1 Ausgangslage
Das (politische) Ziel, den Landeshaushalt in Einnahmen und Ausgaben dauerhaft ohne Neuverschuldung auszugleichen, ist nach § 18 Absatz 1 Landeshaushaltsordnung rechtlich verbindlich und spätestens ab 2020 auch durch Artikel 109 Grundgesetz verfassungsrechtlich vorgegeben. Die Konsolidierung des Landeshaushalts ist - ungeachtet der rechtlichen Vorgaben - auch finanzpolitisch notwendig, um finanzielle Spielräume für neue Aufgaben und die in den letzten Jahren stark vernachlässigten Investitionen zu gewinnen.
Die Ausgaben des Landes müssen gegenüber den bisherigen Plandaten konsequent gesenkt werden, damit die Vorgaben der Schuldenbremse eingehalten werden können. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft geht in der Mittelfristigen Finanzplanung 2012 bis 2016 (Stand Januar 2013) von einem zusätzlichen Konsolidierungsbedarf von 732 Mio. Euro in 2015 und 933 Mio. Euro in 2016 aus.
Es bedarf erheblicher struktureller Einschnitte bei den Ausgaben des Landes, um dieses Ziel nachhaltig zu realisieren. Dabei kommt den Personalausgaben die entscheidende strategische Bedeutung zu. Der Rechnungshof hat darauf in den Denkschriften der Vorjahre immer wieder hingewiesen.
Wie und in welchen Bereichen die Personalausgaben verringert werden, muss zeitnah und für die betroffenen Ressorts verbindlich entschieden werden. Die Landesregierung hat dies erkannt, die konsequente Umsetzung der gewonnenen Einsichten allerdings erst ab 2015 vorgesehen.
2 Entwicklung 2008 bis 2014
Die tatsächliche Entwicklung der Jahre 2008 bis 2014 trägt den finanzpolitischen Konsolidierungszielen nicht ausreichend Rechnung.
2.1 Entwicklung der Stellenzahlen im Landeshaushalt
Im Staatshaushaltsplan 2013 sind 208.316,5 Stellen (ohne Landesbetriebe) ausgewiesen. 2014 steigt diese Stellenzahl um 203,5 Stellen auf 208.520 Stellen. Tabelle 1 zeigt die Entwicklung dieser Stellen in den Staatshaushaltsplänen (ohne Nachtragshaushalte) von 2008 bis 2014.
Von 2008 bis 2014 hat sich die Zahl der Stellen um 2.818 erhöht. Dies entspricht einem Anstieg um 1,4 Prozent.
Im Rahmen der Regierungsneubildung wurden per saldo 116 Neustellen geschaffen. Zur haushaltsneutralen Refinanzierung sind hierfür in den Jahren 2012 bis 2016 insgesamt 147 Stellen einzusparen.
Bei der Stellenzahl ist zu beachten, dass das Land in den Jahren 2008 bis 2012 zwölf Behörden in Landesbetriebe und das Karlsruher Institut für Technologie in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts umgewandelt hat, sodass insgesamt 2.697,5 Stellen nunmehr anderweit etatisiert sind.
Die Stellenzahl im Landeshaushalt ist gleichwohl um 2.818 Stellen gestiegen. Per saldo sind demnach 5.515,5 neue Stellen im Landeshaushalt geschaffen worden.
Die Stellenzahl hat sich nicht in jedem Einzelplan erhöht. Die Reduzierung der Stellenzahl kann auf Umressortierungen, auf reale Einsparungen (z. B. bei den Regierungspräsidien) oder auf Auslagerungen auf Einrichtungen außerhalb des Staatshaushaltsplans beruhen.
Tabelle 2 zeigt, wie sich die Stellen verteilen (ohne Nachtragshaushalte).
Im Zuge des Regierungswechsels wurden zwei neue Ministerien geschaffen, zwei Ministerien zusammengelegt und Aufgaben verlagert. Unabhängig von den organisatorischen Änderungen fällt auf, dass in sieben Einzelplänen die Stellenzahl seit 2008 gestiegen ist. Der größte Stellenzuwachs entfällt mit 3.033 Stellen auf das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport. Für das Maßnahmenpaket „Qualitätsoffensive Bildung“ wurden in den vergangenen Jahren rund 3.600 Lehrerstellen bereitgestellt.
