Die Energiekosten des Landes sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Der Rechnungshof erwartet, dass jährlich 5 Mio. Euro eingespart werden können, wenn künftig verstärkt Energiespar-Contracting eingesetzt wird.
1 Ausgangslage
Der Rechnungshof hat in den vergangenen Jahren wiederholt auf steigende Energiekosten und daraus resultierende Haushaltsmehrbelastungen hingewiesen. Die Energiekosten für Wärme und Strom haben sich zwischen 2000 und 2008 verdoppelt. In der Tabelle sind die Energiekosten aller Landesimmobilien inklusive Universitäten und Universitätskliniken dargestellt.

Die Wärmekosten stiegen von 2000 bis 2008 um 51,1 Mio. Euro (+98 Prozent). Der Wärmepreis erhöhte sich um 118 Prozent. Der Verbrauch nahm um 9 Prozent ab. Dies entlastete den Haushalt um 10 Mio. Euro.
Die Stromkosten stiegen von 2000 bis 2008 um 52,5 Mio. Euro (+100 Prozent). Der Strompreis erhöhte sich um 70 Prozent. Der Verbrauch nahm um 18 Prozent zu.
Insgesamt war die Kostensteigerung für Strom bei den Universitäten höher (+119 Prozent) als bei den übrigen Landesgebäuden (+83 Prozent). Auch war der Rückgang des Wärmeverbrauchs bei den Universitäten geringer (-4 Prozent) als bei den übrigen Landesgebäuden (-14 Prozent). Die ungünstigere Situation bei den Universitäten ist mit auf deren Flächenzuwachs zurückzuführen (siehe Beitrag Nr. 20).
Für die nächsten Jahre ist mit weiter steigenden Energiekosten zu rechnen. Erhebliche Einsparungen könnten erzielt werden, wenn Landesimmobilien energetisch optimiert würden. Hier besteht weiterhin Handlungsbedarf.
Energiespar-Contracting als Sonderform der Öffentlich-Privaten Partnerschaft kann dazu beitragen, Energiekosten kurz- und mittelfristig zu senken und zugleich die Klimaschutzziele des Landes wirtschaftlich zu erreichen.
Beim Energiespar-Contracting plant und realisiert ein Contractor technische, betriebliche und gegebenenfalls bauliche Maßnahmen, um einen optimierten Gebäudebetrieb zu gewährleisten und dadurch Energiekosten einzusparen. Aus den erzielten Einsparungen refinanziert der Contractor seine Investitionen. Die Projekte laufen zwischen sieben und zwölf Jahren.
Während der Vertragslaufzeit entstehen dem Land grundsätzlich keine weiteren Kosten. Bei einigen Verträgen wird das Land schon während der Laufzeit an den Einsparungen in geringem Umfang beteiligt. Danach kommen die Einsparungen aller Verträge dem Landeshaushalt in voller Höhe zugute.
2010 hat der Rechnungshof beim Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg sowie bei einer Universität Energiespar-Contracting-Projekte untersucht.
2 Prüfungsergebnisse
Das Land hat zwischen 1993 und 2009 insgesamt 100 Energiespar-Contracting-Projekte in 260 Landesimmobilien geplant und davon 82 Projekte realisiert. Die übrigen Projekte wurden durch die Verwaltung selbst umgesetzt oder aufgrund zu geringen Einsparpotenzials verworfen.
2.1 Ausschreibung und Vergabe
Bei den untersuchten Einzelfällen wurden die Aufträge überwiegend freihändig vergeben. Im Wesentlichen waren nur vier Contractor-Dienstleister Vertragspartner des Landes. Es bestand somit eine eingeschränkte Wettbewerbssituation.
Einige Contracting-Verträge wurden ohne erneute Ausschreibung verlängert.
Während der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg Contracting-Leistungen inzwischen beschränkt ausschreibt, hält die Universität an einer freihändigen Vergabe fest. Der Rechnungshof hat dies gerügt.
