Fünf Universitäten halten möblierte Gästewohnungen für ausländische Gastwissenschaftler vor, deren hohe Kosten nur teilweise durch Mieteinnahmen gedeckt sind.
Der Rechnungshof empfiehlt, die Wirtschaftlichkeit der Gästehäuser durch eine höhere Auslastung, geringere Betriebskosten und kostendeckende Mietpreise zu verbessern. Wo dies nicht möglich ist, muss die Schließung und der Verkauf einzelner Gästehäuser geprüft werden.
1 Ausgangslage
Die Universitäten Freiburg, Heidelberg, Konstanz, Mannheim und Tübingen halten für ausländische Gastwissenschaftler Gästehäuser mit möblierten Wohnungen vor. Die Finanzkontrolle hat in den letzten Jahren die Wirtschaftlichkeit von neun Gästehäusern mit zusammen 195 Wohnungen geprüft. Sechs dieser Häuser befinden sich im Landeseigentum, die drei Gästehäuser der Universität Heidelberg gehören der Stiftung Unterländer Studienfonds.
Die Wohnungen werden an die Gastwissenschaftler zu günstigen Preisen vermietet. Die einzelnen Mietverhältnisse dauern je nach Länge des Gastaufenthalts zwischen wenigen Tagen und mehreren Monaten. Ausländische Gäste erhalten neben den Wohnungen regelmäßig auch noch die international üblichen Betreuungsleistungen. Die Universitäten unterstützen sie beispielsweise bei Behördengängen und anderen Alltagsproblemen.
2 Prüfungsergebnisse
Der Bestand an Gästehäusern ist historisch gewachsen und deshalb nach Größe, Qualität und Ausstattung heterogen und nicht ohne Weiteres zu vergleichen.
Die Größe der Gästehäuser bewegt sich zwischen 380 m² (Heidelberg - Villa Poensgen) und 2.439 m² (Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 370). Das älteste Gästehaus stammt aus 1900 (Konstanz I), das jüngste aus 2005 (Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 371). Die durchschnittliche Wohnungsgröße in den Gästehäusern liegt bei 38 m².
Im Einzelnen hatte die Prüfung folgende Mängel der Haushalts- und Wirtschaftsführung ergeben:
Die Betriebskosten der Gästehäuser wurden bei den landeseigenen Gästehäusern nicht vollständig erfasst. Insbesondere gingen die kalkulatorischen Kosten und die vom Landesbetrieb Vermögen und Bau getragenen Kosten des Bauunterhalts nicht vollständig in die Kostenrechnung der Universitäten ein.
Ein landesweiter Vergleich der Wirtschaftlichkeit war praktisch unmöglich, weil die Standards der Kostenrechnung von Standort zu Standort differierten.
Die Auslastung der Gästehäuser der Universität Tübingen lag mit 50 bzw. 53 Prozent deutlich unter dem nach den Erfahrungen des Rechnungshofs realistischen Zielwert von 84 Prozent.
Die Gesamtmieteinnahmen an den einzelnen Standorten deckten lediglich einen Teil der Gesamtkosten der Gästehäuser. Die von der Finanzkontrolle festgestellten Kostendeckungsgrade bewegten sich zwischen 30 und 67 Prozent. In zwei Dritteln der geprüften Gästehäuser wurden nicht einmal die laufenden Personal- und Sachkosten gedeckt.
3 Konsequenzen aus den Untersuchungen der Finanzkontrolle
Die Universitäten haben aus den Ergebnissen der Prüfung der Finanzkontrolle und aus eigenen Erkenntnissen verschiedene Konsequenzen gezogen:
3.1 Universität Konstanz
Die Universität Konstanz hat die beiden offenkundig unwirtschaftlichen Gästehäuser Eichhornstraße und Friedrichshöhe aufgegeben und hält nunmehr neuere Gästewohnungen in zwei Wohnanlagen vor.
Die Mieten für diese neuen Gästewohnungen wurden so kalkuliert, dass bei einer Auslastung von 84 Prozent eine vollständige Kostendeckung erreicht werden kann. Die Kosten- und Leistungsrechnung wird entsprechend den Vorschlägen der Finanzkontrolle verbessert.
3.2 Universität Mannheim
Die Universität Mannheim hat die Mieten für ihre Gästewohnungen zum Sommersemester 2011 um 15 Prozent erhöht und erwartet nunmehr einen deutlich verbesserten Kostendeckungsgrad.
Der Zielwert von 84 Prozent Auslastung soll auch in Zukunft erreicht werden.