Beim Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ist ein Zuwachs von 576,5 Stellen zu verzeichnen, der im Wesentlichen durch Umressortierung begründet ist.
2.2 Entwicklung der kw-Vermerke im Landeshaushalt
Ein (mindestens theoretisch) geeignetes Instrument, die Zahl der Stellen nachhaltig zu reduzieren, ist die Ausbringung von Vermerken „künftig wegfallend“ (kw-Vermerke) bei entbehrlichen oder entbehrlich werdenden Personalstellen. Beim Ausscheiden oder Wechsel des Stelleninhabers darf die mit einem kw-Vermerk versehene Stelle nicht mehr neu besetzt werden.
Von diesem Planungsinstrument haben Landesregierung und Landtag in den letzten Jahren umfangreich Gebrauch gemacht. Allerdings mangelt es am konsequenten Vollzug dieser Vermerke.
Tabelle 3 stellt die Entwicklung der Stellen mit einem Vermerk „künftig wegfallend“ von 2008 bis 2014 dar (ohne Nachtragshaushalte).
Die Zahl der Stellen mit Wegfallvermerk hat sich von 11.046,5 im Jahr 2008 um 5.964 kw-Stellen auf 17.010,5 kw-Stellen 2014 erhöht. Insbesondere für den Haushalt 2013 (17.380 kw-Stellen) ist ein deutlicher Zuwachs von 4.635,5 kw-Stellen gegenüber dem Vorjahreswert festzustellen.
Insgesamt 94 Prozent aller kw-Vermerke sind in den Einzelplänen des Kultusministeriums, des Innenministeriums und des Wissenschaftsministeriums ausgebracht, allein im Einzelplan des Kultusministeriums 70 Prozent. Jede zehnte Stelle dieses Ressorts ist mit einem kw-Vermerk versehen.
Im Einzelplan des Wissenschaftsministeriums ist ein Zuwachs von 2.041,5 kw-Stellen und beim Innenministerium von 204,5 kw-Stellen festzustellen. Der Zuwachs im Einzelplan des Wissenschaftsministeriums ist insbesondere auf die Ausbauprogramme „Hochschule 2012“ und „Master 2016“ zurückzuführen. Hierfür wurden in den vergangenen Jahren 2.300 kw-Stellen bereitgestellt.
Allerdings fehlt es beim Vollzug der kw-Vermerke an der notwendigen Konsequenz.
Trotz der ausgebrachten kw-Vermerke wurde im Landeshaushalt per saldo die Zahl der Personalstellen nicht reduziert.
Immer wieder wurden durch den Landtag die kw-Vermerke zeitlich nach hinten geschoben. So wurde allein 2011 der Vollzug von 6.500 kw-Vermerken im Lehrerbereich auf spätere Haushaltsjahre verschoben. Dies hat eine erhebliche finanzielle Dimension. Wenn 1.000 kw-Vermerke bei Stellen der Besoldungsgruppe A 13 um ein Jahr verschoben werden, entspricht dies einer Haushaltsbelastung von rund 50 Mio. Euro.
Teilweise wurden zwar Vermerke „künftig wegfallend“ vollzogen, aber gleichzeitig neue Stellen geschaffen.
3 Empfehlungen
Um den Landeshaushalt nachhaltig zu konsolidieren, müssen die Personalausgaben deutlich reduziert werden. Dies kann nur gelingen, wenn die Zahl der Personalstellen deutlich vermindert wird. Mit dem Stellenabbau muss sofort begonnen werden.
Dazu sind folgende Maßnahmen erforderlich:
- Die im Landeshaushalt heute schon ausgewiesenen kw-Vermerke sind konsequent zu vollziehen. Die Realisierung darf weder hinausgeschoben noch umgangen werden.
- Die Landesregierung muss prüfen, ob weitere kw-Vermerke ausgewiesen werden können. Bei wegfallenden Aufgaben oder reduziertem Aufgabenumfang müssen die einschlägigen Personalstellen mit kw-Vermerken versehen werden. Kw-Vermerke eignen sich auch, um die vorgegebenen Sparziele zu erreichen.
