1 Ausgangslage
Die baden-württembergischen Zentren für Psychiatrie (ZfP) sind im Jahr 1996 als Rechtsnachfolger der früheren Psychiatrischen Landeskrankenhäuser errichtet worden. Sie wurden im Gesetz zur Errichtung der Zentren für Psychiatrie (EZPsychG) als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts konstituiert. Das Betriebsvermögen der früheren Landeskrankenhäuser wurde den ZfP ungeachtet der Frage, ob es dauerhaft betriebsnotwendig war, unentgeltlich übertragen.
Durch eine Fusion dreier Zentren im Jahr 2009 ergab sich die heutige Struktur der sieben ZfP:
ZfP Südwürttemberg mit den Standorten Bad Schussenried, Weissenau und Zwiefalten,
ZfP Calw-Hirsau,
ZfP Emmendingen,
ZfP Reichenau,
ZfP Weinsberg,
ZfP Wiesloch,
ZfP Winnenden.
Jedes ZfP wird von einem Geschäftsführer geleitet, der seinerseits von einem mit fünf stimmberechtigten Mitgliedern besetzten Aufsichtsrat kontrolliert wird. Jeder der Geschäftsführer leitet mehrere Zentren. Die Vertreter des Sozialministeriums und des Finanzministeriums verfügen in jedem Aufsichtsrat über die Mehrheit der Stimmen.
Die Aufgaben der ZfP sind im Errichtungsgesetz definiert: Im Mittelpunkt stehen das Angebot der Versorgung psychisch Kranker, die Unterbringung von Tätern im Rahmen des Maßregelvollzugs und die Betreuung seelisch Behinderter und Bedürftiger.
Die Finanzierung der ZfP erfolgt aus verschiedenen Quellen: Für den laufenden Betrieb der stationären Krankenversorgung werden von den Krankenkassen und den Privatpatienten Entgelte erhoben (landesweit rund 450 Mio. Euro). Für den Maßregelvollzug leistet das Land einen jährlichen Zuschuss in Höhe von mehr als 100 Mio. Euro. Die Betreuungs- und Pflegeleistungen werden von den Patienten, der Pflegeversicherung und den Sozialleistungsträgern finanziert.
Notwendige Investitionen der ZfP werden überwiegend durch Zuschüsse des Landes finanziert. Die ZfP können diese Zuschüsse im Rahmen des Staatshaushaltsplans aufgrund einer ihnen erteilten Bewirtschaftungsbefugnis unmittelbar bei der Landesoberkasse abrufen.
Ferner sind für die ZfP im Staatshaushaltsplan 2017 bis 2019 Investitionszuschüsse von 50 Mio. Euro für Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen zur Verringerung der impliziten Verschuldung vorgesehen. Hiervon wurden 2017 bereits 10 Mio. Euro abgerufen.
Der Rechnungshof hat in der Vergangenheit die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Zentren unter verschiedenen Aspekten geprüft.
Im Fokus der aktuellen Prüfung des Rechnungshofs stehen die Entwicklung der liquiden Mittel bei den ZfP und der Umgang mit den Investitionszuschüssen des Landes. Schwerpunktmäßig analysiert wurden die Haushaltsjahre 2012 bis 2016.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Ungewöhnlich hohe liquide Mittel
Bei der Prüfung des Rechnungshofs zeigte sich, dass bei den ZfP ein in dieser Höhe nicht zu erwartender Bestand an liquiden Mitteln vorhanden ist.
Aus den vorliegenden Jahresabschlüssen ergibt sich, dass die einzelnen Zentren am 31. Dezember 2016 jeweils über liquide Geldmittel zwischen 19,6 Mio. Euro (ZfP Weinsberg) und 81,7 Mio. Euro (ZfP Südwürttemberg) verfügten. In Summa hatten die sieben ZfP über 271,6 Mio. Euro zur Verfügung. Zusätzlich bestanden Forderungen über 180 Mio. Euro. Liquide Mittel und Forderungen entsprechen damit in der Summe dem Jahresumsatz aus stationären Krankenhausleistungen.
Der größte Teil der liquiden Geldmittel befindet sich auf Festgeldkonten (2016: 203 Mio. Euro), dazu kommen Guthaben auf Tagesgeld- und Girokonten sowie Bargeld.
Es ist nicht zu erwarten, dass sich der Bestand an liquiden Mitteln bis Ende 2018 nennenswert vermindert.
