Finanzierung der Studierendenwerke [Beitrag Nr. 19]

Die Finanzhilfe des Landes für die Studierendenwerke sollte ab 2020 deutlich reduziert werden. Die Studierendenwerke können die Reduzierung der Finanzhilfe kompensieren, indem sie die vom Rechnungshof aufgezeigten Verbesserungspotenziale realisieren. Durch eine Konzentration der BAföG-Bearbeitung bei nur einem Studierendenwerk sowie die Optimierung des Personaleinsatzes und der IT-Verfahren ergäbe sich ein jährliches Einsparpotenzial bei der Verwaltungskostenerstattung des Landes in Millionenhöhe.

1 Ausgangslage

Das Land Baden-Württemberg hat zur sozialen Betreuung und Förderung der Studierenden an den baden-württembergischen Hochschulen acht Studierendenwerke als Anstalten des öffentlichen Rechts errichtet:

  • das Studierendenwerk Mannheim,
  • das Studierendenwerk Heidelberg,
  • das Studierendenwerk Karlsruhe,
  • das Studierendenwerk Freiburg,
  • das Studierendenwerk Bodensee („Seezeit“),
  • das Studierendenwerk Ulm,
  • das Studierendenwerk Stuttgart und
  • das Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim.

Die Studierendenwerke betreiben Mensen und Cafeterien, bauen und betreiben Wohnheime für Studierende, bieten Betreuungseinrichtungen für die Kinder Studierender und diverse Beratungsstellen an. Sie vollziehen als übertragene Aufgabe die Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), soweit Studierende gefördert werden.

Den dafür erforderlichen Finanzbedarf decken sie in erster Linie aus Entgelten für die erbrachten Leistungen, daneben aus den Beiträgen der Studierenden und aus Zahlungen des Landes und der Kommunen.

Jeder Studierende ist verpflichtet, den vom Verwaltungsrat seines Studierendenwerks festgesetzten Semesterbeitrag zu leisten, der in Baden-Württemberg derzeit durchschnittlich 50 Euro beträgt.

Vom Land erhalten die Studierendenwerke eine Finanzhilfe (in Summa 21,7 Mio. Euro jährlich), Investitionszuschüsse in wechselnder Höhe (zuletzt 5,2 Mio. Euro) und eine nach der Zahl der bearbeiteten Fälle bemessene Verwaltungskostenerstattung für den Vollzug des BAföG (13 Mio. Euro im Jahr 2016). Soweit die Studierendenwerke Kindertagesstätten betreiben, erhalten sie auch kommunale Zuschüsse. Die Summe der Zahlungen des Landes an die Studierendenwerke betrug im Jahr 2016 rund 40 Mio. Euro.

Die Studierendenwerke entwickelten sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus den überkommenen Selbsthilfeeinrichtungen der Studierenden in den Universitätsstädten. Anfang der Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts wurden sie in Anstalten des öffentlichen Rechts umgewandelt und wie eine Behörde geführt. Durch das baden-württembergische Studentenwerksgesetz von 1999 wurden den Studierendenwerken zahlreiche unternehmerische Freiheiten gewährt mit dem erklärten Ziel, durch Autonomie und Bewährung im Wettbewerb effiziente und wirtschaftliche Strukturen zu schaffen.

In der Gesetzesbegründung brachte die Landesregierung ihre Erwartung zum Ausdruck, dass die so veränderten Rahmenbedingungen und das unternehmerische Geschick der neu zu berufenden Geschäftsführer auf mittlere Frist zu einer spürbaren Reduzierung der Landeszuschüsse führen würden. Auch die Beitragszahler sollten durch die Realisierung von Einsparpotenzialen entlastet werden. Die Gesetzesbegründung zeigte strukturelle Maßnahmen auf, die zu weiteren Einsparungen führen sollten: Angedacht war die Fusion von Studierendenwerken und die Konzentration des Vollzugs des BAföG.

Diese Erwartungen des Gesetzgebers haben sich in der Folgezeit nur teilweise erfüllt. So kam es lediglich 2007 zu einer Fusion der Studierendenwerke Tübingen und Hohenheim mit einem beträchtlichen Effizienzgewinn.

