Haushalts- und Wirtschaftsführung der Staatsgalerie Stuttgart [Beitrag Nr. 29]

Bei der Nachprüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Staatsgalerie haben sich neben etlichen Verbesserungen nach wie vor Defizite in der Ablauforganisation und der Personalverwaltung des Museums gezeigt. Durch eine organisatorische Straffung könnten jährliche Personalkosten von 500.000 Euro eingespart werden.
Der Rechnungshof empfiehlt dem Wissenschaftsministerium, die Staatsgalerie mindestens vorübergehend enger zu führen.

1 Ausgangslage

Die Staatsgalerie Stuttgart ist das größte Kunstmuseum des Landes. Sie verfügt über eine Sammlung von 5.100 Gemälden und 400.000 Grafiken. Nachdem das alte Gebäude 2008 saniert wurde, beträgt die Ausstellungsfläche 8.350 m². Im Staatshaushaltsplan 2010/2011 stehen für 2010 den Gesamtaufwendungen von 8,72 Mio. Euro Erträge von 1,21 Mio. Euro gegenüber. Der geplante Landeszuschuss beträgt 6,95 Mio. Euro.

Seit 2008 ist die Staatsgalerie als Landesbetrieb (§ 26 Landeshaushaltsordnung) organisiert. Sie wird seither von einem wissenschaftlichen Direktor und einem kaufmännischen Geschäftsführer geleitet. Insgesamt beschäftigte die Staatsgalerie zum Zeitpunkt der Prüfung im Oktober 2009 240 Mitarbeiter mit 156 Vollzeitäquivalenten.

In den Jahren 2006 bis 2008 besuchten durchschnittlich 260.000 Menschen die Ausstellungen des Museums.

2 Prüfungen des Rechnungshofs

Der Rechnungshof prüfte in den Jahren 2004 und 2005 erstmals die Staatsgalerie (siehe Denkschrift 2006, Beitrag Nr. 22, Haushalts- und Wirtschaftsführung der Staatsgalerie Stuttgart).

Damals ergaben sich zahlreiche Beanstandungen:

  • Der Rechnungshof rügte die unzureichende Verwaltung und Dokumentation der Sammlung - die wissenschaftliche Inventarisierung in einer Datenbank war erst begonnen worden und die Leihgaben des Museums wurden nur unzureichend überwacht. Neun Dauerleihgaben waren nicht mehr auffindbar.
  • Der Personalwirtschaft der Staatsgalerie lag keine Personalbedarfsberechnung zugrunde, es wurden Personalüberhänge in manchen Bereichen festgestellt. Mehrere der geprüften Verträge erwiesen sich als arbeits- und sozialversicherungsrechtlich problematisch. Die Arbeitszeiterfassung war unprofessionell und fehlerhaft.
  • Die Staatsgalerie beschäftigte ohne haushaltsrechtliche Ermächtigung unbefristet Personal außerhalb von Stellen.
  • Der Rechnungshof regte an, den Aufsichts- und Wachdienst neu zu organisieren, um Kosten zu sparen.

Im Zuge der parlamentarischen Beratung sagte das Wissenschaftsministerium zu, die beanstandeten Mängel zu beheben. Der Vorschlag, den Aufsichts- und Wachdienst an ein privates Unternehmen zu vergeben, wurde allerdings unter Hinweis auf das fest angestellte Personal nicht übernommen.

Ziel der erneuten Prüfung des Rechnungshofs im zweiten Halbjahr 2009 war es, festzustellen, ob Ministerium und Museumsleitung die gegebenen Zusagen eingehalten und die seinerzeit festgestellten Mängel beseitigt haben.

Außerdem sollte festgestellt werden, wie sich die Staatsgalerie unter neuer Leitung weiterentwickelt hat.

3 Ergebnisse der Nachprüfung

Bei der Nachprüfung ergab sich ein differenziertes Bild: Einzelne Bereiche wurden in den letzten Jahren entsprechend den Empfehlungen des Rechnungshofs und den Beschlüssen des Landtags verbessert, in anderen Bereichen bestehen die Defizite fort.

