1 Ausgangslage
Ab 2020 dürfen die Länder ihre Haushalte grundsätzlich nicht mehr durch eine Nettokreditaufnahme ausgleichen. Für die Zeit bis einschließlich 2019 wurde für Baden-Württemberg durch eine Neufassung des § 18 Landeshaushaltsordnung in 2012 und eine dazugehörige Rechtsverordnung eine Übergangsregelung geschaffen. Danach können im Übergangszeitraum noch Kredite aufgenommen werden. Die Neuverschuldung ist aber bis 2020 schrittweise vollständig abzubauen.
Ausgangswert für den Abbau der Neuverschuldung war der haushaltswirtschaftliche Handlungsbedarf - also die Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen - nach der Mittelfristigen Finanzplanung 2011 bis 2015 für das Planjahr 2013 von 2,5 Mrd. Euro.
Die zulässige Kreditaufnahme wird bis einschließlich 2019 auf Grundlage des sich jährlich reduzierenden Basiswertes nach der Rechtsverordnung zu § 18 Landeshaushaltsordnung (VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung) ermittelt. Dieser ist neben einer sogenannten Finanztransaktionskomponente vor allem durch eine Steuerschwankungskomponente zu modifizieren. Liegen die Steuereinnahmen des Landes über einem langjährigen Trend, verringert sich die Möglichkeit zur Kreditaufnahme. Liegen die Steuereinnahmen unter diesem Trend, können mehr Kredite aufgenommen werden. Die zulässige Kreditaufnahme wird sowohl bei Haushaltsaufstellung als auch nach Abschluss des Haushalts auf Grundlage der Ist-Werte errechnet.
Die in den letzten Jahren überdurchschnittlich gestiegenen Steuereinnahmen reduzierten nicht nur die zulässige Kreditaufnahme auf Null, sondern führten ab 2017 zur Verpflichtung, Schulden zu tilgen.
Die Landesregierung hat zum 1. Januar 2017 durch die Änderung der VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung die Möglichkeit eröffnet, diese Tilgungsverpflichtung nicht nur durch die Rückführung von Kreditmarktschulden, sondern auch durch den Abbau der sogenannten impliziten Verschuldung, also etwa durch Abbau eines Sanierungsstaus oder durch Zuführungen zum Versorgungsfonds, zu erfüllen.
Mit dem Haushalt 2017 wurde beschlossen, in Höhe der rechnerischen Tilgungsverpflichtung von 410,5 Mio. Euro implizite Verschuldung abzubauen.
Der Rechnungshof hat das System zur Berechnung der zulässigen Kreditaufnahme sowie die Neuregelung zur impliziten Verschuldung in den Denkschriften 2015 (Beitrag Nr. 3), 2016 (Beiträge Nrn. 3 und 5) und 2017 (Beitrag Nr. 4) bereits näher beschrieben.
2 Zulässige Kreditaufnahme und Kontrollkonto zwischen 2013 und 2016
Die zulässige Kreditaufnahme wird jährlich als Ex-ante- und als Ex-post-Wert berechnet. Bei der Haushaltsaufstellung wird der Ex-ante-Wert auf Basis der zu diesem Zeitpunkt bekannten Parameter ermittelt und entsprechend im Staatshaushaltplan berücksichtigt. Nach Abschluss des Haushaltsjahres wird die zulässige Kreditaufnahme in einer Ex-post-Betrachtung anhand der Ist-Ergebnisse neu bestimmt. Weicht danach die Höhe der tatsächlich in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen von der zulässigen Kreditaufnahme (ex-post) ab, wird die Differenz auf ein Kontrollkonto gebucht.
Tabelle 1 zeigt die zulässige Kreditaufnahme (ex-post) im Zeitraum 2013 bis 2016, die tatsächliche Kreditaufnahme und die Veränderungen des Kontrollkontos.
In 2013 und 2015 lag die zulässige Kreditaufnahme nach der Ex-post-Betrachtung höher als die tatsächliche Nettokreditaufnahme. Dies führte jeweils zu einer positiven Buchung auf dem Kontrollkonto. 2014 wurden dagegen 187,3 Mio. Euro mehr an Krediten aufgenommen als nach der Ex-post-Betrachtung zulässig gewesen wäre. Entsprechend reduzierte sich der Saldo des Kontrollkontos.
