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Denkschrift 2003

Vorwort

1 Vorwort

Die Denkschrift stellt die wesentlichen Ergebnisse von Prüfungen des Rechnungshofs und der Staatlichen Rechnungsprüfungsämter aus den Jahren 2002/2003 dar. Sie enthält damit die Informationen, die für die Entlastung der Landesregierung von Bedeutung sind. In ihr wird zwar eine Vielzahl von Einzelfeststellungen aufgezeigt, dennoch soll sie kein abschließender Bericht der Finanzkontrolle über ihre Tätigkeit für diesen Zeitraum sein. Aus diesen Einzeldarstellungen lassen sich auch keine allgemeinen Schlüsse zur Qualität der Landesverwaltung herleiten. Die finanziellen Ergebnisse der Prüfungen wurden grundsätzlich in Euro (€) dargestellt, auch wenn sie frühere Jahre betreffen. Die Zahlenangaben zur Landeshaushaltsrechnung, zu Haushaltsplan und Haushaltsvollzug sowie zu den Landesschulden sind entsprechend der Rechnungslegung in DM ausgewiesen; die nachrichtlichen Betragsdarstellungen in € können infolge von Rundungsdifferenzen Unterschiede zu korrespondierenden DM-Beträgen aufweisen. Im Berichtszeitraum hat der Rechnungshof zwei Beratende Äußerungen vorgelegt. Am 11. Juni 2002 veröffentlichte er seine Untersuchung zu den „Zuschüssen und sonstigen Leistungen an die Fraktionen des Landtags in der 12. Wahlperiode“ (DS 13/1061) und am 09. April 2003 die Beratende Äußerung „Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Statistikwesens in Deutschland - Folgerungen für Baden-Württemberg“ (DS 13/1972). Letztere ergänzt die Denkschriftbeiträge des Vorjahres (Nrn. 13 und 14) zum gleichen Thema und schlägt, gestützt auf einen Bundesvergleich, eine weitere erhebliche Verschlankung des Statistischen Landesamts vor. Die Krise der öffentlichen Haushalte macht auch vor dem Land Baden-Württemberg nicht Halt. Im Jahr 2002 betrug die haushaltsmäßige Nettokreditaufnahme des Landes 1,9 Mrd. € und liegt damit um rd. 0,4 Mrd. € unter der des Vorjahres (Nr. 3). Wird die Nettokreditaufnahme des Vorjahres um die zweckgebundene Kreditaufnahme für den Erwerb einer stillen Beteiligung an der Landesbank Baden-Württemberg von rd. 1,0 Mrd. € bereinigt, ergibt sich im Jahr 2002 ein um rd. 0,6 Mrd. € höherer Kreditbedarf als im Vorjahr. Damit erhöht sich die Kreditfinanzierungsquote auf 6,1 % im Jahr 2002 gegenüber 4,0 % im Vorjahr. Beim Vergleich der Pro-Kopf-Verschuldung liegt das Land weiterhin auf dem dritten Platz aller Flächenländer, unter den acht alten Flächenländern nimmt es unverändert den zweiten Platz ein. Infolge der Erhöhung des Schuldenstandes sind auch die Zinsausgaben gestiegen. Mit weiteren Erhöhungen ist zu rechnen, da ungewiss ist, wie lange das derzeit äußerst niedrige Zinsniveau anhalten wird. Der noch größere Lastenblock aus künftigen Pensionsverpflichtungen des Landes lässt sich bisher nicht aus dem Landeshaushalt entnehmen. Hier will die Regierung künftig einen Ausweis vornehmen, um dem Parlament und der Öffentlichkeit die noch ungelöste Zukunftsaufgabe vor Augen zu führen. Angesichts der wirtschaftlichen Rahmendaten und der Ergebnisse der Steuerschätzung vom Mai 2003 erscheint es der Landesregierung fraglich, ob sie das Ziel verwirklichen kann, ab 2006 einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung zu erreichen. Zur