Beschaffung von IuK-Geräten [Beitrag Nr. 6]

Die Beschaffung von IuK-Geräten wird nicht in wirtschaftlich sinnvollem Umfang gebündelt, ist zu aufwändig und erfüllt nicht immer die rechtlichen Vorgaben.
Mit Hilfe der Internet-Technik und nach organisatorischen Änderungen können die Beschaffungen vereinfacht, wirtschaftlicher gestaltet und rechtssicherer gemacht werden.

1 Untersuchungsgegenstand

Nach überschlägiger Auswertung der amtlichen Personalstandsstatistik zum 30.06.2000 betreibt das Land in seinen Behörden und Einrichtungen mindestens 80.000 Bildschirmarbeitsplätze (BSA) , die in der Regel aus den Einzelkomponenten Bildschirm, Rechner und Drucker bestehen. Bei einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von vier Jahren ergibt sich daher ein jährlicher Ersatzbedarf von 60.000 solcher Einzelkomponenten für die IuK-Arbeitsplätze. Darüber hinaus sind noch Notebooks, Server oder Netzwerkkomponenten und auch Verbrauchsmaterialien für den IuK-Betrieb erforderlich.

Die staatlichen Einrichtungen beschaffen, betreiben und betreuen ihre IuK-Geräte überwiegend selbst. Lediglich 9.500 BSA von zunächst 20.000 vorgesehenen werden von einer externen Firma betrieben. Ein vom IM geschlossener „Rahmenvertrag über Outsourcing Bürokommunikation“ hat auf diesem Gebiet nicht im erwarteten Umfang zur Privatisierung beitragen können. Vor diesem Hintergrund kommt der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der IuK-Gerätebeschaffung besondere Bedeutung zu.

Der RH hat sich mittels Fragebögen einen Überblick über größere IuK-Beschaffungen in den Geschäftsbereichen der Ministerien für die Jahre 2001 und 2002 verschafft. Zeitgleich haben die StRPÄ alle IuK-Beschaffungen der FH Offenburg, Karlsruhe, Esslingen und Reutlingen, der Pädagogischen Hochschulen Heidelberg, Ludwigsburg und Weingarten sowie der Berufsakademie Lörrach aus den Jahren 2000 bis 2002 erhoben.

2 Beschaffungen durch das Finanzministerium

Das FM beschafft IuK-Geräte für seinen Geschäftsbereich durch EU-weite Ausschreibungen im Nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb (vergleichbar mit Beschränkter Ausschreibung auf nationaler Ebene) und versieht die Verträge mit Öffnungsklauseln, nach denen auch andere Behörden des Landes und die Kommunen zu den selben Bedingungen in einem definierten Zeitraum abnahmeberechtigt sind. So hat es im Oktober 2002 einen Vertrag mit einer garantierten Abnahme von 4.000 PC geschlossen und das optionale Bezugsrecht für weitere 6.000 PC geregelt. Den Bezugsberechtigten bleibt es lt. Leistungsverzeichnis unbenommen, günstigere Bedingungen zu vereinbaren. Den Zuschlag für diese Ausschreibung erhielten drei namhafte Gerätehersteller. Laut Bekanntmachung des FM „txt_ellipsis erfolgt die Aufteilung der Abnahmemenge im Wettbewerb der Hersteller und wird von Fall zu Fall (Kontingent) nach wirtschaftlichen Kriterien entschieden“. Die „Ausschreibungsgewinner“ übertrugen die Abwicklung der Aufträge an mittelständische Händler aus dem Land.

Im Zeitraum Juni 1998 bis März 2001 hat das FM auf diese oder ähnliche Weise zwölf Beschaffungsmaßnahmen mit einer finanziellen Größenordnung von 13 Mio. € Mindestabnahme durchgeführt. Durch Optionen wären Beschaffungen von insgesamt rd. 30 Mio. € möglich gewesen.