2.2 Ursachen der hohen Liquidität
Die hohe Liquidität der ZfP geht auf mehrere Ursachen zurück:
- Die ZfP konnten durch Veräußerung von Teilen des ihnen 1996 übertragenen Vermögens (insbesondere von Liegenschaften und ganzen Geschäftsbereichen) Erlöse in Millionenhöhe erzielen. Die Erlöse verblieben im Vermögen der ZfP.
- Die ZfP haben durch erfolgreiche Gestaltung des laufenden Betriebs Jahr für Jahr beachtliche Überschüsse erzielt, die ihnen als Eigenkapital erhalten geblieben sind.
- Nach den Feststellungen des Rechnungshofs wurden den ZfP nahezu jedes Jahr Investitionszuschüsse aus dem Landeshaushalt ausbezahlt, die zur Finanzierung der Investitionen noch nicht erforderlich waren. Dies geschah in vielen Fällen, obwohl die eingeräumte Bewirtschaftungsbefugnis unter dem Vorbehalt stand, dass Investitionszuschüsse nur abgerufen werden dürfen, wenn sie voraussichtlich innerhalb eines Monats zur Finanzierung der geplanten Investitionen benötigt werden. Insgesamt erhöhte sich die Liquidität durch dieses Vorgehen um 33 Mio. Euro.
- An fünf Standorten wurde - objektiv nicht benötigte - zusätzliche Liquidität geschöpft, indem die damaligen Geschäftsführer mit Zustimmung ihrer Aufsichtsräte Kredite aufgenommen haben. Diese Kredite waren Ende 2016 immer noch mit insgesamt 22 Mio. Euro valutiert. Dadurch entstand im Untersuchungszeitraum ein vermeidbarer Zinsaufwand von 1,5 Mio. Euro.
2012 bis 2016 wurden insgesamt 250 Mio. Euro investiert. Da für diese Investitionen neben den Zuschüssen des Landes auch auf Jahresüberschüsse aus den Jahren vor 2012 zurückgegriffen werden konnte, schmälerte dieses Vorgehen die hohe Liquidität nicht entscheidend. Der Bestand an liquiden Geldmitteln erhöhte sich vielmehr im Prüfungszeitraum um 70 Mio. Euro.
2.3 Mögliche Rechtfertigungen der hohen Liquidität
Die Geschäftsführer der ZfP und das Sozialministerium haben im Laufe der Prüfung den hohen Bestand an Liquidität gerechtfertigt. Im Einzelnen werden folgende Gründe vorgetragen.
2.3.1 Liquiditätsreserve
Die ZfP verweisen auf die Notwendigkeit einer Liquiditätsreserve für Notfälle. Beispielhaft wurden langwierige Pflegesatzverhandlungen oder technisch bedingte Betriebsausfälle an einzelnen Standorten genannt.
Der Rechnungshof verkennt nicht, dass eine Liquiditätsreserve für diesen Zweck in überschaubarem Umfang erforderlich ist. Bei stockenden Pflegesatzverhandlungen entrichten die Kostenträger ihre bisher geschuldeten Entgelte jedoch weiter, bei exzeptionellen Katastrophen könnte auf das Land als Gewährträger zurückgegriffen werden. Eine spezielle Vorsorge für diese Fälle erscheint daher nicht erforderlich.
2.3.2 Nicht vorhersehbare Verzögerungen von Investitionen
Weiterhin verweisen die ZfP darauf, dass es bei der Realisierung geplanter Investitionen in einigen Fällen zu unvorhersehbaren Verzögerungen gekommen sei. Dieses Argument wird jedoch dadurch widerlegt, dass die Schwankungsbreite über die Jahre hinweg relativ gering ist (2012 bis 2016 jeweils zwischen 45 und 55 Mio. Euro). Größere Einbrüche beim Abfluss der Investitionsmittel waren im Prüfungszeitraum nicht festzustellen.
2.3.3 Bestand an Verbindlichkeiten
Die ZfP verweisen auf einen Bestand von 107 Mio. Euro kurzfristig fälliger Verbindlichkeiten, die durch liquide Mittel gedeckt werden müssten.
