1 Ausgangslage
1.1 Ziele und Rechtsgrundlagen der Förderung einer nachhaltigen Waldwirtschaft
Das Land fördert Maßnahmen für eine naturnahe Waldbewirtschaftung. Dadurch sollen die Waldbesitzer bei ihren Aufgaben unterstützt und die nachhaltige Entwicklung der Waldfunktionen im Interesse der Allgemeinheit gewährleistet werden. Der Wald soll stabiler und seine ökologische wie ökonomische Leistungsfähigkeit erhöht werden.
Die Förderung in der aktuellen Förderperiode basiert auf der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (ELER). Auf Bundesebene ist diese umgesetzt durch das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK). Landesrechtliche Grundlage ist die „Richtlinie des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum über die Gewährung von Zuwendungen für Nachhaltige Waldwirtschaft (RL NWW)“ vom 01.12.2007. Diese ist Teil des Maßnahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg (MEPL).
1.2 Einsatz der Fördermittel
Das gesamte Förderprogramm umfasste 2008 bis 2010 jährlich durchschnittlich 5,5 Mio. Euro. Die geförderten 3.800 Maßnahmen verteilen sich auf die fünf Förderbereiche Erstaufforstungen, naturnahe Waldbewirtschaftung, forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse, forstwirtschaftliche Infrastruktur und sonstige ökologische Maßnahmen.
Die naturnahe Waldbewirtschaftung ist mit jährlich 3.600 Maßnahmen (4,6 Mio. Euro) fiskalisch der wichtigste Förderbereich. Hierbei bilden mit jährlich jeweils mehr als 1,2 Mio. Euro die drei Maßnahmenarten Jungbestandspflege, Wiederaufforstung und Bodenschutzkalkung den Schwerpunkt.
Gefördert werden vorbeugende Maßnahmen, wie z. B. der Aufbau von standortgerechten, klimastabilen Laubmischwäldern, aber auch Investitionen, die nach Kalamitäten, wie z. B. Stürmen oder Käferbefall, notwendig sind.
EU-Mittel werden in diesem Förderbereich nur für Bodenschutzkalkungen eingesetzt. Bei EU-geförderten Maßnahmen ergibt sich ein Finanzierungsverhältnis von etwa 50 (EU), 30 (Bund) und 20 (Land). Bei nicht EU-kofinanzierten Maßnahmen beträgt das Finanzierungsverhältnis 60 (Bund) und 40 (Land).
1.3 Waldbesitzverhältnisse
Die forstliche Betriebsfläche in Baden-Württemberg beträgt 1,4 Mio. Hektar. Davon entfallen 1,0 Mio. Hektar auf Körperschaftswald (insbesondere im kommunalen Eigentum) und Privatwald.
Der Privatwald verteilt sich auf insgesamt 220.000 Eigentümer. Der Kleinprivatwald umfasst mit 330.000 Hektar insgesamt ein Viertel der Waldfläche Baden-Württembergs.
1.4 Vorgehensweise
Der Rechnungshof hat in 15 Landkreisen das forstliche Förderverfahren analysiert. Dabei wurden Prozessabläufe erhoben und strukturierte Interviews mit Sachbearbeitern und Waldbesitzern geführt. Die Kosten aller am Verfahren beteiligten Dienststellen wurden ermittelt.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Verwaltungskosten und Verfahren
2.1.1 Verwaltungskosten
Zusätzlich zu den Fördermitteln von 5,5 Mio. Euro wenden Land und Landkreise Beratungskosten von 0,86 Mio. Euro und Verwaltungskosten von 1,26 Mio. Euro auf.
Für je 1.000 Euro Fördersumme, die ausbezahlt wurden, entstanden Verwaltungskosten von 229 Euro. Diese hohen Verwaltungskosten haben ihre Ursache in einem vergleichsweise zeitaufwendigen Verfahren mit intensiven Kontrollen bei oft niedrigen Förderbeträgen. Von den Verwaltungskosten entfallen 70 Prozent auf die Unteren Forstbehörden bei den Landkreisen.
2.1.2 Durchschnittliche Verwaltungskosten je Antrag
Die durchschnittlichen Verwaltungskosten je Antrag sind bei Maßnahmen im Förderbereich naturnahe Waldbewirtschaftung hoch. Beim Kleinprivatwald entfallen auf jeden Antrag durchschnittliche Verwaltungskosten von 520 Euro und im Kommunal- und Großprivatwald von 910 Euro. Hierbei werden insbesondere Anträge und Verwendungsnachweise zeitaufwendig kontrolliert.
