Staatliche Akademien der Bildenden Künste Stuttgart und Karlsruhe [Beitrag Nr. 22]

Die künftige Struktur und Größe der beiden Kunstakademien sollte in einem standortübergreifenden Struktur- und Entwicklungsplan definiert werden. Die Außenstelle Freiburg sollte aufgelöst werden, um die Studienbedingungen zu verbessern und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.

1 Ausgangslage

Das Land Baden-Württemberg unterhält zwei Staatliche Akademien der Bildenden Künste (Kunstakademien) in Stuttgart und Karlsruhe.

1.1 Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart

Die Kunstakademie Stuttgart bietet in den vier Fachgruppen Kunst, Architektur, Design und Kunstwissenschaften insgesamt 20 Studiengänge an. Sie verfügt über 124 Stellen (davon 48 Professorinnen und Professoren) und ein Ausgabenvolumen von 10 Mio. Euro jährlich. Im Wintersemester 2011/12 waren an der Kunstakademie Stuttgart 916 Studierende eingeschrieben.

Der Hauptstandort der Kunstakademie Stuttgart befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Stuttgarter Weißenhof-Siedlung, einzelne Studiengänge sind an weiteren sieben Standorten im Stadtgebiet von Stuttgart, in Fellbach und in Esslingen untergebracht.

1.2 Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe

Die Kunstakademie Karlsruhe hat ihren Ausbildungsschwerpunkt in den Studiengängen der Freien Kunst (Malerei, Grafik, Bildhauerei) und in der Kunsterziehung für das Lehramt an Gymnasien. Insgesamt sind an der Kunstakademie Karlsruhe 320 Studierende eingeschrieben. Sie verfügt über 51,5 Stellen (davon 22 Professorinnen und Professoren) und ein Ausgabenvolumen von jährlich 3,8 Mio. Euro.

Die Mehrzahl der Einrichtungen der Kunstakademie Karlsruhe befindet sich in der Karlsruher Weststadt. Außerdem verfügt die Kunstakademie Karlsruhe über eine Außenstelle in Freiburg. Schon in seiner Denkschrift 1998, Beitrag Nr. 24, hatte der Rechnungshof vorgeschlagen, die Außenstelle Freiburg der Kunstakademie Karlsruhe aufzulösen. Die Landesregierung war diesem Vorschlag seinerzeit nicht gefolgt.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Aufnahmekapazität und Zulassungsverfahren

Die Zahl der Studienplätze an den beiden Kunstakademien ist das Ergebnis einer langjährigen Entwicklung, die von der Landesregierung nur wenig gesteuert wurde. Weder liegt ihr eine Kapazitätsberechnung noch eine vom Wissenschaftsministerium festgelegte Zulassungszahl zugrunde.

Die Zulassung der Studierenden war an beiden Akademien durch eine zeit- und arbeitsintensive Aufnahmeprüfung gesteuert. Durch die sorgfältige Auswahl werden die Qualität der Studierenden und eine hohe Wahrscheinlichkeit des Studienerfolgs (geringe Abbrecherquote) gesichert.

In Stuttgart ist die Zahl der Studierenden trotz der sorgfältigen Auswahl von 2004 bis 2012 um 7 Prozent gestiegen. Dies führt zu Forderungen nach zusätzlicher räumlicher und personeller Ausstattung, was wegen des notwendigen hohen Ressourceneinsatzes je Studierendem problematisch ist.

2.2 Wahrnehmung der Lehre

Bei der Prüfung des Rechnungshofs erwies sich, dass insgesamt 10 Prozent der hauptamtlich Lehrenden die Lehrverpflichtung nicht vollständig erfüllt haben:

Fast alle Professorinnen und Professoren erfüllten ihre Lehrverpflichtung vollständig. Das bei den künstlerischen Professuren angewendete Verfahren, die Betreuung einer Klasse mit mindestens 15 Studierenden der Leistung von 20 Lehrveranstaltungsstunden gleichzusetzen, hat sich als praktikabel und sachgerecht erwiesen.

