1 Ausgangslage
Die jährlichen Kosten für Strom und Wärme der Landesgebäude ohne Universitäten betragen 95 Mio. Euro (Jahresabschluss 2011).
Energetische Sanierungen und höhere Energiestandards bei Neubaumaßnahmen ließen den spezifischen Wärmeverbrauch bei Landesgebäuden von 1990 bis 2010 um ein Drittel von 235 kWh auf 154 kWh je m² Nutzfläche und Jahr sinken. Gleichwohl erhöhten sich die spezifischen Wärmekosten je m² Nutzfläche im gleichen Betrachtungszeitraum von 4,70 Euro auf 8,50 Euro je m² Nutzfläche und Jahr ausschließlich wegen gestiegener Energiekosten.
Der spezifische Stromverbrauch nahm von 1990 bis 2010 um 24 Prozent von 49 kWh auf 61 kWh je m² Nutzfläche und Jahr zu. Grund für die Zunahme ist der Ausbau der Informations- und Kommunikationstechnik. Ohne die gleichzeitigen Effizienzverbesserungen zum Beispiel bei der Beleuchtung würde die Verbrauchszunahme noch deutlich höher ausfallen. Die Stromkosten stiegen von 1990 bis 2010 um 61 Prozent von 6,90 Euro auf 11,10 Euro je m² Nutzfläche und Jahr wegen höherer Verbräuche und gestiegener Energiekosten.
In der Denkschrift 2010, Beitrag Nr. 26 (Landtagsdrucksache 14/6626), wurde der energetische Zustand von Universitätsgebäuden thematisiert. 2012 haben der Rechnungshof und die staatlichen Rechnungsprüfungsämter bei Verwaltungsgebäuden und nicht universitären Hochschulgebäuden (sogenannter Bezirksbau) den energetischen Zustand untersucht.
Das Land errichtet zurzeit zwei Hochschulneubauten in Passivhausbauweise und plant eine Energie-Plus-Liegenschaft in einem landwirtschaftlichen Zentrum. Wie stark sich die aktuellen Projekte auf die landesweite CO2-Emission auswirken, bleibt abzuwarten.
2 Prüfungsergebnisse
In die Prüfung wurden 194 landeseigene und angemietete Gebäude mit einer Nutzfläche von 757.000 m² einbezogen. Damit wurden 16 Prozent der Nutzfläche im Bezirksbau des Landes untersucht.
Als durchschnittlicher Energieverbrauch für die 194 Gebäude wurde ein Wärmeverbrauch von 158 kWh je m² sowie ein Stromverbrauch von 82 kWh je m² ermittelt.
Die untersuchten Gebäude wurden entsprechend ihres Sanierungsgrades in drei Gruppen eingeteilt:
- Vollsanierte Gebäude und Neubauten,
- teilsanierte Gebäude und
- nicht sanierte Gebäude.
Dabei wurden nur energetische Sanierungen nach dem Jahr 2000 gewertet. Bei den vollsanierten Gebäuden wurden sowohl die Gebäudehülle, als auch die Haustechnik erneuert. Bei den teilsanierten Gebäuden wurde entweder das Dach, die Fassade oder die Haustechnik erneuert.
51 Prozent der ausgewählten Gebäude waren nicht saniert. 30 Prozent waren teilsaniert und 19 Prozent der ausgewählten Gebäude waren vollsaniert oder Neubauten. Die nicht sanierten Gebäude verbrauchten im Mittel 199 kWh je m² für Wärme. Vollsanierte Gebäude und Neubauten verbrauchten im Mittel 116 kWh je m² für Wärme. Beim Stromverbrauch liegen die Verbrauchswerte deutlich näher beieinander. Sie betragen zwischen 67 und 84 kWh je m².
Die Auswertung zeigt, dass Einspareffekte beim Stromverbrauch nur in geringem Maße möglich sind. Größer, aber immer noch geringer als 40 Prozent ist das maximale Einsparpotenzial beim Wärmeverbrauch (von 199 auf 116 kWh je m²).
