Denkschrift 2018
Vorwort
1. Die anhaltend gute Entwicklung der Wirtschaft führt in Baden-Württemberg weiterhin zu einer Entlastung des Landeshaushalts. Die stabile wirtschaftliche Entwicklung und die hohe Beschäftigung schlagen sich in hohen Steuereinnahmen nieder.
So stiegen die Bruttosteuereinnahmen des Landes im letzten Jahr erneut überdurchschnittlich um 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Mai-Steuerschätzung 2018 ergab für das Jahr 2018 ein Plus an Steuereinnahmen von rund 618 Mio. Euro, für 2019 gehen die Steuerschätzer von rund 748 Mio. Euro mehr aus, als im Haushalt veranschlagt wurde. Insgesamt stehen dem Landeshaushalt nach der Prognose der Steuerschätzung in den nächsten zwei Jahren 1,37 Mrd. Euro mehr zur Verfügung.
2. Wie bereits in den Jahren 2015 und 2016 konnte das Land auch im Jahr 2017 auf eine Nettokreditaufnahme verzichten. Mit 2,11 Mrd. Euro wies der Haushalt erneut einen hohen positiven Finanzierungssaldo aus.
Konsolidierung bleibt jedoch die finanzpolitische Daueraufgabe auch der nächsten Jahre. Die aktuell positive Haushaltslage darf nicht dazu verleiten, auf eine Haushaltskonsolidierung zu verzichten. Das Land muss ab 2020 zur Einhaltung der Schuldenbremse einen strukturell ausgeglichenen Landeshaushalt dauerhaft sicherstellen. Deshalb müssen die derzeit guten Voraussetzungen genutzt werden, um hierbei einen großen Schritt voranzukommen. Das Land drückt immer noch eine Schuldenlast in Höhe von 47 Mrd. Euro. Der Rechnungshof begrüßt deshalb, dass die Landesregierung 2018 und 2019 erstmals in nennenswertem Umfang in die Tilgung der Kreditmarktschulden einsteigen möchte. Allerdings beobachtet der Rechnungshof mit Sorge, dass die aktive Haushaltskonsolidierung in den letzten Jahren wieder in den Hintergrund getreten ist. Frühere Einsparmaßnahmen wurden wieder zurückgenommen. In den letzten Jahren ist zudem ein deutlicher Stellenzuwachs festzustellen, der den Landeshaushalt langfristig mit Verpflichtungen bindet, während bei schlechter Konjunktur der Personalbestand kurzfristig kaum reduziert werden kann. Bei einem Personalkostenanteil von rund 40 Prozent, wenn man die Landesbetriebe hinzunimmt, wird die Landesregierung das Thema Stellenabbau in der gesamten Landesverwaltung nicht aus dem Blick nehmen können, wenn sie dauerhaft eine Haushaltssanierung erreichen möchte. Man wird den Landeshaushalt auch nicht allein mit punktuellen Sparrunden bei den Beamten und einer zurückhaltenden Tarifpolitik sanieren können. Hier setzen das Verfassungsrecht und der sich wandelnde Arbeitsmarkt Grenzen. Langfristig gilt nach wie vor: nicht am Personal sparen, sondern Personal sparen.
Der Forderung nach Stelleneinsparungen kann auch nicht durch bloße Arbeitsverdichtung begegnet werden. Wo durch organisatorische Maßnahmen keine Personalressourcen gewonnen werden können, ist eine Aufgabenkritik notwendig, die nicht nur das „Wie“, sondern auch das „Ob“ einer Aufgabe hinterfragt.
3. Ein breites Feld für Aufgabenkritik bietet die Förderpolitik des Landes. Ihr Gesamtvolumen liegt bei rund 5,9 Mrd. Euro. Davon kann das Land einen großen Teil selbst beeinflussen und gestalten: 2016 betraf dies ein Volumen von rund 1 Mrd. Euro. Hier gilt es fortwährend zu fragen, welche Wirkungen die Programme erzielen, wo ein Mehrwert oder Zusatznutzen geschaffen wird und wie bloße Mitnahmeeffekte vermieden werden können. Förderprogramme sollten daher generell befristet werden, um ihre Zielsetzung und -erreichung regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen.
Die vorliegende Denkschrift bietet mit dem Beitrag „Zuschüsse für den Einsatz und die Weiterbildung von Dorfhelferinnen und Betriebshelfern/Betriebshelferinnen“ dafür ein anschauliches Beispiel.