Auch ist es bislang noch nicht gelungen, den seit mehreren Jahren beobachteten Abwärtstrend bei den Besucherzahlen zu beenden oder gar umzukehren.

3.1 Festgestellte Verbesserungen

Die Staatsgalerie hat den nach der letzten Prüfung eingeleiteten Veränderungsprozess fortgeführt und einen Teil der Defizite behoben.

Die wissenschaftliche Inventarisierung des Sammlungsgutes ist zielstrebig vorangetrieben worden. Die damals weitgehend ungenutzte Datenbank-Software wird inzwischen fruchtbringend eingesetzt.

Die Dauerleihgaben werden besser überwacht, sodass regelmäßige Rückmeldungen der Leihnehmer erfolgen.

Kurierreisen werden, soweit ersichtlich, nach dem geltenden Reisekostenrecht abgerechnet.

Bei Kunsttransporten hält die Staatsgalerie inzwischen die geltenden Vergabevorschriften akkurat ein. Allerdings ist der damit verbundene Aufwand für externe Rechtsberatung mit 113.000 Euro in den Jahren 2006 bis 2008 erheblich zu hoch.

Die Abrechnung von Dienstleistungen gegenüber Dritten (z. B. im Fotoatelier) ist verbessert und professionalisiert worden.

3.2 Weiter vorhandene Defizite

3.2.1 Umwandlung des Museums in einen Landesbetrieb

Die Umwandlung des Museums in einen Landesbetrieb ist noch nicht gelungen. Die dafür erforderlichen Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse wurden nicht fristgerecht erstellt, Quartalsberichte wurden gar nicht vorgelegt. Eine Steuerung des Museums anhand berichteter Kennzahlen war daher kaum möglich.

3.2.2 Personalbedarf

Die vom Rechnungshof geforderte und vom Ministerium zugesagte Personalbedarfsberechnung für die Staatsgalerie liegt bis heute nicht vor.

Die Zahl der in der Staatsgalerie beschäftigten Mitarbeiter hat sich 2008 und 2009 um insgesamt 57 erhöht - das entspricht einer zusätzlichen Kapazität von 23,07 Vollzeitäquivalenten.

Das mit dem Ministerium vereinbarte Personaleinsparkonzept wurde nicht umgesetzt. Das für 2009 angesetzte Personalbudget wurde nach eigenen Berechnungen der Staatsgalerie um 330.000 Euro überzogen. Beim wissenschaftlichen Dienst und in der Verwaltung sind Einsparmöglichkeiten von 120.000 Euro ungenutzt.

3.2.3 Arbeits- und Tarifrecht

Die Staatsgalerie verstößt weiterhin in einigen Fällen gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen. So wurde bei mehreren Mitarbeitern die Arbeitszeitverordnung nicht eingehalten.

Es wurden befristete Arbeitsverhältnisse abgeschlossen, für die die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Teilweise wurden wiederum Honorarverträge abgeschlossen, die eigentlich Arbeitsverträge sind.

Einzelne tarifliche Leistungen wurden falsch berechnet, wodurch es zu vermeidbaren Überzahlungen kam.

3.2.4 Aufsichtsdienst

Als Ergebnis der Nachprüfung hat die Staatsgalerie zugesagt, die Zahl der im Museum präsenten Aufsichtskräfte auf 26 zu reduzieren. Dadurch können künftig jährlich Personalkosten von 180.000 Euro eingespart werden. Weitere 195.000 Euro könnten eingespart werden, wenn der Aufsichtsdienst, wie bereits in anderen Landesmuseen erfolgreich praktiziert, an einen externen Dienstleister vergeben wird.

3.2.5 Wach- und Sicherheitsdienst

Die Staatsgalerie wird nach wie vor von eigenen Mitarbeitern bewacht.

Dem Vorschlag des Rechnungshofs, den Sicherheitsdienst am Tag auf das erforderliche Maß zu reduzieren, ist die Staatsgalerie nicht gefolgt. Auch der Nachtdienst wurde entgegen dem Vorschlag des Rechnungshofs nicht an Dritte vergeben. Dadurch bleibt ein Einsparpotenzial von 190.000 Euro ungenutzt.