2016 lag die tatsächliche Nettokreditaufnahme bei Null Euro. Allerdings bestand ex-post eine Tilgungsverpflichtung von 588,5 Mio. Euro. So wurde auch hier ein negativer Betrag auf dem Kontrollkonto gebucht. Dennoch wies das Kontrollkonto bis einschließlich 2016 in jedem Jahr einen positiven Saldo - zuletzt 185 Mio. Euro - auf.
3 Zulässige Kreditaufnahme 2017
3.1 Ex-ante- und Ex-post-Betrachtung
Tabelle 2 stellt die Berechnung der zulässigen Kreditaufnahme 2017 nach der Ex-ante- und der Ex-post-Betrachtung dar.
Der Basiswert zur Berechnung der zulässigen Kreditaufnahme lag 2017 bei noch 948,8 Mio. Euro. Nach der November-Steuerschätzung 2016 ging die Landesregierung für 2017 von einer Steuerschwankungskomponente von minus 1.512,0 Mio. Euro aus. Die Finanztransaktionskomponente betrug 153,0 Mio. Euro. Daraus resultierte eine Ex-ante-Tilgungsverpflichtung von 410,5 Mio. Euro.
In dieser Höhe wurde im Staatshaushaltsplan 2017 die Tilgung von impliziten Schulden etatisiert.
Mit 37,8 Mrd. Euro lagen die Ist-Steuereinnahmen 2017 um weitere 1,6 Mrd. Euro über den in der November-Steuerschätzung 2016 prognostizierten Einnahmen. Die zusätzlichen Steuereinnahmen erhöhten die Steuerschwankungskomponente und führten im Ergebnis zu einer Tilgungsverpflichtung von 1.238,4 Mio. Euro.
Nach Abzug der bereits im Haushaltsvollzug 2017 getilgten 410,5 Mio. Euro an impliziten Schulden ergibt sich ein Unterschiedsbetrag von minus 827,9 Mio. Euro. Nach § 4 der VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung ist dieser Betrag auf das Kontrollkonto zu buchen.
Das Kontrollkonto wies zum Jahresende 2016 einen positiven Saldo von 185 Mio. Euro auf. Bei vollständiger Anrechnung des Unterschiedsbetrags würde das Kontrollkonto einen Stand von minus 642,6 Mio. Euro aufweisen.
In diesem Zusammenhang weist der Rechnungshof auf § 18 Absatz 5 Satz 2 Landeshaushaltsordnung hin. Danach ist bei einem negativen Stand des Kontrollkontos auf dessen Ausgleich hinzuwirken.
3.2 Umsetzung der Tilgungsverpflichtung im Haushalt 2017
Seit dem 1. Januar 2017 kann die Tilgungsverpflichtung nach der VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung auch durch den Abbau der sogenannten impliziten Verschuldung erfüllt werden.
Die für 2017 im Haushaltsvollzug zu erfüllende Tilgungsverpflichtung betrug 410,5 Mio. Euro. Die Landesregierung hat zur Tilgung der impliziten Verschuldung folgende Maßnahmen im Staatshaushaltsplan 2017 etatisiert:
- Zuschuss an die NECKARPRI GmbH von 122,9 Mio. Euro. Die Zahlung wurde im Vollzug vollständig geleistet.
- Mittel für den Kommunalen Sanierungsfonds: Insgesamt 61,1 Mio. Euro waren für den Kommunalen Sanierungsfonds etatisiert. 41,1 Mio. Euro wurden für Investitionen der Gemeinden bereitgestellt. Dies entspricht 10 Prozent der Tilgungsverpflichtung des Landes für 2017. Weitere 20,0 Mio. Euro sollten die Gemeinden und Gemeindeverbände zur Ersatzbeschaffung von Schienenfahrzeugen erhalten.
Die bereitgestellten Mittel konnten aus rechtlichen und verwaltungstechnischen Gründen im Lauf des Jahres 2017 (noch) nicht abgerufen werden. Die Mittel sollen als Ausgaberest in das Folgejahr übertragen werden. Damit kann die haushaltsrechtliche Tilgungsverpflichtung als erfüllt angesehen werden.
- Rücklage für Maßnahmen im Sinne des § 1 Absatz 3 VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung (Rücklage VO): Der Rücklage VO wurden 2017 insgesamt 226,6 Mio. Euro zugeführt. Bereits die Zuführung zur Rücklage gilt als Abbau der impliziten Verschuldung.