Das unternehmerische Geschick der neu berufenen Geschäftsführer führte an fast allen Standorten zu beachtlichen Jahresergebnissen, die das Eigenkapital der Studierendenwerke kontinuierlich wachsen ließen. Die jährliche Finanzhilfe des Landes wurde trotz der wachsenden Innenfinanzierungskraft der Studierendenwerke nicht gesenkt, allerdings über den gesamten Zeitraum auch nicht wesentlich erhöht. Die gegenwärtig gewährte Finanzhilfe von 21,7 Mio. Euro ist bis zum Jahr 2019 festgeschrieben. Die Höhe der Finanzhilfe für den Zeitraum 2020 bis 2024 wird in den nächsten Monaten von der Landesregierung festgelegt.

Der Rechnungshof hat in einer Querschnittsuntersuchung geprüft, ob die vorhandenen Einsparpotenziale ausreichend genutzt werden und das 1999 formulierte gesetzgeberische Ziel einer nachhaltigen Reduzierung der Landeszuschüsse erreicht werden kann. Grundlage der Prüfung war die Entwicklung der Jahresergebnisse bis einschließlich 2016.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Ausbildungsförderung

Seit Januar 2015 hat der Bund die Finanzierung der BAföG-Leistungen zu 100 Prozent übernommen. Für den Vollzug des BAföG und die Auszahlung der Mittel sind die Länder im Auftrag des Bundes zuständig. Die Länder tragen die dabei anfallenden Verwaltungskosten.

Das Land hat die Ausführung des BAföG, soweit es um Studierende der baden-württembergischen Hochschulen geht, den Studierendenwerken übertragen. Diese erhalten vom Land eine nach Fallzahlen bemessene pauschale Erstattung der Verwaltungskosten - im Jahr 2016 waren dies 13 Mio. Euro. Es handelt sich dabei vorwiegend um Personalkosten für insgesamt 227 Vollzeitäquivalente, die von den Studierendenwerken für den Vollzug des BAföG landesweit eingesetzt werden.

Der Normenkontrollrat des Bundes hat aufgrund einer Untersuchung des notwendigen Personalaufwands Normwerte für die Bearbeitung eines BAföG-Antrags ermittelt. Legte man diese Normwerte zugrunde, würde sich der Personalbedarf in Baden-Württemberg erheblich reduzieren. Weitere Verbesserungspotenziale ergäben sich, wenn die IT-Verfahren zur Bearbeitung des BAföG optimiert würden. Daran arbeitet gegenwärtig eine länderübergreifende Arbeitsgruppe.

Der Rechnungshof hält eine solche Effizienzsteigerung bei den Ämtern für Ausbildungsförderung dann für möglich, wenn die Bearbeitung der BAföG-Anträge aller baden-württembergischen Studierenden bei nur einem Studierendenwerk konzentriert wird. Freilich müsste bei jedem Studierendenwerk vor Ort nach wie vor Personal zur Beratung der Studierenden in BAföG-Angelegenheiten und zur Entgegennahme von Anträgen vorgehalten werden (analog zur Bürgertheke bei den Finanzämtern).

Saldiert man den Minderbedarf aufgrund der Effizienzsteigerung und den Mehrbedarf für die Bürgertheken, so ergibt sich ein Einsparpotenzial von landesweit 70 Vollzeitäquivalenten - das entspricht 30 Prozent des Personalaufwands.

Nach Realisierung dieser Aufgabenkonzentration kann das Land seine Verwaltungskostenerstattung entsprechend reduzieren. Ausgehend von den Fallzahlen des Jahres 2016 ergibt sich daraus eine Reduzierung der Verwaltungskostenerstattung um 3,9 Mio. Euro.

2.2 Studentisches Wohnen

Die acht Studierendenwerke stellen den Studierenden landesweit 34.000 Wohnheimplätze in eigenen oder angemieteten Liegenschaften zur Verfügung. Die Studierendenwerke decken zusammen mit anderen Anbietern, die öffentlich geförderten Wohnraum für Studierende bereitstellen, 12,5 Prozent des studentischen Wohnraumbedarfs. Damit nimmt Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich eine Spitzenstellung ein (Bundesdurchschnitt: 9,7 Prozent). Mit ihrem Angebot schaffen die Studierendenwerke zugleich Standards für die Qualität und den Preis studentischer Wohnungen, an denen sich private Vermieter orientieren.

