Personalausgaben des Landes [Beitrag Nr. 4]

Die Personalausgaben sind für die notwendige Sanierung des Landeshaushalts von entscheidender Bedeutung. Deshalb müssen sie richtig und vollständig erfasst und kommuniziert werden.
Unter Einbeziehung der Landesbetriebe lag der Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben 2010 bei 42,5 Prozent. Ohne diese Einbeziehung liegt der Wert um 3,2 Prozent niedriger.
Der Landeshaushalt kann nur konsolidiert werden, wenn auch die Personalausgaben begrenzt werden. Dies erscheint nur realistisch, wenn die Stellenzahl deutlich reduziert wird. Das Land muss ein kurzfristig wirkendes Stellenabbaukonzept entwickeln.

1 Entwicklung der Personalausgaben

Die Personalausgaben des Landes umfassen die Aufwendungen für Abgeordnete, die Bezüge und Nebenleistungen für Beamte, die Entgelte für Beschäftigte, die Versorgungsbezüge und die Beihilfen für Beamte.

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Personalausgaben in den letzten zehn Jahren.

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Die Personalausgaben des Landes stiegen von 2002 bis 2011 von 12,7 Mrd. Euro um 14 Prozent auf 14,5 Mrd. Euro.

Die Bezüge, Entgelte und Nebenleistungen der Beamten und Beschäftigten (ohne Versorgungsempfänger) erhöhten sich im gleichen Zeitraum hingegen nur um 2 Prozent. Allerdings sind hierbei strukturelle Veränderungen zu beachten. Beispielsweise wurden in den letzten zehn Jahren verschiedene Einrichtungen des Landes in Landesbetriebe umgewandelt. Die Personalausgaben der Betriebe werden daher nicht mehr im Kernhaushalt ausgewiesen, sondern als Personalaufwand bei den Landesbetrieben.

Die Versorgungsbezüge stiegen insbesondere durch die Zunahme der Zahl der Versorgungsempfänger kontinuierlich um 56 Prozent von 2,3 Mrd. Euro (2002) auf 3,5 Mrd. Euro (2011). Die Beihilfeausgaben für Beamte und Versorgungsempfänger nahmen in diesem Zeitraum von 0,8 Mrd. Euro um 47 Prozent auf 1,1 Mrd. Euro zu.

Der Anteil der Versorgungsbezüge an den Personalausgaben lag 2002 bei 18 Prozent und stieg bis 2011 auf 24 Prozent. Die Versorgungsbezüge haben daher einen großen Einfluss auf die Personalausgaben.

2 Altersstruktur der Beamten in Baden-Württemberg

Am 30.06.2011 waren 192.533 Beamte im unmittelbaren öffentlichen Dienst des Landes, bei Landesbehörden oder -betrieben, beschäftigt. Dies bedeutet einen Anstieg von 1 Prozent im Vergleich zu 2010 (190.521 Beamte).

Die Entwicklung der Versorgungsbezüge hängt maßgeblich von der Altersstruktur der Beamten ab. Abbildung 2 zeigt die Anteile der jeweiligen Altersjahrgänge an der Gesamtzahl der Beamten im Land.

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Die Altersstruktur der aktiven Beamten im Juni 2011 zeigt, dass in den nächsten zehn Jahren die sogenannten kohortenstarken Jahrgänge in den Ruhestand versetzt werden. Ursächlich für diese Struktur sind insbesondere die hohen Einstellungszahlen im Schuldienst und bei der Polizei in den Siebzigerjahren.

Abbildung 3 zeigt, wie sich die Anteile von Altersgruppen bei den Beamten seit 1990 verändert haben.

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Der Anteil der Beamten, die innerhalb der nächsten zehn Jahre in den Ruhestand versetzt werden können, lag 1990 noch bei 8,6 Prozent. 2010 ist er bereits auf 25,9 Prozent gestiegen. Basis dieser Betrachtung ist ein durchschnittliches Pensionseintrittsalter von 63 Jahren.

3 Entwicklung der Zahl der Versorgungsempfänger

Die Zahl der Versorgungsempfänger erhöhte sich 2010 innerhalb eines Jahres von 98.000 um 3,5 Prozent auf 101.000 zum 01.01.2011. Zu den Versorgungsempfängern zählen 78.500 Ruhestandsbeamte, 20.000 Empfänger von Witwen-/Witwergeld und 2.500 Empfänger von Waisengeld. Das durchschnittliche Pensionseintrittsalter lag 2010 bei 62 Jahren.

Abbildung 4 zeigt die Entwicklung der Zahl der Versorgungsempfänger.