Die Vereinbarung von Bezugsmengen, die über den eigenen Bedarf des FM hinaus gehen, und die Öffnungsklauseln in den Verträgen sind Schritte in die richtige Richtung. Sie sollen den Bedarf bündeln, größere Lose ermöglichen und außerdem anderen Einrichtungen Ausschreibungsaufwand ersparen. Diese Ziele werden in der Praxis jedoch nur bedingt erreicht:

  • Dem Verfahren ist weder eine Bedarfserhebung vorgeschaltet noch folgt ihm eine Erfolgskontrolle. Das FM wird seitens der anderen Bedarfsträger nicht über deren Abrufe informiert, und es wird nicht mitgeteilt, wie viele Geräte die Firmen auf Grund der Verträge tatsächlich ausgeliefert haben.
  • Zwar ist fast überall im Land grundsätzlich bekannt, dass das FM „für alle“ ausschreibt; Einzelheiten über das Beschaffungsverfahren und die Bedingungen erreichen die Bearbeiter in den Behörden aber nicht immer zuverlässig.
  • Die vom FM weiter gegebenen Listen über Bezugsmöglichkeiten sind als Basis für Preisvergleiche nicht gut geeignet:
  • Sie enthalten zu wenig konkrete Informationen über die Ausstattung der Geräte.
  • Aus den Listen ergibt sich nicht hinreichend genau, ob und welche Betriebsystem-Software mit der Hardware geliefert wird.
  • Mitgeteilt wird zwar der Zuschlagspreis, manchmal jedoch nicht, wie lange dieser gilt.
  • Völlig unbekannt vor Ort ist, wie sich vom FM vereinbarte Preisanpassungsklauseln auswirken, vor allem, wenn die Firmen die ausgeschriebenen Geräte nicht mehr führen, sondern Nachfolgemodelle liefern wollen.
  • Die Vertragsdurchführung wird nicht überwacht. Die Firmen werben mit Geräten unter Hinweis auf die FM-Ausschreibung, obwohl diese Geräte nicht Gegenstand der Ausschreibung waren, und verkaufen diese auch oder verkaufen Geräte zu anderen als in den FM-Listen genannten Preisen. Beispiel: Eine Firma hat einer Pädagogischen Hochschule je 40 PC der Marke Fujitsu Siemens SCENIC T i845D zum Preis von 799 € und SCENIC L i845 zum Preis von 811 € angeboten und schriftlich bestätigt: „Alle Preise sind lt. FM vom Land Baden-Württemberg kalkuliert und vom Warenkorb abgesichert“. Dies traf nicht zu.

Das FM stellt diese Kritikpunkte nicht in Abrede, sondern verweist darauf, dass es nicht Landesbeschaffungsstelle sein kann und will, sondern in erster Linie den Bedarf seiner Behörden deckt und nur im Rahmen seiner personellen Möglichkeiten versucht, den anderen Landeseinrichtungen günstige Bezugsmöglichkeiten für IuK-Geräte zu eröffnen. Auf freiwilliger Basis erbringt das FM eine kostenlose Dienstleistung für alle Bedarfsträger im Land. Es hält - wie der RH - Verfahrensänderungen für sinnvoll.

3 IuK-Gerätebeschaffungen in den Geschäftsbereichen der Ministerien

Die Umfrage des RH brachte das in Übersicht 1 wiedergegebene Ergebnis.

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Über 60 Organisationseinheiten beschaffen jährlich etwa 40.000 Geräte und schließen hierüber mehr als 200 Verträge ab. In den Jahren 2001 und 2002 betrug das Volumen 65 Mio. € und wurde zu 40 % über Miete oder Leasing finanziert. Abgefragt wurden nur größere Beschaffungen ab etwa 30 gleichartigen Geräten oder einem Beschaffungsvolumen ab etwa 40.000 €. Die tatsächliche Anzahl der Beschaffungsvorgänge liegt um ein Vielfaches höher. Mögliche Preisminderungen durch weitere Bündelung und die Einbeziehung der vielen Beschaffungen unterhalb der Umfragegrenze von angenommen (lediglich) 5 % würden demnach ein Finanzierungspotential von mindestens 3 Mio. € erschließen.

4 IuK-Gerätebeschaffungen ausgewählter Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Berufsakademien

4.1 Überblick

Die Stichprobe umfasste acht Hochschulen mit zusammen etwa 3.700 BSA. Bezogen auf die Anzahl der Einrichtungen beträgt der Stichprobenumfang 21 %. Die von diesen acht Hochschulen im Zeitraum 2000 bis 2002 durchgeführten Beschaffungen zeigt Übersicht 2.

