Logistikzentrum Baden-Württemberg [Beitrag Nr. 11]

Mit seinem Logistikzentrum kann das Land Beschaffungen und Vergaben wirtschaftlich von zentraler Stelle aus erledigen. Optimierungen sind aber erforderlich.

1 Ausgangslage

Das Logistikzentrum Baden-Württemberg (LZBW) ist aus der 1953 gegründeten Landesbeschaffungsstelle der Polizei hervorgegangen und wird seit 2001 als Landesbetrieb geführt.

Das LZBW hat folgende Aufgaben:

  • Belieferung der Polizei, des Justizvollzugsdienstes, der Behörden und sonstiger öffentlicher Stellen in Baden-Württemberg mit dienstlicher Kleidung und Ausrüstung;
  • Beschaffung aller Bedarfsgegenstände nach der Beschaffungsanordnung (BAO);
  • Bereitstellung eines elektronischen Ausschreibungsverfahrens mit Vergabevorschlag (e-Vergabe-Service) für Behörden des Landes und andere öffentliche Auftraggeber;
  • Dienstleistungen für öffentliche Stellen außerhalb von Baden-Württemberg. So beliefert das LZBW die hessische Justiz und Polizei mit Dienstkleidung.

Ab Oktober 2008 kam es zu Störungen in den Betriebsabläufen der Einrichtung. Davon betroffen waren alle Kunden- und Produktbereiche mit Ausnahme des elektronischen Ausschreibungs- und Vergabeverfahrens. Mehr als 50.000 Verwaltungskunden sowie Behörden und Dienststellen des Landes konnten monatelang nicht auf das elektronische Bestell- und Lieferverfahren zugreifen. Erst ab März 2009 hat sich die Lage normalisiert. Diese Probleme wurden in den Gremien des Landtags diskutiert und führten zu der Anregung an die Finanzkontrolle, zu prüfen, ob das Logistikzentrum seinen Aufgaben gerecht werden kann.

Das Innenministerium prüft, ob das Bekleidungswesen der Polizei zumindest in Teilen einem privaten Dienstleister übertragen werden soll (sogenannte Systemversorgung). Eine solche Privatisierung würde die Aufgaben des LZBW grundlegend ändern.

2 Prüfungsergebnisse

2.1 Organisation

Das LZBW ist weitgehend sachgerecht organisiert. Allerdings verursachen die vorhandenen Lagermöglichkeiten lange Wege- und damit Bearbeitungszeiten. Moderne technische Lagersysteme sind nicht im Einsatz. Vom Personal muss sehr viel Handarbeit bei der Kommissionierung und Verpackung geleistet werden.

2.2 Personal

Der Landesbetrieb hat aktuell 45 Personalstellen. Einige Stellen waren in den letzten Jahren wegen Personalwechsels immer wieder vorübergehend nicht besetzt. Für die verschiedenen Verwaltungsaufgaben steht jeweils nur eine Stelle ohne Vertretung zur Verfügung. Trotzdem konnte das LZBW seine Aufgaben im Wesentlichen bewältigen. Die Zahl der Stellen ist für die derzeitigen Daueraufgaben ausreichend, aber auch notwendig.

2.3 IuK-Aufgaben

Das Innenministerium hat Anfang 2008 angeordnet, die LZBW-eigenen SAP-Systeme einschließlich der elektronischen Shops auf das landeseinheitliche SAP-System (Landesmaster) umzustellen und den Betrieb auf das NSI-Competence Center des Finanzministeriums (NSI-CC) zu übertragen. Den Betrieb der Bürokommunikation und der Netzdienste hat das Logistikzentrum hingegen 2010 auf das Informatikzentrum Landesverwaltung Baden-Württemberg (IZLBW) übertragen. Dadurch verringern sich die Ausgaben des Landes.

Die Umstellung der IuK-Systeme für die Warenwirtschaft und das Rechnungswesen auf den SAP-Landesmaster im Oktober 2008 schlug fehl. Das zentrale elektronische Bestellwesen für die Landesverwaltung einschließlich der Polizeiversorgung war - zum Teil ein halbes Jahr - nicht nutzbar. In dieser Zeit mussten große Datenmengen nachgepflegt und Systeme mehrmals getestet werden. Schließlich mussten noch mehr als 150 Zusatzprogramme entwickelt und installiert werden, um die standardisierten SAP-Basis-Programme an die Bedürfnisse des LZBW anzupassen.

Erst Mitte 2009 waren die Probleme weitgehend behoben. Der monatelange Ausfall der elektronischen Shops ließ massive Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Landesbetriebs aufkommen. Das LZBW hat den Ausfall der elektronischen Shops jedoch nicht zu vertreten. Letztlich waren das für die Umstellung der IuK-Systeme auf den SAP-Landesmaster verantwortliche NSI-CC und das LZBW der Komplexität der Anforderungen nicht gewachsen. Auch eine vorübergehende Weiternutzung der Alt-Systeme war nicht möglich, da sie nicht rechtzeitig eingeplant worden war.

