1 Ausgangslage
1.1 Fördertatbestände für den Einsatz von Dorfhelferinnen und Betriebshelfern/Betriebshelferinnen
Der Einsatz einer Dorfhelferin, eines Betriebshelfers oder einer Betriebshelferin wird gefördert, wenn in einem landwirtschaftlichen Betrieb oder Haushalt eine Hauptarbeitskraft infolge von Tod, Unfall oder Krankheit ausfällt. Dadurch sollen Notlagen überbrückt werden.
Die Kosten für Einsätze erstattet in der Regel die landwirtschaftliche Sozialversicherung. Deren Kostenzusage umfasst einen befristeten Zeitraum. Wenn der Zeitraum für die Kostenzusage abgelaufen ist, können bei Bedarf die Dorfhelferinnen- und Betriebshelfereinrichtungen für den weiteren Einsatz ihrer Fachkräfte eine Förderung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Anspruch nehmen. Dabei gilt eine Prosperitätsgrenze von 60.000 Euro (bei Ledigen 50.000 Euro). Diese Förderung ist historisch gewachsen und seit 1972 in § 14 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes (LLG) geregelt. Die dazu ergangene Verwaltungsvorschrift nennt neun anerkannte übergebietliche Einrichtungen, die einen Rechtsanspruch haben, gefördert zu werden.
Neben dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz fördert auch das Sozialministerium Dorfhelferinneneinrichtungen.
Die Dorfhelferinnen- und Betriebshelfereinrichtungen haben ihre Einsatzbereiche im Laufe der Zeit auf private Haushalte erweitert. Sie erbringen hierbei die gleichen Leistungen wie andere Familienpflege- und Dorfhilfedienste, die im ländlichen und städtischen Bereich tätig sind.
1.2 Fördertatbestand für die Weiterbildung der Einsatzkräfte
Weiterbildungsmaßnahmen für Einsatzkräfte von Dorfhelferinnen- und Betriebshelfereinrichtungen fördert bisher ausschließlich das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Weder das Sozialministerium noch die Sozialversicherungsträger beteiligen sich an den Weiterbildungskosten.
1.3 Frühere Prüfung und Ziel der aktuellen Prüfung
Die Förderung von Dorfhelferinnen- und Betriebshelfereinrichtungen wurde bereits 2005 geprüft. Dabei hatte sich gezeigt, dass sich die Fördermittel für Einsätze gegenüber denen für die Weiterbildung erheblich verringert hatten. Obwohl die Einsatzkräfte überwiegend in privaten Haushalten ohne landwirtschaftlichen Bezug eingesetzt waren, wurde die Weiterbildung ausschließlich über das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz finanziert.
Mit der aktuellen Prüfung wurden die Haushaltsjahre 2013 bis 2015 betrachtet. Soweit Daten für 2016 vorlagen, wurden sie einbezogen. Im Vordergrund stand die Frage, ob die Förderung noch zweckmäßig ist.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Entwicklung der Fördermittel
Die gesamten jährlichen Fördermittel für die Einsätze und die Weiterbildungen von Dorfhelferinnen und Betriebshelfern/Betriebshelferinnen betrugen 1995 noch 2,1 Mio. Euro. Von 1999 bis 2016 verringerten sie sich von 1,3 Mio. Euro auf 410.000 Euro.
Seit 1999 reduzierten sich die Fördermittel für Einsätze um fast 90 Prozent von 870.000 Euro auf 90.000 Euro. Dagegen sind die Fördermittel für Weiterbildungen nur relativ gering von 430.000 Euro auf 320.000 Euro gesunken.
2.2 Einsätze
2.2.1 Förderumfang bei landwirtschaftlichen Betrieben und Haushalten
Von 2013 bis 2015 förderte das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz insgesamt 66 Einsätze.
Die Fördermittel entfallen fast ausschließlich auf Einsätze in landwirtschaftlichen Betrieben. Lediglich zwei Einsätze in landwirtschaftlichen Haushalten wurden gefördert.
Grund für die Reduzierung ist u. a., dass die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe immer weiter zurückgeht und kleine Familienbetriebe aufgeben. Während 1995 noch über 96.000 landwirtschaftliche Betriebe existierten, war die Zahl 2016 auf etwa 40.000 zurückgegangen. Die verbleibenden Betriebe werden immer größer und überschreiten die Prosperitätsgrenze. Zudem spezialisieren sich Großbetriebe immer stärker. Sie benötigen bei Einsätzen eher Spezialkräfte an Stelle der klassischen Einsatzkräfte, die die Einrichtungen bereithalten.