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Stichproben der StRPÄ in den Beschaffungsakten haben gezeigt, dass Vorgänge, die von den geprüften Stellen als „Ausschreibungen“ bezeichnet werden, formal fehlerhaft durchgeführt wurden und als Freihändige Vergaben zu werten sind; insgesamt ist somit bei den Hochschulen die Freihändige Vergabe der Regelfall (über 90 %).

Fast alle Geräte wurden gekauft, Leasingfinanzierung kam nicht vor. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die Mischfinanzierung mit Bundesmitteln.

4.2 Feststellungen

4.2.1 Die Organisation des IuK-Beschaffungswesens weist teilweise strukturelle Defizite auf.

Tätig sind viele unterschiedliche Beschaffungsstellen, die den IuK-Bedarf der Gesamteinrichtung nicht systematisch ermitteln, sondern „auf Zuruf“ einzeln beschaffen. Beschaffungsstellen sind nicht selten wissenschaftliche Assistenten mit Zeitverträgen, mit der Folge häufig wechselnden Personals ohne hinreichende Kenntnisse der Rechtsgrundlagen. In Einzelfällen wird auch das in der Einrichtung vorhandene IuK-Fachwissen nicht immer genutzt. In einzelnen Einrichtungen stehen dem Personal keine Hilfsmittel in Form von Formularen oder Bildschirmmasken zur Verfügung, die den Beschaffungsvorgang strukturieren, erleichtern und nachvollziehbar machen.

4.2.2 Das Vergabewesen entspricht nicht den Formvorschriften.

Die VOL und die LHO sind in vielen Beschaffungsstellen nur unzureichend bekannt. Öffentliche Ausschreibungen werden fast nie, Beschränkte Ausschreibungen nur selten durchgeführt; es überwiegt die Freihändige Vergabe.

Die vielen Kleinaufträge liegen zwar unter der Ausschreibungsgrenze von 10.000 €. Sie sind trotzdem zu kritisieren, weil bei Bedarfsbündelung größere Lose entstehen würden. So hat eine FH im Erhebungszeitraum 402 Beschaffungen durchgeführt und dabei 1.041 IuK-Geräte erworben. Umgerechnet auf 230 Arbeitstage je Jahr bedeutet dies, dass im Durchschnitt des Erhebungszeitraums bei dieser Einrichtung mindestens an jedem 2. Arbeitstag (alle 1,7 Arbeitstage) eine Beschaffung durchgeführt wurde. In 258 Fällen wurde jeweils nur ein einzelnes IuK-Gerät beschafft. Durch den Verzicht auf eine Bündelung nahm sich diese Einrichtung die Möglichkeit, auf Grund der größeren Verhandlungsmasse günstigere Konditionen aushandeln zu können. Außerdem ist die fehlende Koordination in der Bedarfsermittlung zu bemängeln.

4.2.3 Die Auftragsvergabe wird nicht immer ausreichend dokumentiert und entzieht sich somit einer in- und externen Revision.

Gründe für den Ausschreibungsverzicht (§ 3 Nr. 5 VOL/A) sind nicht aktenkundig. Das Preisermittlungsverfahren ist nicht nachvollziehbar, weil Vergleichsangebote selten dokumentiert sind. Selbst Angebote, die zum Zuschlag führten, sind in den Akten nicht immer vorhanden. Vergabevermerke, die § 30 VOL/A gerecht würden, sind meistens nicht zu finden.

4.2.4 Die Einrichtungen nehmen die Bezugsmöglichkeiten aus Ausschreibungen des FM nur unzureichend in Anspruch.

Teils sind diese an der Basis nicht bekannt, teils werden die FM-Preise als überholt und überteuert eingestuft, ohne dass dies belegt werden kann. Die Veröffentlichungen des FM seien als Vergleichsbasis nicht geeignet. Auch seien für Forschung und Lehre keine Standard-PC, sondern stets nur speziell konfigurierte Geräte verwendbar.

Abgesehen davon, dass bei Bildschirmen und Druckern bei den Hochschulen kaum ein Unterschied zu Behördenarbeitsplätzen festzustellen ist, gibt es keinen wirtschaftlichen Grund, auf gemeinsame Beschaffungen generell zu verzichten.