2.4 Aufsicht

Nach dem Betriebs- und Finanzstatut des LZBW führen das Innen- und das Wirtschaftsministerium die Fachaufsicht über das LZBW. Weisungen sollen im Vorfeld durch die fünf Vertreter im Verwaltungsrat abgestimmt werden, dem auch ein Vertreter des Finanzministeriums angehört.

Die Ministerien und der Verwaltungsrat haben ihre Aufsicht in den letzten Jahren nicht immer ausreichend wahrgenommen. Auf der anderen Seite fehlte es aber auch an klaren und eindeutigen Aussagen des Landesbetriebs zur Geschäftsentwicklung.

Die Verfahren zur Feststellung der Jahresabschlüsse dauerten bis zu 29 Monate, obwohl hierfür nur elf Monate vorgesehen sind. Der Wirtschaftsprüfer konnte sein Testat deshalb nur unter Vorbehalt erteilen. Über besondere Initiativen des LZBW, z. B. über die Rechtmäßigkeit von Umsatzprovisionen, konnte sich der Verwaltungsrat bis heute nicht verständigen. Grundsätzliche Entscheidungen über dauerhaft auszubringende Personalstellen wurden jahrelang verzögert. Investitionsentscheidungen wurden trotz vorheriger Zustimmung von den Ministerien Jahre später wieder infrage gestellt.

2.5 Ergebnisse der Geschäftstätigkeit

Bereits im Bericht zum Jahresabschluss 31.12.2009 hat der Wirtschaftsprüfer Anregungen der Finanzkontrolle, die die Transparenz erhöhen sollten, aufgegriffen. Er hat darin die Erträge und Aufwendungen differenziert dargestellt. Dadurch kann der Bedarf an Landesmitteln bei der Abrechnung des Wirtschaftsplans nachvollziehbar dokumentiert werden. Zudem hat der Wirtschaftsprüfer auf der Basis einer Betriebsabrechnung die Jahresergebnisse der einzelnen Betriebssparten gesondert ausgewiesen.

Das LZBW kann nur in wenigen Bereichen Entgelte erheben, welche die laufenden Betriebskosten decken. Daher sind die Spartenergebnisse per saldo negativ, vor allem, wenn die Liegenschaftskosten berücksichtigt werden. Dies geschah bislang nicht. Die betriebswirtschaftlichen Spartenergebnisse für 2009 sind im Einzelnen in folgender Tabelle dargestellt.

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Die ungedeckten Betriebskosten müssen aus Landesmitteln finanziert werden. Allerdings stellen die ermittelten negativen Ergebnisse der Betriebssparten nicht den tatsächlichen monetären Zuschussbedarf dar, weil nach kaufmännischen Grundsätzen gebucht wird. Beispielsweise ist das Ergebnis bei der Dienstkleidung durch eine Sonderabschreibung von 800.000 Euro belastet, weil auf blaue Uniformen umgestellt wurde. Tatsächlich müssen hierfür keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt werden.

Das LZBW bedient aber auch mehrere Kunden außerhalb der Landesverwaltung. Hierzu gehören neben der Polizei und der Justiz in Hessen auch kommunale Auftraggeber in Baden-Württemberg. Bei diesen Kunden decken die Entgelte die Betriebskosten nicht. Das Land subventioniert somit die Geschäfte mit externen Kunden, z. B. 2009 mit 157.000 Euro.

2.6 Aufgaben nach der Beschaffungsanordnung

Nach der BAO müssen die Dienststellen des Landes - mit Ausnahme der Hochschulen - an der gemeinsamen Beschaffung teilnehmen. Das wird nicht immer beachtet. Allerdings kann das Abrufverhalten der Dienststellen des Landes nicht umfassend dargestellt werden, weil die statistischen Daten des LZBW unzureichend sind:

  • Die Kundenlisten sind nicht auf aktuellem Stand.
  • Die mehr als 3.000 Zugangsberechtigungen besitzen keine eindeutige Zuordnung zu einer Dienststelle.

Nur bei der e-Vergabe werden die Servicekosten des LZBW vollständig durch Entgelte gedeckt. Die übrigen Leistungen des LZBW werden nicht verursachungsgerecht entgolten; der Fehlbetrag wird vielmehr über Landeszuschüsse finanziert.

Die gemeinsame Beschaffung und der e-Vergabe-Service verschaffen den Dienststellen des Landes Preisvorteile und mindern deren Verwaltungsaufwand. Die Betriebskosten des LZBW dafür liegen bei 600.000 Euro. Das LZBW hat ausreichend Ressourcen, um ein Beschaffungsvolumen von 25 Mio. Euro zu bewältigen. Ein Aufschlag von gut zwei Prozent hierauf wäre ausreichend, um die Betriebskosten zu decken.

2.7 Systemversorgung bei der Bekleidungswirtschaft der Polizei

Das Innenministerium beziffert die Kosten einer Systemversorgung einschließlich Umsatzsteuer überschlägig mit jährlich 12,8 Mio. Euro. Das Land beteiligt sich bisher mit etwa 3,4 Mio. Euro an den Kosten für die Dienstkleidung der Polizisten. Damit würde eine Deckungslücke von 9,4 Mio. Euro gegenüber den bisherigen jährlichen Aufwendungen des Landes für die polizeiliche Dienstkleidung entstehen, deren Finanzierung ungeklärt ist.

