Wasserrechtliche Gestattungen bei der Planung von Ersatzbrücken an Landes- und Bundesstraßen [Beitrag Nr. 16]

Integriertes Planen und Bauen ist erforderlich, damit Brückenbauwerke zügig und wirtschaftlich realisiert werden können.

Die Straßenbauverwaltung versäumte es, in der frühen Planungsphase die wasserrechtlichen Anforderungen an die Ersatzbrücken einzubeziehen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Straßenbau- und Wasserwirtschaftsverwaltung ist zu verbessern.

1 Ausgangslage

Die Straßenbauverwaltung muss Ersatzbrücken an Landes- und Bundesstraßen (Auftragsverwaltung) planen, wenn das vorhandene Bauwerk aus wirtschaftlichen und bautechnischen Gründen nicht mehr instand gesetzt werden kann.

Handelt es sich beim Ersatzbauwerk um eine Brücke über ein oberirdisches Gewässer, ist der Neubau oder ein Provisorium von der Abteilung Straßenwesen und Verkehr des zuständigen Regierungspräsidiums so zu planen, dass die Voraussetzungen für die wasserrechtlichen Gestattungen erfüllt sind. Diese werden von den unteren Wasserbehörden in den Stadt- und Landkreisen erteilt. Liegt die Ersatzbrücke in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet, bedarf es zusätzlich der Zulassung durch die Kommune.

Anhand von 13 auffällig gewordenen Ersatzbauwerken gewässerüberspannender Brücken untersuchte der Rechnungshof, wie sich die Straßenbau- und Wasserwirtschaftsverwaltung abstimmen.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Vorabstimmung mit den Wasserbehörden und den betroffenen Kommunen ist häufig unzureichend

Die in der frühen Planungsphase einer Ersatzbrücke notwendige eingehende Vorabstimmung zwischen der Straßenbauverwaltung, den unteren Wasserbehörden sowie den betroffenen Kommunen und Landesbetrieben Gewässer bei den Regierungspräsidien als Träger der Ausbau- und Unterhaltungslast für die Fließgewässer fand in der Mehrzahl der geprüften Fälle nicht statt.

Die Straßenbauverwaltung plante die Ersatzbrücken häufig, ohne vorher mit den unteren Wasserbehörden die wasserwirtschaftlichen Anforderungen abzustimmen. Oft wurden die Abflussquerschnitte für Hochwasser unter den Ersatzbrücken unverändert für die neuen Bauwerke übernommen. Darüber hinaus versäumte es die Straßenbauverwaltung, frühzeitig mit den betroffenen Kommunen deren Hochwasserschutzziele sowie die Hochwasserschutzkonzeptionen und ihre Auswirkungen auf die Abflussquerschnitte unter den Ersatzbrücken zu klären.

Solche Anträge für Brückenbauwerke werden von den unteren Wasserbehörden regelmäßig abgelehnt. Meist verlangen die unteren Wasserbehörden größere Abflussquerschnitte und Freiborde (Abstand zwischen Wasserspiegel und Brückenunterkante) als geplant. Die Straßenbauverwaltung muss dann umplanen. Sofern machbar, werden die Ersatzbrücken angehoben und die Brückenzufahrten angepasst. Die Folgen sind Bauverzögerungen, erhebliche zusätzliche bauliche Eingriffe verbunden mit Grunderwerb. Die Planungs- und Projektkosten steigen.

Bei den geprüften Fällen, in denen die Abflussquerschnitte und Freiborde wegen der innerörtlichen, beengten Platzverhältnisse nicht ausreichten, wurde die fachliche Kompetenz der Wasserbehörden und Landesbetriebe Gewässer nicht einbezogen. Diese hätten aufzeigen können, ob ein Wasserrückhalt im Gewässereinzugsgebiet mit natürlichen Retentionsräumen oder Hochwasserrückhaltebecken machbar ist. Dadurch hätte das Maß der wasserrechtlichen Anforderungen im problematischen Brückenbereich gegebenenfalls reduziert werden können.

So begann die Abteilung Straßenwesen und Verkehr des Regierungspräsidiums Karlsruhe 2013, ein Ersatzbauwerk der Kreuzbachbrücke im Zuge der Landesstraße L 1135 in Wiernsheim, Ortsteil Iptingen im Regierungsbezirk Karlsruhe, an gleicher Stelle zu planen. Die Arbeiten ruhen seit 2014, nachdem das Landratsamt Enzkreis als zuständige untere Wasserbehörde keine wasserrechtliche Gestattung erteilte. Das Landratsamt fordert, dass im zu querenden Kreuzbach ein hundertjährlicher Hochwasserabfluss gewährleistet sein muss. Die Straßenbauverwaltung kann dem nicht ohne Weiteres nachkommen, da sich der Standort in einer räumlich beengten Ortslage befindet und Grunderwerb für eine größer dimensionierte Brücke für die Straßenbauverwaltung nicht machbar erscheint. Das Bauwerk müsste angehoben werden, die Zu- und Abfahrten wären mit entsprechenden Rampen anzupassen. Andere Lösungsmöglichkeiten zusammen mit der Wasserwirtschaftsverwaltung wurden bislang nicht gesucht.

Beitrag 16 Abbildung 1

2.2 Wasserwirtschaftliche Daten zu wenig beachtet

Die Straßenbauverwaltung berücksichtigte bei den geprüften Fällen für ihre Planungen nur ansatzweise allgemein zugängliche Unterlagen, Dateien oder Aufzeichnungen der Wasserwirtschaft. In den Hochwassergefahrenkarten wären die Überflutungsflächen und die hydraulischen Schwachstellen der zu ersetzenden Brückenbauwerke ohne Weiteres erkennbar gewesen.