Auf eine positiv zu wertende gemeinsame Beschaffung mit Standardisierung und Bündelung ist die Finanzkontrolle bei der FH Karlsruhe gestoßen. Diese hat - unterstützt von einem Arbeitskreis - für 14 FH einheitliche CAD-Ausstattungen (CAD = Computer Aided Design, Entwerfen und Zeichnen mittels Computern) im Wert von 2,3 Mio. € beschafft (305 Arbeitsplätze).

4.2.5 Die Hochschulen kaufen teurer als nötig ein.

Die StRPÄ sind bei ihren Stichproben auf etliche Beschaffungen gestoßen, bei denen durch einen Bezug über die FM-Ausschreibungen oder durch Bündelung günstigere Preise erzielt und dadurch Mittel hätten gespart werden können. Hierzu einige Beispiele:

a) Eine FH hat im Erhebungszeitraum keine Geräte aus der FM-Ausschreibung abgerufen, sondern identische Geräte zu wesentlich höheren Preisen gekauft (s. Übersicht 3). Die verglichenen Preise beinhalten jeweils identische Garantieleistungen.

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b) Eine Pädagogische Hochschule beschaffte von einer Firma, die vom FM den Zuschlag erhielt, Bildschirme zu höheren und zu niedrigeren Preisen als in den Ausschreibungen des FM angegeben (s. Übersicht 4).

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c) In vergleichbaren Zeiträumen haben verschiedene Hochschulen und teilweise die selben Fachbereiche dieser Hochschulen für Geräte gleichen Typs bei verschiedenen Anbietern unterschiedliche Preise bezahlt. Die verglichenen Preise beinhalten jeweils die gleichen Garantieleistungen (s. Übersicht 5).

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4.2.6 Der Informationsstand über die für die Hochschulen geltenden Sondervereinbarungen ist unzureichend.

Ein allgemeiner Überblick über vorhandene Rahmenverträge sowie spezielle Vereinbarungen zur Gewährung von Rabatten für Forschung und Lehre u. ä. sind nicht vorhanden. Das Verzeichnis der Rahmenverträge im Landesintranet, auf das im Übrigen die meisten Fachbereiche der Hochschulen keinen Zugriff haben, spart Forschung und Lehre aus. Ein Informationssystem oder eine Plattform für einen Erfahrungsaustausch fehlen.

4.3 Wertung

Die Erhebung der StRPÄ hat viele zu beanstandende Punkte zu Tage gefördert. Das Dargestellte trifft zwar nicht bei allen Einrichtungen in vollem Umfang zu - teilweise wurden auch mustergültig durchgeführte und dokumentierte Beschaffungen und geeignete Formulare zur Ablaufunterstützung angetroffen -, es charakterisiert aber die Gesamtsituation.

Manche Einrichtungen klagen über technologischen Rückstand auf Grund fehlender IuK-Finanzmittel zu Lasten ihrer Studenten, setzen andererseits ihr Geld aber nicht optimal ein. Ziel der Finanzkontrolle ist hier nicht die Mittelstreichung, sondern das Aufzeigen von Wegen, um die zur Verfügung stehenden Gelder wirtschaftlicher einzusetzen, was wiederum Forschung und Lehre zu Gute kommen soll.

Die ordnungsgemäße und wirtschaftliche Umsetzung der Vergabevorschriften (4. Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 55 LHO und die VwV dazu, VOL, VOB und VOF) erfordern neben Rechtsverständnis auch Übung und Erfahrung. Diese kann bei „Gelegenheitsbeschaffern“, wie sie bei den Hochschulen häufig anzutreffen sind, gar nicht vorhanden sein. Auf diese Zusammenhänge hat der RH das MWK bereits mit Schreiben vom 26.10.2000 hingewiesen, worauf das MWK zugestanden hat, „dass das Beschaffungswesen txt_ellipsis einer Revision bedarf“.

Die neueren Erhebungen zeigen, dass die Zustände weiter verbessert werden können. Vor allem Bedienstete der Hochschulen äußerten während der Prüfung den Wunsch, durch einen bildschirmgestützten Prozessablauf geführt zu werden (Werkzeug), nach einer Anlaufstelle für Zweifelsfragen (Beratung) und der Möglichkeit sich aus „Warenkörben“ zu bedienen (Abruf). Dies zeigt den dringenden Bedarf an Arbeitshilfen zur optimalen Umsetzung der Vergabevorschriften.