Der Rechnungshof anerkennt dieses Argument, weist aber darauf hin, dass mit 270 Mio. Euro liquiden Geldmitteln ein Liquiditätsgrad I (Verhältnis liquider Geldmittel zu kurzfristigen Verbindlichkeiten) von 253 Prozent erreicht wird. Die betriebswirtschaftliche Literatur hält einen Liquiditätsgrad I von 100 Prozent selbst bei privaten Unternehmen im Allgemeinen für ausreichend, in einzelnen Branchen werden sogar Liquiditätsgrade zwischen 50 und 100 Prozent als angemessen akzeptiert. Beim Liquiditätsgrad II werden auch kurzfristig fällige Forderungen in diese Rechnung einbezogen. Auch solche befinden sich im Portfolio der ZfP.
2.3.4 Gefahr künftiger Jahresdefizite
Die Geschäftsführer der ZfP weisen darauf hin, dass keineswegs gesichert sei, dass auch in Zukunft im laufenden Betrieb beträchtliche Jahresüberschüsse erzielt werden können. Das neue Gesetz zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen sieht vor, dass die Entgelte nach Ablauf einer budgetneutralen Phase ab 2020 auf einer anderen Basis als bisher ermittelt werden. Dadurch und durch die verbindliche Mindestpersonalausstattung könnten sich die Betriebsergebnisse in Zukunft erheblich verschlechtern und einen Defizitausgleich aus liquiden Mitteln erforderlich machen.
Die Mindestpersonalausstattung geht in die Verhandlungen über die Entgelte ein und muss nach den gesetzlichen Bestimmungen von den Kostenträgern berücksichtigt werden. Es ist keineswegs zwingend, dass die ZfP ab 2020 jährlich Defizite erwirtschaften.
2.3.5 Sanierungsstau und Sicherheit der Investitionsfinanzierung
Sodann verweisen die Geschäftsführer auf einen nach ihrer Auffassung unbestreitbaren Sanierungsstau bei den Zentren. So hätte man in den Investitionsplänen für den Planungszeitraum 2017 bis 2021 notwendige Investitionen in einem Volumen von landesweit 374 Mio. Euro vorgesehen. Wenn der Rechnungshof mit seinen Vorschlägen dafür sorgen würde, dass diese Investitionen nicht mehr finanziert werden könnten, dann schlüge dies unmittelbar auf die Qualität der Krankenversorgung durch. Außerdem schaffe erst das Vorhandensein liquider Mittel die notwendige Sicherheit, um Investitionen verlässlich planen und realisieren zu können.
Der Rechnungshof bestreitet den technischen Sanierungsbedarf dem Grunde nach nicht. Allerdings hat dieser keine finanziellen Ursachen. Es hat sich gezeigt, dass die ZfP in den letzten fünf Jahren nicht in der Lage waren, Investitionen in einem Volumen über 55 Mio. Euro jährlich umzusetzen. Trotz einer ehrgeizigen, mit ausreichend finanziellen Mitteln unterlegten Investitionsplanung für die Jahre 2012 bis 2016 mit einem Gesamtvolumen von 293 Mio. Euro wurden schließlich nur Maßnahmen im Umfang von 250 Mio. Euro realisiert. Ein realistisches Investitionsvolumen von durchschnittlich 50 Mio. Euro jährlich kann auch in Zukunft erfolgreich finanziert werden.
Ziel der Prüfung des Rechnungshofs ist nicht, die Notwendigkeit von Investitionen infrage zu stellen, sondern diese Investitionen so zu planen und abzuwickeln, dass keine unnötige Liquidität entsteht und die vorhandenen Geldmittel endlich für die Investitionen der ZfP verwendet werden. Die Anlage von Festgeld gehört nicht zu den gesetzlich definierten Aufgaben der ZfP.
Die geforderte Verlässlichkeit der Finanzierung notwendiger Investitionen kann nicht nur durch vorhandene liquide Mittel, sondern auch durch rechtsverbindliche Finanzierungszusagen des Landes gewährleistet werden.
3 Empfehlungen
Mit den folgenden Eingriffen in das System der Finanzierung wird die Liquidität der ZfP angemessen reduziert, ohne das Volumen der vom Land finanzierten Investitionen zu schmälern. Die gute Arbeit der ZfP bleibt unangetastet.
3.1 Pauschale Investitionsförderung
Die Förderung kleinerer Investitionen sollte auch weiterhin durch einen pauschalen Investitionszuschuss erfolgen, über dessen Verwendung die ZfP jeweils im Rahmen ihres Jahresabschlusses Rechnung legen.
Allerdings würde die bei den ZfP vorhandene Liquidität ausreichen, um den Mittelbedarf für kleinere Investitionen in den kommenden drei Haushaltsjahren ohne Inanspruchnahme des Landeshaushalts zu finanzieren.
