1 Ausgangslage
Seit 1998 betreibt das Land Photovoltaikanlagen, die vom Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg (Landesbetrieb Vermögen und Bau) errichtet werden. Daneben vermietet es Dach- und Freiflächen, auf denen Dritte eigene Anlagen errichten und betreiben können.
Die produzierte elektrische Energie der Solarmodule Dritter wird in das allgemeine Stromnetz eingespeist. Die Anlagenbetreiber erhalten dafür Einspeisevergütungen nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien. Die landeseigenen Photovoltaikanlagen dienen auch direkt der Stromversorgung der Landesgebäude.
Die Landesregierung fasste 2012 den Beschluss: „Die PV-Fläche auf Landesgebäuden soll bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2010 mindestens verdoppelt werden“ . Ausgehend von 43.000 m² sollte demzufolge eine PV-Fläche von mindestens 86.000 m² installiert werden. In diese Summe sind sowohl landeseigene als auch Photovoltaikanlagen Dritter auf vermieteten Flächen eingerechnet.
Die Prüfungsergebnisse des Rechnungshofs stellen den Stand vom Sommer 2017 dar. Solarthermische Anlagen zur Erzeugung von Warmwasser wurden nicht in die Prüfung einbezogen.
2 Prüfungsergebnisse
Der Rechnungshof stellte fest, dass Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von überschlägig 10.000 Kilowatt peak auf Dach- oder Freiflächen des Landes installiert sind. 95 Prozent dieser Anlagen sind nicht im Eigentum des Landes. Bis 2017 betrieb das Land lediglich neun eigene Anlagen mit einer Leistung von 600 Kilowatt peak. Die Verteilung der Anlagenstandorte im Land und deren Leistung ist in der folgenden Abbildung dargestellt.
Seit Sommer 2017 hat das Land zusätzliche Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von mehr als 500 Kilowatt peak in Betrieb genommen. Belastbare Auswertungen zur Energieproduktion dieser neuen Anlagen lagen zum Zeitpunkt unserer Prüfung noch nicht vor.
2.1 Vermietung von Dach- und Freiflächen an Dritte
Für die Vermietung der Dach- und Freiflächen für Photovoltaikanlagen hat das Land 72 Gestattungsverträge abgeschlossen. Diese stammen überwiegend aus der Zeit hoher Einspeisevergütungen zwischen 2004 und 2011. In den letzten Jahren hat das Land nur noch wenige neue Verträge geschlossen.
Das Land erzielt aus den Gestattungsverträgen jährliche Einnahmen von 100.000 Euro. Die Vergütung wird in den meisten Fällen abhängig von der produzierten elektrischen Energie ermittelt und umfasst einen Anteil von ein bis 8 Prozent der Einspeisevergütung. In einigen Fällen wurde ein Festbetrag vereinbart, der sich zumeist nach der installierten Leistung richtet.
Der Verwaltungsaufwand für die korrekte Abrechnung der Gestattungsverträge ist unterschiedlich hoch. Die Feststellung der tatsächlich eingespeisten Energie ist für den Landesbetrieb Vermögen und Bau aufwendig und häufig kaum nachprüfbar.
Zudem kann sich das Land gegenüber Dritten schadensersatzpflichtig machen, wenn Dächer saniert oder Gebäude veräußert bzw. abgebrochen werden. In einem Fall musste das Land wegen vorzeitiger Vertragskündigung 111.000 Euro Schadensersatz leisten.
Ob das Vermietermodell vor diesem Hintergrund für das Land künftig noch wirtschaftlich ist, kann angesichts der zurückgehenden Bedeutung dieses Modells dahingestellt bleiben.
2.2 Wirtschaftlichkeit landeseigener Anlagen
Der Wirkungsgrad der Photovoltaikanlagen hängt im Wesentlichen von folgenden Faktoren ab:
- Ausrichtung der Module (Süd oder Ost-West),
- Neigungswinkel,
- Verschattung,
- Reinigungsintervalle.
Fünf der neun geprüften landeseigenen Anlagen wurden nicht genau nach Süden, sondern nach Südsüdwest ausgerichtet oder als Ost-West-Anlage erstellt. Diese sind über das Jahr betrachtet weniger wirksam als Anlagen, die exakt nach Süden orientiert sind.
Idealerweise werden Photovoltaikmodule mit einem Neigungswinkel zwischen 15 und 30 Grad errichtet. Die Anlagen auf dem Neubau beim Staatsministerium sowie auf dem Haus der Abgeordneten in Stuttgart sind hingegen aus gestalterischen Gründen ohne Neigung installiert. Sie sind daher deutlich weniger wirksam als geneigte Anlagen und anfälliger für Verschmutzungen.
Die Photovoltaikanlagen auf dem Haus der Abgeordneten in Stuttgart und beim Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg in Aulendorf waren durch Laub und Staub stark verschmutzt.
Die Verunreinigung der Module mit Feinstaub führte in Stuttgart dazu, dass die Erzeugung von Strom auf ein Drittel zurückging. Bei der Inaugenscheinnahme der Anlage auf dem Haus der Abgeordneten im Mai 2017 stellte der Rechnungshof fest, dass die Module unfachmännisch gereinigt waren.
Die Photovoltaikanlagen sind in der Regel auf Flach- oder Satteldächern installiert. Bei den Anlagen am Verkehrskommissariat in Kißlegg und der Hochschule in Esslingen wurden die Module vom Architekten gestalterisch in die Fassade integriert. Diese technisch sehr aufwendige Lösung kommt nur für sehr kleine Anlagen in Frage. Außerdem führt sie zu nicht optimaler Ausrichtung der Anlage, überdurchschnittlich hohen spezifischen Investitionskosten und zusätzlichen Architekten-Honoraren.