4.4 Empfehlungen für die Hochschulen

Bedienstete der Hochschulen haben eine Fülle von Wünschen geäußert, die sich im Ergebnis mit den Überlegungen der Finanzkontrolle weitgehend decken und in folgende Vorschläge münden:

  • Zumindest innerhalb der jeweiligen Einrichtung sind Beschaffungen so weit wie möglich zu bündeln, um größere Vergabelose zu ermöglichen.
  • Auch eine regelmäßige Bedarfserhebung für jeweils alle FH, Pädagogischen Hochschulen und Berufakademien sollte geprüft werden. Die durch zweckmäßige Bündelung zu erreichenden Vorteile dürften erheblich höher sein als der damit verbundene Aufwand.
  • Der Informationsstand über Rahmenvereinbarungen, Bezugsmöglichkeiten aus durchgeführten Ausschreibungen u. ä. muss im Interesse der Wirtschaftlichkeit deutlich verbessert werden. Wenn einzelne Einrichtungen Verträge schließen, sollten sie diese auch den anderen Hochschulen bekannt geben.
  • Zunächst sollten „Warenkörbe“ mit den an den Hochschulen häufig benötigten Rechnern, Bildschirmen, Druckern und anderen IuK-Geräten gemeinsam definiert werden, und die Einrichtungen sollten laufend ihren Bedarf melden. Eine darauf spezialisierte Stelle sollte regelmäßig ausschreiben und die „Warenkörbe“ füllen. Soweit die Einrichtungen diese Angebote nicht annehmen wollen, sondern selber beschaffen, müssten sie die Wirtschaftlichkeit der Eigenbeschaffung jeweils belegen und dokumentieren.
  • Für weiterhin notwendige Einzelbeschaffungen sollte den Einrichtungen ein Instrumentarium als Handlungsunterstützung zur Standardisierung, Vereinfachung und Beschleunigung sowie zur Erhöhung der Rechtssicherheit zur Verfügung gestellt werden.

Einrichtungen zur Übernahme von Koordinierungsaufgaben sind bereits vorhanden, nämlich die IuK-Planungsgruppe Reutlingen für die Verwaltungsautomation bei den Pädagogischen Hochschulen und die Koordinierungsstelle für Verwaltungsautomation der Fachhochschulen und Kunst/Musikhochschulen in Konstanz (KOS). Das MWK hat der KOS und der Planungsgruppe Reutlingen bereits die Aufgabe „Finanzmanagement und zentrales Beschaffungswesen“ zugewiesen. Es weist darauf hin, dass diese jedoch nur IuK-Beschaffungen im Verwaltungsbereich abdecken könnten. Außerdem habe es für die Koordinierung von zentralen IuK-Beschaffungsmaßnahmen der wissenschaftlichen Bibliotheken ein Service-Zentrum in Konstanz eingerichtet.

5 Logistikzentrum der Polizei

5.1 Beschaffung von Verbrauchsgütern

Der Landesbetrieb Logistikzentrum der Polizei (LzP) ist (neben anderen Aufgaben) zentrale Beschaffungsstelle für Verbrauchsgüter des Landes (sog. C-Güter, zu denen auch Zubehör für die DV gehört). Es ist über das Landesintranet Schnittstelle zwischen den Behörden und den Lieferanten (e-Büro-Shop) und wickelt seine Ausschreibungen und Beschaffungen zunehmend IuK-gestützt ab (e-procurement).

Im Jahr 2002 haben 650 Dienststellen Zubehör für DV im Gesamtwert von 2,7 Mio. € über die gemeinsame Beschaffungsstelle bezogen. Das sind nach Angaben des LzP lediglich etwa 50 % der in Frage kommenden Behörden.

Vereinzelt hat das LzP auch Ausschreibungen für Behörden als Auftragsarbeit durchgeführt (z. B. Kopiergeräte für das KM). Außerdem bietet es bereits heute über seinen „e-Büroshop“ IuK-Geräte aus einer Ausschreibung des FM an. Der Abruf ist bislang allerdings noch sehr gering.