Der Rechnungshof schlägt deshalb vor, die pauschale Investitionsförderung aus dem Landeshaushalt entweder, soweit dies rechtlich zulässig ist, für drei Jahre auszusetzen (zuletzt 15 Mio. Euro jährlich) und erst dann nach den bisherigen Regeln fortzusetzen oder die pauschale Investitionsförderung dauerhaft zu reduzieren.
Das Sozialministerium muss sicherstellen, dass auch pauschale Zuschüsse für kleine Investitionen nur dann abgerufen werden, wenn der abgerufene Zuschuss voraussichtlich innerhalb eines Monats zur Finanzierung förderfähiger Kleininvestitionen verwendet wird. Soweit die Mittel aus diesem Grund nicht abgerufen werden, sind im Haushalt - falls erforderlich - Ausgabereste zu bilden und nicht Festgeldanlagen der ZfP zu finanzieren. Außerdem muss ausgeschlossen werden, dass sich die ZfP durch abgerufene, aber im Endeffekt nicht benötigte Investitionsmittel Liquidität verschaffen.
3.2 Förderung größerer Investitionen
Soweit das Land größere Investitionen der ZfP fördert, empfiehlt der Rechnungshof im Hinblick auf die sehr gute Liquidität der ZfP einen Systemwechsel. § 10 Absatz 4 Landeskrankenhausgesetz gibt dem Haushaltsgesetzgeber und der Landesregierung für das Verfahren der Förderung einen weiten Gestaltungsspielraum.
Der Rechnungshof schlägt vor, dass das Sozialministerium künftig die für diese Investitionen notwendigen Finanzhilfen des Landes durch einen Bescheid bewilligt, der einen rechtlich verbindlichen Anspruch des jeweiligen ZfP auf Auszahlung der betragsmäßig bestimmten Finanzhilfe begründet. Durch die Rechtsverbindlichkeit des Bescheids ist sichergestellt, dass die ZfP bei Bedarf die Finanzhilfen abrufen können und kein Finanzierungsrisiko besteht.
In diesen Bescheiden ist vorzusehen, dass die ZfP die Investitionen in der Regel aus eigenen Mitteln vorfinanzieren und erst nach ihrer Fertigstellung die Auszahlung der Mittel des Landes beantragen. Bei Investitionen, deren Mittelbedarf die Vorfinanzierungskraft des jeweiligen ZfP übersteigt, sind gestaffelte Abschlagszahlungen nach Baufortschritt vorzusehen. Der Nachweis zweckentsprechender Verwendung der Investitionsmittel erfolgt durch einen Verwendungsnachweis.
Im Landeshaushalt ist in jedem Haushaltsjahr eine Verpflichtungsermächtigung vorzusehen, deren Höhe jenem Haushaltsansatz entspricht, der bisher für die jährliche Förderung von Einzelprojekten eingestellt war (im Durchschnitt der letzten Haushaltsjahre 15 Mio. Euro). Damit wird gesichert, dass durch das neue Finanzierungssystem in Zukunft keine weitergehende Belastung für den Landeshaushalt entsteht als in der Vergangenheit.
3.3 Kreditaufnahmeverbot
Angesichts der sehr guten Liquidität der ZfP kann für die Zukunft auf die im EZPsychG vorgesehene Ermächtigung zur Kreditaufnahme grundsätzlich verzichtet werden, ohne den laufenden Betrieb und die Investitionsfähigkeit der ZfP zu gefährden.
Für den Fall, dass aufgrund außergewöhnlicher Umstände für eine Investition eines Zentrums für Psychiatrie ausnahmsweise eine Kreditaufnahme erforderlich würde, sollte im Hinblick auf die Gewährträgerhaftung des Landes vorgesehen werden, dass ein solcher Kredit nur aufgenommen werden darf, wenn der Landtag der Kreditaufnahme ausdrücklich zustimmt. Das EZPsychG ist entsprechend zu ändern.
Eine Kreditgewährung der ZfP untereinander kann zur landesweiten Steuerung der Liquidität erlaubt werden, wenn die beteiligten Aufsichtsräte zustimmen.