3.3 Universität Tübingen
Die Universität Tübingen macht geltend, die niedrigen Kostendeckungsgrade seien auch dem Umstand geschuldet, dass in einem der Gästehäuser neben der Unterbringung von Gastwissenschaftlern auch ein umfangreicher Tagungsbetrieb stattfinde. Seine Kosten müssten gesondert erfasst werden.
Ungeachtet dessen hat die Universität Tübingen verschiedene Maßnahmen ergriffen, um Auslastung und Kostendeckung ihrer Gästehäuser zu verbessern.
Insbesondere werden die Gästehäuser auch dem Universitätsklinikum und anderen Tübinger Behörden zur Nutzung zur Verfügung gestellt.
Die Kosten- und Leistungsrechnung soll den Vorschlägen der Finanzkontrolle entsprechend weiterentwickelt werden.
3.4 Universität Heidelberg
Die Universität Heidelberg erfasst die Kosten ihrer Gästehäuser nach eigenen Angaben vollständig und passt die Mieten permanent an veränderte Verhältnisse an. Ein Maßstab für die Miethöhe ist dabei auch der Mietspiegel der Stadt Heidelberg.
4 Empfehlungen
4.1 Bestand an Gästewohnungen überprüfen
Die Universitäten sollten prüfen, ob sie auch in Zukunft so viele Gästewohnungen, wie bei den Prüfungen vorgefunden, vorhalten wollen. Ein Verkauf von Gästehäusern oder einzelner Wohnungen bietet sich insbesondere dort an, wo eine geringe Auslastung oder hohe Fixkosten einen Zuschussbedarf aus dem Landeshaushalt erforderlich machen. Spitzenbedarfe sollten durch die Anmietung von Hotelzimmern und gegebenenfalls durch die Anmietung von privatem Wohnraum gedeckt werden, anstatt dafür Kapazitäten vorzuhalten, die in der übrigen Zeit nur unzureichend ausgelastet werden können.
4.2 Kosten- und Leistungsrechnung verbessern
Die Universitäten sollten alle Kosten, die bei der Unterhaltung und beim Betrieb der Gästehäuser anfallen, vollständig erfassen und transparent dokumentieren. Dazu gehören auch kalkulatorische Kosten und jene Kosten, die vom Landesbetrieb Vermögen und Bau getragen werden.
4.3 Mieten kostendeckend kalkulieren
Die Mietpreise für die Gästewohnungen sind so zu kalkulieren, dass bei durchschnittlicher Belegung eine vollständige Kostendeckung erreicht werden kann. Sollten sich dabei Mietpreise ergeben, die über dem Niveau ortsüblicher Vergleichsmieten liegen, ist es wirtschaftlicher, das Gästehaus zu schließen und stattdessen Wohnungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt anzumieten.
4.4 Kosten senken, Auslastung verbessern
Die Universitäten sollten insbesondere bei den Gästehäusern mit starker Unterdeckung konkrete Maßnahmen einleiten, die die Wirtschaftlichkeit des Betriebs verbessern.
Dazu müssen die Betriebskosten gesenkt und die Auslastung der Gästehäuser verbessert werden. Ein universitätsübergreifender Vergleich steuerungsrelevanter Kennzahlen würde weitere Hinweise zur Kostensenkung ergeben.
4.5 Zuschüsse für Aufenthalte der Gastwissenschaftler transparent ausweisen
Soweit ausnahmsweise im Einzelfall eine Subventionierung der kostendeckenden Miete beim Aufenthalt ausländischer Gastwissenschaftler beabsichtigt ist, sollte diese differenziert nach den Umständen des Einzelfalls (Leistungsfähigkeit, Stipendium, Bedeutung) gewährt und für die Führung der Universität transparent ausgewiesen werden.
Das bisherige System führt zu Mitnahmeeffekten und damit zu vermeidbaren Ausgaben bzw. Mindereinnahmen.
5 Stellungnahme des Ministeriums
Das Wissenschaftsministerium begrüßt, dass der Rechnungshof die Notwendigkeit des Betriebs universitätseigener Gastdozentenhäuser grundsätzlich anerkennt. Diese seien entsprechend internationalen Gepflogenheiten für den Wissenschaftleraustausch unverzichtbar und könnten auch aufgrund der meist vorhandenen ergänzenden Infrastruktureinrichtungen und weiterer Betreuungsangebote der Hochschulen nicht durch Hotelunterkünfte ersetzt werden. Dem Rechnungshof sei jedoch zuzustimmen, dass die Kostentransparenz verbessert werden müsse und dass alle möglichen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Auslastung der Gästehäuser zu steigern, Betriebskosten zu senken und die Einnahmesituation zu verbessern. Die betroffenen Universitäten hätten bereits erste Maßnahmen ergriffen, um diesem Anliegen Rechnung zu tragen.