Wegen des gering ausgeprägten Wettbewerbs lagen die Investitionen der Contractoren zum Teil um 15 Prozent über den Kostenkennwerten staatlicher Baumaßnahmen.
2.2 Einsparerfolg bei den Energiekosten
Die tatsächlich erzielten Einsparungen bei den Energiekosten konnten bei 49 der 82 Projekte (60 Prozent) ermittelt werden. Sie betrugen in der Summe durchschnittlich 5,7 Mio. Euro je Jahr. Dies entspricht einer Einsparung von 24 Prozent der bisherigen durchschnittlichen Energiekosten von jährlich 23,2 Mio. Euro. Zugleich konnte das Land Mittel für die Instandsetzung und Wartung technischer Anlagen einsparen.
Die Contractoren investierten überwiegend in Mess- und Regelungstechnik. Sie verfügten über ein umfangreiches Know-how zur betrieblichen sowie baulich-technischen Optimierung der Anlagentechnik.
Nach Ablauf der Verträge konnte die Verwaltung die erzielten Einsparungen nicht immer in gleicher Höhe halten, insbesondere dann, wenn überwiegend betriebliche Optimierungen Vertragsgegenstand waren. Bei baulich-technischer Optimierung, wie beispielsweise Einbau neuer Heizkessel, waren die Einsparungen nach Vertragsende stabiler.
Größere Investitionen erforderten zu Projektbeginn regelmäßig Anschubfinanzierungen des Landes.
2.3 Abrechnung und Nachweis der Energieeinsparung
Energieeinsparungen sind weitgehend aufgrund pauschaler Annahmen sowie Rechenmodellen nachgewiesen worden, was der Rechnungshof beanstandet hat. Lediglich in Einzelfällen sind Energieeinsparungen auf Basis von Einzelverbrauchsmessungen abgerechnet worden. Nutzungsänderungen in den Gebäuden waren nicht ausreichend dokumentiert. Dadurch konnten Contractoren teilweise überhöhte Einsparungen abrechnen.
2.4 Wirtschaftlichkeit
Die Wirtschaftlichkeit der Energiespar-Contracting-Projekte wurde in der überwiegenden Zahl der Fälle rechnerisch mittels Kapitalwertmethode durch die Verwaltung nachgewiesen. In Einzelfällen lagen keine prüfbaren Wirtschaftlichkeitsrechnungen zwischen Energiespar-Contracting und Energiesparmaßnahmen in Eigenregie vor. Es konnte nicht immer nachgewiesen werden, ob Contracting zum Zeitpunkt der Auftragserteilung die wirtschaftlichste Form der Aufgabenerfüllung im Sinne von § 7 Landeshaushaltsordnung darstellte.
Die Wirtschaftlichkeitsrechnungen hatten zudem einen hohen Prognose-Charakter. Die Investitionsaufstellungen der Investoren waren zu ungenau, um daraus belastbare Kostenschätzungen für die Eigenbesorgung abzuleiten.
Der Rechnungshof hat bei sieben Contracting-Projekten eigene Wirtschaftlichkeitsrechnungen erstellt. Bei vier von sieben Fällen konnte die Wirtschaftlichkeit der Energiespar-Contracting-Variante bestätigt werden.
10 Prozent der Contracting-Projekte wurden mit Anschubfinanzierung des Landes realisiert. Diese waren überwiegend unwirtschaftlich.
2.5 Ergebnis
Die Untersuchung des Rechnungshofs hat bestätigt, dass durch Energiespar-Contracting bis zu 20 Prozent Energiekosten eingespart werden konnten. Besonders wirtschaftlich waren Projekte, die ohne Anschubfinanzierung des Landes durchgeführt wurden.
3 Empfehlungen
3.1 Contracting verstärkt einsetzen
Der Rechnungshof empfiehlt, Energiespar-Contracting künftig verstärkt einzusetzen, sofern die Wirtschaftlichkeit im jeweiligen Projekt nachgewiesen ist. Dabei sind Vorhaben zu bevorzugen, die keine Anschubfinanzierung des Landes erfordern.