Das Land fördert den Bau von Wohnheimplätzen für Studierende, indem es den Studierendenwerken einerseits nach Möglichkeit landeseigene Grundstücke zu sehr günstigen Konditionen für den Wohnheimbau zur Verfügung stellt, andererseits einen verlorenen Zuschuss von 8.000 Euro je neu geschaffenen Bettplatz gewährt. Auf dieser Grundlage kalkulieren die Studierendenwerke eine vollkostendeckende Miete. Damit werden auch die anfallenden Abschreibungen und eine mäßige Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet. Eine Quersubventionierung der Miete aus anderen Einnahmen der Studierendenwerke ist regelmäßig nicht erforderlich.

Die vorliegenden Analysen legen nahe, dass jedenfalls in einzelnen Universitätsstädten die studentische Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen ist. In einzelnen Universitätsstädten bestehen sogar ein deutlicher Nachfrageüberhang und ein Bedarf nach weiterem öffentlich gefördertem Wohnraum.

Der Rechnungshof hält dieses System der Förderung studentischen Wohnraums für sachgerecht und plädiert dafür, das bestehende Verhältnis zwischen öffentlich gefördertem und privatem Wohnraumangebot zu erhalten.

Ein Verbesserungspotenzial sieht der Rechnungshof allerdings darin, dass die Studierendenwerke bei der Vermietung studentischen Wohnraums keinen weitergehenden Deckungsbeitrag für ihre anderen sozialen Aufgaben erwirtschaften. Einen solchen Deckungsbeitrag zu erwirtschaften, erscheint deshalb angemessen, weil die Mehrzahl der Studierendenwerke die Wohnheimplätze nicht mehr ausschließlich nach sozialen Kriterien vergibt und damit auch wohlhabende Studierende in den Genuss von Mieten kommen, die an vielen Standorten mehr als 50 Euro unter der ortsüblichen Miete liegen. Würden die Studierendenwerke je Wohnheimplatz einen sozial gestaffelten Mietzuschlag erheben, ergäbe sich daraus eine Mehreinnahme, die zur Finanzierung anderer sozialer Aufgaben des Studierendenwerks verwendet werden könnte. Außerdem wäre dieser Mietzuschlag ein Beitrag zur Gerechtigkeit im Verhältnis zwischen den Studierenden, die einen subventionierten Wohnraumplatz bekommen, und jenen, die auf den freien Wohnungsmarkt angewiesen sind.

2.3 Verpflegungsbetriebe

Der größte Teil des Primärdefizits, das die Studierendenwerke allerorts erwirtschaften, beruht auf der fehlenden Kostendeckung ihrer Verpflegungsbetriebe. 2016 betrug der Kostendeckungsgrad der Verpflegungsbetriebe (Mensen, Cafeterien usw.) landesweit lediglich 65 Prozent. Daraus ergab sich ein Zuschussbedarf dieses Bereichs von nahezu 40 Mio. Euro jährlich, der teilweise aus der Finanzhilfe des Landes und teilweise aus den Beiträgen der Studierenden gedeckt wird. Bemerkenswert ist, dass in diese Berechnung nur ein Teil der Gebäudekosten eingeht.

Die Erwartungen, die die Hochschulen und die Studierenden an ihre Mensen und Cafeterien richten, sind hoch: Sie erwarten eine Vielzahl dezentraler Standorte, ein qualitativ hochwertiges und abwechslungsreiches Essen und ein günstiges Preisniveau. Diese Ziele werden von den Vertretern der Hochschulen und der Studierenden im Verwaltungsrat offensiv eingefordert und durchgesetzt.

Die 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks und eigene Erhebungen des Rechnungshofs haben ergeben, dass trotz des hochwertigen und nachfragefreundlichen Angebots der Verpflegungsbetriebe die Inanspruchnahme des Angebots tendenziell rückläufig ist. Bundesweit hat sich die durchschnittliche Zahl der Mittagessen, die ein Studierender je Woche in der Mensa verzehrt, in den letzten fünf Jahren von 2,7 auf 1,7 vermindert. Nach Erhebungen des Rechnungshofs verzehrten die baden-württem¬bergischen Studierenden 2016 im Durchschnitt lediglich zwischen 22 Mittagessen je Jahr in Tübingen/Hohenheim und 41 Mittagessen in Heidelberg.

Der Rechnungshof hält es für möglich, den Kostendeckungsgrad der Verpflegungsbetriebe nachhaltig zu steigern. Schon bei einem Deckungsgrad von 70 Prozent ergäbe sich landesweit eine Verminderung des Zuschussbedarfs um mehr als 5 Mio. Euro jährlich.