Die Hochschulen können ihren IuK-Bedarf zwar grundsätzlich selbstständig beschaffen. Der RH empfiehlt ihnen aber über die gemeinsame Beschaffungsstelle zu beziehen (Nr. 4.2 der Beschaffungsanordnung), soweit die Wirtschaftlichkeit der Einzelbeschaffung nicht nachgewiesen ist. Dies gilt auch für Behörden, die diese Möglichkeit bisher noch nicht nutzen. Einrichtungen, die noch nicht teilnehmen, können sich unter www.lzp.bwl.de über das Angebot und die Regularien informieren.

5.2 IuK-unterstützte Beschaffung (e-procurement)

Das LzP

  • testet in Zusammenarbeit mit der FH Heilbronn Softwarepakete zur Unterstützung der einzelnen Teilprozesse eines auf elektronischen Medien basierenden Beschaffungs-Work-Flows, einschließlich Verschlüsselung und digitaler Signatur (e-Vergabe),
  • testet zusammen mit dem NSI-Team die automatische Überführung und Integration der Beschaffungsdatensätze aus den Vergabesystemen in die SAP-Programme, z. B. für Materialwirtschaft, das Haushaltsmanagementsystem und die Kostenrechnung (e-ordering),
  • hat digitale Pilotausschreibungen in Zusammenarbeit mit der OFD Stuttgart, der FH Heilbronn, werbemäßig unterstützt von der IHK Stuttgart, durchgeführt,
  • kann durch seine Erfahrungen auf konkrete Referenzmodelle verweisen und sieht sich fachlich in der Lage, die zur Zeit aktuellen Vergabeplattformen einzusetzen und die Prozesse zu beherrschen. Es sieht sich allerdings personell derzeit nur bedingt in der Lage, landesweite Dienstleistungen in größerem Umfang zusätzlich zu erbringen, da für die hier angesprochenen Aufgaben insgesamt nur wenige Personalstellen zur Verfügung stünden.

6 Weiterentwicklung des IuK-Beschaffungswesens

6.1 Stand der Diskussion

Die Stabstelle Verwaltungsreform beim IM (StaV) hat erkannt, dass eine andere Beschaffungsorganisation zur weiteren Standardisierung und Optimierung beitragen und im Ergebnis Geld sparen kann. Sie hat die Problematik in einem Entwurf zur Überarbeitung der IuK-Richtlinien des Landes thematisiert. Auch das FM steht Überlegungen, die IuK-Beschaffung neu zu organisieren, aufgeschlossen gegenüber. Andere Ressorts stehen allerdings den Überlegungen vor allem unter Berufung auf die Ressorthoheit eher reserviert gegenüber.

6.2 Eine Neugestaltung der IuK-Beschaffung sollte

  • die Gerätevielfalt durch Schaffung weitgehend standardisierter PC-Arbeitsplätze minimieren, um die Folgekosten für Betrieb und Wartung zu reduzieren,
  • die Wirtschaftlichkeit erhöhen, z. B. durch günstigere Einkaufspreise; der Einkauf großer Stückzahlen bei leistungsfähigen Firmen und die Abwicklung der Beschaffungen über örtliche Distributoren - wie vom FM bereits teilweise praktiziert - könnte ein wirtschaftlicher und zugleich mittelstandskonformer Weg sein, den Aufwand vermindern und die Abläufe koordinieren, z. B. durch netz- und softwaregestützte Bedarfserhebung, Ausschreibung, Vergabe und Abwicklung der Lieferungen über Landesintranet und Internet sowie Datenaustausch mit den SAP-Programmmodulen im NSI-Projekt; Stichworte hierzu sind: Warenkörbe, e-ordering und e-procurement,
  • die Ordnungs- und Rechtmäßigkeit gewährleisten durch vorschriftsmäßige Ausschreibungen sowie
  • den Informationsstand verbessern durch Einrichtung einer „Beschaffungsdatenbank“ (oder Ausbau des IuK-Informationssystems dazu) und Einrichtung einer Gerätebörse im Landesintranet.

6.3 Organisatorische Aspekte

Zur Erreichung dieser Ziele sind unterschiedliche Organisationsformen und die Ansiedelung der neuen Beschaffungsstelle bei unterschiedlichen bestehenden Einrichtungen denkbar. Die Diskussion muss vor dem Hintergrund geführt werden, dass sich sowohl die Software zur Unterstützung der einzelnen Arbeitsschritte als auch die Technik sehr schnell weiter entwickeln und dass inzwischen fast alle Landesbehörden mit Beschaffungsaufgaben Zugang zum Landesintranet haben.