3.3 Abbau des Sanierungsstaus 2017 - Entnahmen aus der Rücklage für Maßnahmen im Sinne von § 1 Absatz 3 VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung
Die Landesregierung hat 2017 insgesamt 118,6 Mio. Euro aus der Rücklage VO gemäß Staatshaushaltsplan 2017 entnommen, um entsprechende Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen zu finanzieren. Damit wurde nur etwa die Hälfte der 2017 in die Rücklage VO eingestellten Mittel von 226,6 Mio. Euro abgerufen.
Tabelle 3 zeigt, für welche Bereiche die Mittel verwendet wurden.
Der Rechnungshof hat untersucht, ob die im Haushaltsvollzug 2017 entnommenen Mittel zweckentsprechend eingesetzt wurden.
3.3.1 Staatlicher Hochbau
Der Staatshaushaltsplan 2017 sah für Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen sowie Ersatzinvestitionen im Bereich des Staatlichen Hochbaus Entnahmen aus der Rücklage VO von bis zu 76,5 Mio. Euro vor. Dieser Betrag gliedert sich in drei Einzelbaumaßnahmen, Kleine Neu-, Um- und Erweiterungsbauten (Kapitel 1208 Titel 711 01), den Bauunterhalt an sonstigen Grundstücken und baulichen Anlagen (Kapitel 1208 Titel 519 01) sowie die dafür notwendigen Personalausgaben (Kapitel 0615 Titel 682 01).
Im Haushaltsvollzug 2017 wurde von den zur Verfügung stehenden 76,5 Mio. Euro nur ein Teilbetrag von 18,6 Mio. Euro aus der Rücklage VO entnommen. Den Großteil davon (18 Mio. Euro) verwendete der Landesbetrieb Vermögen und Bau im Bereich Bauunterhalt für landeseigene Gebäude.
Das Ministerium für Finanzen hat die Sanierungsmittel vom sonstigen Bauunterhalt intern abgegrenzt, um die zweckentsprechende Verwendung der Mittel nachzuweisen.
3.3.2 Straßenbau
Im Straßenbau wurden 2017 - wie im Staatshaushaltsplan vorgesehen - insgesamt 90 Mio. Euro für zwei Bereiche aus der Rücklage VO entnommen:
- 70 Mio. Euro als Verstärkungsmittel für die Erhaltung von Landesstraßen bei Kapitel 1304 Titel 781 79. Originär waren dort 80 Mio. Euro im Staatshaushaltsplan 2017 etatisiert.
- 20 Mio. Euro als Verstärkungsmittel für Dienstleistungen Dritter für die Planung, Bauüberwachung und Ausführung von Straßenbauvorhaben bei Kapitel 1304 Titel 534 03. Ursprünglich waren im Staatshaushaltsplan dafür 20,7 Mio. Euro etatisiert.
Das Verkehrsministerium vertritt die Auffassung, dass die der Rücklage VO entnommenen insgesamt 90 Mio. Euro zweckentsprechend verwendet worden seien.
3.3.2.1 Erhaltung von Landesstraßen
Der Bereich des Straßenbaus ist durch einen hohen Flexibilisierungsgrad aufgrund vielfältiger Deckungsfähigkeiten geprägt. In die Deckungsfähigkeiten ist im Kapitel 1304 auch der Haushaltstitel für die Erhaltung von Landesstraßen (Titel 781 79) einbezogen.
Konkret bedeutet dies, dass die hier im Haushalt veranschlagten Mittel im Vollzug - zulässigerweise - auch bei anderen Titeln für die dortige Zweckbestimmung ausgegeben werden können. Der Titel 781 79 wurde 2017 auch zur Erwirtschaftung Globaler Minderausgaben und zur Deckung von überplanmäßigen Ausgaben herangezogen.
Tabelle 4 stellt das in 2017 verfügbare Budget der tatsächlichen Haushaltsführung im Vollzug 2017 gegenüber.
Das 2017 für den Erhalt der Landesstraßen verfügbare Budget von 150 Mio. Euro reduzierte sich im Haushaltsvollzug um 55,7 Mio. Euro auf 94,3 Mio. Euro. Somit wurde - im Rahmen der Haushaltsflexibilität - mehr als ein Drittel des Budgets für andere Bereiche verwendet.
Auch 2014 bis 2016 lagen die Ist-Ausgaben beim Erhalt von Landesstraßen jeweils erheblich unter dem Soll-Budget.