2.1 Nicht genutztes Einsparpotenzial
Der Rechnungshof stellte fest, dass die Nachrüstpflichten aus der Energieeinsparverordnung 2009 oftmals nicht erfüllt wurden. Bei 67 Prozent der untersuchten Gebäude war die oberste Geschossdecke noch nicht gedämmt. Die Dämmung der obersten Geschossdecke ist eine wirtschaftliche Maßnahme, die sich regelmäßig innerhalb von zehn Jahren amortisiert. Bei 83 Prozent der untersuchten Gebäude waren die Heizungs- und Warmwasserleitungen noch nicht vollständig gedämmt. Oberste Geschossdecken sowie offen liegende Heizungs- und Warmwasserleitungen sind mit wenigen Ausnahmen mit Dämmungen nachzurüsten.
Die technische Dämmung von Heizungsverteilern wie Armaturen und Pumpen ist häufig unvollständig. Die vorhandene Dämmung wurde nach gesetzlichen Mindestanforderungen dimensioniert, nicht aber nach Wirtschaftlichkeit. So erwärmt sich z. B. in der Justizvollzuganstalt Freiburg die Raumluft in der Heizzentrale übermäßig. Diese Überhitzung wird durch die zusätzliche Installation einer Wärmepumpe wieder abgebaut. Dies ist unwirtschaftlich, während eine verbesserte Dämmung der Heizungszentralen auch ohne Sanierung der zentralen Betriebstechnik wirtschaftlich wäre.
Häufig sind Heizkörpernischen nicht gedämmt. Die Heizkörper befinden sich vor dem Bauteil mit dem schlechtesten Wärmedurchgangskoeffizienten. Bei Heizkörpern vor bodentiefen Fenstern fehlt regelmäßig der Strahlungsschirm.
Oft sind veraltete, unwirtschaftliche Umwälzpumpen installiert. Moderne Hocheffizienzpumpen sind erheblich wirtschaftlicher. Ein Austausch amortisiert sich innerhalb von zwei bis fünf Jahren. Während das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Haus- und Wohnungseigentümer zum Pumpentausch auffordert, führte das Land bisher keinen systematischen Austausch veralteter Pumpen in seinen Gebäuden durch. Der Landesbetrieb Vermögen und Bau beabsichtigt, ab Mitte 2013 hierzu ein Programm aufzulegen.
In 43 Prozent der Gebäude sind raumlufttechnische Anlagen installiert, von denen deutlich weniger als die Hälfte mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet ist. Auch bei neuen Anlagen werden keine hocheffizienten Ventilatoren eingesetzt.
In jedem sechsten Gebäude befinden sich teilweise einfach verglaste Fenster, vor allem in Fluren und Treppenhäusern.
2.2 Energiekatalog als neues Steuerungsinstrument
Der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg hat 2010 einen zentralen Energiekatalog als neuen strategischen Ansatz zur Energieeinsparung eingeführt. Dem Energiekatalog war ein komplexes Ermittlungs- und Auswahlverfahren vorgeschaltet. Dabei wurden 183 Vorschläge für energiesparende Baumaßnahmen gesammelt. Bei 151 von 183 Vorschlägen waren Energiekosteneinsparung und Amortisation angegeben. Diese hat der Rechnungshof ausgewertet.
Rein technische Maßnahmen amortisieren sich demzufolge schneller als bauliche Maßnahmen. Viele Amortisationszeiten, insbesondere für bauliche Maßnahmen, betragen mehr als 40 Jahre. Diese sind nicht wirtschaftlich realisierbar, da sie die Nutzungsdauer der Bauteile überschreiten. Es kann also im Einzelfall wirtschaftlicher sein, auf eine energetische Ertüchtigung zu verzichten und das Gebäude bis zur vollständigen Abnutzung zu betreiben.
2.3 CO2-Emission der landeseigenen Gebäude
Im Oktober 2012 legte das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft einen Gesetzentwurf zur Förderung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg vor. Darin ist das Ziel genannt, „bis zum Jahr 2040 die Landesverwaltung […] weitgehend klimaneutral zu organisieren“.
Das Land stellt seit 1990 seine Heizungen zunehmend auf Fernwärme und Erdgas um, wodurch weniger CO2 emittiert wird. Wurden 1990 noch 14 Prozent der Landesgebäude mit Fernwärme und 31 Prozent mit Kohle versorgt, waren es 2008 bereits 49 Prozent Fernwärme und nur noch 3 Prozent Kohle.
Einige Hackschnitzelheizungen wurden gebaut, und einzelne Passivhäuser oder Forschungsprojekte befinden sich in konkreter Umsetzung.