nachhaltigen Sanierung des Landeshaushalts bleiben damit die Aufgabenfelder Personalabbau, Aufgabenkritik, vorbehaltlose Durchforstung von Förderprogrammen sowie ein insgesamt restriktiver Haushalts-vollzug. Im Blick auf die schwierige Finanzlage des Landes ist insbesondere ein sorgsamer Umgang mit Vermögen des Landes und mit Steuermitteln geboten. Diese Maxime wird, wie verschiedene Beispiele der Denkschrift belegen, nicht immer beachtet. So können die Anfang der 90er Jahre für rd. 130 Mio. € errichteten Behelfsbauten zur Unterbringung von Spätaussiedlern auch heute noch sinnvoll genutzt werden. Der jetzt in vielen Fällen anstehende Abbruch der Unterkünfte ist nicht zu verantworten, weil Werte vernichtet werden und zusätzliche Kosten für Ersatzlösungen entstehen (Nr. 31). Die Universitätsklinika können dem Land jährlich rd. 3 Mio. € an Zinsaufwendungen allein dadurch sparen helfen, dass sie die Investitionsmittel erst bei konkretem Bedarf beim Land abrufen (Nr. 32). Eine ähnliche Konstellation zeigt sich bei der Stiftung Naturschutzfonds, die nicht benötigte Landeszuweisungen verzinslich anlegen kann, während das Land selbst Kredite aufnehmen muss (Nr. 22). Auch bei der Förderung von Gewerbegebieten im ländlichen Raum sollten die Mittel erst vollständig ausgezahlt werden, wenn die neuen Flächen zu über drei Viertel belegt sind; damit wird verhindert, dass Fördermittel des Landes auf Vorrat gebunden werden. Immerhin traf dies auf etwa die Hälfte der bewil-ligten rd. 30 Mio. € zu (Nr. 20). Problematisch ist der erhebliche Umfang, den die verlagerten Verpflichtungen angenommen haben. Das Land hat seit vielen Jahren Möglichkeiten geschaffen, landespolitisch bedeutsame Vorhaben außerhalb des Landeshaushalts vorzufinanzieren. Demzufolge hat sich auch der Schuldenstand des Landes bei der „Finanzierungsgesellschaft für öffentliche Vorhaben des Landes Baden-Württemberg mbH“ deutlich erhöht. Diese Gesellschaft sollte aufgelöst werden, die Kreditaufnahme sollte aus wirtschaftlichen Gründen und im Interesse der Haushaltsklarheit wieder unmittelbar durch das Land erfolgen (Nr. 8). Einige Beiträge werfen ein kritisches Licht auf den Umgang mit haushaltsrechtlichen Vorgaben. So waren in den Landesvertretungen in Berlin und Brüssel ungenehmigte Konten vorhanden; sogar Fehlbeträge waren nicht aufzuklären (Nr. 11). Kritisch ist auch die Gewährung einer hohen Spende der früheren Landesholding im Hinblick auf die Zuständigkeit des Landtags für die Haushaltsgesetzgebung zu bewerten (Nr. 15). Die Wahrnehmung der Aufgaben durch Einrichtungen des Landes kann, wie verschiedene Beiträge zeigen, wirtschaftlicher gestaltet werden. So kann durch organisatorische und personelle Maßnahmen die Haushalts- und Wirtschaftsführung beim Haus der Heimat (Nr. 12), beim Landesgewerbeamt (Nr. 19) und bei der Landesanstalt für Umweltschutz (Nr. 27) verbessert werden. Bei den Vertretungen des Landes beim Bund und bei der Europäischen Union bestehen Wirtschaftlichkeitsreserven, wenn diese ihre Veranstaltungen kostenbewusster abwickeln (Nr. 11). Untersuchungen der Aufgabenwahrnehmung im Straßenbau zeigen, dass die Verwaltung bei entsprechender Konzeption und Bildung von Auswahlkriterien ihre Aufgaben wirtschaftlicher und zielgerichteter ausführen könnte. So