Die Förderung der Einsätze hat daher deutlich an Bedeutung verloren.
2.2.2 Einsatzbereiche
Weil die Einsätze in landwirtschaftlichen Betrieben stark zurückgegangen sind, haben die Dorfhelferinnen- und Betriebshelfereinrichtungen ihr Einsatzspektrum im Laufe der Zeit auf private Haushalte (ländliche und städtische Haushalte ohne landwirtschaftlichen Betrieb) erweitert. Diese Leistungen werden anschließend mit den gesetzlichen beziehungsweise privaten Krankenkassen der Einsatzfamilien oder mit den Jugendämtern (Jugendhilfe) abgerechnet.
Von 1999 bis 2015 ist der Anteil aller Einsätze der Einrichtungen für solche außerhalb der Landwirtschaft von 31 Prozent auf 60 Prozent gestiegen. Einsätze finden heute überwiegend in privaten Haushalten statt. Insbesondere Dorfhelferinnen werden fast ausschließlich nur noch in privaten Haushalten eingesetzt. Seitens des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz wurden 2015 nur Einsätze von fünf der neun anerkannten überbetrieblichen Einrichtungen gefördert. Dies entsprach lediglich 0,2 Prozent der Einsatzstunden aller geförderten Einrichtungen.
2.2.3 Notlagenüberbrückung in landwirtschaftlichen Betrieben und Haushalten durch das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Die landwirtschaftliche Sozialversicherung erbringt eine befristete Versicherungsleistung. Diese soll eine vorübergehende Notsituation zeitlich begrenzt überbrücken.
Eine anschließende Förderung durch das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz erfolgt nur für die zur ordnungsgemäßen Weiterführung des Betriebs beziehungsweise Haushalts unbedingt erforderliche Zeit.
Einsätze, die länger als 30 Tage dauern, können nur in Ausnahmefällen bei besonderer Notlage gefördert werden. In 26 der 66 vom Ministerium geförderten Fälle wurde eine besondere Notlage angenommen. Auf diese Einsätze entfielen fast 70 Prozent der Fördermittel. Bisher fehlten jedoch Kriterien, nach denen eine besondere Notlage bzw. Ausnahmefälle und ein unbedingt erforderlicher Überbrückungszeitraum berücksichtigt werden kann.
2.2.4 Förderung von Einsätzen durch das Ministerium für Soziales und Integration
Das Sozialministerium fördert Maßnahmen zur Versorgung im Vorfeld und Umfeld der Pflegebedürftigkeit sowie Maßnahmen der Familienpflege und Dorfhilfe. Gefördert werden Träger von entsprechenden Diensten unabhängig davon, ob sie im ländlichen Raum oder im städtischen Bereich tätig sind.
Für 2015 wurden u. a. für vier Dorfhelferinneneinrichtungen Zuschüsse von 600.000 Euro ausbezahlt. Die für dieselben Einrichtungen vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz gewährten Fördermittel von 14.000 Euro fallen demgegenüber nicht ins Gewicht.
2.3 Weiterbildung
2.3.1 Förderumfang
Die Fördermittel für Weiterbildungsmaßnahmen für Einsatzkräfte von Dorfhelferinnen- und Betriebshelfereinrichtungen betrugen 2013 bis 2016 durchschnittlich 310.000 Euro je Jahr.
Der hohe Förderumfang für Weiterbildungsmaßnahmen steht im Widerspruch zur geringen Förderung von Einsätzen in landwirtschaftlichen Betrieben und landwirtschaftlichen Haushalten von nur durchschnittlich 120.000 Euro je Jahr.
2.3.2 Weiterbildungsmaßnahmen
Weiterbildungsmaßnahmen sind meist nicht speziell auf den Einsatz in der Landwirtschaft ausgerichtet. Vielmehr betreffen sie hauptsächlich Einsätze in privaten Haushalten.
