Finanzierung von IT-Projekten [Beitrag Nr. 6]

Das strategische Management der IT und des E-Governments der Landesverwaltung ist vorrangige Aufgabe des Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnologie. Ihm sollte deshalb der IuK-Strukturpool übertragen werden.

1 Ausgangslage

1.1 Bisherige Prüfungen des Rechnungshofs

Mit der Beratenden Äußerung zur „Neuausrichtung der Organisation der Informations- und Kommunikationstechnik in der Landesverwaltung“ vom August 2009 wurde von der Finanzkontrolle ein Prozess zur IT-Neuordnung in der Landesverwaltung angestoßen. Dieser wurde u. a. mit den Prüfungen „IuK-Serverlandschaft Baden-Württemberg“ und „Das Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg“ begleitet und gestützt.

Offenkundig war, dass die zur Konsolidierung und Standardisierung der Landes-IT notwendigen Maßnahmen Anschubfinanzierungen benötigen. Wir hatten deshalb bereits in der Prüfung der Serverlandschaft auf den IuK-Strukturpool hingewiesen, der Teil des Grundstocks ist. Der Grundstock wird aus Einnahmen gespeist, die das Land bei der Veräußerung von Grundstücken und Unternehmensanteilen realisiert. Das im Grundstock verwaltete Sondervermögen darf grundsätzlich nur für Zwecke eingesetzt werden, welche das Landesvermögen sichern, es sei denn, es gibt vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft zugelassene Ausnahmeregelungen. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft gab an, dass „zur Einrichtung des IuK-Strukturpools … der Ministerrat am 6.10. und 15.12.1997 beschlossen [hat], dass zur Anschubfinanzierung Erlöse bis zu 100 Mio. DM (rund 51 Mio. Euro) aus dem Verkauf von Grundstücken und Beteiligungen eingesetzt werden können. Bislang wurden dem IuK-Strukturpool Veräußerungserlöse von 24 Mio. Euro zugeführt. Der IuK-Strukturpool hat zum 01.01.2016 einen Bestand in Höhe von 31.646.317,19 Euro. Für die aktuell aus dem IuK-Strukturpool vorfinanzierten Maßnahmen „Amtliche Schulverwaltung“ und „Projekt Infrastruktur und Architektur der Förder- und Ausgleichsmaßnahmen“ werden 2016 weitere Entnahmen bis zu 7.387.884,27 Euro erwartet. Demgegenüber stehen Rückerstattungen in den Jahren 2016 bis 2023 von 14.339.360,00 Euro“. Damit können Investitionen für IT-Projekte und allgemeine Reformprojekte vorfinanziert werden, d. h., sie müssen sich bei Vollkostenrechnung selbst refinanzieren. Die entnommenen Mittel müssen durch die jeweiligen Nutznießer an den Grundstock zurückgeführt werden.

1.2 Aufgaben des Beauftragten für Informationstechnologie

Mit der IT-Neuordnung wurde zum 01.07.2015 u. a. ein Beauftragter der Landesregierung für Informationstechnologie (CIO) eingesetzt. Seine Aufgabe ist auch, die Kosten der IT des Landes zu senken. Dazu sollen die IT-Ausgaben zunächst jährlich ansteigend und ab 2021 dauerhaft um 40 Mio. Euro gesenkt werden. Um das zu erreichen, sind unterschiedliche Vorhaben in die Wege zu leiten, wie z. B.

  • die Konsolidierung und weitere Modernisierung der Rechenzentren,
  • die Standardisierung der bestehenden IT,
  • die Einführung einer E-Akte in Folge des E-Government-Gesetzes Baden-Württemberg,
  • die Umsetzung der Mobile-Government-Strategie und
  • die Etablierung und kontinuierliche Fortführung eines hinreichenden Informationssicherheitsmanagements.

Zumindest ein Teil dieser Vorhaben muss vorfinanziert werden, bevor die Kosten den Kunden aus der Landesverwaltung in Rechnung gestellt werden können.

2 Prüfungsergebnisse

Die dynamische Entwicklung der IT des Landes erfordert eine zentrale Gesamtsteuerung. Das strategische Management der IT und des E-Governments der Landesverwaltung ist vorrangige Aufgabe des CIO. Er muss deshalb auch verantworten, für welche übergeordneten Projekte Finanzmittel bereitgestellt werden.

Der Rechnungshof hat bereits in seiner Beratenden Äußerung zur „Neuausrichtung der Organisation der Informations- und Kommunikationstechnik in der Landesverwaltung“ vom August 2009 unter Punkt 8.3.1 gefordert, dass der CIO auch handlungsfähig gemacht werden muss, indem er mit Personal und Haushaltsmitteln ausgestattet wird. Ein vom Rechnungshof vorgeschlagenes Szenario war dabei, die Ausgaben für ressortübergreifende Fachverfahren, Dienste und zentrale Beschaffung zentral zu veranschlagen und von einer zentralen Stelle zu bewirtschaften. Paradebeispiel dafür ist die Einführung der E-Akte. Bevor die Landesoberbehörde IT Baden-Württemberg (BITBW) für den Betrieb eines E-Akte-Systems von ihren Kunden Entgelte verlangen kann, hat sie einen erheblichen Vorbereitungs- und Entwicklungsaufwand.