Die Anzahl der Maßnahmen je Antrag ist zwischen Kleinprivatwald und Kommunal- beziehungsweise Großprivatwald unterschiedlich. Während bei Kleinprivatwaldbesitzern ein Antrag durchschnittlich 1,3 Maßnahmen umfasst, sind es bei Kommunal- und Großprivatwaldbesitzern 5,6 Maßnahmen je Antrag.
2.1.3 Ausbezahlte Fördermittel
In einem Prüfungsjahr wurden im Förderbereich naturnahe Waldbewirtschaftung die ausbezahlten Förderbeträge je Maßnahme betrachtet. Bei 1.600 von 3.600 Maßnahmen wurden unter 500 Euro ausbezahlt. Bei weiteren 1.000 Maßnahmen lag der Förderbetrag zwischen 500 und 1.000 Euro. Somit liegt bei fast drei Vierteln aller Maßnahmen die Förderhöhe unter 1.000 Euro. Ein Großteil dieser Maßnahmen entfällt auf die Jungbestandspflege.
2.1.4 Antragsverfahren
Das Verfahren ist für Förderanträge mit kleineren Maßnahmen zu aufwendig. Für alle Förderanträge gilt ein einheitliches Verfahren. Bei der Antragskontrolle und im Bewilligungsverfahren werden deshalb viele kleinere Maßnahmen genauso intensiv geprüft wie größere Maßnahmen. Zudem werden bei kleineren Maßnahmen die geringen Förderbeträge ebenfalls nach einem komplizierten Berechnungsschema ermittelt.
Für viele Kleinprivatwaldbesitzer ist bereits der Förderantrag zu kompliziert. Meist wird bei Kleinprivatwaldbesitzern der Antrag von den Beschäftigten der Unteren Forstbehörden ausgefüllt.
2.1.5 Kontrollen
Verwendungsnachweise werden zeitaufwendig kontrolliert. Die Revierleiter beraten und begleiten die Maßnahmen. Dennoch werden alle Maßnahmen beim Prüfen des Verwendungsnachweises nochmals abschließend in Augenschein genommen. Dabei wird geprüft, ob die Maßnahme entsprechend der Vorgaben im Bewilligungsbescheid durchgeführt wurde. Die Kontrollen sind umfangreich und unabhängig von der Förderhöhe. Nach den Vorgaben der Landeshaushaltsordnung würden Stichproben genügen. Lediglich bei EU-kofinanzierten Maßnahmen sind zusätzliche Kontrollen vorgeschrieben. Dies betrifft jährlich etwa 4 Prozent aller Maßnahmen.
Außerdem werden bei allen Maßnahmen 5 Prozent der Zuwendungen vor der Schlusszahlung ausgewählt und vor Ort geprüft. Auch dieses nur bei EU-kofinanzierten Maßnahmen erforderliche Verfahren wird freiwillig für alle Maßnahmen angewandt. Dadurch werden jährlich etwa 180 Maßnahmen zusätzlich vor Ort kontrolliert.
2.2 Förderung von Kommunal- und Großprivatwaldbesitzern
2.2.1 Fördermittel und Maßnahmen zur Jungbestandspflege
Von den Fördermitteln im Förderbereich naturnahe Waldbewirtschaftung entfallen 1,1 Mio. Euro auf die Jungbestandspflege im Kommunal- und Großprivatwald. Der Anteil von Jungbestandspflegen mit geringen Fördersummen nahm in den betrachteten Jahren 2008 bis 2010 zu.
2.2.2 Mitnahmeeffekte bei Maßnahmen zur Jungbestandspflege
Kommunal- und Großprivatwaldbesitzer planen und wirtschaften u. a. über das Forsteinrichtungswerk. Das Forsteinrichtungswerk ist eine nachhaltige periodische Betriebsplanung auf zehn Jahre. Dabei wird vorab festgelegt, wie einzelne Waldflächen aufgeforstet beziehungsweise wo Jungbestandspflegen durchgeführt werden, um stabile wertvolle Bestände zu erhalten.
Bei der Jungbestandspflege hat die Förderung in ihrer aktuellen Ausgestaltung nahezu keinen Einfluss darauf, ob die Maßnahme durchgeführt wird. Denn die Maßnahme ist bereits Bestandteil der normalen Waldbewirtschaftung. Sie dient vorrangig dazu, die Holzqualität und damit die Wirtschaftlichkeit der Forstbetriebe von Kommunen und Großprivatwaldbesitzern zu verbessern.