fehlen derzeit Kriterien, nach welchen die Rangfolge der Vorhaben objektiv priorisiert und wirtschaftlich sinnvoll realisiert werden können. Bei allem Verständnis für den Bedarf an Vorratsplanungen erscheint der Anteil der Planungskosten an den ausgegebenen Baumitteln überzogen (Nr. 9). Bei Planung und Bau von Rad- und Gehwegen fehlen andererseits Richtwerte für die Höhe angemessener Baukosten, weshalb zu viele Mittel in die einzelne Maßnahme fließen (Nr. 25). Mehrere Beiträge der Denkschrift beschäftigen sich mit dem Thema „Personal“. Sie zeigen einerseits auf, dass der Einsatz des Personals vielfach rationeller erfolgen könnte, wenn der Gesetzgeber durch entsprechende Neuregelung den Weg zu personalsparenden Verfahren öffnen oder die Verwaltung die bestehenden gesetzlichen Spielräume nutzen würde. So könnten in Baden-Württemberg allein 418 Personalstellen eingespart und damit der Landeshaushalt um rd. 20,9 Mio. € entlastet werden, wenn der Bundesgesetzgeber die Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer umlegen würde. Selbst wenn eine solche Umlegung nicht erfolgen sollte, könnte das Land durch entsprechende Verfahrensverbesserungen rd. 22 Personalstellen abbauen (Nr. 28). In der Betreuung von IuK-Arbeitsplätzen ist zuviel Personal gebunden. Durch die Umstellung auf das erforderliche Maß können dort 120 Stellen in der IuK-Aus- und Fortbildung eingesetzt und weitere 240 eingespart werden (Nr. 7). Bei der Landesanstalt für Umweltschutz lassen sich rund 30 Personalstellen durch eine schlankere Aufbauorganisation und eine den Aufgaben angemessene Personalausstattung einsparen (Nr. 27). Im Bereich des Strafvollzugs kann die derzeit noch bestehende, aber nicht mehr erforderliche Einweisungskommission bei der Justizvollzugsanstalt Stuttgart aufgelöst werden (Nr. 14). Bei den allgemein bildenden Schulen könnte die Leitung durch organisatorische Maßnahmen und die Einführung von Schulassistenten effizienter gestaltet werden. Vor allem könnten sich die Schulleitungen auf ihr eigentliches Kerngeschäft, die innere Schulentwicklung, konzentrieren. Die Vorschläge des Rechnungshofs ließen sich kostenneutral umsetzen (Nr. 13). Die Prüfungen im Personalbereich sind nicht einseitig auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet. So gilt es zu gewährleisten, dass etwa Korruptionsfällen in besonders anfälligen Bereichen präventiv gegengewirkt wird, indem beispielsweise die Personalverwaltung auf hohe Schulden reagiert (Nr. 4). Wieder finden sich auch Beispiele dafür, dass der Einsatz der Datenverarbeitung in der Landesverwaltung wirtschaftlich weiter optimiert werden kann, aber auch muss. Dies könnte durch Verbesserung des Projektmanagements bei der Entwicklung von Anwendungen im Justizbereich (Nr. 5), des Verfahrens bei der Beschaffung von IuK-Geräten (Nr. 6) und der Schulung des Personals (Nr. 7) erfolgen. Einen weiteren Schwerpunkt der Denkschrift stellt der Zuwendungsbereich dar. Förderprogramme sollten, soweit wie möglich, konzeptionell verknüpft sowie Fördertatbestände und -verfahren systematischer und transparenter geregelt werden, um die Effizienz der jeweiligen Förderung zu erhöhen. Dabei sollten auch die vorhandenen Kontrollmechanismen verbessert werden, sodass Zuwendungen bedarfsorientiert gewährt