Im Folgenden sind beispielhaft die Arbeitsschritte eines Vergabevorganges für ein Europäisches Vergabeverfahren, die in Arbeitsteilung zwischen Auftrag gebender Dienststelle und Vergabestelle durchzuführen sind, dargestellt.

  • Bedarfsermittlung
  • Leistungsbeschreibung und Technische Spezifikation
  • Festlegung des Verfahrens
  • Erstellung der Verdingungsunterlagen
  • Bekanntmachung
  • Bieterrecherche
  • Übersendung der Verdingungsunterlagen
  • Eingang der Angebote
  • Öffnung der Angebote
  • Formale Prüfung
  • Erstellung des Preisspiegels
  • Fachliche Prüfung und Wertung
  • Vergabevorschlag/Vergabevermerk
  • Nachbearbeitung/Bekanntmachung vergebener Verträge
  • Statistik

Viele dieser Arbeitsschritte, die insgesamt bis zu 60 einzelne Tätigkeiten umfassen, können zunehmend softwaregestützt abgewickelt werden. Da es sich bei der Beschaffung nicht um ministerielle Aufgaben handelt, sollte diese Aufgabe nicht auf Dauer beim FM angesiedelt bleiben. Als IuK-Gerätebeschaffungsstelle zur Ausschreibung, Vergabe und Bestellabwicklung kommen in Frage:

  • Das LzP, das bisher schon praktische Erfahrungen als gemeinsame Beschaffungsstelle für IuK-Verbrauchsgüter sammeln konnte.
  • Das Zentrum für Kommunikationstechnik und Datenverarbeitung (ZKD), als Gemeinschaftsrechenzentrum im Geschäftsbereich des IM.
  • Das Zentrum für Informationsverarbeitung und Kommunikation bei der OFD Stuttgart (ZfI) im Geschäftsbereich des FM.

6.4 Möglicher wirtschaftlicher Mehrwert

Das Einsparpotential bei Durchführung von Ausschreibungen auf elektronischem Wege lässt sich nicht hinreichend genau in Beträgen ausdrücken. Erwartet werden können:

  • Geringere Verwaltungskosten
  • Kürzere Beschaffungszeiten
  • Geringerer Einkaufspreis/größere Anbieterauswahl
  • Mehr Transparenz im Vergabeprozess
  • Geringere Missbrauchsmöglichkeiten
  • Vorteile für Betrieb und Service durch Standardisierung

Das Hauptpotential der Einsparungen durch ein e-Vergabe-System liegt in der Reduzierung der Prozesskosten. Bereits heute erfordert ein Abruf von Verbrauchsmaterial bei der zentralen Beschaffungsstelle über das Landesintranet deutlich weniger Aufwand als zuvor die Bestellabwicklung über Papierformulare. Die Vorteile lassen sich durch Ausweitung der gemeinsamen Beschaffung auf weitere Güter und durch die Einbeziehung weiterer Abnehmer noch erhöhen. Die von den StRPÄ geprüften Hochschulen und vom RH abgefragten Behörden stellen nur einen Ausschnitt der Einrichtungen dar, die mit öffentlichen Mitteln IuK-Geräte beschaffen.

6.5 Vorschlag

Eine spezialisierte Beschaffungsorganisation für möglichst viele Güter ist Voraussetzung für ein leistungsfähiges e-procurement; e-Vergabe und Führung elektronischer Kataloge sind vor allem dann wirtschaftlich, wenn ein zentraler Service eingerichtet ist. Diese Beschaffungsstelle wäre Dienstleister für die Fachressorts, mit denen sie in gemeinsamer Projektarbeit die Bedarfe ermittelt und beschreibt. Das Land sollte daher kurzfristig

  • IuK-Geräte auf der Basis definierter Standards in die gemeinsame Beschaffung mit einbeziehen,
  • die Aufgabe einer Beschaffungsstelle zuweisen und
  • die Beschaffungsanordnung insoweit anpassen.

Darüber hinaus sollte auch geprüft werden, ob und inwieweit Softwarelizenzen ebenfalls zur gemeinsamen Beschaffung geeignet sind.