Der Gebäudebetrieb sollte weiterhin mithilfe des Know-how der Contractor-Dienstleister optimiert werden.
3.2 Kontinuierliche Bestandsanalysen
Wegen steigender Energiepreise, technischen Fortschritts und Verschleißes der Anlagen rentieren sich Investitionen in Gebäudetechnik und -betrieb zunehmend. Der Gebäudebestand sollte daher kontinuierlich auf geeignete Objekte überprüft werden.
So ließe sich beispielsweise der gesamte Altbestand an Heizungsumwälzpumpen mithilfe des Energiespar-Contractings modernisieren. Werden dabei Hocheffizienzumwälzpumpen eingebaut, amortisieren sich die Investitionen - je nach Typ der vorhandenen Umwälzpumpe - innerhalb von drei bis sechs Jahren. Diese Amortisationszeit ergibt sich schon allein aus den Einsparungen an Strom. Hinzu kommen Einsparungen bei der Wärmeenergie. Damit könnte das Land nach Vertragsende jährlich bis zu 1 Mio. Euro an Kosten für Strom sparen.
Heizkessel, raumlufttechnische Anlagen sowie Gebäudeautomationsanlagen bieten weitere technische Energiesparpotenziale.
3.3 Kompetenzen bündeln
Der Rechnungshof empfiehlt, ähnlich wie bei Sammelausschreibungen für den Energieeinkauf oder bei Investoren/Öffentlich-Privaten Partnerschaften, in der Betriebsleitung Vermögen und Bau Baden-Württemberg eine zentrale Einheit einzurichten. Sie soll wichtige Aufgaben, wie Marktsondierung, die Vorbereitung der Ausschreibung und Vergabe, Wirtschaftlichkeitsanalysen sowie das Controlling laufender Verträge übernehmen. Dies sollte landesweit einheitliche Standards und eine effizientere Projektabwicklung gewährleisten.
3.4 Ausschreibungspakete bilden
Um Wettbewerb und Wirtschaftlichkeit zu fördern, sollten mehrere Liegenschaften gebündelt in Paketen ausgeschrieben werden. Dadurch können auch Gebäude mit geringerem Energieeinsparpotenzial einbezogen werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium stimmt mit den Feststellungen und Empfehlungen des Rechnungshofs weitestgehend überein.
Es lasse Contracting seit 1999 verstärkt ausschreiben. Eine eingeschränkte Wettbewerbssituation bestünde nicht mehr. Die Kostenkennwerte der Contractoren seien nicht überhöht. Die Mischkalkulation des Contractors sei nicht mit einer Eigenrealisierung durch das Land vergleichbar.
Nach Ablauf der Verträge könnten Einsparungen nicht in derselben Höhe gehalten werden, da die nutzenden Verwaltungen den Betreiberpflichten nicht immer angemessen nachkämen. Nach Ansicht des Finanzministeriums gleichen sich die Mehr- und Minderkosten durch Nutzeränderungen insgesamt aus. Es beauftrage nur Contracting-Maßnahmen, deren Wirtschaftlichkeit nachgewiesen sei. Wenn keine Haushaltsmittel für die Eigenbesorgung vorhanden seien, könnten Maßnahmen gegebenenfalls über das Contracting ausgeführt werden. Eine Überprüfung des Gebäudebestands erfolge kontinuierlich. Die Betriebsleitung verfüge über die benötigte zentrale Kompetenz. Die empfohlene Pool-Ausschreibung sei in der Verwaltung bereits mehrfach praktiziert worden, sogar ämterübergreifend.
5 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof bleibt bei seiner Auffassung, dass der Vergleich der Investitionen der Contractoren mit den Kostenkennwerten staatlicher Baumaßnahmen angemessen ist.