Die Museumsverwaltungen in den neun Landesmuseen in Stuttgart und der Region Karlsruhe arbeiten qualitativ und wirtschaftlich nicht optimal. Durch die Einrichtung von zwei Museumsservicezentren in Stuttgart und Karlsruhe könnten die Qualität und die Effizienz der Verwaltung verbessert werden.
1 Ausgangslage
Das Land Baden-Württemberg verfügt über elf Landesmuseen - davon fünf in der Stadt Stuttgart (Staatsgalerie, Landesmuseum Württemberg, Naturkundemuseum, Linden-Museum und Haus der Geschichte) und vier in der Region Karlsruhe (Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, Naturkundemuseum und Badisches Landesmuseum).
Jedes Museum erfüllt seine fachlichen und administrativen Aufgaben mit eigenem Personal, reine Serviceleistungen bisweilen auch mit Personal privater Dienstleistungsunternehmen.
In einer Querschnittsprüfung hat der Rechnungshof 2010 die Personalausstattung und die Verwaltung dieser neun Landesmuseen geprüft und dabei insbesondere die Möglichkeit untersucht, durch die Zusammenfassung von Verwaltungsaufgaben in lokalen Servicezentren Qualitätsverbesserungen zu erreichen.
Außer Betracht geblieben sind bei dieser Prüfung das Archäologische Landesmuseum in Konstanz und das Museum für Technik und Arbeit in Mannheim. Einbezogen wurden dagegen die Außenstellen der neun geprüften Museen.
2 Prüfungsergebnisse
2.1 Gute Personalausstattung und hohe Qualität in den wissenschaftlichen, künstlerischen und didaktischen Bereichen
Die neun geprüften Landesmuseen verfügen über eine gute und leistungsfähige Personalausstattung in jenen Bereichen, die wissenschaftlichen, künstlerischen und museumsdidaktischen Fachverstand erfordern. Sie sind damit in der Lage, ihre Aufgaben in Forschung, Sammlung und Ausstellungskonzeption mit hoher Qualität zu erfüllen. Dasselbe gilt für die fachlich geprägte Öffentlichkeitsarbeit und - wegen der zu geringen Stellenzahl mit Abstrichen - für die Museumspädagogik.
In der Mehrzahl der geprüften Landesmuseen sind allerdings die Bereiche Museumsmarketing und Einwerbung von Sponsormitteln noch entwicklungsfähig.
2.2 Kleinteilige Organisation und Qualitätsmängel bei der Erfüllung administrativer Aufgaben
Ein anderes Bild ergibt sich dagegen bei der Wahrnehmung der administrativen Aufgaben der Museen: Durch die stark dezentrale Struktur verfügt jedes Museum über vergleichsweise kleine Einheiten, die nicht in allen Fällen den Qualitätsansprüchen an eine professionelle Museumsverwaltung gerecht werden. Alle Prüfungen des Rechnungshofs in den letzten Jahren haben bei den geprüften Landesmuseen erhebliche Defizite in der Personalverwaltung, im Haushalts- und Kassenwesen und bei der administrativen Vorbereitung von Ausstellungen (Ausschreibung, Museumstransporte usw.) aufgezeigt.
Eine Ursache dieser Qualitätsmängel ist auch die geringe Fallzahl, die die kleinen Einheiten zu bewältigen haben. Sie erschwert eine Spezialisierung der Mitarbeiter und die Qualifikation durch Erfahrung.
2.3 Unzureichende Behandlung von Rechtsfragen
Bei der Bearbeitung von Rechtsfragen sind die Landesmuseen, die alle nicht über Stellen für ausgebildete Juristen verfügen, weitgehend auf sich gestellt. Das Wissenschaftsministerium unterstützt die Museen nur auf Anforderung und bei Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung.
Dies führt in der Praxis zu vermeidbaren rechtlichen Fehlentscheidungen, die finanzielle Nachteile verursachen und im Einzelfall auch Sanktionen zur Folge haben können.
Außerdem hat der Rechnungshof festgestellt, dass die Museen häufig auch in einfach gelagerten Fällen auf die Beratung von Rechtsanwaltskanzleien zurückgreifen. Dadurch entstehen vermeidbare Kosten.
