Sie sind hier: Startseite > Denkschriften

Denkschrift 2014

Vorwort

Ausgeglichene Haushalte sichern den Ländern Handlungsfähigkeit

1. Die finanzielle Lage der Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen ist in den vergangenen Jahren verstärkt in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte gerückt. In erster Linie die 2009 beschlossene und ab 2020 geltende Schuldenbremse hat dabei für den notwendigen Handlungsdruck in den Ländern gesorgt. An die Stelle bisweilen nur allgemeiner Bekenntnisse zu einem ausgeglichenen Haushalt sind seither spürbare Sparanstrengungen und der Wille, nachhaltig zu wirtschaften getreten. Der Rechnungshof hat dies stets angemahnt und begrüßt ausdrücklich diesen Wandel.

2. Dauerhaft durchsetzen werden sich die auf Konsolidierung gerichteten Anstrengungen jedoch nur dann können, wenn der richtungsweisende verfassungsrechtliche Auftrag ergänzt wird um die Einsicht in den Mehrwert ausgeglichener Haushalte. Aus rechtlich verankertem Sparzwang muss der Wille zum Sparen aus Überzeugung erwachsen. Dies gilt für Landtag und Landesregierung ebenso wie für die baden-württembergischen Bürgerinnen und Bürger. Wer die Nullverschuldung fordert, muss deshalb auch erklären, warum gespart werden soll.

3. Ein ausgeglichener Haushalt ohne neue Kredite schafft Gestaltungsmöglichkeiten. Erst der Verzicht auf Schulden und damit der Verzicht auf immer weiter steigende Zinslasten sorgt für wachsende finanzielle Handlungsspielräume. Spielräume, die es der Politik ermöglichen, im Sinne der Wählerinnen und Wähler Schwerpunkte zu setzen und das Miteinander in Baden-Württemberg zu gestalten. Anders gewendet gilt es also zu vermitteln, dass der Verzicht auf wünschenswerte aber vielleicht nicht notwendige Ausgaben heute die finanziellen Ressourcen für unabweisbare Ausgaben morgen sichert.

4. Gesichert wird zudem die Eigenstaatlichkeit Baden-Württembergs. Nur ein finanziell gesundes Land ist in der Lage, selbstbewusst eigene politische Akzente zu setzen. Nur ein starkes Land sorgt dafür, dass Entscheidungen vor Ort und damit näher an den Problemen der Menschen und Unternehmen fallen. Und nur die Kenntnis der spezifischen regionalen Besonderheiten erlaubt individuelle und passgenaue Lösungskonzepte.

5. Baden-Württembergs Finanzlage hängt jedoch nicht allein von den Entscheidungen des Landtags und der Landesregierung ab. So haben auf der Ausgabenseite mit 2,9 Mrd. Euro die Zahlungen des Landes für den Länderfinanzausgleich im Jahr 2013 einen Rekordwert erreicht. Sie übertreffen das Niveau vor der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise um 10 Prozent. Bis 2017 ist mit einem weiteren Anstieg auf dann 3,1 Mrd. Euro zu rechnen.

6. Darüber hinaus wird in den nächsten zwei Jahren die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen insgesamt in den Mittelpunkt der politischen Agenda rücken müssen. Anstatt wieder mehr auf Mischfinanzierungskonzepte zu setzen, gilt es, das Konzept der zurückliegenden Föderalismusreformen konsequent weiterzuentwickeln. Jede staatliche Ebene muss dabei finanziell so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben selbstständig erfüllen kann. An die Stelle des Rufes nach immer wieder neuen Mitteln aus Bundesprogrammen muss eine sachgerechte Verteilung des Steueraufkommens treten. Auf diesem Wege könnten die Länder in eigener Verantwortung inhaltliche Schwerpunkte setzen und müssten nicht durch Kofinanzierungen ihre eigene Ausgabenpolitik an den Vorgaben des Bundes oder der Europäischen Union orientieren. Der Rechnungshof unterstützt daher die Landesregierung, wenn sie den Kurs früherer Föderalismuskommissionen fortsetzen möchte.

7. Für eine dauerhafte Stärkung der finanziellen Eigenverantwortung Baden-Württembergs braucht es jedoch zwei grundlegende Reformen. Auf der Ausgabenseite kann nur eine durchgreifende Veränderung des Länderfinanzausgleichs den unangemessenen Abfluss von baden-württembergi¬schen Steuereinnahmen begrenzen. Auf der Einnahmenseite sollte die aufkommende Diskussion über die Berechtigung bzw. die Verwendung des Solidaritätszuschlags dazu genutzt werden, diesen zumindest teilweise in eine in die Finanzhoheit und Gesetzgebungskompetenz der Länder gestellte Ergänzungsabgabe mit eigenem Hebesatzrecht umzuwandeln. Der so entstehende direkte Zusammenhang zwischen Länderaufgaben und Ländersteuern könnte die Bürgerinnen und Bürgern zudem für die Kosten staatlichen Handelns sensibilisieren.

8. Auch im vergangenen Jahr stießen die Empfehlungen und Anmerkungen des Rechnungshofs sowohl beim Landtag, seinen Fraktionen und der Landesregierung als auch in der Öffentlichkeit auf reges Interesse. Insbesondere im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft erfahren sie regelmäßig eine sachkundige und intensive Behandlung. Die direkte und vertrauensvolle Zusammenarbeit der staatlichen Finanzkontrolle Baden-Württemberg mit den Behörden des Landes zeigte sich im vergangenen Jahr unter anderem daran, dass manche unserer Anregungen seitens der Ministerien bereits aufgenommen und umgesetzt worden sind. Diesen Weg des konstruktiven Miteinanders wollen der Rechnungshof, die staatlichen Rechnungsprüfungsämter und unsere Prüferinnen und Prüfer auch in der Zukunft fortsetzen.

Wichtig ist uns auch die Feststellung, dass wir bei unseren Prüfungen auf engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung treffen, die verantwortungsbewusst handeln und sich die Ziele der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur eigenen Sache machen.

Karlsruhe, im Mai 2014

Max Munding
Präsident des Rechnungshofs
Baden-Württemberg

  1. Haushaltsrechnung, Haushaltsplan und Haushaltsvollzug
  2. Ressortübertgreifende Empfehlungen
  3. Besondere Prüfungsergebnisse