Mehrfach betrachtete die Straßenbauverwaltung die Anforderungen der Wasserwirtschaft als „überzogen“, demgegenüber beharrte die Wasserwirtschaft auf ihren Vorgaben. Ein zielführendes Miteinander der Fachverwaltungen war dadurch nahezu unmöglich.

2.3 Kommunikation der Fachverwaltungen nicht ausreichend

Selbst wenn Ersatzneubauten ansatzweise abgestimmt waren, wurden sie von der Straßenbauverwaltung letztlich so geplant, dass sie die Forderungen der Wasserwirtschaft nicht umfassend berücksichtigten. Mitunter musste die Planung der Brücken angepasst oder neu durchgeführt werden. Die unzureichende Kommunikation der Fachverwaltungen Straßenbau und Wasserwirtschaft hatte zur Folge, dass in der Detailplanung wasserwirtschaftliche Anforderungen ungenügend umgesetzt wurden.

Dies trifft beispielsweise auf den Ersatzneubau der Kraichbachbrücke im Zuge der Bundesstraße B 3 in Ubstadt-Weiher, Ortsteil Ubstadt im Regierungsbezirk Karlsruhe, zu. Das Landratsamt Karlsruhe als zuständige untere Wasserbehörde erteilte die wasserrechtliche Gestattung für den Ersatzneubau. Die Wasserbehörde forderte einen schadlosen Durchfluss eines hundertjährlichen Hochwassers. Die Brücke wurde mit einem großzügigen Abflussquerschnitt geplant und 2011 gebaut. Da ein anvisierter Gewässerausbau nicht vor dem Brückenneubau erfolgte, verblieb gewässerabwärts eine Ufermauer. In der Folge musste ein Teil des alten, hydraulisch ungünstig ausgebildeten Brückenwiderlagers bestehen bleiben. Am linken Brückenwiderlager musste der Böschungsverlauf steiler hergestellt und durch eine Steinschüttung gesichert werden, obwohl der Gewässerlauf eine weniger steile Böschung aufweist. Die nachträglichen Änderungen wären durch eine bessere und frühzeitige Kommunikation der Fachverwaltungen zu verhindern gewesen.

Beitrag 16 Abbildung 2

2.4 Planungen für Ersatzbauwerke trotz Verkehrsbeschränkungen der Brücken nicht vorangetrieben

Die Notwendigkeit, die Brücken instand zu setzen, ist der Straßenbauverwaltung bereits seit Jahren bekannt. Sie verfolgte die Bearbeitung jedoch nicht mit der gebotenen Dringlichkeit. Wegen des nicht konsequent durchgeführten Erhalts der Brücken ist deren Substanz zum Teil völlig marode. Es ist inzwischen meist nicht mehr wirtschaftlich, diese Brücken grundlegend instand zu setzen.

Die Brückenbauwerke mussten oftmals gesperrt werden oder es wurden Tonnagebeschränkungen für sie angeordnet. Selbst im Falle von Nutzungseinschränkungen ergriff die Straßenbauverwaltung nicht rechtzeitig Initiative, um die Planungsverfahren zielführend voranzutreiben.

3 Empfehlungen

3.1 Integrierte Planung durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von Straßenbau- und Wasserwirtschaftsverwaltung

Der Rechnungshof empfiehlt, Brückenbauwerke in Form von integrierten Planungen zu projektieren. Dabei ist die behördenübergreifende Zusammenarbeit zwischen der Straßenbau- und Wasserwirtschaftsverwaltung künftig bereits in der frühen Planungsphase zu beginnen. Ferner sollte auch die betroffene Kommune einbezogen werden.

Dies würde eine zielorientierte, zügige Planung aus einem Guss ermöglichen. Die häufigen Nachbesserungen und Überarbeitungen bis zur Gestattungsfähigkeit wären hinfällig. Zusätzliche Aufwendungen für Nachtragsplanungen in Folge wasserrechtlicher Auflagen würden vermieden.

3.2 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Straßenbauverwaltung zu wasserwirtschaftsfachlichen Anforderungen schulen

Der Rechnungshof regt an, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Straßenbauverwaltung zu den in Planungsprozessen zu beachtenden Anforderungen der Wasserwirtschaft zu schulen. Ziel ist es, damit das dringend erforderliche integrierte Planen und Bauen anzustoßen.

Denkbar wäre, in den Regierungsbezirken fachbereichsübergreifende Fortbildungsveranstaltungen durchzuführen. Daran sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Straßenbauverwaltung und der Landesbetriebe Gewässer wie auch der unteren Wasserbehörden teilnehmen.

4 Stellungnahme der Ministerien

Das Ministerium für Verkehr und das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft legen dar, dass Ersatzneubauten an und über Gewässer regelmäßig zu komplexen Problemstellungen führen. Es bestehe insoweit Einigkeit mit dem Rechnungshof, dass ein enger Abstimmungsprozess zwischen der Straßenbauverwaltung und den Wasserbehörden erfolgen sollte. Ziel sei es dabei, ökonomisch und ökologisch vertretbare Lösungen zu finden, die den gesetzlichen Anforderungen des Hochwasserschutzes entsprechen, ohne Defizite bezüglich der Verkehrssicherheit aufzuweisen. Vor diesem Hintergrund würden die beiden Ministerien eine gemeinsame Arbeitshilfe entwickeln, die ein einheitliches Verwaltungshandeln im Land sicherstelle und insoweit zu einer Vereinfachung der Abstimmung zwischen der Straßenbauverwaltung und den Wasserbehörden beitrüge.

Die vom Rechnungshof gemachten Empfehlungen werden mitgetragen, wenngleich die Prüfung aus Sicht der Ministerien, wegen der nicht so großen Anzahl an geprüften Bauwerken, nicht repräsentativ sei.