werden. Letztlich können solche Maßnahmen auch zu einem zielgerichteten und wirtschaftlichen Einsatz von Fördermitteln führen. Dies zeigen die Beiträge Verbraucherzentrale (Nr. 17), Berufliche Bildung (Nr. 18), Erschließung von Gewerbegelände (Nr. 20), PLENUM-Projekte (Nr. 21), Förderung von Omnibusbetriebshöfen und Werkstätten nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (Nr. 24) und Zuschüsse für Anschlüsse von Einzelanwesen im ländlichen Raum an die öffentliche Kanalisation (Nr. 26). Auf die Steuereinnahmen wirken sich neben der wirtschaftlichen Entwicklung auch die sehr komplexen Regelungen des Steuerrechts negativ aus. Dies belegen zwei Untersuchungen zur Einkommensteuer. So hat der Gesetzgeber mit den Neuregelungen zur Verlustverrechnung das Einkommensteuerrecht wesentlich verkompliziert. Diese Bestimmungen sind für die Verwaltung und den Steuerbürger kaum nachzuvollziehen. Das Ziel, mit der Einführung der Mindestbesteuerung die Einnahmesituation nachhaltig zu verbessern, wird nicht erreicht werden. Stattdessen sind künftige Mindereinnahmen zu befürchten (Nr. 29). Zu solchen Mindereinnahmen kann es ebenso kommen, wenn Verwaltungsvorgaben des Bundes nicht zeitnah umgesetzt werden, wie z.B. ein Erlass des Bundesfinanzministeriums vom 11.07.2002 zur einkommensteuerlichen Behandlung hoher Kirchensteuererstattungen. Infolge der Prüfungen der Finanzkontrolle konnten vor Eintritt der Verjährung noch Steuern von rd. 3,73 Mio. € zusätzlich festgesetzt werden (Nr. 30). Außerhalb des Landeshaushaltes, aber letztlich unter der Mitverantwortung von Landtag und Landesregierung, steht die Finanzierung der Landesanstalt für Kommunikation. Sie wird über einen prozentualen Anteil an der Rundfunkgebühr finanziert, wodurch sie auch an jeder Gebührenerhöhung unabhängig vom tatsächlichen Bedarf beteiligt ist. Dieses Finanzierungssystem hat bei dieser Anstalt zu einer Finanzausstattung geführt, die den tatsächlichen Bedarf erheblich übersteigt. Daher sollte das Finanzierungssystem entsprechend angepasst werden. Ferner könnten durch eine verstärkte Kooperation im Bereich der Medienaufsicht zwischen den Ländern Synergiegewinne erzielt werden (Nr. 10). 2 Parlamentarische Beratung der Denkschrift 2002 Die parlamentarische Beratung der Denkschrift 2002 (DS 13/1174) mit Bemerkungen zur Landeshaushaltsrechnung 2000 ist abgeschlossen. Der Landtag hat in seiner 40. Sitzung am 20.02.2003 die in der Landeshaushaltsrechnung für das Hj. 2000 nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben und die vom Rech-nungshof in seiner Denkschrift darüber hinaus festgestellten weiteren Überschreitungen genehmigt (Art. 81 Satz 3 LV) und der Landesregierung gemäß Art. 83 Abs. 1 LV Entla-stung erteilt (DS 13/1749). Er hat die Regierung ferner ersucht (§ 114 Abs. 2 und 4 LHO), bestimmte Maßnahmen zu treffen und ihm hierüber zu berichten (DS 13/1748). Einzelheiten ergeben sich aus der Anlage 1 zu dieser Denkschrift. Der Landtag hat in der Sitzung am 20.02.2003 ferner beschlossen, den Präsidenten des Rechnungshofs hinsichtlich der Rechnung des Rechnungshofs für das Hj. 2000 nach § 101 LHO zu entlasten (DS 13/1750).

  1. Haushaltsrechnung, Haushaltsplan und Haushaltsvollzug
  2. Ressortübertgreifende Empfehlungen
  3. Besondere Prüfungsergebnisse