Im Kapitel 0309 des Staatshaushaltsplans stehen dem CIO für die Finanzierung übergeordneter Aufgaben zwar Haushaltsmittel zur Verfügung. Diese sind aber weitgehend gebunden. Damit hat der CIO keine eigenen Mittel, um die Landes-IT grundlegend zu modernisieren und dabei nutzerorientierter, standardisierter und wirtschaftlicher zu gestalten. Die dafür notwendigen Ressourcen, also Personal und Sachmittel, können nicht immer aus den aktuell bewilligten Haushaltsansätzen gestellt beziehungsweise finanziert werden.

Wenn übergeordnete IT-Projekte nicht vorfinanziert werden, besteht die Gefahr, dass sie nicht in der vorgegebenen Zeit und mit dem ursprünglich geplanten Budget zu Ende gebracht werden. Diese Gefahr ist bei der geplanten Einführung der E-Akte besonders groß, besteht aber auch bei anderen Projekten, wie der Entwicklung eines standardisierten einheitlichen Bürokommunikations-Arbeitsplatzes.

Der IuK-Strukturpool ist dafür prädestiniert, Vorfinanzierungen von übergeordneten IT-Projekten zu ermöglichen, für die der CIO die Gesamtverantwortung trägt, und gleichzeitig den Wirtschaftlichkeitsdruck auf entsprechende Projekte zu erhöhen. Dieser Strukturpool steht dem CIO, obwohl er für die Gesamtsteuerung der IT zuständig ist, nicht zur Verfügung; er wird vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft bewirtschaftet.

3 Empfehlungen

3.1 IuK-Strukturpool übertragen

Die Landesregierung sollte den im Kapitel 1209 unter Titel 356 02 des Staatshaushaltsplans mit seinen Zuführungen und Entnahmen dargestellten IuK-Strukturpool für die IT-Neuordnung strategisch einsetzen, z. B. für die Vorfinanzierung des Projekts E-Akte. Der IuK-Strukturpool war immer als Instrument für die IT-Modernisierung gedacht. Er sollte daher mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten vom Kapitel 1209 in das Kapitel 0309 (Zentrale Informationstechnologie Landesverwaltung) des Staatshaushaltsplans übertragen werden.

3.2 Zeit- und Finanzierungspläne erstellen

Für geeignete Vorhaben müssen mit Wirtschaftlichkeitsberechnungen unterfütterte Zeit- und Finanzierungspläne erstellt und die einzelnen Vorhaben priorisiert werden. Eine nominelle Reduzierung des IuK-Strukturpools könnte zumindest für IT-Projekte mittelfristig angestrebt werden. Dies könnte durch eine Reduzierung des Entnahmebetrags aus dem Grundstock erfolgen.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft begrüßt in Abstimmung mit dem Innenministerium die Empfehlung, den IuK-Strukturpool zur Modernisierung der IT im Kontext der IT-Neuordnung strategisch einzusetzen.

Es eigne sich aber nicht jedes Vorhaben oder Projekt für eine Finanzierung aus dem IuK-Strukturpool. Die Entscheidung zum Einsatz von Vorfinanzierungsmitteln des Grundstocks setze eine Wirtschaftlichkeit der Maßnahme im Sinne monetär messbarer Effizienzgewinne voraus. Die Vorlage entsprechender begründender Unterlagen (Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Refinanzierungspläne usw.) sei obligatorisch.

Gemäß § 8 Absatz 4 Staatshaushaltsgesetz seien aus dem im Allgemeinen Grundstock eingerichteten Sonderfonds „Informations- und Kommunikations-Pool“ bei Vollkostenrechnung nur sich selbst refinanzierende Informations-, Kommunikations- und andere Reformprojekte der Landesverwaltung durchzuführen, die nicht anderweitig finanziert werden könnten. Eine dauerhafte Entlastung des Gesamthaushalts sei dabei Zielvorgabe.

Änderungen in der haushaltsrechtlichen Verantwortung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft für die Verwaltung des Grundstocks beziehungsweise von Teilen des Grundstocks u. a. nach § 113 Absatz 2 Landeshaushaltsordnung würden vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft nicht mitgetragen. Diese haushaltsrechtliche Verantwortung ergäbe sich aus den gesamthaushaltswirtschaftlichen Aspekten.

Der CIO sei an dem jeweiligen IT-Vorhaben gemäß der Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Organisation des Einsatzes von Informationstechnik in der Landesverwaltung Baden-Württemberg (VwV IT-Organisation), welche zum 01.07.2016 in Kraft treten solle, zu beteiligen. Darüber hinaus könne der CIO entsprechende Vorhaben zur Finanzierung aus dem IuK-Strukturpool initiieren. Infolgedessen würde gegenwärtig geprüft, ob und in welchem Umfang sich das - zur Umsetzung von § 6 Absatz 1 E-Government-Gesetz Baden-Württemberg notwendige - Projekt E-Akte für eine Finanzierung aus dem IuK-Strukturpool eigne.

5 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof begrüßt, dass die Landesregierung das Anliegen der Finanzkontrolle, übergeordnete IT-Projekte aus dem IuK-Strukturpool zu finanzieren, aufgreifen will. Da das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Bewirtschaftungsbefugnis für den IuK-Strukturpool dem CIO nicht übertragen will, schlägt der Rechnungshof nunmehr vor, den IuK-Strukturpool insgesamt in das Kapitel 0309 (Zentrale Informationstechnologie Landesverwaltung) des Staatshaushaltsplans zu übertragen, in das er sowohl von der Zielsetzung als von der Sache her gehört.