Die geringen Fördermittel bei Jungbestandspflegen haben insoweit keine zusätzliche Wirkung. Sie werden einfach mitgenommen, weil sie angeboten werden. Somit wird mit der Förderung nur in geringem Umfang erreicht, dass Bestände stabiler sind als ohne diese Förderung.
2.3 Förderung von Kleinprivatwaldbesitzern
2.3.1 Fördermittel und Maßnahmen zur naturnahen Waldbewirtschaftung
Im Bereich naturnahe Waldbewirtschaftung haben sich beim Kleinprivatwald von 2008 bis 2010 die jährlich ausbezahlten Fördermittel von 1,5 Mio. Euro auf 0,7 Mio. Euro halbiert. Die geförderten Maßnahmen betreffen überwiegend Wiederaufforstungen. Fördermittel für Jungbestandspflege werden im Kleinprivatwald nur in geringem Umfang beansprucht.
2.3.2 Strukturprobleme
Etwa die Hälfte der Kleinprivatwaldbesitzer bewirtschaftet ihren Wald nicht. Insgesamt wird dadurch über ein Viertel der gesamten Kleinprivatwaldfläche nicht bewirtschaftet. Diese Flächen stellen eine Gefahr für die übrigen Waldflächen - und damit für die des Landes und der Kommunen - dar. Sie können der Ausgangspunkt von Kalamitäten wie z. B. Käferbefall sein. Darum ist besonders wichtig, auch kleinere Waldflächen nachhaltig zu bewirtschaften.
Viele kleine und räumlich voneinander getrennt liegende Parzellen sind für die Waldbesitzer unrentabel. Der Anteil nicht aktiver Waldbesitzer nimmt zu. Die Förderung hat hier nicht ausreichend gewirkt.
3 Empfehlungen
3.1 Förderung von Kommunal- und Großprivatwaldbesitzern einschränken
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sollte darauf achten, Mitnahmeeffekte bei den geförderten Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Deshalb sollte die Förderung von Jungbestandspflegen für Kommunal- und Großprivatwaldbesitzer eingestellt werden. Dadurch würden jährlich 1,1 Mio. Euro Fördermittel eingespart.
3.2 Verfahren vereinfachen und Verwaltungskosten senken
Das Verfahren muss vereinfacht werden. Die Verwaltungskosten müssen in ein angemessenes Verhältnis zu den Fördermitteln gebracht werden.
Kleinere Maßnahmen sollten über einen Pauschalbetrag gefördert werden.
Die Anforderungen, die die EU an die Abwicklung von ihr mitfinanzierten Maßnahmen stellt, erzeugen hohen Verwaltungsaufwand. Sie sollten daher nicht auf die 96 Prozent der Maßnahmen angewendet werden, die rein national finanziert sind.
Inaugenscheinnahmen beim Prüfen der Verwendungsnachweise von nicht EU-kofinanzierten Maßnahmen können auf Stichproben von 20 Prozent der Bewilligungen reduziert werden.
Auf zusätzliche Vor-Ort-Kontrollen bei nicht EU-kofinanzierten Maßnahmen sollte verzichtet werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz beabsichtigt, die Empfehlungen des Rechnungshofs umzusetzen. Dies müsse aber im Kontext mit forstlichen Spezifika erfolgen und die in Baden-Württemberg vorherrschenden Besonderheiten berücksichtigen.
Der sehr hohe Anteil an Kleinstprivatwaldflächen und die starke Parzellierung führen dazu, dass die Kosten hoch, die einzelne Zuwendung aber niedrig seien. Gleichwohl komme dem Kleinprivatwald aufgrund seines Anteils an der Gesamtwaldfläche eine wichtige Rolle bei der Erfüllung der Waldfunktionen zu.
Das Verhältnis von Verwaltungskosten zu den ausgezahlten Fördermitteln sei mit Sicherheit eine wichtige Kennzahl, um die Förderprozesse zu optimieren. Ein weiteres zentrales Kriterium sei im Forstbereich das effiziente Zusammenspiel von Förderung, Beratung/Betreuung und hoheitlicher Überwachung. Die Effektivität dieses Zusammenspiels müsse erhalten bleiben, wenn die Kosten optimiert werden.