3 Empfehlungen

Beschaffungs- und Logistikaufgaben zu bündeln sowie ein e-Vergabe-Service an zentraler Stelle ist wirtschaftlich, zweckmäßig und zukunftsfähig. Dies erschließt unter anderem Synergien im Vergabewesen, bei der Nutzung der technischen Infrastruktur und der Netzanbindung. Gleichzeitig werden die Verwaltungen von diesen Aufgaben entlastet. Das Modell LZBW sollte deshalb weiterentwickelt werden.

  • Im Logistikbereich sollte das LZBW die Arbeitsabläufe und den Warenumschlag optimieren.
  • Die Anforderungen an die IuK-Fachverfahren des LZBW sind weiterhin sehr hoch. Die mehr als 150 Zusatzprogramme verursachen einen erheblichen Einarbeitungs- und Pflegeaufwand. Das zwischenzeitlich als Landesbetrieb organisierte Competence-Center (LCC, früher NSI-CC) sollte das LZBW bei der Weiterentwicklung von Anwendungen auch künftig nachhaltig unterstützen.
  • Der Verwaltungsrat des LZBW muss die wichtigsten Ressort- und Kundeninteressen bündeln. Dazu sollte er an der strategischen Geschäftsentwicklung des LZBW konstruktiver mitwirken. Er sollte Fragen zur Geschäftsführung, Personalausstattung, Rechnungslegung und Wirtschaftsplanung intern zügig klären. Den zuständigen Ministerien sollte er auf der Basis eindeutiger Fakten und Kennzahlen zur Geschäftsentwicklung abgestimmte Beschlussempfehlungen unterbreiten. Die Ministerien wiederum sollten den Verwaltungsrat gemeinsam stärken, etwa in Form abgestimmter Vorgaben. Verwaltungsrat und Ministerien müssen vor allem das Verfahren über die Feststellung und Genehmigung von Jahresabschlüssen entsprechend den haushaltsrechtlichen Vorgaben deutlich beschleunigen. Auch das Einvernehmen über die Jahresergebnisse ist zügiger herzustellen.
  • Die Entgelte für Leistungen an Kunden außerhalb der Landesverwaltung müssen erhöht werden, um die Kosten des Landes zu decken.
  • Die Ministerien müssen in ihren Geschäftsbereichen die vorgeschriebene Teilnahme an der gemeinsamen Beschaffung sicherstellen. Hierzu muss das LZBW fundierte Daten über das Bestellverhalten der Dienststellen bereitstellen.
  • Für die Hochschulen ist die Teilnahme an der gemeinsamen Beschaffung immer noch freiwillig. Um das Beschaffungsvolumen und damit die Wirtschaftlichkeit für das Land zu erhöhen, sollte deren Teilnahme forciert werden.
  • Dem LZBW sollte zugestanden werden, schrittweise für die Leistungen nach der BAO ein kostendeckendes Entgelt von den Dienststellen zu verlangen.
  • Vor einem Wechsel von der bisherigen Kontenwirtschaft bei der Polizeibekleidung zu einer Systemversorgung muss das Innenministerium nachvollziehbar darlegen, dass für das Land keine zusätzliche finanzielle Belastung entsteht.

4 Stellungnahme der Ministerien

Innenministerium, Wirtschaftsministerium und Finanzministerium tragen in der gemeinsamen Stellungnahme die Empfehlungen des Rechnungshofs weitgehend mit. Optimierungen der Arbeitsabläufe seien bereits vom Wirtschaftsprüfer geprüft worden. Die elektronischen Bestellsysteme würden in enger Zusammenarbeit zwischen dem LZBW und dem LCC ständig weiter verbessert. Auch wollen die beteiligten Ministerien künftig stärker auf ihre Kontroll- und Überwachungsrechte achten und sie effizient wahrnehmen.

Um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, sollen auf der Basis einer verbesserten Spartenrechnung kostendeckende Entgelte von Kunden außerhalb der Landesverwaltung erhoben werden. Bei der gemeinsamen Beschaffung wollen die beteiligten Ministerien aber weiterhin auf ein kostendeckendes Entgelt der abrufenden Dienststellen verzichten.

Die Ministerien haben nicht dazu Stellung genommen, wie sie die Teilnahme an der gemeinsamen Beschaffung in ihren Geschäftsbereichen gewährleisten wollen. Sie begrüßen aber den Einsatz der Finanzkontrolle, die Hochschulen einzubeziehen.

Das Innenministerium bestätigt die Forderung des Rechnungshofs, dass die polizeiliche Bekleidungswirtschaft nur bei einer daraus folgenden Entlastung des Landeshaushalts umgestellt werden sollte.

5 Schlussbemerkung

Die Landesdienststellen sollten die Angebote der zentralen Einrichtung noch stärker nutzen, damit sie selbst und das Land insgesamt deren Vorteile umfassend ausschöpfen können.