2013 bis 2015 entfallen im Durchschnitt etwa 240.000 Euro auf Weiterbildungsmaßnahmen, die allgemein Einsätze in Haushalten wie beispielsweise die Familienpflege und die häusliche Pflege betreffen. Insbesondere bei Dorfhelferinnen werden Weiterbildungsmaßnahmen unabhängig davon gefördert, ob sie in landwirtschaftlichen oder privaten Haushalten eingesetzt werden. Beispielsweise entfallen bei einem Dorfhelferinnenwerk im Durchschnitt 90 Prozent der Gesamtförderung von jährlich 130.000 Euro auf die reine Weiterbildung von etwa 180 Einsatzkräften. Die Einsatzkräfte des Dorfhelferinnenwerks erbringen jedoch 90 Prozent ihrer Einsätze außerhalb der Landwirtschaft.
Das Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz ist nach seinem § 1 grundsätzlich auf die Förderung der Landwirtschaft und nicht auf die Förderung des ländlichen Raums ausgerichtet. Privathaushalte im ländlichen Raum gehören damit nicht zur Zielgruppe. Zudem werden nach § 8 LLG nur fachliche Weiterbildungen für Tätigkeiten in der Landwirtschaft gefördert. Aufgrund des hohen Anteils an Einsätzen außerhalb der Landwirtschaft ist die Förderung der gesamten Weiterbildungsmaßnahmen nicht mehr durch den ursprünglichen Zweck des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes gedeckt.
Das Sozialministerium fördert generell keine Weiterbildungsmaßnahmen von Einsatzkräften im Bereich der Familienpflege und Dorfhilfe. Die Träger der Dienste müssen selbst für eine angemessene Fort- und Weiterbildung sorgen.
Vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz werden wenige Einrichtungen nur deshalb gefördert, weil sie früher überwiegend in landwirtschaftlichen Betrieben und Haushalten tätig waren. Dadurch werden andere Dienstleister, wie z. B. Familienpflege- und Dorfhilfedienste, gegenüber den vom Ministerium anerkannten Dorfhelferinneneinrichtungen benachteiligt.
3 Empfehlungen
3.1 Förderanspruch überprüfen
Da sich die Rahmenbedingungen für die Förderung grundlegend geändert haben, sollte das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz prüfen, ob ein derartiger Förderanspruch noch gerechtfertigt ist.
Zumindest sollte § 14 LLG aktualisiert und nach den originären Zielen des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes ausgerichtet werden. Die Förderung sollte ausschließlich für land- und hauswirtschaftliche Einsätze in landwirtschaftlichen Betrieben und die hierfür erforderliche spezielle Weiterbildung gewährt werden.
3.2 Kriterien für Ausnahmefälle und den Überbrückungszeitraum festlegen
Bei fortbestehender Förderung sollte das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz trotz der geringen Fallzahl der Bewilligungsbehörde Hinweise geben, wie im Einzelfall zwischen einer Notlage und Ausnahmefällen, bei denen der Förderzeitraum verlängert werden kann, zu unterscheiden ist.
3.3 Förderung der Weiterbildung für Einsätze in privaten Haushalten einstellen
Die Förderung der Weiterbildung für Einsätze in privaten Haushalten sollte eingestellt werden.
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sollte die Förderung für Einsätze in landwirtschaftlichen Haushalten jedenfalls auf spezielle Weiterbildungsthemen für diese Haushalte beschränken. Hierbei sollte auf eine bedarfsgerechte Anzahl an fortzubildenden Einsatzkräften geachtet werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz teilt mit, es habe mit der neuen Verwaltungsvorschrift zur Förderung der Dorfhelferinnen- und Betriebshelfereinrichtungen vom Juni 2016 die Anforderungen des EU-Beihilferechts zusammen mit den Empfehlungen des Rechnungshofs im Wesentlichen umgesetzt. Das Themenspektrum für förderfähige Weiterbildungen sei an die speziellen Belange der landwirtschaftlichen Haushalte und Betriebe angepasst worden.
Das Ministerium strebe zudem an, das Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofs zu aktualisieren. Dadurch solle künftig ein Rechtsanspruch auf Förderung nur noch dem Grunde und nicht der Höhe nach gesetzlich begründet sein.
Die Forderung des Rechnungshofs, für Ausnahmefälle und den Überbrückungszeitraum Kriterien festzulegen, lehnt das Ministerium ab. Das Vorliegen eines Notfalls und eines besonderen Notfalls beziehungsweise von Ausnahmefällen könne nur vor Ort und im Einzelfall entschieden werden.
5 Schlussbemerkung
Sollte die Förderung als solche nicht abgeschafft oder als institutionelle Förderung weitergeführt werden, ist jedenfalls die Förderung der Weiterbildung für Einsätze in privaten Haushalten einzustellen.