Bei dem 2016 errichteten Verkehrskommissariat in Kißlegg kostete die in die Fassade integrierte Photovoltaikanlage annähernd 5.000 Euro je Kilowatt peak. Bei konventionellen Dach-Anlagen mit größerer Modulfläche konnte das Land deutlich günstigere spezifische Preise von weniger als 2.000 Euro je Kilowatt peak erzielen. Nach Berechnungen des Rechnungshofs wird die Photovoltaikanlage in Kißlegg mit einer Spitzenleistung von nur 7 Kilowatt peak die Investitionskosten von mehr als 30.000 Euro während ihrer technischen Lebensdauer nicht erwirtschaften können.
Der Rechnungshof verglich die Effizienz landeseigener Anlagen mit Anlagen Dritter. Die landeseigenen Anlagen erzeugten im Mittel weniger als 800 Kilowattstunden Strom je installiertem Kilowatt peak je Jahr. Im Vergleich dazu produzierten die Anlagen Dritter nahezu 1.000 Kilowattstunden Strom je installiertem Kilowatt peak je Jahr. Gründe für die höhere Effizienz der privaten Anlagen sind neben einer optimalen Ausrichtung der Module größere zusammenhängende Installationsflächen und der Verzicht auf architektonische Stilelemente.
2.3 Kostenentwicklung und Planung landeseigener Anlagen
Vor 2013 errichtete Photovoltaikanlagen kosteten das Land mehr als 3.000 Euro je Kilowatt peak. Danach sanken die Investitionskosten deutlich unter 2.000 Euro je Kilowatt peak.
Bei der Errichtung der Anlagen fielen erhebliche Honorare von mehr als 10 Prozent der Baukosten an. Erst seit 2017 erstellt der Landesbetrieb Vermögen und Bau Planung und Ausschreibung in Eigenregie. Dadurch konnte der Landesbetrieb Kompetenz aufbauen. Allerdings ist das Wissen zur Planung und Ausschreibung von Photovoltaikanlagen und zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit nicht in allen Ämtern vorhanden.
Durch die gesunkenen Investitionskosten und die Eigenplanungen des Landesbetriebs Vermögen und Bau wird es für das Land zunehmend wirtschaftlich, den Strom mit eigenen Modulen zu erzeugen und diesen zum Eigenverbrauch in großen Liegenschaften zu nutzen.
Der Beschluss der Landesregierung von 2012 wurde zwar formal umgesetzt. Allerdings wurden 95 Prozent der Anlagen nicht vom Land, sondern von Dritten errichtet.
3 Empfehlungen
3.1 Konzeption zum Ausbau eigener Photovoltaikanlagen entwickeln
Das Land sollte zügig eine Konzeption entwickeln, auf welchen Liegenschaften große und rentable Photovoltaikanlagen zur Eigennutzung des erzeugten Stroms errichtet werden sollen. Hierfür bieten sich insbesondere größere Gebäude mit nutzungsbedingt hohen Stromverbräuchen an. Zum Beispiel haben Rechenzentren, Laborgebäude, Hörsäle und Justizvollzugsanstalten in den Sommermonaten hohe Kühllasten, die den Eigenverbrauch des erzeugten Stroms garantieren. Beispielhaft geeignet wären die Erweiterungsbauten der Justizvollzugsanstalt Stuttgart mit 3.300 m² oder das Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart mit 2.000 m² Dachfläche.
3.2 Photovoltaikanlagen wirtschaftlich planen
Die Planung und Realisierung landeseigener Photovoltaikanlagen müssen den Maßstab der Wirtschaftlichkeit erfüllen. Leistungsstarke Module mit einer optimalen Ausrichtung, größere zusammenhängende Installationsflächen und der Verzicht auf architektonische Stilelemente sind Voraussetzung, um dieses Ziel zu erreichen. Neuplanungen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, sollten aufgegeben werden.
3.3 Fachwissen zu Photovoltaikanlagen konzentrieren
Der Landesbetrieb Vermögen und Bau sollte prüfen, ob die Planung und Ausschreibung von Photovoltaikanlagen sowie die Prüfung der Wirtschaftlichkeit an einer Stelle zentral durchgeführt werden können. Diese Aufgabe könnte einem Schwerpunktamt übertragen werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Finanzen schließt sich weitgehend den Feststellungen des Rechnungshofs an. Es sieht in der Nutzung von Photovoltaik eine wirtschaftliche und aus Vorbildgründen eine notwendige Maßnahme, erneuerbare Energien einzusetzen. Die notwendigen Schritte zur Umsetzung der Empfehlungen seien bereits eingeleitet.
Zur Vermietung von Dach- und Freiflächen an Dritte erläutert das Ministerium, dass die Vermietung aus Vorbildgründen erfolgt und das Land damals nicht anspruchsberechtigt für die EEG-Vergütung gewesen sei. Ab 2013 bilde die eigene Errichtung von Photovoltaikanlagen einen strategischen Schwerpunkt.
Das Ministerium kündigt an, dass ein Leitfaden zur Wirtschaftlichkeitsberechnung erstellt werde. Überdies gehe es davon aus, dass die bauwerksintegrierten Photovoltaikanlagen langfristig aufgrund der technologischen Entwicklung sowie aufgrund von nicht monetären Aspekten eine größere Rolle spielen würden. Außerdem seien mit der Vermietung von Dachflächen große Anstrengungen unternommen worden.
Das Ministerium berichtet, es wolle ein Kompetenzzentrum Photovoltaik in der Betriebsleitung einrichten.