Die zusätzliche Verwendung der Mittel aus der Rücklage VO konnte der Rechnungshof nicht im Detail nachprüfen. Das Verkehrsministerium teilte mit, aufgrund der bereitgestellten Sanierungsmittel 2017 seien zusätzliche Erhaltungsmaßnahmen mit Gesamtbaukosten von 58,4 Mio. Euro initiiert worden. Für diese Maßnahmen seien 2017 allerdings nur 39,1 Mio. Euro abgeflossen.
Nach Darstellung des Verkehrsministeriums sind im Bereich der Erhaltungsmittel 94,3 Mio. Euro verausgabt worden, davon 70 Mio. Euro aus der Rücklage VO und 24,3 Mio. Euro aus dem originären Haushaltsansatz. Der Einsatz der Mittel aus der Rücklage VO sei - wie vorstehend zutreffend dargestellt - zwar nur zum Teil für neue Maßnahmen erfolgt. Im Übrigen hätten die Mittel aber die Fortsetzung laufender Projekte ermöglicht und so die vorübergehende Einstellung verhindert.
Das Ministerium weist auch darauf hin, dass der Straßenbauhaushalt schon seit 2014 im Bereich der Erhaltung von Landesstraßen regelmäßig aus dem Einzelplan 12 (Allgemeine Finanzverwaltung) verstärkt werde.
3.3.2.2 Planung und Bauüberwachung
Die Zweckbestimmung des Haushaltstitels 534 03 bei Kapitel 1304 sieht Dienstleistungen Dritter für die Planung, Bauüberwachung und Ausführung von Straßenbauvorhaben vor. Dies bezieht sich nicht nur auf Landesstraßen, sondern im Wesentlichen auf den Bundesstraßenbau.
Wie unter Punkt 3.3.2.1 dargestellt, wurden 2017 über Deckungsfähigkeiten im Haushaltsvollzug 35,1 Mio. Euro von den Erhaltungs- zu den Planungsmitteln übertragen. Auch in den Vorjahren wurde der Planungstitel aus dem Erhaltungstitel in erheblichem Umfang verstärkt.
Aus der Rücklage VO erhielt der Bereich Planung und Bauüberwachung 2017 weitere 20 Mio. Euro an Verstärkungsmitteln. Darüber hinaus wurde eine Vielzahl von Verstärkungen und Verminderungen über diesen Haushaltstitel gebucht.
Tabelle 6 stellt die 2017 verfügbaren Haushaltsmittel den Ist-Ausgaben gegenüber.
Im ursprünglichen Planansatz von 20,7 Mio. Euro waren nach der Erläuterung im Staatshaushaltsplan 2017 insgesamt 5,8 Mio. Euro für den Landesstraßenbau vorgesehen. Trotz mehrerer Verstärkungen des Planungstitels - u. a. durch 20 Mio. Euro aus der Rücklage VO - erreichten die Ist-Ausgaben für die Planung von Landesstraßen nur 8,7 Mio. Euro. Demgegenüber erhöhten sich die Mittel für den Bundesstraßenbau auf 51,3 Mio. Euro. Dies zeigt, dass die für Planungen eingesetzten Rücklagemittel tatsächlich nicht im Landesstraßenbau, sondern hauptsächlich im Bundesstraßenbau angekommen sind.
Das Verkehrsministerium führt hierzu aus, durch den Investitionshochlauf des Bundes und den dadurch entstehenden Planungsmittelbedarf wäre das bereits bestehende strukturelle Defizit im Bereich der Planungsmittel noch verstärkt worden. Dieses Defizit sei innerhalb des Kapitels 1304 auszugleichen.
Aus der Rücklage VO seien 6,7 Mio. Euro für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Landesstraßen entnommen und verausgabt worden.
Zudem seien für eigenes Personal der Straßenbauverwaltung für Planungsleistungen Aufwendungen von 6,4 Mio. Euro entstanden. Hierdurch seien Aufwendungen durch die Beauftragung von Ingenieurbüros erspart worden. Deshalb seien die Kosten für das Landespersonal nach Auffassung des Verkehrsministeriums ebenfalls zu berücksichtigen. Dies gelte auch deshalb, weil der Stellenaufwuchs in der Straßenbauverwaltung bei den Regierungspräsidien seit 2014 durch Kürzung des Planungstitels bei Kapitel 1304 Titel 534 03 refinanziert worden sei.