Ein höherer Kostendeckungsgrad könnte erreicht werden, indem

  • nicht notwendige und stark defizitäre Einrichtungen konsequent geschlossen werden,
  • gegenüber Mitarbeitern und Gästen mehr als lediglich kostendeckende Preise verlangt und effektiv durchgesetzt werden,
  • Waren- und Personalkostenerhöhungen zeitnah und vollständig an die Kunden der Verpflegungsbetriebe weitergegeben werden.

Das Land sollte, solange es Zuschüsse zum laufenden Betrieb gewährt und damit die Verpflegungsbetriebe subventioniert, auf eine Erhöhung des Kostendeckungsgrads hinwirken und, falls erforderlich, rechtlich verbindliche Vorgaben zum Kostendeckungsgrad definieren.

2.4 Soziale Aufgaben

Die Studierendenwerke erfüllen in den Bereichen Kinderbetreuung, psychosoziale Beratung und finanzielle Studienhilfen wichtige Aufgaben. Mit der Bereitstellung von Kinderbetreuungsplätzen speziell für die Kinder von Studierenden, mit der psychosozialen Beratung bei spezifisch studienbezogenen Problemen (z. B. Prüfungsangst) und mit unbürokratischen Hilfen bei vorübergehenden Notsituationen von Studierenden ergänzen die Studierendenwerke die Angebote anderer sozialer Einrichtungen. Allerdings sollten die Studierendenwerke darauf achten, dass sie nicht Pflichtangebote der Kommunen, der Hochschulen oder anderer gemeinnütziger Träger substituieren.

Wir halten auch in diesen Bereichen mäßige Ergebnisverbesserungen für möglich:

  • Der Umfang des Kinderbetreuungsangebots sollte sich nur am spezifischen studentischen Bedarf orientieren. Primär zuständig für Kinderbetreuungsangebote sind die Sitzkommunen. Nicht erforderlich ist, Kindergartenplätze für Kinder von eigenen Mitarbeitern, Hochschulbediensteten oder hochschulfremden Familien vorzuhalten. Wenn ausnahmsweise im Zusammenhang mit der kommunalen Kostenerstattung von den Sitzgemeinden verlangt wird, dass Plätze für fremde Kinder vorgehalten werden, dann ist dies nur bei voller Kostenerstattung vertretbar.
  • Wie bereits von zwei Studierendenwerken realisiert, sollte für die Inanspruchnahme der psychosozialen Beratung ein maßvoller Eigenanteil (z. B. von 10 Euro je Beratungstermin) erhoben werden. Kostendeckung ist in diesem Bereich freilich nicht zu erreichen.

Von den Möglichkeiten einer finanziellen Hilfe für Studierende in Notlagen (z. B. durch die Gewährung eines kurzfristigen Darlehens) machen die Studierendenwerke nach unseren Erhebungen ohnehin nur vorsichtig Gebrauch. Der Rechnungshof beanstandet diese Praxis daher nicht.

2.5 Verzicht auf freiwillige Aufgaben

Über die beschriebenen Aufgaben hinaus nehmen einige Studierendenwerke soziale und kulturelle Aufgaben wahr, auf die auch verzichtet werden könnte.

So bedarf es beispielsweise keiner Angebote zur juristischen Beratung: Für die Beratung in hochschulrechtlichen und prüfungsrechtlichen Fragen ist die Hochschule selbst zuständig; für zivilrechtliche Beratungen gibt es staatlich geförderte Beratungshilfe durch Amtsgerichte und Rechtsanwälte.

Kulturelle Angebote der Studierendenwerke konkurrieren häufig mit inhaltsgleichen Angeboten der Hochschulen, der Verfassten Studierendenschaften oder anderer lokaler Anbieter. So bedarf es weder einer vom Studierendenwerk betriebenen Bücherei noch eines ausgefeilten Angebots an öffentlichen Veranstaltungen noch einer vom Studierendenwerk subventionierten Fahrradwerkstatt.

Die Übernahme neuer sozialer oder kultureller Aufgaben kommt nach unserer Auffassung nur in Betracht, wenn für eine volle Kostendeckung aus Entgelten oder Zuwendungen Dritter gesorgt wird.