4. Das Land hat auch 2017 mit rund 2,78 Mrd. Euro einen hohen Beitrag zum Länderfinanzausgleich erbringen müssen. Bund und Länder haben am 14. Oktober 2016 in Berlin die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab 2020 beschlossen. Das Ergebnis der Neuregelung ist für Baden-Württemberg positiv. Der Finanzausgleich ist aber auch für die föderale Struktur im Bundesstaat von erheblicher Bedeutung. Vor allem die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche zwischen Bund und Länder hat sich durch die Einigung eher verschlechtert. Hier hätte man sich mehr Klarheit und eine bessere Finanzausstattung der Länder gewünscht anstatt einer Ausweitung von Sonderzuweisungen des Bundes in einzelnen Bereichen.
Auch der Bund selber macht deutlich, dass die Finanzausstattung der Länder derzeit nicht auskömmlich ist, indem er beispielsweise Finanzhilfen in Milliardenhöhe den Ländern in deren originären Kernbereichen der Bildungspolitik gegen Lockerung des sogenannten Kooperationsverbotes anbietet. Es geht um 3,5 Mrd. Euro für die Kommunen zur Digitalisierung der Schulen bis zum Ende der Legislaturperiode, um insgesamt fünf Milliarden Euro für fünf Jahre. Der aktuelle Referentenentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Grundgesetzes sieht Finanzhilfen des Bundes an die Länder vor, insbesondere zur Gewährleistung eines flächendeckenden Ganztagsschul- und Betreuungsangebotes sowie zur Bewältigung der Anforderungen der Digitalisierung an die Ausstattung und Vernetzung der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Nach dem Gesetzentwurf sollen die Hilfen allen Kommunen und nicht mehr nur „finanzschwachen Kommunen“ zufließen. Die Schüler und Lehrer in den Schulen benötigen die digitalen Lernmethoden dringender denn je. Deshalb wäre es konsequent, den Umsatzsteueranteil der Länder zu erhöhen und deren Finanzausstattung dauerhaft zu stärken, damit sie auch dauerhaft die ihnen nach dem Grundgesetz obliegenden Aufgaben eigenständig wahrnehmen können.
5. Der Auftrag des Rechnungshofs ist es, die Ordnungsmäßigkeit der öffentlichen Finanzen zu prüfen und dem Landtag für die Entlastung der Landesregierung zu berichten. Dem dient die vorliegende Denkschrift. Der Rechnungshof leistet mit seinen Denkschriften aber weit mehr. Mit seiner breit gefächerten Prüfungstätigkeit unterstützt und fördert er ein wirtschaftliches Verhalten in allen Bereichen der Landesverwaltung. Dies erfordert, dass er seine Aufgabe umfassend versteht: Dazu gehören u. a. Organisations- und Strukturfragen, die Gestaltung von Verfahrensabläufen, die Bemessung von Personalbedarfen, Unterstützung durch IT, die Auftragsvergabe der öffentlichen Hand, Themen der Infrastruktur einschließlich des Investitions- und Erneuerungsbedarfs. Die Denkschrift bildet dieses Aufgabenspektrum exemplarisch ab. Der Rechnungshof sagt, was die Maßnahmen kosten. Er kann der Politik die Entscheidung nicht abnehmen, liefert ihr aber einen sachkundigen und fachkundigen Beitrag zur Entscheidungsfindung - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit des Haushalts ist dabei die zentrale Perspektive des Rechnungshofs.
Neben der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns wird der Rechnungshof immer mehr beratend tätig. Die Beratung bildet heute bereits einen Schwerpunkt unserer Arbeit. Jüngste Beispiele dafür sind unsere Beratenden Äußerungen zur Flüchtlingsaufnahme in Baden-Württemberg und zur Stiftung Naturschutzfonds sowie das vor wenigen Wochen der Landesregierung zur Verfügung gestellte Gutachten zu Fragen der Ressourcensteuerung und zu Möglichkeiten zur Konsolidierung im Lehrkräftebereich. In diesen Beiträgen findet sich eine Vielzahl an Empfehlungen für notwendige organisatorische und strukturelle Veränderungen im Bereich des Verwaltungshandelns des Landes.
