Denkschrift 2013
Vorwort
Aufgaben und Ausgaben auf den Prüfstand stellen
1. Aus Sicht des Bürgers kann die aktuelle Finanzlage des Landes Baden-Württemberg zuweilen verwirrend erscheinen. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland und in Baden-Württemberg ist trotz eines fragilen Umfelds weiterhin robust. Die Steuereinnahmen bewegen sich vor allem dank des stabilen Arbeitsmarkts weiterhin auf hohem Niveau. Andererseits tun sich in der Mittelfristigen Finanzplanung des Landes enorme Deckungslücken auf und der Doppelhaushalt 2013/2014 sieht - nach mehreren ausgeglichenen Haushalten in jüngerer Zeit - eine hohe Neuverschuldung vor. Während einige Länder anfangen, Schulden zurückzuzahlen, und die Kommunen in Baden-Württemberg zu den reichsten Kommunen Deutschlands zählen, wird die Verschuldung des Landes in den kommenden Jahren voraussichtlich spürbar ansteigen. Gleichzeitig muss Baden-Württemberg deutlich höhere Leistungen im Länderfinanzausgleich erbringen.
Die Ursachen der Verschuldung sind vielfältig. In ihrer Entstehung reichen sie weiter zurück als nur die letzten zwei Jahre. Es lässt sich jedoch ein gemeinsamer Nenner formulieren: Die finanziellen Probleme des Landes Baden-Württemberg sind in erster Linie nicht bei den Einnahmen zu suchen, sondern auf der Ausgabenseite. Dies sieht auch der Bürger so. Neuere Umfragen belegen, dass bis zu zwei Drittel der Deutschen einer sparsamen Haushaltspolitik den Vorzug gegenüber Konjunkturpaketen geben. Auch in der Landespolitik gibt es nach wie vor einen breiten Konsens darüber, bis spätestens 2020 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Der Weg dorthin bleibt allerdings strittig. Der Rechnungshof hat sich in dieser Debatte klar positioniert und ist weiterhin der Auffassung, dass das Land sich mit der Konsolidierung nicht bis 2020 Zeit lassen darf. Ehrgeizigere Sparziele sind möglich und auch sinnvoll.
2. Schwierig wird es überall dort, wo es um konkrete Ausgabeneinsparungen geht, wo also die generelle Sparbereitschaft auf konkrete finanzielle und inhaltliche Interessen trifft. Einfache Lösungen gibt es nicht. Wer kann es Eltern verübeln, dass sie für ihre Kinder die bestmögliche Versorgung mit Schulen und Lehrkräften wünschen? Wer kann Studierende dafür schelten, dass sie ein kostenloses Studium befürworten? Wer wünscht sich nicht vielfältige und hochwertige Kultureinrichtungen? Die Liste dessen, was wünschenswert und sinnvoll ist, ließe sich endlos fortsetzen. Aufgabe der Politik ist es, in allen Bereichen des Landeshaushalts, bei jeder Ausgabe, das Notwendige und das Wünschenswerte stets neu zu definieren. Nicht alles, was wünschenswert und sinnvoll ist, kann und sollte auch umgesetzt werden. Sonst steigt der Finanzbedarf irgendwann ins Unermessliche.
Auch der Rechnungshof hat keine Patentlösung zur Konsolidierung des Landeshaushalts. Er zeigt jedoch Jahr für Jahr mit seinen Denkschriften auf, wo im Haushalt überall noch Einsparungen möglich sind, wenn man die Haushaltsposten nur einzeln durchsieht und hinterfragt. Umso erfreulicher ist es, wenn diese Vorschläge tatsächlich umgesetzt werden. Das Beispiel der von uns in der Denkschrift 2012 geforderten Einsparungen bei den Lehrerstellen, die von der Landesregierung umgehend aufgegriffen wurden, zeigt, was im Idealfall möglich ist. Auch kleinere, weniger spektakuläre Ergebnisse, werten wir als wichtigen Erfolg. Das Gesamtergebnis motiviert uns, weiterhin mutige Sparvorschläge zu machen - so auch in dieser Denkschrift.