Mehr Beanstandungen ergaben sich hingegen bei der Wahrnehmung der Lehrverpflichtung einzelner akademischer Mitarbeiter. Teilweise lagen die vorgeschriebenen Dienstaufgabenbeschreibungen nicht vor, aus denen sich der Umfang der Lehrverpflichtung ergibt. Die obligatorischen Nachweise über die Erfüllung der Lehrverpflichtung wurden nicht immer zeitnah nach Ende des Semesters vorgelegt. In einigen Fällen waren sie bereits vor Semesterbeginn (und damit vor Erfüllung der Lehrverpflichtung) ausgestellt worden. Insgesamt muss die Dokumentation der Erfüllung der Lehrverpflichtung verbessert werden.

Bei einigen Lehrbeauftragten hat der Rechnungshof die hohe Anzahl der an einem Tag geleisteten Lehrveranstaltungsstunden, in einem Einzelfall 16 Stunden, beanstandet. Die Obergrenze von zehn Stunden täglich ist zu beachten.

2.3 Haushalts- und Wirtschaftsführung

Die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung hat ergeben, dass die Mittelbewirtschaftung an beiden Standorten ordnungsgemäß und im Wesentlichen fehlerfrei erfolgt. Kleinere Beanstandungen betrafen den Bereich Beschaffungen und die Überwachung der Nebentätigkeiten des Personals.

Potenziale zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit haben sich in folgenden Bereichen gezeigt:

  • An beiden Standorten zahlen die Kunstakademien einigen jungen Künstlern, die ihre Ausbildung an der Akademie abgeschlossen haben, Mietzuschüsse für die Anmietung eines Ateliers. Diese Form der Förderung des Berufseinstiegs gehört nicht zwingend zum Aufgabenspektrum der Akademien.
  • Das Wissenschaftsministerium stellt den Kunstakademien aus dem Innovations- und Qualitätsfonds befristete Mittel für Projekte und Maßnahmen zur Verfügung, um die sich die Kunstakademien wie alle anderen Hochschulen im Wettbewerb bemühen müssen. Dieses Antragsverfahren ist für die kleinen Hochschulen (Kunstakademien, Musikhochschulen) mit einem hohen Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden, der innerhalb der kleinen Verwaltungen praktisch nicht delegiert werden kann und deshalb wertvolle Kapazität der Vorstandsmitglieder bindet. Dieser Aufwand steht außer Verhältnis zu dem geringen Effekt.
  • Die Kunstakademie Karlsruhe bietet für Meisterschüler einen gebührenpflichtigen Aufbaustudiengang an. Die Meisterschüler erhalten eigene Atelierräume und werden von einem Professor intensiv betreut. Im Zusammenhang mit der Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren wurden die Gebühren für Meisterschüler von 500 Euro auf 120 Euro reduziert. Diese Gebühren sind angesichts der Leistungen, die die Meisterschüler in Anspruch nehmen, unangemessen gering. Selbst die bis 2012 erhobene Gebühr von 500 Euro war nicht kostendeckend.

2.4 Außenstelle Freiburg

Die Kunstakademie Karlsruhe unterhält in Freiburg eine Außenstelle, die in einem Schulgebäude der Stadt Freiburg untergebracht ist. Dort betreuen zwei Professorinnen im Fach Malerei zwei Klassen mit insgesamt 46 Studierenden. Außerdem sind dort eine Hausmeisterin, eine Verwaltungskraft mit 0,5 Vollzeitäquivalenten und eine Reinigungskraft tätig. Die Mietkosten übernimmt seit 2000 die Stadt Freiburg, die sich außerdem mit 4.000 Euro jährlich an den Fahrtkosten der Studierenden beteiligt.

Die Studierenden, die der Außenstelle Freiburg zugeordnet sind, haben dadurch spürbare Nachteile gegenüber ihren in Karlsruhe studierenden Kommilitonen: Sie sind in der Auswahl des Lehrangebots und der Studienfächer eingeschränkt, können faktisch nicht die vollständige Infrastruktur der Kunstakademie (z. B. Werkstätten und Bibliothek) nutzen und müssen wegen einzelner nur in Karlsruhe angebotener Pflichtveranstaltungen regelmäßig zwischen Freiburg und Karlsruhe pendeln. Auch die beiden Professorinnen müssen - insbesondere zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der Selbstverwaltung - zwischen den beiden Standorten pendeln.