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Die in Abbildung 4 dargestellten Prognosen beruhen auf Modellberechnungen des Statistischen Bundesamtes, die im Versorgungsbericht 2010 des Statistischen Landesamtes veröffentlicht wurden. Danach steigt bei einer Wiederbesetzungsquote von 100 Prozent des aktiven Personals die Zahl der Versorgungsempfänger bis 2050 auf 160.000. Allein in den Jahren 2010 bis 2020 ist mit einem überproportionalen Zuwachs von 46 Prozent zu rechnen.

4 Altersstruktur der Versorgungsempfänger

Abbildung 5 zeigt die Anteile unterschiedlicher Altersgruppen an der Gesamtzahl der Versorgungsempfänger.

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51 Prozent der Ruhegehaltsempfänger sind unter 70 Jahre alt. Diese Altersstruktur mit dem anstehenden Pensionseintritt der sogenannten kohortenstarken Beamtenjahrgänge wird die Zahl der Versorgungsempfänger und -ausgaben bis 2020 überproportional erhöhen.

5 Entwicklung der Versorgungsausgaben

Abbildung 6 zeigt neben der Entwicklung der letzten Jahre die mittelfristig zu erwartenden Versorgungsausgaben (ohne Beihilfen).

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Die Versorgungsausgaben stiegen seit 2000 von 2 Mrd. Euro auf 3,4 Mrd. Euro in 2010. Für den Zeitraum von 2001 bis 2010 entspricht dies einer jährlichen Steigerung von durchschnittlich 5,4 Prozent.

Für die Zukunft liegt eine Modellberechnung des Statistischen Bundesamtes vor, die im Versorgungsbericht 2010 des Statistischen Landesamtes veröffentlicht wurde. Danach steigen die Versorgungsausgaben bei einer Wiederbesetzung von 100 Prozent des aktiven Personals und unter Berücksichtigung einer linearen Besoldungsanpassung von jährlich 1 Prozent bis 2020 auf 4,7 Mrd. Euro und bis 2030 auf 5,5 Mrd. Euro. Die Steigerung beinhaltet die erhebliche Zunahme der Zahl der Versorgungsempfänger. In der Grafik ist daher auch die Entwicklung der Vorsorgungsausgaben dargestellt, die sich nur aus der linearen Besoldungsanpassung ergibt. Wir halten allerdings den angenommenen Steigerungssatz von 1 Prozent für zu optimistisch.

Das Land hat zur Abfederung der hohen Versorgungsverpflichtungen eine Versorgungsrücklage und einen Versorgungsfonds eingerichtet. Die Versorgungsrücklage ist ab 2018 über einen Zeitraum von 15 Jahren zur schrittweisen Entlastung von Versorgungsaufwendungen einzusetzen. Die Entnahme aus dem Versorgungsfonds soll frühestens ab 2020 erfolgen.

6 Entwicklung der Beihilfe

Das Land gewährt den Beamten und Versorgungsempfängern einschließlich ihrer Familien Beihilfen zur finanziellen Unterstützung in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen.

Den Beamten werden nach Abzug einer jährlichen Kostendämpfungspauschale von den notwendigen Krankheitskosten 50 Prozent oder 70 Prozent (bei Beamten mit zwei oder mehr Kindern) erstattet. Ruhestandsbeamte erhalten nach Abzug einer jährlichen Kostendämpfungspauschale eine Erstattung in Höhe von 70 Prozent.

Den berücksichtigungsfähigen Angehörigen von aktiven Beamten oder Ruhestandsbeamten werden 70 bis 80 Prozent der Krankheitskosten erstattet. Die nicht von der Beihilfe übernommenen Aufwendungen tragen die Beamten.

Abbildung 7 zeigt die Entwicklung der Ausgaben für die Beihilfe, ohne Fürsorgeleistungen und Unterstützungen.

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Die Gesamtaufwendungen des Landes für Beihilfezahlungen betrugen 2010 und 2011 jeweils 1,1 Mrd. Euro. Dies entspricht 7,5 Prozent der gesamten Personalausgaben.

Die Beihilfeausgaben für Beamte stiegen in den letzten zehn Jahren von 363 Mio. Euro um 13 Prozent auf 411 Mio. Euro. Die relativ geringe Steigerung ist auch auf die Verlagerung von Beamtenstellen beispielsweise in Landesbetriebe zurückzuführen.

Die Beihilfeausgaben für Versorgungsempfänger stiegen in den letzten zehn Jahren von 344 Mio. Euro um 83 Prozent auf 631 Mio. Euro deutlich an. Die Entwicklung ist im Wesentlichen auf die gestiegene Zahl der Versorgungsempfänger und eine höhere Lebenserwartung zurückzuführen. Dieser Trend wird sich infolge der demografischen Entwicklung fortsetzen.