- Frei werdende Stellen ohne kw-Vermerke dürfen in der Regel nur dann wiederbesetzt werden, wenn deren Notwendigkeit unabweisbar ist. Von der Möglichkeit, frei werdende Stellen durch Umsetzungen zu besetzen, ist verstärkt Gebrauch zu machen.
- Wenn im Falle neuer, mittelfristig nicht vorhergesehener Aufgaben ausnahmsweise neue Stellen geschaffen werden müssen, sind diese durch den sofortigen Wegfall gleichwertiger Stellen in anderen Bereichen des Landeshaushalts zu kompensieren. Erst wenn diese Kompensation realisiert ist, darf die neue Stelle besetzt werden.
Die Gesamtzahl der im Landeshaushalt ausgewiesenen Stellen darf nicht mehr erhöht werden. Dabei müssen Stellen, die durch Verlagerung, z. B. auf Landesbetriebe, (scheinbar) aus dem Haushalt verschwinden, auf die Gesamtstellenzahl angerechnet werden.
Weiterhin bietet sich an, die Personalausgaben durch ein Personalausgabengesamtbudget zu begrenzen. Auf die Denkschrift 2010, Beitrag Nr. 4 (Landtagsdrucksache 14/6604), wird verwiesen.
4 Stellungnahme des Ministeriums
4.1 Zu den dargestellten Stellenzahlen
Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft weist in seiner Stellungnahme zunächst darauf hin, dass der in Tabelle 2 dargestellte Stellenzuwachs im Geschäftsbereich des Kultusministeriums nur teilweise mit einer realen Personalvermehrung korrespondiere. 1.193 Neustellen im Staatshaushaltsplan 2013/2014 dienten allein der Verschiebung von Stellen zwischen verschiedenen Plankapiteln im Zusammenhang mit der Einrichtung von Gemeinschaftsschulen. Dieselbe Stellenzahl werde zum 01.09.2014 in den abgebenden Plankapiteln gestrichen. Weiterhin sei vorgesehen, zum 01.09.2014 kw-Vermerke im Umfang von 1.200 Stellen „zur Abschöpfung des Schülerrückgangs“ zu realisieren.
Der Stellenzuwachs im Einzelplan des Wissenschaftsministeriums sei insbesondere auf das Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ und „Master 2016“ zurückzuführen. Dafür seien in den vergangenen Jahren rund 2.300 kw-Stellen geschaffen worden.
4.2 Zu den Empfehlungen des Rechnungshofs
Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft weist darauf hin, dass die Landesregierung mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 erste Schritte zur Konsolidierung des Landeshaushalts bis 2020 eingeleitet habe. Die Konsolidierungsmaßnahmen beliefen sich 2013 auf 750 Mio. Euro und 2014 auf 1 Mrd. Euro.
Das Ministerium ist der Ansicht, dass neben den Sachausgaben auch bei den Personalausgaben dauerhaft wirkende Einsparungen vorzunehmen seien, damit die strukturelle Nullneuverschuldung entsprechend den Vorgaben des Grundgesetzes ab 2020 erreicht werden könne. Ob und, wenn ja, in welchen Bereichen und in welchem Umfang Kürzungen bei den Personalausgaben vorgenommen werden, werde vom Haushaltsgesetzgeber abschließend zu entscheiden sein.
Ein Instrument zur Erzielung von dauerhaft strukturell wirkenden Personalausgabeneinsparungen sei dabei der Abbau von Stellen. Bei der Ausgestaltung von Stellenabbauprogrammen seien - neben einer Aufgabenkritik beziehungsweise einer Überprüfung von Standards - insbesondere die demographischen Entwicklungen zu berücksichtigen (Abschöpfung der demokratischen Rendite).
Im Übrigen gehe das Ministerium davon aus, dass die im Staatshaushaltsplan ausgewiesenen kw-Vermerke entsprechend den veranschlagten Fälligkeiten auch vollzogen werden.
Frei werdende Stellen nur bei unabweisbarer Notwendigkeit wiederzubesetzen und dabei vorrangig vom Instrument der Umsetzung Gebrauch zu machen, wie vom Rechnungshof empfohlen, ergebe sich schon heute aus der Landeshaushaltsordnung und der dazu ergangenen Verwaltungsvorschrift.