Trotz des Miet- und Fahrtkostenzuschusses der Stadt Freiburg verursacht der Betrieb der Außenstelle Freiburg vermeidbare Ausgaben von 115.000 Euro jährlich.

3 Empfehlungen

Der Rechnungshof empfiehlt,

  • im Rahmen einer standortübergreifenden Strukturplanung die Zahl der an den Kunstakademien vorgehaltenen Studienplätze verbindlich festzulegen und die Entwicklung der personellen, räumlichen und sächlichen Ausstattung an diesen Zahlen auszurichten;
  • die Erfüllung der Lehrverpflichtung durch die hauptamtlich Lehrenden sorgfältig zu überwachen und auf die vorgeschriebene zeitnahe Dokumentation der Lehrleistung am Ende des Semesters hinzuwirken;
  • die Außenstelle Freiburg der Kunstakademie Karlsruhe zu schließen, die dort vorgehaltenen Kapazitäten in das Studienplatzangebot in Karlsruhe zu integrieren und auf diese Weise jährlich Ausgaben von 115.000 Euro einzusparen;
  • die auf die Kunstakademien entfallenden Mittel aus dem Innovations- und Qualitätsfonds pauschal an die Kunstakademien zu vergeben;
  • für den in Karlsruhe angebotenen Studiengang für Meisterschüler eine Gebühr von mindestens 500 Euro je Semester zu erheben;
  • künftig keine Mietzuschüsse mehr für die Anmietung eines Ateliers durch Absolventen zu gewähren.

4 Stellungnahme des Ministeriums

Das Wissenschaftsministerium erklärt, es werde die Empfehlung eines standortübergreifenden Strukturplans prüfen. Auch in diesem Falle solle eine mögliche Festlegung der Studierendenzahlen allerdings erst dann erfolgen, wenn hinreichend Klarheit über die künftige Gestaltung der Lehramtsausbildung bestehe, da die Lehramtsstudierenden einen nicht unerheblichen Anteil an der Gesamtstudierendenzahl der Akademien ausmachen.

Aus Sicht des Ministeriums habe sich der Innovations- und Qualitätsfonds im Allgemeinen als Mittel zur Verbesserung der Lehre und der Hochschulstruktur bewährt. Es teile jedoch die Auffassung des Rechnungshofs, dass ein Einbezug der Kunst- und Musikhochschulen in den Innovations- und Qualitätsfonds aufgrund der dortigen Besonderheiten kritisch zu überprüfen ist.

Das Ministerium schließe sich ferner der Einschätzung an, dass die Freiburger Studierenden insbesondere mit der Modularisierung im Studiengang „Kunsterziehung für das Lehramt an Gymnasien“ deutlich ungünstigere Studienbedingungen als die vergleichbaren Karlsruher Studierenden zu bewältigen haben. Es werde daher die Aufgabe der Außenstelle Freiburg nochmals eingehend prüfen.

Bezüglich der vom Rechnungshof festgestellten Mängel bei der Wahrnehmung der Lehrverpflichtung einzelner akademischer Mitarbeiter hätten die Hochschulen erklärt, die Empfehlung des Rechnungshofs umsetzen zu wollen.

Das Ministerium teile ferner die Einschätzung des Rechnungshofs, dass die bei einigen Lehrbeauftragten festgestellte Zahl der Lehrveranstaltungsstunden deutlich zu hoch bemessen sei. Die betroffene Hochschule habe zugesagt, die Empfehlung des Rechnungshofs künftig zu beachten.

Hinsichtlich des Meisterschülerstudiums sei zu bedenken, dass mit der Ernennung zum Meisterschüler und der Aufnahme in den einschlägigen Studiengang auch eine persönliche Auszeichnung verbunden ist, die nur ausgewählte Absolventen der Akademie erhalten können. Zudem komme den Meisterschülern eine wichtige Funktion bei der Repräsentation der Akademie nach außen zu. Dennoch werde das Ministerium zusammen mit der Kunstakademie Karlsruhe das Verhältnis der Kosten des zweisemestrigen Meisterschülerstudiums zu den veranschlagten Gebühren erneut prüfen.