3.4 Derzeit keine Entnahme aus der Sanierungsrücklage erforderlich
Es kann offen bleiben, ob die für die Haushaltsjahre 2018 und 2019 vorgesehenen besonderen Investitionszuschüsse nach § 1 Absatz 3 der Verordnung zu § 18 Landeshaushaltsordnung in Höhe von 40 Mio. Euro von den ZfP für zusätzliche notwendige Sanierungen verwendet werden. Jedenfalls ist dafür angesichts der bei den ZfP vorhandenen Liquidität derzeit keine Entnahme aus der Rücklage für Maßnahmen zum Abbau der impliziten Verschuldung des Landes erforderlich.
Der Rechnungshof empfiehlt deshalb, in den Jahren 2018 und 2019 auf eine Entnahme aus der Rücklage zu verzichten. Bei späteren Entnahmen sollten auch diese Mittel nach dem unter Punkt 3.2 beschriebenen Verfahren zugewiesen werden.
4 Stellungnahmen
4.1 Zentren für Psychiatrie
Die drei Geschäftsführer der ZfP tragen vor, dass die Versorgung psychisch kranker Menschen in Baden-Württemberg in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert worden sei. Sie gelte bundesweit als vorbildlich. Die ZfP seien seit 1996 wirtschaftlich solide geführt worden, hätten ihre Risiken durch eigene Betriebsmittel abgemildert und zu keiner Zeit die Gewährträgerschaft des Landes in Anspruch genommen.
Sodann wiederholen die Geschäftsführer die bereits im Prüfungsverfahren vorgetragenen Argumente zur Rechtfertigung der hohen Liquidität. Sie verweisen auf die kurzfristigen Verbindlichkeiten, die Notwendigkeit, mögliche Belegungs- und Ertragsschwankungen durch eine angemessene Risikovorsorge abzusichern, und ihre Rückstellungen für künftige Pensionslasten.
Die vom Rechnungshof kritisierte hohe Liquidität beruhe im Wesentlichen auf Betriebsüberschüssen und stamme nicht aus nicht verbrauchten Investitionszuschüssen. Jedes der Zentren habe im Prüfungszeitraum deutlich mehr investiert, als es dafür Zuschüsse des Landes erhalten habe.
Die heute vorhandenen Mittel seien erforderlich, um jene Investitionen zu finanzieren, für die im Krankenhausinvestitionsplan des Landes keine ausreichende Landesfinanzierung vorgesehen sei. Allein in den Investitionsplänen der ZfP sei bis 2021 ein Finanzierungsbedarf von 374 Mio. Euro vorgesehen, u. a. für den Neubau in Böblingen (39 Mio. Euro), für die Sanierung des Zentralgebäudes in Wiesloch (26 Mio. Euro), den Krankenhausneubau in Lörrach (30 Mio. Euro) und den Neubau der Klinik und des Ambulanzzentrums in Biberach (30 Mio. Euro). Es sei nicht zu erwarten, dass dieser Finanzierungsbedarf auch nur überwiegend vom Land durch Investitionszuschüsse gedeckt werde.
Beachtet werden müsse auch, dass aus den sogenannten Investitionszuschüssen des Landes auch Ausgaben für Mieten von Gebäuden und Anlagegütern, IT-Investitionen und Neu- und Ersatzbeschaffungen für Einrichtungen und Ausstattungen gedeckt werden müssen. Allein dafür seien Jahr für Jahr 20 Mio. Euro erforderlich.
Die zur Beseitigung impliziter Verschuldung zugewiesenen Mittel von 40 Mio. Euro für die Jahre 2018 und 2019 könnten bestimmungsgemäß verwendet werden.
Eine Kürzung der Landesfördermittel zum gegenwärtigen Zeitpunkt wirke angesichts steigender Baukosten und des anstehenden Bau- und Sanierungsvolumens kontraproduktiv und gefährde den Erhalt der Qualität der psychiatrischen Versorgung in Baden-Württemberg. Eine Aussetzung oder Kürzung der pauschalen Investitionsfördermittel berge sogar die Gefahr, dass an den Standorten Weinsberg und Wiesloch die gemeindenahe psychiatrische Versorgung nicht wie geplant aufrecht erhalten werden könne.
Eine Realisierung der Vorschläge des Rechnungshofs verlagere unternehmerische Risiken in den Staatshaushalt.
4.2 Sozialministerium
Das Sozialministerium hält den Vorschlägen des Rechnungshofs rechtliche Bedenken entgegen:
- Die ZfP seien nach § 10 Absatz 4 des Landeskrankenhausgesetzes anderen Krankenhäusern in Baden-Württemberg gleichgestellt und hätten deshalb - wie diese - einen Anspruch auf pauschale Investitionsförderung durch einen festen jährlichen Zuschuss des Landes nach § 9 Absatz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Dieser Zuschuss setze keinen ungedeckten Liquiditätsbedarf des Krankenhausträgers voraus und könne daher auch nicht wegen überschüssiger Liquidität ausgesetzt werden.