2.6 Effiziente Strukturen

Die Struktur der Studierendenwerke in Baden-Württemberg orientiert sich an den Universitätsstädten und ist deswegen polyzentrisch. Dadurch ergeben sich Effizienzreserven, die auch der Gesetzgeber des Studentenwerksgesetzes 1999 gesehen hat. Das Gesetz hat deshalb vorgesehen, dass die Errichtung, die Aufhebung und die Fusion von Studierendenwerken durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Landtags möglich sind. Von dieser Möglichkeit wurde bislang nur bei der Fusion der Studierendenwerke Tübingen und Hohenheim zum 1. Januar 2007 Gebrauch gemacht. Nach Berechnungen des Studierendenwerks Tübingen-Hohenheim hat diese Fusion eine Effizienzrendite von rund 30 Prozent beim Personalaufwand im Verwaltungsbereich erbracht.

Der Rechnungshof hält weitere Fusionen mit entsprechendem Effizienzgewinn für möglich:

  • Aufgrund der räumlichen Nähe wären die Fusion der Studierendenwerke in Mannheim und Heidelberg sowie der Studierendenwerke Stuttgart und Tübingen-Hohenheim einfach realisierbar.
  • Auf mittlere Frist könnte die Leistungsfähigkeit der Studierendenwerke weiter gesteigert werden, wenn die baden-württembergischen Hochschulen nur noch von drei Studierendenwerken versorgt würden:
    • „Studierendenwerk Nordbaden“ mit den Hauptstandorten Karlsruhe, Heidelberg und Mannheim,
    • „Studierendenwerk Südbaden“ mit den Hauptstandorten Konstanz und Freiburg und
    • „Studierendenwerk Württemberg“ mit den Hauptstandorten Stuttgart, Tübingen und Ulm.

In diesem Zusammenhang müsste dann auch die Zuordnung der kleineren Hochschulen zu den einzelnen Studierendenwerken überdacht werden.

Durch die damit verbundene Straffung des Leitungsbereichs ergäbe sich ein Einsparpotenzial von landesweit mindestens 1,5 Mio. Euro. Durch die Synergieeffekte in der Verwaltung ist nach den Erfahrungen von Tübingen-Hohenheim mit weiteren Effizienzgewinnen in einer Größenordnung von 1 Mio. Euro zu rechnen, ohne dass das Leistungsangebot der Studierendenwerke beeinträchtigt würde.

2.7 Künftige Finanzierung

Die Studierendenwerke in Baden-Württemberg haben in den vergangenen Jahren jeweils gute Betriebsergebnisse erzielt und damit eine gute Eigenkapitalausstattung erarbeitet. Ebenfalls positiv entwickelt hat sich die Liquidität der Studierendenwerke, da neben den positiven Betriebsergebnissen auch die (erwirtschafteten) Abschreibungen zu einem beachtlichen Cash-Flow geführt haben.

Vor diesem Hintergrund sollte das Land prüfen, ob die Studierendenwerke einen Teil der vom Land traditionell geförderten Investitionen künftig aus eigenen liquiden Mitteln finanzieren können. Auch dadurch würde sich ein Teil der vom Land gewährten Zuschüsse erübrigen.

Eine weitere Möglichkeit, das Betriebsergebnis der Studierendenwerke zu verbessern, offenbart ein Blick auf den bundesweiten Vergleich der Studentenwerksbeiträge: Während in Baden-Württemberg im Wintersemester 2016/2017 im Durchschnitt ein Beitrag von 50,09 Euro je Semester gezahlt wurde, lag der Bundesdurchschnitt der Beiträge bei 68,38 Euro je Semester.

Würden die Semesterbeiträge an den baden-württembergischen Hochschulen um durchschnittlich 10 Euro je Semester erhöht werden, läge der Beitrag immer noch mehr als 10 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Das Betriebsergebnis der Studierendenwerke würde sich dagegen um 6,7 Mio. Euro verbessern.

3 Fazit und Empfehlungen

Die aufgezeigten Potenziale können die einzelnen Studierendenwerke je nach den örtlichen Gegebenheiten und der von ihnen verfolgten Strategie ganz, teilweise oder in Stufen nutzen, um ihre Betriebsergebnisse zu verbessern und eine Reduzierung der Finanzhilfe des Landes zu kompensieren.