3. Die von der Landesregierung beschlossenen Einsparungen im Kultusbereich waren auch deshalb so wichtig, weil sie am Kernproblem der Haushaltskonsolidierung ansetzen - den Personalkosten. Der hohe Personalkostenanteil des Landeshaushalts - bei Einbeziehung der Landesbetriebe etwa 42,5 Prozent - ist zwar in weiten Teilen notwendige Konsequenz der Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Die Quote wird sich daher auch nicht radikal senken lassen. Nichtsdestoweniger zeigt sie, dass ohne Einsparungen bei den Personalkosten eine Sanierung des Landeshaushalts nicht möglich ist. Man wird den Landeshaushalt aber nicht allein mit (punktuellen) Sparrunden bei den Beamten und einer zurückhaltenden Tarifpolitik sanieren können. Hier setzen das Verfassungsrecht und der sich wandelnde Arbeitsmarkt Grenzen. Es funktioniert jedenfalls dann nicht, wenn nicht parallel dazu Stellen in spürbarem Umfang abgebaut werden. Letzteres ist bislang nicht geschehen. Im Gegenteil - nach wie vor findet ein Stellenzuwachs in beträchtlichem Umfang statt. Ein Stellenabbau bedeutet aber - wenn nicht eine bloße Arbeitsverdichtung erfolgen soll - immer auch Einschränkungen in den Möglichkeiten, die der Sachpolitik zur Verfügung stehen. Dies ist es, was Aufgabenkritik jenseits des Bürokratieabbaus wirklich bedeutet. Es ist jedoch genau dies, was Bürgern und Politik häufig so schwer fällt.
4. Landtag, Fraktionen und Landesregierung haben die Denkschrift 2012 mit besonderer Intensität und Ausdauer beraten und viele unserer Empfehlungen aufgegriffen. Teilweise wurden diese bereits umgesetzt. Die sachkundige und intensive Behandlung der Denkschrift im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft war für uns insgesamt sehr ermutigend.
Dasselbe lässt sich von der Zusammenarbeit mit den geprüften Stellen und der Ministerialverwaltung sagen. Der direkte, offene und vertrauensvolle Austausch mit engagierten und verantwortungsbewussten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes über Fragen der Wirtschaftlichkeit ist für die Prüferinnen und Prüfer der staatlichen Finanzkontrolle Baden-Württemberg ein wesentlicher Teil ihrer Tätigkeit.
Karlsruhe, im Mai 2013
Max Munding
Präsident des Rechnungshofs
Baden-Württemberg
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- Haushaltsvollzug und Haushaltsrechnung des Landes für das Haushaltsjahr 2011 [Beitrag Nr. 1]
- Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des Landes 2003 bis 2012 [Beitrag Nr. 2]
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- Landesschulden und Landesvermögen [Beitrag Nr. 4]
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BOS-Digitalfunk Baden-Württemberg [Beitrag Nr. 6]
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Krankheitsvertretungsreserve an den öffentlichen Schulen des Landes [Beitrag Nr. 8]
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Teilprivatisierter Betrieb der Justizvollzugsanstalt Offenburg [Beitrag Nr. 10]
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Einzelplan 07: Ministerium für Finanzen und Wirtschaft (Wirtschaft)
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Bürokommunikationssystem im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz [Beitrag Nr. 12]
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Der Abzug von Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten [Beitrag Nr. 14]
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Erhalt von Brücken an Landesstraßen [Beitrag Nr. 16]
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Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Bauherrenfunktion der Universitätskliniken für eigene Baumaßnahmen [Beitrag Nr. 18]
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Lehrverpflichtung der Professoren an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften [Beitrag Nr. 21]
Staatliche Akademien der Bildenden Künste Stuttgart und Karlsruhe [Beitrag Nr. 22]