2.4 Optimierungspotenziale bei Bibliotheksdienst und bei einfachen Serviceaufgaben
Optimierungspotenziale hat der Rechnungshof beim Bibliotheksdienst und bei der Erfüllung von einfachen Serviceaufgaben (Aufsicht, Kasse, Wachdienst, Reinigungsdienst) festgestellt, wenn die Museen sie mit eigenem Personal erfüllen.
Insbesondere fehlt den Museen beim Einsatz eigenen Personals zur Erfüllung einfacher Serviceleistungen häufig die notwendige Flexibilität, auf Zeiten sehr hoher und Zeiten sehr niedriger Publikumsnachfrage wirtschaftlich adäquat zu reagieren. Die Beschäftigung eigenen Personals verursacht außerdem einen beachtlichen Overheadaufwand (Personalverwaltung, Führung, Aus- und Fortbildung) und provoziert, wie frühere Prüfungen gezeigt haben, immer wieder arbeits- und sozialrechtliche Verstöße, die teilweise zu Sanktionen der zuständigen Behörden und Gerichte geführt haben.
Gerade bei einfachen Serviceleistungen hat der Rechnungshof bei einzelnen Museen vermeidbare Überkapazitäten festgestellt.
Bei der Betreuung der umfangreichen Medienbestände der Museen könnten durch eine intensivere Zusammenarbeit der heute dezentralen Bibliotheksdienste fachliche, technische und wirtschaftliche Synergien erzeugt werden.
3 Empfehlungen
3.1 Einrichtung je eines Museumsservicezentrums in Stuttgart und in Karlsruhe
Der Rechnungshof empfiehlt, am Standort Karlsruhe und am Standort Stuttgart jeweils ein Museumsservicezentrum einzurichten, das die anfallenden Verwaltungs- und Serviceaufgaben besser und effizienter erfüllen kann. Diese zentrale Service-Einheit soll in Karlsruhe für die Museen in Karlsruhe und die Kunsthalle Baden-Baden zuständig sein, das Museumsservicezentrum Stuttgart für die Stuttgarter Landesmuseen.
Diese Empfehlung orientiert sich auch an der Organisation anderer öffentlicher Museen, die sich nur in wenigen Fällen den Luxus eigener Verwaltungen leisten. Insbesondere in kommunalen Museen wird in bewährter Weise auf die zentral vorgehaltenen Serviceeinheiten Personal, Finanzwesen, Recht und technische Dienstleistungen zurückgegriffen.
Mit den auf diese Weise einzusparenden Stellen können die Museen ihre Arbeitsfelder Museumsmanagement und Marketing, Museumspädagogik und Einwerbung von Drittmitteln und Sponsoring verstärken, ohne dass für den Landeshaushalt Mehrbelastungen entstehen.
3.1.1 Aufgaben der Museumsservicezentren
Die zentralen Service-Einheiten sollen nach Vorstellung des Rechnungshofs für die betreuten Museen jeweils die folgenden Verwaltungs- und Serviceaufgaben als Dienstleistung wahrnehmen:
- Personalverwaltung,
- Finanz- und Haushaltswesen (inklusive Kassen),
- Bibliothekarische Betreuung der (dezentralen) Medienbestände,
- Ausschreibung und Vergabe,
- Justiziariat und
- Aufsichtsdienst und Bewachung (soweit nicht privatisiert).
Sie werden von einem kaufmännischen Leiter geführt, der gegenüber den Museumsdirektoren für die sachgerechte und wirtschaftliche Erledigung der übertragenen Aufgaben verantwortlich ist.
Aufgaben, die zur fachlichen Kernkompetenz der Museen gehören wie das Sammeln, das Bewahren, das Forschen und das Gestalten von Ausstellungen, aber auch wichtige strategische Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit und Marketing werden weiterhin dezentral in den Museen wahrgenommen. Dies gilt auch für die Datenverarbeitung, soweit es nicht um die Aufgaben des Servicezentrums geht.
3.1.2 Aufbau und Ausstattung der Museumsservicezentren
Für die Organisation kommt folgendes Modell in Betracht. Jedes Museumsservicezentrum wird von einem kaufmännischen Direktor geleitet. Ihm nachgeordnet sind in Karlsruhe drei und in Stuttgart vier Abteilungen:
Die Abteilung Personalwesen nimmt die Aufgaben der Personalverwaltung und im Bereich Aufsicht und Bewachung auch des Personaleinsatzes wahr.