7 Personalausgaben unter Berücksichtigung der Landesbetriebe

Die Einnahmen und Ausgaben der Landesbetriebe werden im Staatshaushaltsplan und in der Landeshaushaltsrechnung nur mit den saldierten Zuführungs- oder Zuschussbeträgen (Titel der Gruppen 682 und 891) berücksichtigt. Damit werden die Personalausgaben der Beschäftigten bei den Landesbetrieben nicht mehr als Ausgaben der Hauptgruppe 4 im Staatshaushaltsplan veranschlagt. Bei der Personalausgabenquote des Landes bleiben diese Ausgaben unberücksichtigt. Landesbetriebe erledigen jedoch Aufgaben des Landes; sie sind rechtlich unselbstständig und der unmittelbaren Landesverwaltung zuzuordnen.

Das Land hat in den vergangenen zehn Jahren einige Dienststellen der unmittelbaren Landesverwaltung in Landesbetriebe umgewandelt, zuletzt das Archäologische Landesmuseum zum 01.01.2012. Seit diesem Zeitpunkt werden 44 Landesbetriebe geführt. Abbildung 8 zeigt den kontinuierlichen Anstieg der Zahl der Landesbetriebe.

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Die Zahl der Landesbetriebe wurde zwischen 2002 und 2012 nahezu verdoppelt. 2011 waren bei den Landesbetrieben 19.000 Stellen ausgewiesen (7.000 Beamte und 12.000 Beschäftigte). Hinzu kommt Personal, welches nicht auf Stellen, sondern aus Sachmitteln bewirtschaftet wird. In der Summe handelt es sich um weitere 10.000 Vollzeitäquivalente (Stichtag 01.01.2012, einschließlich befristeter Beschäftigter, Teilzeitbeschäftigter, Aushilfen u. a.). Nach den Angaben im Vorheft zum Staatshaushaltsplan 2012 fielen 2011 für das Personal der Landesbetriebe 1,7 Mrd. Euro Personalausgaben an.

Die Personalausgaben des Landes (Hauptgruppe 4) betrugen 2011 14,5 Mrd. Euro. Dies entspricht 38,5 Prozent der bereinigten Gesamtausgaben von 37,7 Mrd. Euro. 2010 lag die Personalausgabenquote bei bereinigten Gesamtausgaben von 35,7 Mrd. Euro bei 39,3 Prozent.

Die Ausgabenstruktur der Landesbetriebe 2011 konnte bis zum Abschluss der Denkschriftberatungen noch nicht ermittelt werden. In der Tabelle werden die Personalausgaben einschließlich der Landesbetriebe in Relation zum Gesamthaushalt jeweils für das Haushaltsjahr 2010 dargestellt.

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Unter Berücksichtigung der Landesbetriebe beträgt der Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben 2010 42,5 Prozent. Er liegt damit um 3,2 Prozentpunkte über dem Anteil, der sich ohne expliziten Ausweis der Personalausgaben der Landesbetriebe ergibt.

8 Personalausgaben und Haushaltskonsolidierung

Der hohe Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben des Landes zeigt: Der Landeshaushalt kann nur konsolidiert werden, wenn auch die Personalausgaben begrenzt werden. Hierzu sieht es der Rechnungshof als zwingend an, die Stellenzahl zu reduzieren.

Eine dauerhafte Entlastung des Landeshaushalts bei gleichzeitiger Begrenzung der Personalausgaben um 500 Mio. Euro könnte beispielsweise erreicht werden, wenn das Land 8.000 Stellen streicht. Bei dieser Rechnung wurde angenommen, dass je 3.500 Stellen des höheren Dienstes und des gehobenen Dienstes und 1.000 Stellen des mittleren Dienstes gestrichen werden. Für die einzusparenden Bezüge und Gehälter wurden die Richtsätze des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft für die Haushaltsaufstellung 2013 zugrunde gelegt.

Der Staatshaushaltsplan 2012 enthält bei 12.744,5 Stellen Vermerke über den künftigen Wegfall. Diese müssen konsequent vollzogen werden. Die vom Rechnungshof beschriebene Stellenreduzierung wäre zusätzlich nötig, um das strukturelle Defizit zu vermindern.

9 Stellungnahme des Ministeriums

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft weist darauf hin, dass die Personalausgaben als größter Ausgabenblock bei der Haushaltskonsolidierung nicht außen vor bleiben dürfen. Der Abbau von Stellen ist ein Instrument, um dauerhaft Personalausgaben einzusparen. Bei Stellenabbauprogrammen sind neben einer Aufgabenkritik und einer Überprüfung von Standards insbesondere demografische Entwicklungen zu berücksichtigen. Die im Staatshaushaltsplan ausgewiesenen kw-Vermerke sollen auch vollzogen werden. Dieser Vollzug ist in der Mittelfristigen Finanzplanung des Landes bereits berücksichtigt.