Über den Einsatz eigenen Personals oder die Vergabe von Fremdleistungen werde dem Verkehrsministerium zufolge nach fachlichen Gesichtspunkten und nicht nach der Mittelherkunft entschieden. In Summe seien in 2017 somit faktisch 13,1 Mio. Euro Planungsmittel für Landesstraßen verwendet worden. Die verbleibenden 6,9 Mio. Euro aus der Rücklagenentnahme würden über die Restebildung der zweckentsprechenden Verwendung in den Folgejahren zugeführt.
3.3.2.3 Zusammenfassung für den Bereich Straßenbau
Durch die Nutzung der im Haushalt verankerten Flexibilisierungsmöglichkeiten im Haushaltsvollzug wird die Beurteilung, inwieweit die der Rücklage VO entnommenen Mittel zweckentsprechend zum Abbau der impliziten Verschuldung des Landes eingesetzt werden, erschwert.
Für den Bereich der Erhaltungsmaßnahmen an Landesstraßen bleibt - auch nach der Stellungnahme des Verkehrsministeriums - festzuhalten, dass einer Entnahme aus der Rücklage VO von 70 Mio. Euro im Ergebnis Ausgaben für neue, zusätzliche Maßnahmen in Höhe von nur 39,1 Mio. Euro entgegenstehen.
Die vom Verkehrsministerium vertretene Einbeziehung von Personalaufwendungen in die zweckentsprechende Verwendung von Mitteln der Rücklage VO ist durch den Staatshaushaltsplan nicht gedeckt.
Mittel aus der Rücklage VO zu entnehmen, um daraus Ausgabereste zu bilden, entspricht ebenfalls nicht den Vorgaben für den Haushaltsvollzug.
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass 2017 die für Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen aus der Rücklage VO zusätzlich bereitgestellten Mittel nur zu einem Teil zum Abbau des Sanierungsstaus bei den Landesstraßen verwendet wurden.
Der Rechnungshof anerkennt, dass das Land genügend Planungs- und Ausführungsmittel zur Verfügung stellen muss, um sämtliche Straßenbaumittel des Bundes abrufen zu können. Gleichwohl kann die Verstärkung des Planungstitels - der hauptsächlich die Planung und Bauüberwachung von Bundesfernstraßen finanziert - aus Mitteln der Rücklage VO nicht als Tilgung der impliziten Verschuldung des Landes angesehen werden.
Um die vollständige Verwendung der Mittel aus der Rücklage VO zum Abbau des Sanierungsstaus bei den Landesstraßen zukünftig zu gewährleisten, sollten die Soll-Ansätze im Straßenbau von vornherein realitätsnäher angesetzt werden. In der Folge sollten die Deckungsfähigkeiten eingegrenzt oder gestrichen werden.
3.3.3 Zentren für Psychiatrie
Die Landesregierung hat bei den Zentren für Psychiatrie einen bestehenden Sanierungsstau identifiziert und Sanierungsmittel zum Abbau der impliziten Verschuldung bereitgestellt.
Aus der Rücklage VO wurden 2017 insgesamt 10 Mio. Euro zum Abbau des Sanierungsstaus durch die Zentren für Psychiatrie abgerufen.
Von den zusätzlichen Mitteln konnten die Einrichtungen in Calw, Emmendingen, Weinsberg, Wiesloch und Winnenden in unterschiedlicher Höhe partizipieren.
Die geförderten Maßnahmen waren überwiegend schon in der fünfjährigen Investitionsplanung der Zentren für Psychiatrie enthalten. Nach deren Auskunft hätten die Maßnahmen aber nur durch die zusätzlichen Sanierungsmittel bereits 2017 begonnen oder Kostensteigerungen laufender Maßnahmen finanziert werden können.
Nach den Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofs verfügen die Zentren für Psychiatrie über hohe liquide Mittel. Damit hätten die Zentren 2017 die aus Rücklagemitteln finanzierten Maßnahmen selbst finanzieren können. Eine Entnahme aus der Rücklage VO war nicht erforderlich.
Im Staatshaushaltsplan sind 2018 und 2019 weitere Entnahmen aus der Rücklage VO für die Zentren für Psychiatrie von insgesamt 40 Mio. Euro vorgesehen. Wegen der hohen Liquidität der Zentren sollte aber in 2018 und 2019 auf eine Entnahme aus der Rücklage VO verzichtet werden (siehe Beitrag Nr. 10).