Der Abteilung Finanz- und Haushaltswesen werden die Aufgaben Buchhaltung und Haushalt, Ausschreibung und Vergabe sowie Controlling übertragen.
Der Abteilung Bibliothekswesen wird die fachliche und technische Betreuung der dezentral vorgehaltenen Medienbestände der Museen übertragen.
Das Justiziariat ist organisatorisch beim Museumsservicezentrum Stuttgart angesiedelt. Es ist für alle Landesmuseen (auch in Karlsruhe, Konstanz und Mannheim) zuständig.
Die Museumsservicezentren werden, da sie nicht am Markt tätig werden, nicht als Landesbetrieb, sondern als klassische Behörde eingerichtet. Die Stellen sind so zu bewerten, dass es gelingt, Stelleninhaber mit hinreichender Erfahrung und Qualifikation für die Führungs- und Sachbearbeiteraufgaben zu gewinnen.
3.2 Weitere Verbesserungspotenziale
Weitergehende Verbesserungspotenziale und damit freie Personalressourcen für die Wahrnehmung museumsfachlicher Aufgaben könnten die Museen erschließen, wenn sie künftig verstärkt
- einfache Serviceleistungen wie Aufsichts- und Bewachungsdienst, Kassendienst, Reinigungsdienst an private Unternehmen vergeben,
- technische Möglichkeiten (wie z. B. Videoüberwachung) nutzen, um den notwendigen Personaleinsatz zu reduzieren,
- Bibliotheksserviceaufgaben in Auftragsverwaltung durch die vor Ort vorhandenen Landesbibliotheken erledigen lassen und
- mit eigenem Personal besetzte Garderoben durch Schließfächer ersetzen.
Diese Möglichkeiten werden von einzelnen Landesmuseen bereits mit Erfolg wahrgenommen und könnten von weiteren Museen bzw. künftig von den Museumsservicezentren erprobt und übernommen werden.
Dabei ist die Fremdvergabe von Serviceleistungen kein Dogma. Beispiele aus anderen Bereichen der Landesverwaltung (z. B. den Universitätsklinika) zeigen, dass eine gut organisierte zentrale Serviceeinheit den Wettbewerb mit privaten Dienstleistern nach Qualität und Wirtschaftlichkeit bestehen kann.
Mehreinnahmen, die den Museen durch verbessertes Marketing und die Einwerbung von Sponsoring zufließen, stehen ihnen als Landesbetriebe ebenfalls zur eigenen Verfügung.
4 Stellungnahmen
4.1 Museen
Die Museumsleitungen der neun Landesmuseen teilen die Auffassung des Rechnungshofs, dass die Häuser in Karlsruhe und Stuttgart enger vernetzt werden können.
Sie geben jedoch zu bedenken, dass die Museen trotz ihrer fachlichen Heterogenität und ihrer spezifischen Aufgaben in unzulässiger Weise gleichgesetzt worden seien. Die unterschiedlichen Qualifikationen und Spezialisierungen der Mitarbeiter könnten durch eine Vernetzung und durch verstärkte Kooperation optimal genutzt werden.
Anstelle der vom Rechnungshof empfohlenen Museumsservicezentren schlagen die Museumsleitungen vor, Kooperationsmodelle in den Bereichen Personalwesen, Finanz- und Rechnungswesen und Controlling, Rechtsberatung und Ausschreibungen zu schaffen. Eine Zentralisierung der Bibliotheken, die essenzielle Serviceleistungen für die spezifischen Museumsdisziplinen erbrächten, sei nicht möglich.
Ziel der Museumsleitungen sei es, die Landesbetriebe zu konsolidieren und die Verwaltungsebene durch verbesserte Kooperation und Koordination noch weiter zu optimieren.
Außerdem weisen die Museumsleitungen darauf hin, dass in allen Häusern personelle Engpässe und Überlastungen bestünden. Die vom Rechnungshof errechneten Einsparungen könnten daher nicht erzielt werden, ohne die in der Kulturkonzeption 2020 formulierten Ziele in Frage zu stellen.