Die Beschaffungsstelle müsste in die Lage versetzt werden, ihren zusätzlichen Aufwand zu refinanzieren. Dafür kämen beispielsweise in Frage

  • dem Aufgabenübergang folgender Stellenübergang von größeren Behörden zur Beschaffungsstelle,
  • Umsatzrückvergütung von Lieferanten, der in den Leistungsverzeichnissen mit auszuschreiben wäre und
  • pauschalierte Gebührensätze für die einzelnen Dienstleistungen.

Für den Inhalt der Ausschreibungsunterlagen (Leistungsverzeichnis und Pflichtenheft) sowie die Finanzierung der Beschaffung bleiben bei diesem Vorschlag die Endabnehmer (Bedarfsträger) verantwortlich. Sie sollten lediglich die Durchführung an eine auf diese Tätigkeit spezialisierte Einrichtung auslagern.

Erforderlich ist ein neuer, ganzheitlicher und technikgestützter Ansatz. Dabei genügt es aber nicht, Softwaresysteme zur Unterstützung der einzelnen Teilprozesse in einer Landeseinrichtung oder bei einem privaten Dienstleister zu installieren. Wichtiger sind zunächst die Schaffung der organisatorischen Rahmenbedingungen und weitest mögliche Standardisierung der IuK-Arbeitsplatzausstattungen (Definition von IuK-Warenkörben). Diese Arbeiten sollte die StaV initiieren und koordinieren.

Unter Berücksichtigung der bestehenden Organisationen, der sonstigen geplanten Aufgabenzuweisungen und der vorhandenen Erfahrungen plädiert der RH dafür, die Beschaffung von „IuK-Alltagsgeräten“, wie PC, Bildschirme, Drucker und Notebooks, dem LzP zuzuweisen. Für die Beschaffung anderer Komponenten, wie Großrechner, größere Server, Speichersysteme, Lesesysteme u. ä., wären die beiden anderen Einrichtungen eher prädestiniert (ZfI und ZKD).

Das LzP hat bereits heute über die Polizei hinaus gehende Aufgaben. Bei Zuweisung weiterer landesweiter Aufgaben sollte seine Zuordnung innerhalb des Epl. 03 überprüft werden.

7 Stellungnahme der Ministerien und Schlussbemerkung

Die Ministerien haben gegen das Zahlenwerk, die Sachdarstellung und die Wertung durch den RH keine nennenswerten Einwände vorgebracht. Sie sehen ebenfalls die Notwendigkeit für Verbesserungen des IuK-Beschaffungswesens und wollen kurzfristig eine Projektgruppe mit der Ausarbeitung von Einzelheiten beauftragen. Das FM und das IM sind allerdings der Meinung, bei der Übertragung zusätzlicher Aufgaben an das LzP, das ZKD bzw. das ZfI seien zwingend die finanziellen und personellen Rahmenbedingungen zu lösen. Eine Deckung müsse außerhalb des Epl. 03 bzw. des Epl. 06 erfolgen.

Das sieht der RH nicht so. Gerade in den Geschäftsbereichen der beiden großen Ministerien fällt bisher erheblicher personeller Aufwand für Beschaffungen an. Es gilt, diesen zu identifizieren. Diese Stellen stehen dann zur Verfügung.

Das MWK unterstützt die Vorschläge des RH, auch weil kleinere Einrichtungen mit wenig Verwaltungspersonal bei der Durchführung von IuK-Beschaffungen oft überfordert sind. Vor weiteren Bündelungsmaßnahmen in seinem Geschäftsbereich will es aber die Ergebnisse der Prüfung des IM abwarten. Darüber hinaus regt es an, Arbeitshilfen zur Umsetzung der Vergabevorschriften durch die StaV erarbeiten zu lassen.

Die einbezogenen Ministerien sehen also die Vorteile einer spezialisierten Beschaffungsstelle und wollen auch deren Dienstleistungen nutzen. Andererseits verhalten sie sich zögerlich, wenn es darum geht, die Beschaffungsstelle aufzubauen und auszustatten. Diese Haltung ist gerade derzeit nicht angebracht. Jahrelange Vorbereitungs- und Planungsprozesse zur Optimierung der IuK-Beschaffung müssen vermieden werden. Die Landesregierung sollte für zügige Einführung und Umsetzung sorgen, damit die finanziellen Vorteile bald in Anspruch genommen werden können. Wichtig ist, schnell zu beginnen und das Verfahren nach und nach zu verfeinern.