- Bei der Förderung größerer Investitionen könne das Zuwendungsrecht keine Anwendung finden, da es sich bei den Investitionszuschüssen des Landes um Zuschüsse nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und dem Landeskrankenhausgesetz und nicht um Zuwendungen handele. Die ZfP hätten insoweit einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Krankenhäusern in kommunaler und privater Trägerschaft.
Im Übrigen würde die bei den ZfP vorhandene Liquidität im Wesentlichen als Betriebsmittelreserve gebraucht und stehe daher als Substitution für Investitionszuschüsse des Landes nicht zur Verfügung.
Weiterhin bezweifelt das Ministerium, ob ein Kreditaufnahmeverbot angesichts des nach wie vor niedrigen Zinsniveaus tatsächlich sinnvoll ist. Zwar könne auf Kredite verzichtet werden, wenn Investitionsmittel ausreichend zur Verfügung stehen, dann sollten aber nicht gleichzeitig die pauschalen Investitionsmittel ausgesetzt werden.
Hinsichtlich der Erforderlichkeit der für 2018 und 2019 zugewiesenen Sanierungsmittel verweist das Ministerium auf die Stellungnahme der Geschäftsführer der ZfP.
4.3 Finanzministerium
Das Finanzministerium trägt die Empfehlungen des Rechnungshofs grundsätzlich mit.
Es sieht aber für eine Einsparung bzw. Rückforderung der besonderen Sanierungsmittel im Sinne des § 1 Absatz 3 der Verordnung zu § 18 Landeshaushaltsordnung von 20 Mio. Euro für das Jahr 2018 nur begrenzte Möglichkeiten, weil dafür bereits eine Freigabe erfolgt sei.
Ferner hält es ein gesetzliches Verbot der Kreditaufnahme durch die ZfP für nicht erforderlich. Die Entscheidung über die Festlegung des Kreditrahmens sollte wie bisher beim Finanzministerium verbleiben, um die damit verbundene Flexibilität zu erhalten.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof bleibt auch angesichts der von den Geschäftsführern der ZfP und der vom Sozialministerium erhobenen Einwendungen bei seinen Empfehlungen.
Wenn die Empfehlungen des Rechnungshofs umgesetzt werden, muss auf keine einzige Investitionsmaßnahme verzichtet werden. Der Rechnungshof verlangt lediglich, dass die Finanzierung der Investitionen nach Zeitpunkt und Höhe an den wirklichen Finanzbedarf der einzelnen Zentren angepasst wird.
Es ist für den Rechnungshof nach wie vor nicht ersichtlich, wie unnötig hohe Bestände auf den Festgeldkonten zur Qualität der Krankenversorgung beitragen sollen.
Selbst wenn die vom Sozialministerium vorgetragenen rechtlichen Gesichtspunkte es ausschließen würden, die pauschale Investitionsförderung des Landes für drei Jahre komplett auszusetzen, steht die Höhe der pauschalen Investitionsförderung im Ermessen des Landes. Das Land kann die besondere finanzielle Situation der ZfP bei der Bemessung der Investitionsförderung berücksichtigen.
Die vom Sozialministerium behauptete Gleichbehandlung zwischen den ZfP und den übrigen vom Land geförderten Krankenhäusern schließt der Gesetzgeber in § 10 Absatz 4 Satz 2 des Landeskrankenhausgesetzes explizit aus. Der Haushaltsgesetzgeber und die Landesregierung sind vielmehr frei, das Verfahren, nach dem landeseigenen Anstalten des öffentlichen Rechts Zuschüsse für größere Investitionen bewilligt und ausgezahlt werden, zweckmäßig und finanzwirtschaftlich sinnvoll zu gestalten.
Der Vorschlag des Rechnungshofs, eine Kreditaufnahme durch die ZfP an die Zustimmung des Landtags zu binden, trägt einerseits dem Argument Rechnung, dass eines Tages Kreditaufnahmen zur Finanzierung von Investitionen notwendig werden könnten, verschafft aber andererseits dem Landtag die Dispositionsbefugnis über Risiken, die einer Garantie oder einer Bürgschaft des Landes vergleichbar sind.