4 Umsetzung der Tilgungsverpflichtung im Doppelhaushalt 2018/2019
Nach der für Baden-Württemberg bis 2019 geltenden Übergangsregelung zur Schuldenbremse dürfen in 2018 und 2019 keine neuen Kredite aufgenommen werden.
Tabelle 7 zeigt die zulässige Kreditaufnahme 2018 und 2019 nach der Ex-ante-Betrachtung.
Im Doppelhaushalt 2018/2019 muss das Land nach der Ex-ante-Betrachtung insgesamt 3.807 Mio. Euro an Schulden tilgen.
Tabelle 8 stellt die im Doppelhaushalt 2018/2019 etatisierten Tilgungsmaßnahmen dar.
Das Land will 2018 und 2019 mit insgesamt 500 Mio. Euro erstmals in nennenswertem Umfang Kreditmarktschulden tilgen. Der Großteil der Tilgungsmaßnahmen entfällt jedoch mit 3,3 Mrd. Euro auf die Tilgung impliziter Verschuldung.
Der Rücklage VO werden 2018 und 2019 insgesamt 2,6 Mrd. Euro zugeführt.
Um künftige Versorgungsverpflichtungen weiter abzumildern, wird 2018 die ursprünglich geplante Zuführung an den Versorgungsfonds um 120 Mio. Euro auf 560 Mio. Euro erhöht.
Das Land beteiligt sich auch 2018 und 2019 mit 10 Prozent der Tilgungsverpflichtung an den Sanierungslasten der Kommunen. Darüber hinaus erhalten die Gemeinden und Gemeindeverbände in beiden Jahren je 20 Mio. Euro für die Ersatzbeschaffung von Schienenfahrzeugen im kommunalen Schienenverkehr. Insgesamt führt das Land dem Kommunalen Sanierungsfonds 421 Mio. Euro zu. Aus Sicht des Rechnungshofs führen diese Maßnahmen nicht zum Abbau des Sanierungsstaus des Landes.
Wie schon 2017 soll die NECKARPRI GmbH einen Zuschuss zur Verlustabdeckung und Erfüllung ihrer finanziellen Verpflichtungen erhalten. Insgesamt sind dafür 188 Mio. Euro etatisiert.
5 Ausblick
Nach der VO zu § 18 Landeshaushaltsordnung begann der Abbau der Neuverschuldung des Landes in 2013 und sollte bis 2020 abgeschlossen sein. Seitdem wird jährlich die zulässige Kreditaufnahme in einer Ex-ante- und einer Ex-post-Betrachtung berechnet. Seit 2016 weist die zulässige Kreditaufnahme des Landes negative Werte auf.
Die Abbildung zeigt die zulässige Kreditaufnahme für 2013 bis 2017 nach der Ex-post-Betrachtung sowie für den Doppelhaushalt 2018 und 2019 und den Finanzplanungszeitraum bis 2021 nach der Ex-ante-Betrachtung.
In der Übergangszeit bis einschließlich 2019 wird die zulässige Kreditaufnahme auf Basis des Trendsteuereinnahmen-Modells berechnet.
Ab 2020 ist die Schuldenbremse verbindlich einzuhalten. Im Zuge der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen soll der Stabilitätsrat die Einhaltung der Haushaltsdisziplin der Länder und damit die Einhaltung der Schuldenbremse stärker überwachen. Es ist zu erwarten, dass die „Produktionslücken-Methode“ das maßgebliche Instrument dieser Überwachung sein wird. Dementsprechend berechnete die Landesregierung die zulässige Kreditaufnahme in der aktuellen Mittelfristigen Finanzplanung ab 2020 nach der Produktionslücken-Methode.
Die zweckentsprechende Verwendung der im Doppelhaushalt 2018/2019 an die Sanierungsrücklage zugeführten 2,6 Mrd. Euro stellt in der tatsächlichen Umsetzung beim Abbau des Sanierungsstaus im Hochbau und Straßenbau eine Herausforderung dar. Sofern Sanierungsmaßnahmen in dieser Dimension nicht zeitnah realisiert werden können, stünden dem Haushaltsgesetzgeber auch die Tilgung von Kreditmarktschulden oder eine weitere Zuführung an den Versorgungsfonds als Alternativen zur Verfügung.
