frühjahr 2020. Sie umfasst nicht die aufgrund der Covid-19-Pandemie getroffenen Maßnahmen der Landesregierung.

2. Bis vor wenigen Monaten hat niemand geahnt, in welchem Umfang Gesellschaft und Staat mit der Bewältigung der Pandemie betroffen sein würden und in welchem Maße das Land auch finanz- und haushaltspolitisch gefordert sein würde.

Aufgrund der konjunkturellen Entwicklung der letzten Jahre konnten die Nettoneuverschuldung des Landes seit 2015 auf Null zurückgeführt und in den Jahren 2018/2019 alte Kredite getilgt werden. Die haushaltsmäßige Verschuldung belief sich Ende 2019 auf insgesamt 45 Mrd. Euro. Andererseits hat das Jahr 2019 auch das Ende des ungebremsten dynamischen Aufschwungs markiert: Die konjunkturelle Eintrübung war bereits bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2020/2021 absehbar. Im Ergebnis führten diese nach der endgültigen Mittelfristigen Finanzplanung des Landes zu einem haushaltswirtschaftlichen Handlungsbedarf in Höhe von 1 Mrd. Euro für das Jahr 2022 und 1,2 Mrd. Euro für das Jahr 2023.

Die Covid-19-Pandemie führt nun zu ganz erheblichen weiteren Belastungen der öffentlichen Haushalte. Auch für das Land werden die Folgen weitreichend sein. Im März 2020 wurde eine mögliche Nettokreditaufnahme von bis zu 5 Mrd. Euro beschlossen. Die frühzeitige Bereitstellung dieses Kreditvolumens zur Bewältigung der Krise war richtig und wichtig. Sie ist von der Ausnahmeregelung der Schuldenbremse für außergewöhnliche Notsituationen und Naturkatastrophen gedeckt. Allerdings verpflichtet die Schuldenbremse auch zur Tilgung dieser Kredite in einem angemessenen Zeitraum. Diese sollen bereits ab 2024 in jährlichen Raten von 500 Mio. Euro zurückgeführt werden.

Zugleich sinken die Steuereinnahmen aufgrund des Rückgangs des Bruttoinlandsprodukts. Nach der Mai-Steuerschätzung liegen diese im laufenden Jahr voraussichtlich um 3,3 Mrd. Euro niedriger als im Haushalt veranschlagt. Für 2021 wird ein Rückgang um rund 3,5 Mrd. Euro prognostiziert.

Die Bewältigung der Pandemie und deren Auswirkungen hat aktuell Priorität. Die Folgen werden über den Doppelhaushalt 2020/2021 hinaus die Finanzpolitik des Landes prägen. Denn die neuen Kredite verpflichten zu konsequenter Haushaltskonsolidierung in der Zukunft. Diese Herausforderung wird mit dem üblichen Mittel pauschaler Einsparvorgaben nicht zu bewältigen sein, sondern Prioritätensetzung und strukturelle Maßnahmen auf der Ausgabenseite erfordern. Dabei geht es nicht ums Sparen in der Krise. Sondern es geht darum, sich durch Sparen wieder die finanzpolitische Handlungsfähigkeit in Zukunft zu sichern, welche das entschlossene Handeln jetzt ermöglicht hat.

3. Die Pandemie hat auch deutlich gezeigt, wie wichtig digitale Verwaltungsdienstleistungen und digitale Governance sind und sie hat bestehende Schwächen offengelegt. Notwendig sind nicht nur gut funktionierende und wirtschaftliche IT-Fachanwendungen. Auch die hierfür notwendige Technik und Netzverfügbarkeit muss stabil und wirtschaftlich zur Verfügung stehen. Versäumnisse in der Digitalisierung und der IT können sich schnell als kritisch erweisen. Die Denkschrift zeigt einige Beispiele auf, in denen der Rechnungshof Verbesserungspotenziale in diesem zentralen Bereich der Verwaltung sieht:

Ein hochleistungsfähiges Breitbandnetz ist wesentliche Voraussetzung für die Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung nicht nur in Krisenzeiten. Deshalb fördert das Land mit dem Ziel einer flächendeckenden gigabitfähigen Infrastruktur, gemeinsam mit dem Bund, den Breitbandausbau. Insgesamt ist diese Förderung zweckmäßig organisiert. Das Land sollte allerdings prüfen, welche Rolle das gegenüber dem Bundesprogramm nachrangige Landesprogramm künftig spielen kann, und seine strategischen Ansätze und Planungen in einer Breitbandstrategie mit klar definiertem Ziel und einer systematischen Erfolgskontrolle zusammenführen. Zugleich sollten Fördermittel nur in uneingeschränkt gigabitfähige Technologien fließen.

Das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) erledigt seine Aufgaben überwiegend mit IT-Unterstützung. Der Rollout des einheitlichen Standardarbeitsplatzes der Landesverwaltung musste allerdings wegen eines nicht rechtzeitig ausgearbeiteten Migrations- bzw. Betriebskonzepts verschoben werden. Supportverträge mussten daher teuer verlängert werden. Eine IT-Steuerung war nur eingeschränkt möglich und ein konsistentes IT-Service-Management nicht vorhanden. Zudem waren viele Stellen in der IT-Abteilung unbesetzt. Die IT des LBV sollte jedoch als zentraler Dienstleister kundenorientiert und modern aufgestellt sein. Der hierzu eingeleitete Strategieprozess muss daher mit Nachdruck fortgeführt werden.

Die staatlichen Kunst- und Kultureinrichtungen, mit Ausnahme der Staatsgalerie, verwalten und betreiben ihre IT eigenständig, mit heterogenen und teilweise veralteten Servern und Bildschirmarbeitsplätzen sowie hohen Kosten beim Support. Ferner waren von den Einrichtungen selbst zusammengebaute Server unter Sicherheitsaspekten problematisch. Hier ist eine Konsolidierung in Form der Zentralisierung der IT bei der BITBW aus Sicht des Rechnungshofs ohne Alternative.

Die Vorteile moderner IT-Lösungen verdeutlicht der Einsatz des Risikomanagementsystems in der Steuerverwaltung, das überprüfungswürdige bzw. risikobehaftete Sachverhalte der manuellen Bearbeitung zuweist. Das System funktioniert grundsätzlich gut, hat aber Spielraum für Verbesserungen. Gleiches gilt im Wesentlichen für die elektronische Übermittlung von Daten der Träger der Sozialleistungen an die Finanzverwaltung. Zur Entlastung des Personals sollte die automatische Übernahme elektronisch übermittelter Daten in die Einkommensteuerveranlagungen ausgeweitet werden.

4. Außerhalb der Denkschrift haben wir uns im Rahmen einer gutachtlichen Äußerung mit der digitalen Bildungsplattform „ella“ befasst und dabei - nicht untypisch - festgestellt, dass trotz technisch herausfordernder, organisatorisch anspruchsvoller und zeitlich ambitionierter Zielsetzung die beteiligten Institutionen organisatorisch und personell nicht immer ausreichend aufgestellt waren. Gerade bei Projekten dieser oder vergleichbarer Größenordnung mit zahlreichen und vielfältigen Anforderungen sowie mehreren Akteuren spielen Vorbereitung, Kommunikation und Koordination eine zentrale Rolle. Hier gilt es, die „Investitionen“ in Planung, Projektsteuerung und Projektmanagement zu verbessern.

  1. Haushaltsrechnung, Haushaltsplan und Haushaltsvollzug
  2. Ressortübertgreifende Empfehlungen
  3. Besondere Prüfungsergebnisse