3.1 Fortsetzung der Wohnheimförderung

Der Rechnungshof empfiehlt, das System der Förderung des Wohnheimbaus angesichts der steigenden Nachfrage nach studentischem Wohnraum beizubehalten. Es sollten auch weiterhin kostengünstig Grundstücke für den Wohnheimbau zur Verfügung gestellt und jeder Wohnheimplatz der Studierendenwerke sollte mit einem staatlichen Zuschuss subventioniert werden.

3.2 Einsparungen ohne Auswirkung auf die Studierenden

Eine Einsparung in Millionenhöhe bei den Zahlungen des Landes ohne Auswirkung auf die Leistungen an die Studierenden ließe sich realisieren, wenn

  • die Studierendenwerke einen Teil ihrer notwendigen Investitionen mit eigenen liquiden Mitteln finanzieren würden,
  • die Zuständigkeit für die Bearbeitung von BAföG-Anträgen bei nur einem Studierendenwerk konzentriert, der Personalbedarf an die Werte des Normenkontrollrats angepasst und das IT-Verfahren optimiert würde (bei gleichen Fallzahlen wie 2016 jährlich 3,9 Mio. Euro weniger Verwaltungskostenerstattung) und
  • durch die Fusion von Studierendenwerken eine Effizienzrendite von 2,5 Mio. Euro geschöpft würde.

3.3 Ergebnisverbesserungen ohne Beitragserhöhung

Im Einzelnen sieht der Rechnungshof folgende Möglichkeiten, die Ergebnisse aus dem laufenden Betrieb zu verbessern, ohne die Semesterbeiträge erhöhen zu müssen:

  • Eine sozial gestaffelte Erhöhung der Wohnheimmieten ergäbe einen Deckungsbeitrag für die übrigen sozialen Aufgaben der Studierendenwerke und würde die Gerechtigkeit zwischen den Studierenden verbessern.
  • Durch eine (realistische) Steigerung des Kostendeckungsgrads der Verpflegungsbetriebe auf durchschnittlich 70 Prozent ergäbe sich eine Verbesserung des Betriebsergebnisses von landesweit 5,5 Mio. Euro.
  • Eine Optimierung des Angebots an Kinderbetreuungseinrichtungen und die Erhebung eines Eigenanteils bei psychosozialen Beratungen ergeben ein Verbesserungspotenzial von rund 0,5 Mio. Euro.
  • Der Verzicht auf freiwillige kulturelle Aufgaben und Beratungsaufgaben erbringt ein weiteres Verbesserungspotenzial.

Auch wenn nur ein Teil dieser Vorschläge umgesetzt würde, ergäbe sich Spielraum für die nachhaltige Reduzierung der jährlichen Finanzhilfe.

3.4 Ergebnisverbesserungen durch Beitragserhöhung

Würden die Beiträge um durchschnittlich 10 Euro je Semester erhöht, würde sich landesweit der Bedarf an staatlicher Finanzhilfe um 6,7 Mio. Euro reduzieren. Das baden-württembergische Beitragsniveau läge damit immer noch 10 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt.

4 Stellungnahme der Studierendenwerke

Die acht baden-württembergischen Studierendenwerke und in ihrem Auftrag das Deutsche Studentenwerk e. V. haben zu den Feststellungen und Vorschlägen des Rechnungshofs Stellung genommen. Die baden-württem-bergischen Studierendenwerke erheben im Wesentlichen folgende Einwendungen:

  • Die Finanzhilfe des Landes Baden-Württemberg sei seit 1999 weitgehend unverändert und trage deshalb der wachsenden Studierendenzahl sowie den mittlerweile eingetretenen Personalkostensteigerungen nicht ausreichend Rechnung. Es habe erheblichen unternehmerischen Geschicks bedurft, um die Betriebsergebnisse vor diesem Hintergrund stabil zu halten. Die Studierendenwerke hätten in dieser Zeit Einsparpotenziale in beachtlichem Umfang realisiert.
  • Die Konzentration der Zuständigkeit für die Bearbeitung von BAföG-Anträgen sei nur möglich, wenn Umfang und Qualität der Beratung vor Ort gewährleistet seien und die notwendige leistungsfähige IT-Infrastruktur bereitgestellt werde. Notwendig sei überdies eine deutliche Vereinfachung des materiellen Rechts. Angezweifelt wird das vom Rechnungshof errechnete Einsparpotenzial von 70 Vollzeitäquivalenten, maximal möglich seien allenfalls 30 Vollzeitäquivalente. Denkbar sei allerdings eine Übertragung der gesamten Ausbildungsförderung auf die Finanzämter.
  • Die Studierendenwerke sprechen sich gegen die vorgeschlagene Mieterhöhung aus und weisen dabei auf die soziale Funktion ihres Wohnheimangebots hin. An einzelnen baden-württembergischen Standorten überträfen die erhobenen Mieten bereits heute den bei der Bemessung des BAföG zugrunde gelegten Bedarfssatz für Wohnraummiete und bewegten sich teilweise auf dem Niveau der ortsüblichen Vergleichsmieten. Im Übrigen könnte die Erhebung einer Miete über das Maß der Vollkostendeckung hinaus zuwendungsrechtliche und steuerrechtliche Probleme verursachen.
  • Gegen den vom Rechnungshof vorgeschlagenen Kostendeckungsgrad von 70 Prozent bei den Verpflegungsbetrieben machen die Studierendenwerke geltend, dass schon heute drei Fünftel des dort erwirtschafteten Defizits aus den Beiträgen der Studierenden und nicht aus der Finanzhilfe des Landes gedeckt werden. Kostensenkungen scheiterten häufig an den tarifvertraglichen Vorgaben, Preiserhöhungen führten wegen des zu erwartenden Nachfragerückgangs nicht zwingend zu einem höheren Kostendeckungsgrad.
  • Die Wahrnehmung sozialer Aufgaben gehöre nach dem Studierendenwerksgesetz zur Kernkompetenz der Studierendenwerke. Eine Kostenbeteiligung bei der psychologischen Beratung verursache einen hohen Verwaltungsaufwand und bringe datenschutzrechtliche Probleme mit sich. Ein vollkostendeckender Zuschuss der Kommunen zu einzelnen Kinderbetreuungsangeboten für Nichtstudierende sei wünschenswert, aber aufgrund unzureichender gesetzlicher und kommunaler Vorgaben vielerorts nicht durchsetzbar.
  • Zum Thema „kulturelle Angebote“ weisen die Studierendenwerke auf die interkulturelle Dimension ihrer Angebote hin, auf die sie nicht gänzlich verzichten möchten.
  • Zu den Fusionsvorschlägen des Rechnungshofs machen die Studierendenwerke geltend, dass die vom Rechnungshof errechnete Effizienzrendite nicht im Einzelnen belegt sei und durch vielfach gepflegte Kooperationen bereits heute Einsparpotenziale genutzt würden, ohne dass die besondere lokale Verankerung gefährdet werde. Der Rechnungshof übersehe auch die mit einer Fusion zwingend verbundenen Kosten für die rechtliche, organisatorische, technische und personelle Zusammenführung mehrerer Studierendenwerke.
  • Mit den vom Rechnungshof in den Raum gestellten Beitragserhöhungen werde die Attraktivität des Studienstandorts Baden-Württemberg gemindert. Die vom Rechnungshof zitierten höheren Beiträge in anderen Ländern dienten dort vor allem der Kompensation höherer Defizite im Verpflegungsbereich.

Eines der Studierendenwerke weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass bei einer Neufestsetzung der Finanzhilfe des Landes jedenfalls auch eine leistungsgerechtere Verteilung der Finanzhilfe zwischen den Studierendenwerken erwogen werden müsse.

Das Studierendenwerk Stuttgart hält es für zielführend, die Standorte Stuttgart, Stuttgart-Hohenheim und Heilbronn in seiner Zuständigkeit zusammenzuführen. Eine Einbeziehung des Standorts Tübingen sei aus strukturellen Gründen jedoch nicht erstrebenswert.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das Wissenschaftsministerium betont, dass die Landesregierung die Schaffung von förderlichen Rahmenbedingungen und Chancengerechtigkeit beim Studium als soziale Verpflichtung des Landes sehe und den Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg im nationalen und internationalen Wettbewerb stärken möchte. Das Ministerium werde die vom Rechnungshof ausgesprochenen Empfehlungen prüfen und intensiv mit den Studierendenwerken diskutieren. Es weist darauf hin, dass die meisten der vorgeschlagenen Maßnahmen in den Verantwortungsbereich der Geschäftsführungen sowie der Verwaltungsräte der einzelnen Studierendenwerke fallen. Aufgrund der Autonomie der Studierendenwerke seien die Einflussmöglichkeiten des Ministeriums begrenzt.