Der Rechnungshof betrachtet in seiner Arbeit nicht nur abgeschlossene Vorgänge, sondern prüft auch projektbegleitend, hier vor allem Baumaßnahmen des Landes mit großem finanziellen Volumen und hohem Kostenrisiko. Beim Neubau des Besucher- und Informationszentrums im Nationalpark Schwarzwald haben wir frühzeitig prognostiziert, dass die zunächst ermittelten Kosten bei weitem nicht ausreichen werden. Zum Neubau der Justizvollzugsanstalt Rottweil haben wir dem Landtag einen Sonderbericht vorgelegt. Wir haben u. a. festgestellt, dass das vorgesehene Baugrundstück aufgrund seiner Lage, Topografie und geologischen Eigenschaften zu einem erheblichen Mehraufwand führt.
6. Die Empfehlungen und Anmerkungen des Rechnungshofs stießen auch im letzten Jahr beim Landtag, seinen Fraktionen und der Landesregierung als auch in der Öffentlichkeit auf ein reges Interesse. Insbesondere im Ausschuss für Finanzen erfahren unsere Beiträge eine sachkundige und intensive Behandlung. Mit den Behörden des Landes verbindet die staatlichen Finanzkontrolle Baden-Württemberg eine direkte und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die sich unter anderem darin zeigt, dass manche unserer Anregungen seitens der Verwaltung noch während der Prüfung aufgenommen und umgesetzt worden sind. Diesen Weg des konstruktiven Miteinanders wollen der Rechnungshof, die Staatlichen Rechnungsprüfungsämter und unsere Prüferinnen und Prüfer weiter fortsetzen.
- Haushaltsrechnung, Haushaltsplan und Haushaltsvollzug
- Haushaltsvollzug und Haushaltsrechnung des Landes für das Haushaltsjahr 2016 [Beitrag Nr. 1]
- Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des Landes 2008 bis 2017 [Beitrag Nr. 2]
- Landesschulden und Landesvermögen [Beitrag Nr. 3]
- Schuldenbremse [Beitrag Nr. 4]
- Vermögensrechnung [Beitrag Nr. 5]
- Besondere Prüfungsergebnisse
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Einzelplan 03: Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration
Polizeiausbildung effizienter gestalten [Beitrag Nr. 6]
IT-Unterstützung im Flüchtlingsmanagement: Zuständigkeit bei der Entwicklung und Pflege von Fachverfahren [Beitrag Nr. 7]
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Einzelplan 08: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Gestufte Förderverfahren des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz [Beitrag Nr. 8]
Zuschüsse für den Einsatz und die Weiterbildung von Dorfhelferinnen und Betriebshelfern/Betriebshelferinnen [Beitrag Nr. 9]
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Einzelplan 09: Ministerium für Soziales und Integration
Finanzierung der Zentren für Psychiatrie [Beitrag Nr. 10]
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Einzelplan 10: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Zuwendungen an Zweckverbände zum Bau von Hochwasserschutzanlagen [Beitrag Nr. 11]
IT der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg [Beitrag Nr. 12]
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Einzelplan 12: Allgemeine Finanzverwaltung
Photovoltaikanlagen bei Landesgebäuden [Beitrag Nr. 16]
Steuerprüfungen bei den Veranlagungsstellen der Finanzämter [Beitrag Nr. 13]
Steuerliche Behandlung von Beiträgen nichtselbstständiger Mitglieder an berufsständische Versorgungseinrichtungen [Beitrag Nr. 14]
Planung, Pflege und Unterhalt von Außenanlagen des Landes [Beitrag Nr. 15]
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Einzelplan 13: Ministerium für Verkehr
Sonderförderprogramme des Verkehrsministeriums [Beitrag Nr. 17]
Beim kommunalen Straßenbau Festbetragsförderung auf der Grundlage von Ausschreibungsergebnissen festlegen [Beitrag Nr. 18]
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Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Filmförderung durch die MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg mbH [Beitrag Nr. 24]
Förderung der Kleintheater [Beitrag Nr. 25]
Finanzierung der Studierendenwerke [Beitrag Nr. 19]
Verfasste Studierendenschaften [Beitrag Nr. 20]
Verwaltungsinterne Dienstleistungen der Universitäten Freiburg, Heidelberg, Konstanz und Tübingen [Beitrag Nr. 21]
Ambulanzen der Universitätsklinika Baden-Württemberg [Beitrag Nr. 22]
Forschungszulagen und Sonderzahlungen aus Drittmitteln an Hochschulen für angewandte Wissenschaften [Beitrag Nr. 23]