6 Empfehlungen
6.1 Umsetzung der Tilgungsverpflichtungen nach der Verordnung zu § 18 Landeshaushaltsordnung dokumentieren
Aus Gründen der Transparenz schlägt der Rechnungshof vor, die im Haushaltsvollzug umgesetzten Maßnahmen zur Erfüllung der Tilgungsverpflichtung in der Landeshaushaltsrechnung nachzuweisen.
6.2 Maßnahmen zum Abbau des Sanierungsstaus im Einzelnen nachweisen
In der Landeshaushaltsrechnung werden bei Kapitel 1212 Titel 359 05 entnommene Rücklagenmittel zum Abbau des Sanierungsstaus den begünstigten Titeln zugeordnet. Die tatsächlich durchgeführten Einzelmaßnahmen und die hierfür eingesetzten Mittel sind daraus nur teilweise ersichtlich.
Der Rechnungshof schlägt vor, dass die Landesregierung dem Landtag nach Abschluss des Haushalts in geeigneter Form über die konkret umgesetzten Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen sowie die jeweils dafür aufgewendeten Mittel im Einzelnen berichtet.
6.3 Deckungsfähigkeiten im Straßenbau eingrenzen
Der Rechnungshof empfiehlt, die Mittel im Bereich des Straßenbaus realitätsnäher zu veranschlagen. Um eine zweckentsprechende Verwendung insbesondere der Erhaltungsmittel im Vollzug sicherzustellen, sollten die bisherigen Deckungsfähigkeiten eingegrenzt oder gestrichen werden.
7 Stellungnahmen der Ministerien
7.1 Ministerium für Finanzen
Das Finanzministerium weist darauf hin, dass die Änderungen des § 18 Landeshaushaltsordnung in 2012 die Sicherstellung der Einhaltung der Schuldenbremse im Haushaltsjahr 2020 bezweckt und daher einen schrittweisen Abbau der Nettokreditaufnahme vorgesehen habe. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung.
Aufgrund der nachhaltigen Konsolidierungsanstrengungen und der guten konjunkturellen Entwicklung hätten die Haushalte bereits seit 2015 ohne Nettokreditaufnahme ausgeglichen werden können. Darüber hinaus sei es ab 2017 gelungen, in nennenswertem Umfang (implizite) Schulden zu tilgen bzw. eine entsprechende Tilgung im Haushalt und in der Mittelfristigen Finanzplanung zu hinterlegen.
Die aus der Rücklage VO entnommenen Mittel würden in der Landeshaushaltsrechnung bei Kapitel 1212 Titel 359 05 dokumentiert und für die jeweiligen Maßnahmen titelscharf nachgewiesen.
7.2 Ministerium für Verkehr
Das Verkehrsministerium weist im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen darauf hin, dass im Straßenbau ab 2020 nach der Mittelfristigen Finanzplanung 2017 bis 2021 ein auskömmlicher Planansatz bei Kapitel 1304 von 140 Mio. Euro vorgesehen sei.
Zum Hinweis des Rechnungshofs, die Soll-Ansätze im Bereich des Straßenbaus realitätsnäher anzusetzen, merkt das Verkehrsministerium an, dass die Planungsmittel und die Investitionsmittel bereits im aktuellen Doppelhaushalt 2018/2019 erhöht worden seien. Die Mittelfristige Finanzplanung sehe ab 2020 eine Verbesserung im Kapitel 1304 um 94 Mio. Euro vor.
Aufgrund der Unsicherheiten beim Mittelabfluss der einzelnen Titel werde die Deckungsfähigkeit aber als sachgerechtes Mittel für einen effektiven Mitteleinsatz und zur Vermeidung von Ausgaberesten gesehen.
8 Schlussbemerkung
Für den Abbau des bestehenden Sanierungsstaus des Landes ist entscheidend, dass die hierfür bereitgestellten Rücklagenmittel tatsächlich vollständig für diesen Zweck eingesetzt werden. Ob dieses Ziel erreicht wurde, ist aus der bisherigen Darstellung in der Landeshaushaltsrechnung nur bedingt ersichtlich. Eine Darstellung der durchgeführten Einzelmaßnahmen und der hierfür eingesetzten Mittel erscheint daher geboten.
Die von der Landesregierung angekündigte Erhöhung der Haushaltsmittel für den Straßenbau ab 2020 dürfte den bestimmungsgemäßen Haushaltsvollzug erleichtern.
Die Empfehlung, die Deckungsfähigkeiten im Straßenbauhaushalt kritisch zu überprüfen, wird gleichwohl aufrechterhalten.