Von 1990 bis 2000 konnte die CO2-Emission um ein Fünftel gesenkt werden. Seit 2000 ist zunächst ein geringfügiger Rückgang und seit 2007 durch steigenden Stromverbrauch wieder ein Zuwachs zu verzeichnen.
Das Land beschafft seit 2010 rund ein Drittel der verbrauchten elektrischen Energie aus erneuerbaren Energien. Ökologisch sinnvoller und wirtschaftlicher für das Land wäre der Ausbau von Blockheizkraftwerken und landeseigenen Photovoltaik-Anlagen. Die Stromgestehungskosten solcher Anlagen sind niedriger als die Strompreise, welche das Land bei landesweiten Ausschreibungen erzielen kann. Große Landesliegenschaften, insbesondere Hochschulen, erlauben dabei einen hundertprozentigen Eigenverbrauch. Eine zunehmend dezentrale Stromerzeugung würde außerdem den Bedarf neuer „Stromautobahnen“ senken.
Die Photovoltaik-Anlagen auf Landesgebäuden gehören heute in der Regel privaten Investoren. Die Energieeffizienz der Landesgebäude als solcher wird damit nicht verbessert. Das Land profitiert lediglich in Form von Pachteinnahmen.
3 Empfehlungen
3.1 Zuerst gesetzliche Nachrüstpflichten erfüllen
Vorrangig sind die gesetzlichen Auflagen zur Dämmung von Gebäuden zu erfüllen. Viele Maßnahmen können kurzfristig und ohne größeren finanziellen Aufwand realisiert werden.
3.2 Energiekatalog validieren
Die strategischen Schwerpunkte für Sanierungen müssen anhand eines validierten Energiekatalogs festgelegt werden. Die energetischen Maßnahmen des Energiekatalogs sollten nach Amortisation und Einsparung priorisiert und vom Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg zentral gesteuert werden. Technische Maßnahmen sind gegenüber baulichen Maßnahmen zu bevorzugen. Kostenintensive, vollumfängliche Sanierungen sind zurückzustellen, wenn die Amortisationszeiten nicht wirtschaftlich sind.
3.3 Pilotprojekte anschieben und evaluieren
Vor der flächendeckenden Umsetzung der klimaneutralen Landesverwaltung sollten Pilotprojekte gestartet werden, beispielsweise ein klimaneutraler Hochschulcampus. Nach einer ausreichenden Erprobungsphase sind Ergebnisse zu evaluieren. Dabei ist neben der ökologischen Zielsetzung vor allem die Wirtschaftlichkeit zu beachten.
3.4 Ökonomische und ökologische Stromversorgung
Das Land sollte ein Konzept für eine ergänzende landeseigene Stromerzeugung aus Photovoltaik- oder Windkraftanlagen für seine Gebäude entwickeln. Dies ist wirtschaftlicher als der Einkauf von Ökostrom, insbesondere wenn der erzeugte Strom selbst verbraucht wird.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft sieht sich durch die Feststellungen des Rechnungshofs bestätigt, dass seine aktuelle Strategie zur Verbesserung der Energieeffizienz der Landesgebäude sinnvoll und zweckmäßig sei. Die Empfehlungen des Rechnungshofs entsprächen den von der Landesregierung im Dezember 2012 beschlossenen Maßnahmen zur energetischen Sanierung.
Das Ministerium führt aus, dass bei der Dämmung oberster Geschossdecken nicht grundsätzlich von einer Wirtschaftlichkeit und einer Amortisationszeit von zehn Jahren ausgegangen werden könne. Außerdem habe der Rechnungshof die Zulässigkeit von Ausnahmen, die in den 2011 erschienenen Auslegungshinweisen des Deutschen Instituts für Bautechnik beschrieben sind, nicht berücksichtigt.
Nach Auffassung des Ministeriums dürfen vollumfängliche Sanierungen nicht zurückgestellt werden, weil auch der Werterhalt der Gebäude eine wesentliche Aufgabe der Vermögens- und Hochbauverwaltung sei.
Sämtliche Pilotprojekte zur Steigerung der Energieeffizienz würden evaluiert. Photovoltaik-Anlagen auf landeseigenen Dachflächen würden weiter ausgebaut. Das Ministerium sieht im Einkauf von Ökostrom eine wirtschaftliche Alternative zur eigenen Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof bleibt bei seinen Empfehlungen. Auch bei den vom Ministerium angesprochenen Ausnahmen ist eine Wirtschaftlichkeit der Dämmmaßnahmen überwiegend gegeben.