4 Empfehlungen

Der Rechnungshof stellt fest, dass ein Teil der Zusagen, die das Ministerium dem Rechnungshof und dem Landtag gegeben hat, bis heute nicht eingehalten ist. Dies mag teilweise den besonderen Herausforderungen geschuldet sein, denen sich die Direktion 2008 und 2009 mit der Umwandlung des Museums in einen Landesbetrieb und dem Umbau der Staatsgalerie stellen musste, aber es besteht nach wie vor Handlungsbedarf.

Der Rechnungshof empfiehlt,

  • endlich durch eine fundierte Personalbedarfsberechnung die Soll-Ausstattung der Staatsgalerie zu bestimmen und die gegebene Personalausstattung an den wirklichen Personalbedarf anzupassen,
  • mittelfristig die aufgezeigten Einsparpotenziale zu realisieren,
  • die Defizite in der Personalwirtschaft und der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Staatsgalerie zu beheben,
  • die Finanzverwaltung des Museums an die geltenden Anforderungen für Landesbetriebe anzupassen, insbesondere Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse fristgerecht zu erstellen.

Die nach wie vor bestehenden Defizite in der Verwaltung des Museums erfordern eine engere Begleitung des Ministeriums durch Führung und Unterstützung auch im operativen Bereich.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das Wissenschaftsministerium räumt in seiner Stellungnahme ein, dass die Umwandlung der Staatsgalerie in einen Landesbetrieb mit großen organisatorischen Veränderungen und neuen Anforderungen verbunden gewesen sei, die vom Museum nicht auf Anhieb bewältigt werden konnten. Das Ministerium gehe jedoch davon aus, dass sich die Abläufe inzwischen ausreichend verfestigt hätten, sodass künftig die fristgerechte Erstellung von Jahresabschlüssen, Wirtschaftsplänen und Quartalsberichten erwartet werden könne.

Das Ministerium habe mit Schreiben vom 20.01.2010 angeordnet, die festgestellten Defizite in der Personalwirtschaft und der Haushalts- und Wirtschaftsführung rasch zu beheben. In monatlichen Berichtsgesprächen mit der Direktion der Staatsgalerie werde dieser Prozess begleitet und die vom Rechnungshof geforderte Hilfestellung im operativen Bereich gewährt.

Der vom Rechnungshof festgestellte hohe Personalbestand am 01.10.2009 sei überwiegend dem vorübergehend höheren Aufsichtsbedarf während der Umbauphase 2008/2009 geschuldet, mittlerweile sei das Personal um 18 auf 138 Vollzeitäquivalente reduziert worden. Weitere Personalreduzierungen seien Ende 2010 möglich, wenn der zusätzliche Restaurationsbedarf im Vorfeld der geplanten Holbein-Ausstellung entfalle.

Die vom Rechnungshof genannten Einsparmöglichkeiten von jährlich 120.000 Euro beim wissenschaftlichen Dienst und in der Verwaltung würden vom Ministerium nicht gesehen, da die zugrunde liegenden Stellen ablauforganisatorisch unverzichtbar seien.

Die weiteren vom Rechnungshof aufgezeigten Einsparpotenziale insbesondere im Aufsichtsdienst für Sonderausstellungen und beim Wach- und Sicherheitsdienst würden von der Staatsgalerie geprüft. Die Direktion werde dem Ministerium über das Ergebnis dieser Prüfung berichten.

Das Wissenschaftsministerium erarbeite gegenwärtig gemeinsam mit dem Finanzministerium eine Vorlage zur Darstellung des Personalbedarfs in Form eines strukturierten Personalbudgets. Damit sollten Entwicklungen transparent gemacht und im Bedarfsfalle steuernde Eingriffe möglich werden.

Die neun Bilder, die schon 2004 nicht mehr auffindbar waren, seien offenbar nicht wieder beschaffbar. Das Ministerium habe der Staatsgalerie daher empfohlen, die weitere aktive Suche einzustellen und die Objekte, die teilweise schon vor dem Zweiten Weltkrieg verliehen worden seien, aus dem Inventar zu streichen.