Die vom Rechnungshof vorgeschlagenen Museumsservicezentren enthalten nach Meinung der Museumsleitungen zu viele Defizite, um eine erneute Umstrukturierung der Museen in einer Phase der Konsolidierung zum Landesbetrieb zu rechtfertigen. Die hohen Anforderungen an die zentralen Museumsservicezentren würden zu einer Komplexitätssteigerung auf Kosten der musealen Kernaufgaben, zu geringerer Qualität, aber zu erhöhtem Zeitaufwand und Mehrkosten führen.
Der Vorschlag des Rechnungshofes gefährde die Eigenständigkeit der Museen, die durch die Einführung des Landesbetriebs gerade gefördert werden sollte.
4.2 Wissenschaftsministerium
Das Wissenschaftsministerium teilt die Auffassung des Rechnungshofs, dass bei der Erfüllung administrativer Aufgaben der Museen Optimierungspotenzial besteht. Zu beachten sei allerdings, dass durch die Umwandlung in Landesbetriebe massive Veränderungen im organisatorischen und finanziellen Bereich eingetreten seien, auf die sich die Museen erst einstellen müssten. Das Wissenschaftsministerium werde jedoch die Empfehlungen des Rechnungshofs in die bereits bestehenden Überlegungen zur Optimierung der administrativen Aufgabenerfüllung der Museen einbeziehen und dabei auch alternative Formen der Verbesserung der Verwaltungsabläufe (wie z. B. verstärkte Kooperationen der Museen) prüfen. Die Einrichtung von Museumsservicezentren in Stuttgart und Karlsruhe könne nur dann in Betracht kommen, wenn die Vorteile insgesamt (insbesondere in finanzieller und organisatorischer Sicht) eindeutig überwiegen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass zentrale Verwaltungseinheiten für die Museen bereits bestanden hätten und zuletzt im Jahr 2000 für die Verwaltung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe und des Badischen Landesmuseums aufgehoben worden seien. Außerdem müsse in jedem Fall vor Ort Verwaltungskompetenz erhalten bleiben und künftige Weiterentwicklungen (z. B. mögliche Aufnahme des Staatlichen Naturkundemuseums Stuttgart als Forschungsmuseum in die Leibniz-Gemeinschaft) mitberücksichtigt werden.
Das Wissenschaftsministerium werde die aufgezeigten Verbesserungspotenziale der aktuellen Personalstruktur zum Anlass nehmen, Gespräche mit den Museen zur möglichen Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs zu führen. Eventuell freiwerdende Personalressourcen müssten aber in jedem Fall den Museen zur Verstärkung in anderen Bereichen verbleiben. Die Museen könnten die in der Konzeption „Kultur 2020. Kunstpolitik für Baden-Württemberg“ dargestellten wachsenden Aufgaben nur dann adäquat erfüllen, wenn ihnen entsprechende Ressourcen zur Verfügung stünden. Dies betreffe neben Marketing und Fundraising insbesondere Museumspädagogik, wissenschaftliche Sammlungserschließung, Inventarisierung, Digitalisierung und Provenienzforschung. Im Übrigen seien bei allen Umschichtungsüberlegungen nicht nur ökonomische, sondern auch qualitative Aspekte zu berücksichtigen. Die beiden Landesbibliotheken hätten wegen des seit 2004 erfolgten und noch zu erfolgenden Stellenabbaus und aufgrund neuer Aufgaben (z. B. Digitalisierung, Katalogkonversion, Teaching Library, elektronisches Pflichtexemplar) keine freien Kapazitäten für die Übernahme von Bibliotheksserviceaufgaben in den Landesmuseen.
5 Schlussbemerkung
Die empfohlene Zentralisierung ist ein auch in anderen Ländern bewährter Weg, um Qualität und Effizienz der Museumsverwaltungen zu verbessern.
Zu Beginn der Prüfung hatten die Museumsleitungen dem Rechnungshof Bereiche benannt, die sich für eine Zentralisierung eignen. Es ist schwer nachvollziehbar, dass sie nunmehr geschlossen gegen jegliche Zentralisierung eintreten und die offenkundig suboptimale Struktur gegen Änderungen verteidigen. Die Möglichkeit, die Qualität der Museumsverwaltungen durch Kooperation zu verbessern, hätte auch in den letzten Jahren bestanden, wurde aber nicht genutzt.
Der Rechnungshof hält deshalb an seinen Empfehlungen fest.