Das Ministerium sieht die Studierendenwerke des Landes auf einem guten Weg, auch weiterhin eine bestmögliche Förderung und Betreuung sicherzustellen. Die Landesregierung werde hierzu auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten.

Zu den einzelnen Vorschlägen des Rechnungshofs nimmt das Ministerium wie folgt Stellung:

Das Ministerium stimme den Feststellungen des Rechnungshofs zu, dass im Bereich der BAföG-Verwaltung Einsparpotenziale und Effizienzsteigerungsmöglichkeiten vorhanden sind. Dem Vorschlag eines zentralen Amts für die Anträge auf Studierenden-BAföG stehe es jedoch kritisch gegenüber, da in diesem Fall die im Sozialleistungsrecht verankerte Pflicht der Beratung und Betreuung nicht sichergestellt werden könne. Es plane, im Rahmen einer landesweiten Organisationsuntersuchung Einsparpotenziale zu ermitteln und in der Folge umzusetzen.

Einen pauschalen Zuschlag zur Miete sehe das Wissenschaftsministerium kritisch. Dieser Zuschlag berücksichtige weder standortbezogene Gegebenheiten wie z. B. das Mietniveau noch den baulichen Zustand der jeweiligen Wohnanlage (Altbau/Neubau, Sanierungsbedarf).

Die Möglichkeit einer Defizitreduzierung im Verpflegungsbereich sei durch bereits erzielte Effizienzgewinne, stetige Kostensteigerungen im Personal- und Beschaffungsbereich sowie erhebliche Sanierungsaufwendungen begrenzt. Preiserhöhungen fielen in den Entscheidungsbereich der jeweiligen Geschäftsführung. Die Schließung stark defizitärer Verpflegungseinrichtungen erscheine sinnvoll, sofern sie durch abfedernde Maßnahmen wie eine Automatenversorgung ergänzt würde.

Das Ministerium befürwortet die Erhebung eines maßvollen Eigenanteils bei der psychotherapeutischen Beratung und höhere Elternbeiträge für Eltern, die nicht studieren. Wegfallen könnten aus Sicht des Ministeriums ebenso die juristische Beratung und einzelne kulturelle Angebote, falls die Verfassten Studierendenschaften in diesem Bereich bereits tätig sein sollten.

Das Ministerium werde die Möglichkeiten einer Fusion der Studierendenwerke Mannheim und Heidelberg prüfen. Einer weitergehenden Fusion von Studierendenwerken stehe es jedoch kritisch gegenüber, da die Kosten einer weitgehenden Zentralisierung, die verwaltungstechnische Handhabung sowie „weiche Faktoren“ wie die gegebenenfalls sinkende Betreuungsqualität nicht ausreichend berücksichtigt seien. Bereits jetzt gebe es Synergieeffekte durch umfassende Zusammenarbeit z. B. bei Einkauf, IT und Marketing.

Eine pauschale Erhöhung der Studierendenwerksbeiträge um 10 Euro je Semester sei aus Sicht des Ministeriums als nicht ausgewogen abzulehnen. Dennoch sehe das Ministerium bei einzelnen Studierendenwerken Spielraum für eine moderate Erhöhung der Studierendenwerksbeiträge. Diese seien vielmehr standort- bzw. hochschulbezogen zu ermitteln. Die Entscheidung über die Höhe der Beiträge liege bei den Verwaltungsräten der Studierendenwerke. Die gute wirtschaftliche Situation der Studierendenwerke sollte nicht zur Kürzung staatlicher Mittel herangezogen werden. Sie diene vielmehr der Zukunftsvorsorge, um den Wissenschaftsstandort Baden-Württem¬berg zu stärken und die Chancengerechtigkeit beim Studium als soziale Verpflichtung des Landes zu verwirklichen.

6 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof hält auch angesichts der Einwendungen, wie sie die Studierendenwerke erheben, an der Empfehlung fest, die Höhe der Finanzhilfe des Landes für den Zeitraum ab 2020 deutlich zu reduzieren.

Eine Halbierung der Finanzhilfe können die Studierendenwerke kompensieren, selbst wenn sie nur einen Teil der Vorschläge des Rechnungshofs umsetzen. Da viele der genannten Potenziale zur Ergebnisverbesserung in die Zuständigkeit der Verwaltungsräte und der Geschäftsführer der Studierendenwerke fallen, können dabei auch örtliche und strukturelle Besonderheiten der einzelnen Studierendenwerke berücksichtigt werden.